Two Worlds 2 - Test, Rollenspiel, 360, PC, PlayStation3
Der böse Unbekannte
Was ist da los in Antaloor? Wer sind die Herrschaften? Wer den Vorgänger aus dem Jahr 2007 nicht kennt, wird zunächst ins kalte Wasser geworfen. Einen historischen Rückblick auf das, was die beiden Zwillinge bisher erlebt haben, gibt es zunächst nur im Handbuch, so dass die Machtverhältnisse unklar bleiben. Man weiß bald, dass dieser Herrscher ohne Gesicht Gandohar heißt und dass man als tatkräftiger Bruder seine gefangene Schwester namens Kyla befreien muss. Sie scheint mit dem Schicksal der Welt verbunden zu sein. Dann wird man voller Fragen im Kopf in den Kerker geworfen und das Turorial beginnt.
Die freie Karriere in Antaloor
Bis zum ersten Karriereschritt vergeht noch einige Zeit, in der man auf der Flucht die Grundlagen der Steuerung erlernt: Denn bevor man auch nur einen Tag im Kerker verbringt, wird man schon von einer kleinen Orktruppe befreit - sie dringen in die Burg von Gandohar ein, erledigen die Wachen sowie die rechte Hand des Herrschers quasi im Vorbeigehen und wollen mich zu ihrer Prophetin bringen. Moment, wurden die Orks nicht alle in der Schlacht des Intros von Menschen vernichtet? Wieso helfen sie mir jetzt? Diese Infiltration wird bis auf den zu leicht anmutenden Fall von Gandohars rechter Hand gut inszeniert und macht durchaus neugierig, zumal die Präsentation technisch überzeugen kann.
Ansehnliches Abenteuer
Allerdings gibt es auch auf PC und 360 seltsame Brüche: Die Übergänge von den Zwischensequenzen zu den Dialogen sind zu abrupt; manchmal stockt eine Szene und die Kamera ist plötzlich einen Schritt weiter. Und spätestens im Gespräch mit der schwarz gewandeten Anführerin der Orks "Dar Pha" zeigen sich Schwächen in der Präsentation: Die Gestik der Figuren ist überaus hölzern, wiederholt sich sowohl beim Helden als auch den Protagonisten schon nach wenigen Sekunden ähnlich steif wie in JoWoods aktuellem Gothic oder Risen. Auch die Mimik liegt etwa zwei Klassen unter dem Niveau eines Mass Effect, zumal die Gespräche selten lippensynchron ablaufen.
Die plumpe Anmache
Später geht es dann etwa so weiter, während man ohne eigene Rüstung und mit stupiden Keulenhieben nebenbei erste Wachen in voller Bewaffnung umhaut, indem man den Angriffsknopf einfach zigmal penetriert. Später mehr zu einem Kampfsystem, das auf den ersten Blick scheinbar genau so beschränkt ist wie der Charme des Helden:
Er: "Ich bin direkt hinter dir."
Sie: "Genießt du die Aussicht?"
Er (schelmisch): "Schon wieder auf den hübschen Beinen?"
Sie: "Sag schon, wann du bereit bist!"
Er (süffisant): "Ich bin immer bereit."
Erste Erkundungsreize
An der Steuerung gibt es jedenfalls nichts auszusetzen: Ich kann mit A springen, kann sogar durch überflutete Gänge schwimmen und mit den Schultertasten rennen, blocken, schleichen oder angreifen sowie die Steuerung auf einigen Knöpfen frei belegen. Das Inventar über Select ist übersichtlich, es gibt eine begrenzte Traglast und man erkennt am roten Rand, dass man nicht alles an Waffen sofort benutzen kann: Das Bastardschwert darf man erst ab Level 16 und Stärke 20 schwingen - sehr schön. Seltsam ist nur, dass der Wechsel von Schlagwaffe und Dolch nicht immer reibungslos flutscht und dass das Menü auf der Xbox 360 zu Beginn nicht komplett zu sehen ist. Aber man kann es in den Optionen mit einem Klick besser justieren. All das ist ein angenehmer Komfort, zumal bei dieser Flucht auch erste Erkundungsreize aufkommen.
