Gran Turismo 5 - Test, Rennspiel, PlayStation3

Gran Turismo 5
30.11.2010, Michael Krosta

Test: Gran Turismo 5

Gran Turismo 5 (ab 22,25€ bei vorbestellen) war eine schwere Geburt: Die ständigen Verschiebungen, die von Sony gerne mit Kazunori Yamauchis Hang zur Perfektion begründet wurden, brachten dem Titel bald Spitznamen wie "Duke auf vier Rädern" oder "Gran Trödeldismo" ein. Jetzt ist das Mammut-Projekt endlich abgeschlossen. Und wir sind sehr gespannt, was uns nach all der Wartezeit im Laufe der Karriere erwartet.

Ich rase hinter dem Steuer meines aufgemotzten Ferrari 430 Scuderia die lange Start-Zielgerade des Grand Valley Speedways entlang. Erinnerungen werden wach: Es scheint fast so, als hätte ich erst gestern auf der Original-PlayStation in Gran Turismo 2 stundenlang an der perfekten Linie gefeilt, um endlich die Rundenzeiten zu knacken, die damals in einer Ausgabe eines Videospiel-Magazins im Rahmen eines Wettbewerbs veröffentlicht wurden. Jeder Bremspunkt und jede Kurve ist nach

Städte wie Madrid wurden mit viel Liebe zum Detail nachgebildet.
einer kleinen Proberunde wieder verinnerlicht. Mir wird erneut klar, dass die GT-Serie mit Trial Mountain, Deep Forest, Autumn Ring & Co neben all den lizenzierten Weltstrecken wie Laguna Seca, Suzuka oder der Nordschleife des Nürburgrings trotz all des Recyclings immer noch die besten fiktiven Kurse bietet, die man im Rennspiel-Genre finden kann.

Reise um die Welt

Der Neuzugang Cape Ring bildet mit seiner unglaublichen Steilkurve und dem abwechslungsreichen sowie fordernden Streckenverlauf keine Ausnahme und fügt sich damit wunderbar in die hervorragende Auswahl ein, die außerdem noch von staubigen Rallye- sowie Nascar-Rundkursen ergänzt wird. Den Höhepunkt markieren aus technischer Sicht die Ausflüge in die Innenstädte von London, Madrid und Rom, die mit einer unglaublichen Liebe zum Detail nachgebildet wurden: Vor allem unter Full-HD ist ein Wow-Effekt garantiert, wenn man z.B. mit über 200 Sachen zum ersten Mal dem Kolosseum entgegen rast oder die wunderschönen Bauten in Madrid bewundert. Auch die Toskana bleibt mit ihrem herrlichen Tag-/Nachtwechsel in Erinnerung, während für mich die Gebirgs-Achterbahn durch die Eiger Nordwand mit ihrem traumhaften Panorama und der anspruchsvollen Charakteristik das Rallye-Feeling nahezu perfekt einfängt.

Doch so beeindruckend die Kulissen auf den ersten Blick aussehen, offenbaren sie doch schnell den einen oder anderen störenden Makel: So gibt es z.B. kaum eine Strecke, in der das Bild nicht zwischendurch durch heftiges Tearing zerrissen wird. Auch das Publikum auf den Tribünen besteht entweder aus Pappaufstellern oder ist nur mäßig animiert - spontane Reaktionen auf das Renngeschehen gibt es hier im Gegensatz zu Project Gotham Racing nicht zu sehen. Ist zu viel los und man fährt z.B. im Regen mitten in einem Fahrzeug-Pulk, wandert die Framerate auch schon mal spürbar unter die 60 Bilder pro Sekunde und es kommt zu Slowdowns.