Geheimnisse und Schlösser
Als man die lineare Flucht hinter sich hat, öffnet sich das Abenteuer ein wenig: Man streift durch die Wildnis einer kleinen Insel, auf die man durch einen Teleporter gekommen ist. Schließlich wollen die Orks, dass man ihre Prophetin aufsucht. Auf dem Weg dorthin wird das Kampfsystem erklärt: Man kann sich schleichend Feinden nähern und sie mit einem Dolchstoß hinterrücks meucheln - das funktioniert richtig gut. Man kann im Gefecht aktiv blocken und aus dieser Deckung heraus effektivere Gegenschläge einsetzen. Das hört sich theoretisch gut an, aber in der Praxis der ersten Kämpfe kann man alles stupide weghauen, ohne sich groß Gedanken zu machen oder gar einen Nervenkitzel à la Demon's Souls zu spüren. Warum opfert man mal wieder für den Einstieg die Spannung der ersten Hiebe?
Kampf ohne Gegenwehr
Hinzu kommen ja z.B. Sprungangriffe, die einen feindlichen Block brechen sowie Fernkampf und Magie. Ersterer lässt mich schon frühzeitig zwei Pfeile gleichzeitig abschießen, indem ich über den Zoom-Modus die Ziele markiere und dann einfach loslasse. Das wirkt genau so flüchtig und leicht wie der Nahkampf; man hat nicht das Gefühl, wirklich einen Bogen auszuziehen und zielen zu müssen. Letzterer lässt mich zu Beginn mit Feuerpfeilen und Walzen ein paar Skelette brutzeln oder Eismagie wirken, wobei die Effekte nicht besonders spektakulär ausfallen - sie jagen etwas kraftlos aus dem Stab. Man variiert diese arkane Magie später über Karten, die man in seinem Amulett tauschen und kombinieren kann; hört sich gut an.
Nach ein paar einfachen Kämpfen gegen die Groms sowie einem unterirdischen Ausflug mit ebenso leichten Magiegefechten gegen Skelette kommt man schließlich an das erste Ziel: Die Prophetin der Orks. Auch hier fühlt man sich an das Frauenbild der 80er bzw. die eigene Schwester Kyra erinnert, denn die mysteriöse Lady hat das gleiche schwarze Haar, zeigt dieselbe Modelfigur und trägt aufreizenden roten Samt mit tiefem Ausschnitt; immerhin heißt sie nicht "Kyra", sondern "Cassandra" und klärt den Helden ein wenig über die Geschichte auf.
Das Treffen mit der Prophetin
Bevor es weiter geht, bekomme ich erstmal eine Ausrüstung aus Leder für Füße, Hände, Beine und Oberkörper. Außerdem bekomme ich ein eigenes Zimmer, wo ich all das verstauen kann, was mir für die spätere Reise zu schwer ist - sehr angenehm. Und noch angenehmer: Ich steige auf! Jetzt kann ich meinem Helden, der mir bisher in den spärlichen Dialogen noch fremd ist, wenigstens eine Richtung geben. Zum einen kann ich Punkte auf die seltsamer Weise "Parameter" genannten Grundfähigkeiten verteilen: mehr Präzision erhöht den Fernkampfschaden, mehr Durchhaltevermögen die Traglast; hinzu kommen Stärke und Wille für Schwert und Magie.
Der erste Aufstieg
Interessanter sind die sechs Skills mit ihren Unterbereichen: Krieger können sich in zwölf Bereichen vom Blocken bis zum "Schild entreißen" oder der Betäubung entwickeln - jeder Punkt erhöht quasi die Erfolgsquote einer Technik. Manches lässt sich nach einem Aufstieg direkt aufwerten, anderes erst, wenn man es über ein Skillbuch freigeschaltet hat wie z.B. die fiesen Tricks im Kampf, die ich nur der Lektüre verdanke. Waldläufer und Magier haben elf Bereiche, Handwerker sieben, Assassine fünf und dann gibt es noch fünf allgemeine Skills für Resistenzen gegen Gift & Co. Man erkennt schon: Two Worlds ermöglicht ähnlich wie Fallout die freie Karriere und das macht durchaus Lust auf mehr.
Die Last der Beute
Aber zurück zur Auswahl: Ein redseliger Orkschmied weiht einen ganz früh in die Geheimnisse ein, so dass Bastler bald aus einem alten Schwert noch Stahl gewinnen. Hat man davon genug, kann man sein aktives Kurzschwert z.B. mit einem Klick auf +1 aufrüsten. Wer es noch weiter entwickeln will, muss allerdings erst Metallurgie oder das Waffenschmieden studieren. Genauso leicht kann man fast alles auseinander nehmen, um alte Ausrüstung mit Eisen, Holz, Stoff und Leder aufzubessern oder ganz neue zu erstellen. Der angenehme Nebeneffekt des Zerlegens: Es spart Gewicht im Rucksack.
Das Spiel mit tausend Dingen
Allerdings scheint der Rückgang der interessanten Bücher ein böses Omen zu sein: Man findet später häufiger ausgelagerte Anleitungen als etwa interessante Texte über die Spielwelt. Wer unter einem Rollenspiel auch gute Dialoge, markante Charaktere und vor allem das Abtauchen in eine lebendige Spielwelt versteht, der wird es schon schwerer haben, denn in den ersten zehn Stunden Two Worlds plappert man sich auf einfachstem Niveau durch Quests. Dass der Held auch abseits der Techtelmechtel keine Sympathie gewinnen kann, liegt an seiner tumben Art - er fragt zwar dreimal nach, wenn es um den Sinn von Teleportern geht, aber man bekommt kaum mal eine Auswahl in Gesprächen, um vielleicht Entscheidungen in Frage zu stellen.
Ich kann diesem Helden als Spieler gar keine Rolle geben, denn sie ist meist vorgegeben. Nur ganz selten hat man mal die Wahl zwischen der Androhung plumper Gewalt oder sofortiger Hilfe - moralische Grauzonen oder knifflige Überzeugungen kennt diese Kommunikation nicht, weil hier weder Charisma noch Sprache als Talente auftauchen. Wo man in Fallout, Mass Effect oder Dragon Age viele Quests und Konflikte in Gesprächen lösen kann, weil man entsprechende Skills schult, muss man hier mit den spärlichen Textzeilen auskommen.
Zwischen Statik und Bluff
Und die pflegen dann noch einen Sprachstil, der zumindest konservative Fantasyfreunde stören dürfte: Anglizismen wie "Die Show geht gleich weiter!" oder "Oak Giants" können schon mal an der Atmosphäre nagen. Auf den ersten Blick macht Reality Pump ja vieles richtig, wenn man in die Siedlungen kommt: Man kann mit den Leuten würfeln oder pokern; man wird auch mal dreist beklaut. Zieht man in einer Stadt vor Wachen blank, fordern sie einen sofort auf, die Waffe wegzustecken - sehr schön. Macht man das aber bei Zivilisten oder einsamen Wanderern, gibt es keine Reaktion. Außerdem kann man als Fremder ohne Kommentar in einem kleinen Kaff, deren Bewohner gerade ums Überleben kämpfen, ein Haus betreten und sich einnisten.
Handeln, nicht reden!