Technische Schwächen

Was generell auffällt, ist die schwankende grafische Qualität bei den Strecken: Während man in den Städten viel architektonische Feinarbeit erkennt, wirken vor allem viele Weltstrecken wie Monza

Mit einem Ferrari durch Tokio - in GT5 wird dieser Traum wahr.
oder Tsukuba unspektakulär und lieblos umgesetzt. Besonders in Le Mans sowie auf der Nordschleife fallen schnell die generischen Bäume ins Auge, die teilweise sogar nur eine 2D-Tapete darstellen und offensichtlich mit Copy & Paste an den Streckenrand platziert wurden. Pop-ups von Texturenschichten, aber auch kompletten Objekten wie Tribünen, treten ebenfalls hin und wieder auf, während das Kantenflimmern hier zwar nicht so stark ausfällt wie bei Forza 3, aber immer noch vorhanden ist.

Diese grafischen Einbußen lassen sich mit einer Ausnahme verschmerzen: Die durchweg furchtbare Schattendarstellung zieht mit ihren groben Flacker-Treppchen sowohl das Gesamtbild als auch die eigentlich gelungene sowie in drei Stufen verstellbare Cockpitansicht nach unten. Nicht falsch verstehen: Gran Turismo 5 sieht immer noch gut aus. Neben einigen nahezu fotorealistisch modellierten Fahrzeugen tragen auch die feinen Partikeleffekte dazu bei, dass man sich immer wieder gerne hinters Steuer klemmt. Angesichts der langen Entwicklungszeit und im Hinblick auf die Konkurrenz, die selbst vor einem Jahr schon mehr Qualität zu bieten hatte, ist diese Kulisse allerdings eine kleine Enttäuschung, da sich auch seit dem Prolog aus dem Jahr 2007 nicht mehr allzu viel getan hat. 

     

Das gilt auch für die Autos, denn ein Großteil des gut 1000 Vehikel umfassenden Fuhrparks stammt direkt aus Gran Turismo 4 und wurde anscheinend nur schnell durch einen HD-Konverter gejagt. Dem gegenüber stehen die ca. 200 Premium-Modelle, die bezüglich Aufwand und Darstellung neue Maßstäbe setzen: Noch nie gab es derart grandiose Fahrzeuge in einem

Im Windschatten saugt man sich an den Vordermann heran.
Videospiel zu sehen, die mit einer solchen Liebe zum Detail aufwarten können. Das ist ein wahr gewordener Männertraum, ein exquisiter Autoporno, bei dem man vor allem in den speicherbaren Wiederholungen oder dem aufwändigen Fotomodus mit seinen vielen Effekten und Einstellungen aus dem Staunen nicht mehr heraus kommt.

Zweiklassen-Gesellschaft

Es ist allerdings eine Schande, dass es nur eine begrenzte Auswahl an Premium-Wagen gibt und man sich bei Polyphony für dieses unsägliche Zweiklassen-System entschieden hat. Wer einmal in einem dieser Fahrzeuge seine Runden gedreht hat, will nur noch ungern zu den vergleichsweise mäßig modellierten Standard-Karren ohne Cockpitansicht zurückkehren. Hinzu kommt, dass der Fokus zu sehr auf japanische Hersteller gelegt wird: So gibt es auch hier wieder (zu) viele Ausführungen des gleichen Modells aus Häusern wie Nissan, Subaru oder Toyota. Amerikanische und europäische Autobauer ziehen in der Auswahl den Kürzeren oder fehlen sogar komplett, wie die Beispiele Seat und Skoda zeigen. Auch in Sachen Aktualität hinkt man leicht hinterher: Zwar stehen neue Perlen wie der Mercedes SLS AMG oder das Konzeptauto GT by Citröen beim Händler, doch wer z.B. die jüngsten Modelle beliebter Marken wie VW oder Opel sucht, wird hier nicht fündig. Forza 3 bietet im direkten Vergleich nicht nur eine größere Auswahl an aktuellen Boliden, sondern auch mehr Vielfalt bei den einzelnen Herstellern.