Worum geht es noch mal im großen Ganzen? Der Oberbösewicht Gandohar will seine Schwester Kyla dazu benutzen, die Kräfte eines Dämons namens Aziraal zu entfesseln. Deshalb ist sie immer noch eine Gefangene, die in kleinen Einspielungen gedanklich um Hilfe schreit. Und deshalb hat die Ork-Prophetin Cassara mich unter ihre Fittiche genommen, denn nur ich kann den Weltuntergang verhindern. So weit, so schwammig, weil ich in den Gesprächen mit der Prophetin nicht großartig fragen kann, sondern direkt Aufgaben befolgen muss. Immer gibt einem ein stetig gefülltes Questtagebuch bald das Gefühl, dass wirklich viel zu tun und zu entdecken ist, denn Antaloor ist riesig.
Zumal es gleich zu Beginn exotisch wirkt: Man hat fast das Gefühl, in einer afrikanischen Steppe unterwegs zu sein, wenn man Paviane, Nashörner und Geparden zwischen all den Affenbrotbäumen sieht. Allerdings bröckelt der Putz der ansehnlichen Kulisse in dieser Weite. Zum einen tauchen hier die ersten Pop-ups und Ruckler in der mittleren Distanz auf, zum anderen offenbaren sich nach der steifen Gestik auch die schwachen Animationen der Tiere. Man muss nur mal die Geparden als Beispiel nehmen, die wie
kleine Holzhunde durch die Pampa jagen. Seltsam ist auch, dass nur ganz wenige Figuren orientalisch anmuten oder mal einen Akzent nutzen, damit so etwas wie Lokalkolorit entsteht - die meisten könnten auch in gemäßigteren Breiten Antaloors auftauchen und wirken wie Statisten.Durch die Savanne
Um diese Weite zu erforschen gibt es Teleporter sowie Pferde. Recht früh bekommt man eines, wenn man eine kleine "Jagd" meistert: Einfach mit Dreifach- oder Vierfachpfeilen ein paar Strausse erlegen - das Gefühl eines echten Bogens kommt bei diesen multiplen Schüssen zwar nicht auf, aber sie sind effizient. Die Freude angesichts der weiten Savanne ist zwar groß, aber das Verhalten des eigenen Pferdes ist im Zeitalter von Red Dead Redemption schwach: Der Vierbeiner sieht zwar ganz gut mit seinen geflochtenen Zöpfen aus. Aber mal abgesehen davon, dass es so abrupt wie ein Hase springt und in seinen Bewegungsabläufen zu künstlich wirkt, zeigt er kaum Eigenleben - er scheut nicht vor Abgründen, bekommt keine Panik in Gefechten und erinnert letztlich an ein vierbeiniges Fahrzeug, wenn er neben einem wilden Geparden einfach so grast.
Da man das Pferd für die Erkundung der weiten Landschaft eigentlich nutzen und vielleicht sogar eine Bindung aufbauen möchte, sitzt man quasi immer im Sattel des verschenkten Potenzials. Auch diese kleinen Rennen über Stock und Stein, in denen man rechtzeitig Hindernisse überspringen muss, zeigen ein Problem: Man kann schon früh ohne Gefahr durch alle Raubtiere galoppieren und muss noch nicht mal besonders schnell sein. Abgeworfen wird man von Geschossen nur selten, meist passiert das aufgrund des Dauergalopps, der ähnlich wie im Westernspiel von Rockstar San Diego seine Grenzen hat, wenn man es übertreibt - der anschließende Abwurf sieht allerdings zwei Klassen steifer aus. Apropos Dauerlauf: Wenn einem die Feinde in einer Höhle zu stark sind, kann man sie einfach mit einem Sprint erkunden und nahezu ohne Gefahr an Skeletten und Riesenskorpionen vorbei huschen.