Die in der Anleitung angesprochenen Unterschiede beim Schadensmodell sind mir nicht aufgefallen, denn egal ob Standard- oder Premium-Bolide: Die Darstellung der Schäden ist mit ihren kleinen Kratzern und Beulen in jeder Hinsicht enttäuschend, denn selbst wenn man mit 300 Km/h frontal gegen eine Betonmauer knallt, hinterlässt der heftige Einschlag kaum Spuren an der Karosserie. Mechanische Auswirkungen sucht man ebenfalls vergeblich - selbst nach dem Freischalten der höchsten Rennserie bleibt die Fahrphysik nach Kollisionen unangetastet. Man kann die Frage also in vielerlei Hinsicht und je nach Auslegung mit ja und nein beantworten, ob GT-Schöpfer Kazunori Yamauchi einen Schaden hat.

Hat Yamauchi einen Schaden?

Das gilt auch für den Fall, dass sich das Gerücht noch bewahrheiten sollte, dass das volle Schadensmodell in all seiner Pracht erst nach dem Sieg im letzten Karriere-Rennen oder dem Erreichen des 40. Fahrerrangs freigeschaltet wird. Wer bitte würde sich so einen Unsinn ausdenken? Im Rahmen des Tests bin ich in stundenlangen Sessions bis Rang 22 gefahren und habe dabei schon Rennen in der höchsten Klasse absolviert (Extremserie) - eine Veränderung beim Schadensmodell habe ich nicht entdecken können. Zumindest gibt es einen optionalen Benzinverbrauch und Reifenverschleiß, der jedoch hauptsächlich im separaten

Aktuelle Modelle sind im riesigen Fuhrpark zwar in der Minderheit, aber es gibt sie...
Arcademodus eine Rolle spielt und nicht skalierbar ist. Man muss also schon ein Langstrecken-Rennen in Angriff nehmen, um die Auswirkungen zu spüren - innerhalb der Karriere im GT-Modus beschränkt man sich allerdings in der Regel auf maximal zehn Runden, meist sogar weniger.

Aber zurück zu mir und meinem Ferrari, mit dem ich mittlerweile in einem viel zu hohen Tempo der ersten scharfen Rechtskurve entgegen fliege. Ich gehe voll in die Eisen und hab nicht nur alle Hände voll zu tun, den temperamentvollen Sportwagen aus Maranello auf der Straße zu halten, sondern auch das Force Feeback-Lenkrad festzuhalten, das beim Anbremsen unkontrolliert ausschlägt und mich den Verlust der Bodenhaftung gnadenlos spüren lässt. Aber was erwarte ich auch, wenn ich Fahrhilfen wie die Traktionskontrolle, ABS und den neuen Rutsch-Stopp (eine Art zusätzliche Traktion für Anfänger) deaktiviere, obwohl ich sie auch fein in bis zu zehn Stufen einstellen könnte?

Ein tolles Gefühl

Mit mehr Glück als Können fange ich das zickige Biest doch noch ab... Jetzt ganz langsam Gas geben, denn der gefühlvolle Umgang mit den Pedalen ist das A und O bei dieser realistisch angehauchten Fahrphysik, die hier noch etwas anspruchsvoller erscheint als bei den Vorgängern, obwohl man sich leider von der Trennung zwischen Standard- und Profiphysik verabschiedet hat, die es noch beim Prolog gab. Es ist kein GTR oder rFactor, das ist klar. Aber es ist genau das, was die Fans der Serie erwarten - und vielleicht noch ein

Kampf der PS-Giganten:

Auch wenn der Realismus nicht so hoch ausfällt wie bei PC-Simulationen, fühlt es sich einfach echt an, wenn man mit seinem Fahrzeug ans Limit geht. Dabei entsteht auch ohne den Einsatz von Blur-Effekten ein gutes Geschwindigkeitsgefühl, während die Cockpitansicht sowohl durch die aufwändigen Nachbildungen der Armaturen als auch die wackeligen Erschütterungen ein intensives Mittendrin-Gefühl vermittelt. Und dann noch dieser Wahnsinns-Sound, wenn der aufgemotzte V8-Motor mit seinen 483 PS im Heck des Ferraris aggressiv durch die Lautsprecher röhrt - einfach herrlich!  