Galopp ohne Leben
Ich war im Einstieg noch sehr neugierig auf das Meucheln. Aber das, was Reality Pump hier an Statisten in die Wildnis stellt, erinnert schon an Stealth-Kill-Tourismus: Da stehen Wachen fast immer mit dem Rücken zu mir, damit ich auch bei vollem Tageslicht möglichst schnell das Messer zücken kann. Auf Geräusche achten? Im Schatten schleichen? Patrouillenrouten beobachten? Bisher Fehlanzeige! Die ersten Erlebnisse, in denen man sich als Assassine versucht, sind überaus unbefriedigend, weil stümperhaft konstruiert. Hinzu kommen ärgerliche Bugs: Manchmal kann man einen Ork partout nicht töten, obwohl das Symbol schon aktiv ist und man hinter seinem Rücken bereits herum hampelt. Dreht er sich jetzt um und attackiert mich? Nein. Es kann auch dazu kommen, dass die Grünhäute einfach auf einer Bank sitzen bleiben, während man auf sie einschlägt.
Immerhin steigt der Anspruch, wenn man später verwaiste Höhlen oder kleine Trupps entdeckt: Hier kann es sein, dass man in null Komma nichts in den Boden gestampft wird. Das ist auch gut so und das weckt die Hoffnungen, dass dieses Abenteuer wenigstens nicht zu leicht zu meistern ist. Allerdings verliert man hier nicht etwa, weil Timing und Taktik nicht stimmen, sondern weil die Feinde einfach so aufgepumpt sind, mit Widerständen oder Kraft, dass man entweder mit der richtigen Waffe oder viel später wiederkehren muss.
Statistisches Kampfsystem
Schade ist nur, dass man einige martialische Fähigkeiten nicht selbst ausbauen, sondern erst über ein Skillbuch freischalten muss - das raubt mir die Freiheit der Spezialisierung, zumal ich dumm da stehe, wenn ich es nicht finde. Reality Pump legt die wesentlichen Bücher zwar wie Brotkrumen in die Questwege, aber ich will selbst bestimmen können, ob ich mich als Waldläufer z.B. Richtung eisige Pfeile entwickle oder als Krieger den Fackelhieb einsetze; das machen Rollenspiele wie Fallout: New Vegas deutlich besser. Immerhin kann man sich nicht in eine Sackgasse entwickeln: Gegen einen Aufpreis lassen sich alle Werte nochmal anpassen, so dass man seinen Charakter komplett erneuern kann. All die Skills vom Giftpfeil bis zum Fackelhieb oder dem mentalen Angriff lassen sich auf einen Klick einsetzen, genauso wie der Blockbrecher oder der Gegenschlag bei etwas intelligenteren Feinden.
Allerdings sind die meisten Feinde abseits der finalen Questwege dumm wie Brot, arbeiten selten koordiniert zusammen und erzeugen Schwierigkeit eher durch Masse als Klasse: Da schießt man von einer Anhöhe zig Pfeile in eine Gruppe Orks oder Warge - und anstatt mich zu umzingeln oder wenigstens mit Übermacht zu reagieren, laufen zwei stupide gegen Felsen, einer feuert in einen Felsen und nur einer angetrottet, bis ich wieder weiter ausweiche, wenn er mir zu nahe kommt. Die KI ist in ihrem Kampfverhalten richtig schwach. Mit Hit & Run kommt man fast immer weiter und das kann sogar gelegentlich Spaß machen, wenn man es mit animierten Hitpointleisten zu tun bekommt, die bei einem Treffer einfach nicht schrumpfen wollen - wie gesagt: Es gibt Gegenden, da wird man platt gemacht. Es gibt Gegenden, da macht man alles platt.
Reality Pump hat ja auch einige gute Ideen, die ein Lob verdienen: Dass man z.B. bei einem Anstieg langsamer wird - wer also Hügel hinauf rennt oder galoppiert, wird es schwerer haben, zumal die Ausdauer abnimmt. Das finde ich gut! Aber es bleibt bei hektischer Arcade-Action, in der der Dauerklick und der schnell geschluckte Heiltrank oft mehr bringt als der gezielte Hieb; hat man kaum noch Leben, einfach auf die Heiltaste hacken und fertig. Man fühlt sich wie in einem 3D-Sacred. Man findet so viele Tränke und vor allem Zutaten für eigene Rezepturen, dass man immer genug Sicherheit im Gepäck hat, zumal ich keinen Feind getroffen habe, der sich heilt.