Forza 3 vs. Gran Turismo 5

Wer gewinnt das Duell?bisschen mehr. Diese Fahrphysik bietet die nahezu perfekte Balance aus Spielbarkeit und Anspruch: Das Fahrwerk gibt jede noch so kleine Bodenwelle an das Lenkrad und damit den Fahrer weiter.

Bevor man diese audiovisuelle Faszination des virtuellen Motorsports erleben darf, muss man allerdings viel Geduld und Durchhaltevermögen mitbringen. Das geht schon los, wenn man das Spiel zum ersten Mal startet und sich auf die ca. acht Gigabyte große Installation einlässt. Eine knappe Stunde ist das Blu-ray-Laufwerk damit beschäftigt, die Daten von der Disk auf die Festplatte zu schaufeln, während die Fortschrittsanzeige den Wartenden nach Strich und Faden verarscht: Während man sich im ersten Moment noch freut, wenn die restliche Zeit schon nach ca. zehn Minuten mit nur

Die Viper ist ein tolles Basismodell, da sie von Anfang an schon viele Pferdestärken unter der Haube hat.
noch 20 angegeben wird, realisiert man spätestens 20 Minuten später, dass da irgendwas faul ist, wenn die Restzeit immer noch 18 Minuten beträgt.

Geduld ist eine Tugend

Da ist es schon keine große Überraschung mehr, wenn für die angeblich letzten 30 Sekunden der Installation noch mal gut fünf Minuten fällig werden. Aber das alles ist ja für einen guten Zweck, denn ohne die Daten auf der Festplatte sind die ewigen Ladezeiten auf Dauer kaum zu ertragen, doch selbst mit der kompletten Installation fallen sie immer noch recht üppig aus. Ein guter Kompromiss ist die Möglichkeit, zunächst auf die Komplett-Installation zu verzichten und die Daten schrittweise auf die Festplatte zu übertragen. Lädt man z.B. zum ersten Mal eine Strecke, wird die Piste samt den Fahrzeugen automatisch im Hintergrund installiert, so dass das Spiel beim zweiten Besuch schon auf die Platte zurückgreifen und die Ladezeiten reduzieren kann.

Hat man den Datentransfer und die völlig unpassende Klaviermusik in der ersten Hälfte des ansehnlichen Intros überstanden, landet man im Hauptmenü, das durch seinen dynamischen und animierten Hintergrund durchaus stylisch wirkt. Hier hat man die Wahl zwischen dem GT-Modus, Arcade-Rennen, dem Strecken-Editor und GT-TV, das in Zukunft mit Videoinhalten rund um die Auto-Welt gefüllt werden soll. Außerdem bekommt man neben den Optionen auch Zugriff auf eine integrierte Anleitung, die sehr viel mehr Informationen bietet als das dünne Papier-Handbuch in der DVD-Hülle. Obwohl sich der Arcade-Modus aufgrund des Zugangs zu den meisten Strecken und einer stattlichen Auswahl an Boliden für ein flottes Einzel-, Drift- oder Zeitrennen eignet, widme ich mich lieber der Karriere mit ihren zahlreichen Events, Tuning-Möglichkeiten und den neuen Community-Features. Wie nicht anders zu erwarten, fängt man mit einem erschreckend kleinen Start-Budget bei null an. Da ein Neuwagen bei einem der gut 50 lizenzierten Hersteller und Tuner den finanziellen Rahmen sprengen würde, führt der erste Weg gezwungenermaßen zum Gebrauchtwagenhändler. Die Rappelkisten dort haben zwar schon einige Kilometer auf dem Buckel, aber hey...so ein Honda Civic ist immer noch besser als gar nichts und für erste Erfolge in der Anfänger-Serie mit Events wie dem Sunday Cup & Co reicht der Wagen allemal.

Ernüchternder Einstieg

Spätestens beim ersten Rennen wird aus der Befürchtung die Gewissheit: Die Standard-Modelle, zu denen auch mein Civic und etwa zwei Drittel des gesamten Fuhrparks zählen, bieten tatsächlich keine Cockpitansicht und sehen insgesamt längst nicht so toll aus wie in den zahlreichen Trailern, die im Vorfeld veröffentlicht wurden. In den ersten Stunden hatte ich ständig das niederschmetternde Gefühl, in einem recycelten GT4 mit HD-Upgrade unterwegs zu sein: Es warten die gleichen Veranstaltungen, die meisten Pisten sind ebenfalls bekannt und sogar bei den Fahrzeugen trifft man

Schadensmodell? Da gibt es nicht viel zu sehen...
meist auf alte Bekannte. Von den detaillierten Premium-Modellen fehlt mangels Geld zunächst jede Spur, da der Gebrauchtwagenhändler einzig die Standardkisten im Repertoire hat - und das wechselt leider ständig und wird per Zufall zusammengestellt.

Angebot und Nachfrage

Da ist auch schon das nächste Problem: In der Amateur-Veranstaltung "Sport Trucks Race" benötigt man z.B. einen Pick-up wie den Dodge RAM 1500 oder einen Ford SVT F-150 zur Teilnahme. Dumm nur, dass man diese Modelle nicht als Neuwagen beim Händler kaufen kann - sie tauchen erst gar nicht in der Liste auch. Und richtig dumm wird es, wenn die passenden Fahrzeuge partout nicht als Gebrauchtwagen angeboten werden. Ich hatte schon fast die komplette nächste Serie abgeschlossen, bis ich endlich die Chance bekam, einen Pick-up zu kaufen. Es wäre auch für die Übersicht sehr viel einfacher gewesen, wenn man die Gebrauchtwagen bei den jeweiligen Neuwagen-Händlern untergebracht hätte. Ähnlich sieht es bei den vielen Oldtimer-Events aus, für die man erstmal ein entsprechendes Modell finden muss. Die Suche und das Warten kosten Zeit und Nerven, aber vielleicht hatte ich auch einfach nur Pech...   

In der Anfangsphase macht es einem GT5 nicht leicht, es zu mögen: Schadensmodell? Fehlanzeige - von den paar Kratzern und Beulen mal abgesehen. Grafik? In den Städten fantastisch, auf den Weltstrecken eher ernüchternd - da sieht Forza 3 teilweise heute noch besser aus. Sound? Furchtbar, denn auch hier scheint man sich aus der Klangbibliothek vom Vorgänger bedient zu haben. Wenn selbst ein M3 klingt wie ein Staubsauger und bei Kollisionen nur ein dumpfes "Klock" zu hören ist, scheint da in der Soundabteilung von Polyphony irgendetwas falsch zu laufen. Dann noch diese platten Menüs und Bildschirme, die mit aufpoppenden Fenstern und Anordnung mehr an eine PC-Anwendersoftware erinnern als an ein modernes Rennspiel. Nach diesem Einstieg hatte ich ernste Zweifel, ob Gran Turismo überhaupt die nötigen Spielspaß-PS mitbringen würde, um bis in Award-Regionen vor zu fahren. Aber zum Glück kann man ja mit etwas Tuning nachhelfen, womit wir beim nächsten Thema wären...

Viel Hype um nichts?