Arcade-Effekte statt Klingentanz
Das gilt auch für die Gefechte, denn trotz moderner Anleihen wie "Stealthkill" und "Finisher" wirken sie plump, weil die Choreographie schwach ist - wer auf eleganten Klingentanz steht, der dem Schwert als Waffe gerecht wird, wird hier nicht fündig. Man vermisst letztlich nicht nur den Nervenkitzel, sondern auch die Präzision in der Zielerfassung und die taktische Dynamik. Da man die Kamera nicht auf einen Feind fixieren kann, um sich auf ihn alleine in einem Tanz aus Ausweichen und Riposte zu konzentrieren, kommt es manchmal zu Hektik und wilden Schwenks, die mich blind zuhauen lassen, und andererseits zu ungewollten Treffern - spätestens wenn man als Eskorte jemanden helfen soll, der von zwei Mann attackiert wird und man partout nicht gezielt auf diese Feinde schalten kann, wächst der Frust. Denn was passiert, wenn man seinen Auftraggeber trifft? Richtig: Er dreht sich um und schlägt zurück.
Abwechslungsreiche Missionen
Hier bemerkt man auch einen Hauch von Assassin's Creed, wenn man wie in einem Action-Adventure über Häuserdächer klettert und von oben in Luken steigt. Das passt einerseits zum orientalischen Szenario und sorgt für Abwechslung, weil man auch als Schleicher oder Meuchler endlich mal mehr machen darf, als nur plumpe Stealthkills. Aber all das wird hinsichtlich der Animationen und der Lebendigkeit auf einem bescheidenen Niveau präsentiert, denn man hat zu wenig akrobatische Fähigkeiten, springt steif in die Luft und kann sich nicht mal an brusthohen Hindernisse hoch ziehen oder gar eine Ausweichrolle nach einer unsanften Landung versuchen - man fällt wie ein Stein von den Dächern in die Gassen und es gibt natürlich keinerlei Reaktion bei den Bewohnern in den Straßen. Reality Pump schmeißt viel in die Rollenspielsuppe, aber vergisst manchmal die Würze.
Wie ein nasser Sack
Die vielen Missionen retten da die Motivation. Moralische Grauzonen gibt es zwar ebenso selten wie subtile Gespräche mit psychologischen Winkelzügen, aber man hat auch mal die konkrete Wahl, kann über Leben und Tod entscheiden. Das geschieht im Vergleich zum Drama eines Dragon Age zwar auf laienhaftem schauspielerischen Niveau, aber die Zahl der Aufträge stimmt und ihre Qualität steigt, zumal sich die Quests auch angenehm verschachteln: Manchmal ahnt man zu Beginn eines einfachen Botenauftrags nicht, was einen am Ende erwartet. Und zwischendurch werden mal klassische, mal schlüpfrige oder skurrile Geschichten erzählt. Da tragen Kultisten Schädel durch die Gegend, da treiben sich gierige Händler in den Ruin, da begrapschen Professoren ihre Studentinnen, Geister vertuschen eine Vergewaltigung, Regenschirme verspeisen plötzlich Käufer oder man soll den Wächter eine uralten Schatzkammer vernichten. Man hat also immer viel zu tun und bekommt wesentlich mehr Fleisch in Form kleiner Geschichten als in Arcania oder Risen.