Das Aufmotzen der Boliden durch einen ganzen Haufen an Upgrades war von Anfang an eines der Features, mit denen diese Serie die Autobastler begeistern konnte. Der fünfte Teil bildet in dieser Hinsicht keine Ausnahme: Man findet auch hier die ganze Palette an Tuning-Maßnahmen, die von Gewichtsreduktionen (sogar für die Scheiben!) und Auspuffvarianten über Motoren-Upgrades inklusive Turbolader, Luftfiltern und Kompressor bis hin zu Differenzialen, Getrieben und Fahrwerken reicht. Nicht zu vergessen die Reifen, bei denen für die drei Varianten Komfort-, Sport- und Rennreifen jeweils drei Härtemischungen (hart, mittel, weich) zur Verfügung stehen. Dazu kommen noch Regen-, Matsch- und Schnee-Pneus, mit denen man auch für wechselnde Witterungsverhältnisse und Offroad-Ausflüge gewappnet ist.



Mehr Leistung, mehr Fahrspaß?

Ja, GT5 bietet zum ersten Mal ein dynamisches Wettersystem! Zum einen enttäuscht aber die grafische Umsetzung, wenn die Tropfen oder Flocken auf die Windschutz- oder Heckscheibe prasseln und zum anderen ist die wechselhafte Witterung genau wie der Tag-/Nachtwechsel nur auf wenigen vorbestimmten Strecken vorhanden. Allerdings fängt die Fahrphysik die feuchten sowie staubigen Straßenbeläge hervorragend ein, so dass man als Fahrer hier noch mehr zu tun hat, die Kontrolle über das

Vor allem in den späteren Rennmaschinen nimmt der Fahrspaß spürbar zu.
Fahrzeug zu behalten. Besonders Schnee und Verbindung mit Glatteis ist ein Garant für schnelle Bekanntschaften mit der Leitplanke. Was man im Tuningbereich vermisst, sind Verbesserungen für den Bereich der Bremsen.

Forza 3 ist außerdem unkompliziert, wenn es um Umbauten oder wechselnde Leistungs-Konfigurationen geht. Möchte man dort die PS reduzieren, baut man Teile einfach wieder aus. Bei GT5 ist das nicht ganz so einfach, denn die meisten Maßnahmen im Motorenbereich lassen sich nicht mehr rückgängig machen. Neben dem Teilehändler findet man im Bereich GT Auto neben Service-Angeboten wie Ölwechseln, Waschanlage oder der Instandsetzung alter Motoren weiteres Equipment: Eine kleine aber feine Auswahl an Felgen hebt den Bling-Faktor, während man mit aerodynamischen Teilen wie Spoilern oder Bodykits seinen Serienwagen langsam zu einer Rennmaschine verwandelt. Leider ist die Auswahl hier sehr begrenzt und nur die wenigsten Modelle innerhalb des Fuhrparks stehen für diese Upgrades zur Verfügung.    

Den ganzen Tuning-Krempel einzukaufen und einzubauen ist eine Sache - einen optimalen Nutzen daraus zu ziehen eine andere. Was nützt mir ein vollständig einstellbares Getriebe, wenn ich die Gangübersetzungen nicht der Streckencharakteristik anpasse? Was soll ich mit einem Aufhängungsbausatz oder einem voll anpassbaren Sperrdifferenzial, wenn ich die Teile nicht auf meinen persönlichen Fahrstil abstimme? Genau dafür ist das Setup da. Mit dem richtigen Equipment

Die Nordschleife - ein Mekka für Motorsport-Fans.
eröffnen sich für den Mechaniker die Möglichkeiten, mit vollem Einsatz an den Boliden herumzuschrauben. Da wird u.a. in über 50 Schritten das Anfangsdrehmoment getrennt für Front und Heck festgelegt, an Stabilisatoren, Stoßdämpfern, Federn und Spurwinkeln gearbeitet sowie an der Fahrzeughöhe geschraubt.

Das perfekte Setup

Zwar fallen die Schritte hier nicht so fein aus wie z.B. bei Forza oder den PC-Simulationen, doch hat man genug Möglichkeiten, das Fahrzeug seinen Wünschen anzupassen. Nur beim Getriebe macht man es sich einfach: Hier bestimmt man lediglich die gewünschte Höchstgeschwindigkeit und die Übersetzungen für die einzelnen Gänge werden entsprechend automatisch angepasst. Daneben vermisst man auch Optionen wie den Reifen- oder Bremsdruck - einzig die Bremsbalance kann geregelt werden. Schade: Standen beim Prologue noch drei Setup-Slots zum Abspeichern unterschiedlicher Abstimmungen zur Verfügung, entfällt hier diese Möglichkeit genauso wie ein schneller Austausch mit der Community. Im Trainingsbereich, in dem man auch Markenrennen mit gleichen Modellen austragen kann, hat man dafür neuerdings Zugriff auf den Datenlogger, wo man seine Telemetrie im Detail studieren kann. Zwar darf man sie nicht abspeichern, doch wird man in Zukunft vermutlich Bezugsdaten (von Profi-Fahrern?) zum Vergleich laden können.

Ich bin immer noch im F430 unterwegs und obwohl ich bei der letzten Kurve fast angeflogen wäre, fahre ich hochkonzentriert und nahezu fehlerfrei weiter. Am Ende des nächsten Sektors kommt die Zwischenzeit: Verdammt, der Führende hat schon einen Vorsprung von gut fünf Sekunden! Ich hänge mich also voll rein, rase ohne Probleme auf die zweite Position vor und gebe alles am Steuer. Die nächste Zwischenzeit: Mein Abstand beträgt mittlerweile mehr als acht Sekunden. Wie kann das sein? GT-Spieler der ersten Stunde kennen das Phänomen, denn die beschriebene Szene ist symptomatisch für die Serie.

Jagd auf den Führenden

Es zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Karriere, dass sich ein KI-Fahrer immer wieder deutlich vom Rest des Feldes absetzt. Um mir den Rennsieg zu sichern, muss ich mein Auto entweder extrem tunen oder mir einen leistungsfähigeren Neuwagen besorgen - Leistungsbeschränkungen gibt es innerhalb der Karriere eh kaum. Doch egal wie ich mich entscheide, sind die Konsequenzen für den Rennverlauf fatal: Jetzt sitze ich also in einem PS-Monster und warte, bis die Ampel auf Grün springt. Schon kurz nach dem Start passiere ich mit einer

Doch auch die GP-Strecke des Eifel-Kurses ist mittlerweile im Spiel enthalten.
wahnwitzigen Beschleunigung einen Großteil der KI-Piloten - kein Wunder, bei meinem Leistungsüberschuss. Erst später wird der Führende kassiert, der sich schon wieder abgesetzt hat.

Echtes Racing-Feeling will hier nicht aufkommen, denn oft gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder gibt man sich einem unfair überlegenen Fahrzeug geschlagen oder pimpt sein Fahrzeug auf den gleichen Leistungslevel und macht das Rennen damit zu einem Duell zwischen zwei Fahrern. Die Ursache für das schlechte Balancing ist schnell gefunden, denn fast keines der Karriere-Events bietet eine Leistungsbeschränkung. Entsprechend wild zusammengewürfelt ist das Starterfeld, auf das man seit dem Day 1-Patch bereits im Vorfeld einen Blick werfen kann. Dort wird zwar meist noch ein relativ ausgeglichener Wettbewerb suggeriert, doch in der Praxis sieht es dann oft anders aus. Turn 10 und andere Rennspiel-Entwickler gehen cleverer vor und sorgen mit PS- und/oder Modellbeschränkungen dafür, dass das Feld sehr viel homogener zusammengestellt wird. Entsprechend hat man bei diesen Titeln mehr das Gefühl, an einem echten Rennen teilzunehmen anstatt einen Großteil der Konkurrenten schon nach den ersten hundert Metern hinter sich zu lassen.   