Immer auf Questkurs
Diese Vielfalt an Quests zeigt sich in allen Kapiteln, wenn man die erste große Stadt verlässt und später nach New Ashos kommt, um an der Universität mehr über Gandohar zu erfahren, bevor es raus in die Sümpfe geht. Leider kann auch Two Worlds II auf dem Weg dorthin nicht mit seinen Katakomben oder Höhlen punkten. Von denen gibt es zwar viele, sie sind aber ähnlich wie in Risen eher generische Schlauchuntergründe als clever mit Fallen gespickte Dungeons, die zur vorsichtigen Erkundung einladen. Im Gegenteil: Man kann die meisten für die Neugier einfach durchjoggen. Ja, mal gibt es einen Hebel oder eine verschlossene Tür. Aber wo sind physikalische Spielereien in den Gewölben, wo sind Falltüren oder einstürzende Wände? Da werden die Höhlen kilometergroß designt, aber man achtet nicht auf die Spannung der Situation - man will unter Tage Nervenkitzel, nicht Marathon! Wenn man die Fackel anzündet, ist man noch neugierig, nach drei Abbiegungen weiß man quasi Bescheid.
Der Weg zum Ruhm
Two Worlds II führt immer Buch über die Reputation des Helden in sieben Bereichen: Man kann sich über erfüllte Aufträge von null auf hundert Punkte bei den Magiern, Dieben, Händlern, Kriegern und Nekromanten einen Namen machen; hinzu kommen noch Pferderennen und die Arena. Steigt man in der Gunst der Gruppen auf, bekommt man z.B. vergünstige Ware
oder weitere Aufträge. Aber all das wird nicht so konsequent inszeniert wie etwa die Fraktionen in Fallout: New Vegas. Und man hat trotz einiger angenehm verschachtelter Quests keinen großen Einfluss auf ihr politisches Wirken.Auf beiden Systemen kann man auch online nach Antaloor ziehen - allerdings konnten wir das bisher nicht ausgiebig genug testen; es spielt für die finale Bewertung jedoch keine große Rolle, das wir in erster Linie das Spielerlebnis der Kampagne einschätzen. Hier kann man im Gegensatz zur Kampagne einen Charakter inklusive Geschlecht und Klasse erstellen. Man kann sich im direkten Duell oder dem Kampf im Team versuchen. Wer es friedlicher mag, macht sich auf die Kristallsuche und achtet lediglich darauf, keine faulen Eier bzw. Totenköpfe einzusammeln. Interessanter klingt da schon das "Abenteuer": Hier darf man als Gruppe in der Spielwelt losziehen, um spezielle Aufträge für Gandohar zu erledigen - diese kooperative Kampagne erstreckt sich über sieben Kapitel. Schließlich kann man sich auch als Dorfvorsteher versuchen, wenn es um die wirtschaftliche Entwicklung im "Village Mode" geht.
Multiplayer-Nachspiel
Fazit
Two Worlds II ist ein riesiger Sandkasten für Fantasyfans, die in erster Linie buddeln, bunkern und basteln wollen. Wie heißt es in der Baumarktwerbung? Mach dein Ding? Genau das kann man hier durchziehen: Eigene Tränke, eigene Zauber, eigene Waffen - alles zerlegen, alles zusammen setzen. Und natürlich teleportieren, leveln und kloppen, bis der Skillarzt kommt: Ich bin selten so schnell und lieblos (!) zum Monsterschreck aufgestiegen. Die Zeit vergeht deshalb wie im Flug, weil man seine Figur frei zwischen Krieger und Magier entwickeln kann, während man all die Quests meistert, die mit jeder Stunde an Qualität gewinnen: Es gibt angenehm verschachtelte, skurrile und überraschende Aufträge, so dass man die schwache Hauptstory um die Geschwister fast vergisst. Und man kann wenigstens sporadisch über Leben und Tod entscheiden. Genau das ist der Motivationsanker, der dieses brüchige Abenteuer für mich erst nach etwa acht bis zehn Stunden in den guten Bereich rettet. Denn auf der Ebene der Atmosphäre, der Persönlichkeiten, des Artdesigns, der Steuerung, der Kampfspannung, der Dialoge und der Dungeons bekommt man vorher und in den weiteren knapp zwanzig Stunden nur Mittelmaß. Man kann diesem tumben Helden weder eine Rolle noch einen eigenen Charakter einhauchen - es gibt keine sprachlichen Talente und die plumpen Dialoge lassen kaum subtile Freiheiten zu. Man findet zwar Spuren von Assassin's Creed, von Thief, von Gothic und Oblivion, aber die Entwickler haben kaum eine Zutat richtig gewürzt, vieles wirkt wie abgekupfert: Wieso plumpst der Held wie ein Stein vom Dach? Und soll ich als Assassine etwa Spaß haben, wenn alle brav mit dem Rücken zu mir stehen? Warum gibt es keine Fallen in den Katakomben? Wieso gibt es für Diebstahl mal Konsequenzen, mal nicht? Antaloor ist in der Inszenierung seiner ansehnlichen Spielwelt und ihrer Bewohner zu inkonsequent, bietet vor allem zu wenig gutes Schauspiel. Das alles bewegt sich erzählerisch klar über dem Niveau von Arcania, aber weit weg von diesem magischen Sog, den andere Rollenspiele auch mit ihrer Musik entfachen, die hier - wie alles - etwas zu dick aufgetragen in epischer Endlosschleife hämmert. Im Gegensatz zur vermurksten Konsolenversion des Vorgängers oder dem schwachen Arcania überzeugt das Abenteuer von Reality Pump technisch auf PC und Xbox 360 mit ansehnlicher Kulisse. Aber die Animationen von Tier und Klingentanz sind genau so steif wie die Steuerung hektisch und die Kämpfe unbalanciert sind: Mal haut man alles weg, mal nicht. Lediglich einige skurrile Nebenquests haben mich dazu motiviert, mich weiter durch diese Mischung aus Jenseits von Afrika und Red Sonja zu kämpfen, wo sich Geparden und Orks bei idyllischem Mondlicht gute Nacht sagen. Two Worlds II macht vieles richtig, es unterhält über seine Größe, seine Vielfalt und auch seine Quests. Aber es hat für mich so viel mit einem ausgezeichneten Rollenspielerlebnis zu tun wie Conan mit Der Herr der Ringe. Dass diese Symbiose gelingen kann, dass man mit einem actionreichen Abenteuer auch Rollenspieler wie mich begeistern kann, hat Demon's Souls bewiesen: Das hat mich von Anfang fasziniert, weil es eine unwiderstehliche Stimmung, ein urtümliches Artdesign und vor allem spannende Kämpfe inszenierte. Ein Sacred in 3D kann das einfach nicht.
Pro
- riesige Spielwelt
- lebendig wirkende Städte
- schöne Lichteffekte
- angenehm freie Karriere
- viele Skills freischalten
- ansehnliche Landschaften
- gute und sehr viele Quests
- einige gute Nebenstories
- Entscheidungen mit Konsequenzen
- zig Waffen & Gegenstände
- Wachen reagieren auf Waffen
- gutes Magie- & Alchemiesystem
- sehr viel zu basteln und zu sammeln
- fiese Kampfmanöver & Aktionen
- gutes Schlossknacksystem
- Bücher erklären Hintergründe
- reiten, schwimmen, segeln
- Rufsystem für diverse Gilden
- gute deutsche Synchronisierung
- Resistenzen wirken sich aus
- Ausdauer & Traglast wirken sich aus
- man wird Hügel hinauf langsamer
Kontra
- konfuser Einstieg
- langweilige Hauptstory- dummes Gegnerverhalten
- schwache Animationen
- unsympathischer Held
- steife Gestik in Gesprächen
- hektische Kampfsteuerung
- schwankender Schwierigkeitsgrad
- viele plumpe Dialoge, kaum Auswahl
- kein Nervenkitzel im Kampf
- generische Dungeons & Höhlen
- primitive Stealthkill-Routen
- viele Leute nicht ansprechbar
- Pferd reagiert nicht auf Gefahr
- schwache Zaubereffekte