Hinzu kommt, dass der Schwierigkeitsgrad zwischen und innerhalb der Serien teilweise extrem schwankt. Während man sich z.B. beim Motorsport Oldies-Pokal die Zähne ausbeißt, meistert man die Schwarzwald-Liga A innerhalb der gleichen Serie (Expertenserie) mit links, da hier der stärkste Gegner mit gerade mal 177kW in seinem Golf GTI unterwegs ist. Auch die Abschlussmeisterschaft (Polyphony Digital Cup) ist ein Klacks verglichen mit manch andere Wettbewerben, in denen man in niedrigeren

Die KI versucht sich gerne durch aggressive Ramm-Attacken Respekt zu verschaffen. Die Aktionen enden allerdings meistens im Frust für den Spieler.
Serien um jede Position kämpfen musste. Ja, manchmal kommen auch hier Rennen zustande, die sich als solche anfühlen, wenn man sich durch den Pulk aus maximal 15 Gegnern kämpft, obwohl sich in der Regel insgesamt nur zwischen acht und zwölf Boliden auf der Piste befinden.

Pistensäue

Die anfängliche Freude über die Positionskämpfe im engen Fahrerfeld währt allerdings nicht lange: Spätestens wenn die KI einem ins Heck fährt und beherzt umdreht, ist der Rennspaß schnell vorbei. Das ist besonders dann bitter, wenn man gerade in einer Meisterschaft unterwegs ist und das Rennen nach der rüden Attacke nicht einfach noch mal neu starten kann - einen Rückspul-Joker à la Forza gibt es auch nicht. "Okay", dachte ich mir, "das kann ja mal passieren". Das Problem ist aber, dass es ständig passiert. So wird mir neben der schlechten Balance innerhalb des Fahrerfelds nur ein weiterer Grund geliefert, meinen Boliden so stark aufzumotzen, dass ich mit diesem Rowdy-Pack gar nicht erst in Berührung komme. Kommt es trotzdem dazu, fällt außerdem die schlimme Kollisionsabfrage auf, mit der man auch beim Touchieren von Banden Bekanntschaft macht. Beim Auffahren scheint es oft so, als würden beide Boliden aneinander kleben und durch einfaches Lenken kann man sich nicht losreißen. Erst wenn man vom Gas geht und dadurch wieder Abstand zum Vordermann gewinnt, hat man wieder die volle Kontrolle und kann vorbeifahren.

Dabei macht die KI auf den ersten Blick so viel besser als in den Vorgängern: Anstatt wie an einer Perlenkette brav hintereinander her zu fahren, kann man hier auch immer wieder Überholmanöver beobachten oder sieht im Rückspiegel, dass die Verfolger manchmal tatsächlich auf meine Bremsaktionen oder Unfälle reagieren. Leider bilden diese löblichen Ansätze die Ausnahme. Fährt man im Arcademodus ein Langstreckenrennen, gibt die Boxenstrategie der KI Rätsel auf: Während meine Reifen bei einem 33-Runden-Lauf ab der 17. Runde nicht mehr zu gebrauchen waren, fuhren die KI-Piloten teilweise bis zur 27. Runde auf dem ersten Reifensatz weiter, obwohl deren Zeiten ebenfalls schon ab der Mitte des Rennens immer langsamer wurden. Schade ist zudem, dass man im Gegensatz zum Prologue oder Forza 3 den Schwierigkeitsgrad

Von der TV-Show ins Spiel: Der Top Gear Test Track ist ebenfalls enthalten.
der KI nicht anpassen kann. Nur im Arcade-Modus stehen drei Stufen zur Auswahl, in der Karriere muss man dagegen mit einer stark schwankenden Standard-Einstellung Vorlieb nehmen.

Die kann einen auch im Rahmen der Spezialveranstaltungen an den Rand des Wahnsinns treiben, die neben der Karriere angeboten werden und z.T. aus hammerharten Herausforderungen bestehen. Lassen sich die witzigen Kart-Rennen noch relativ einfach meistern, sind beim Besuch in Jeff Gordons Nascar-Schule sowie dem Abstecher auf den Top Gear Test Track einige verdammt harte Nüsse zu knacken. Auch für die Goldpokale im Rahmen der AMG Fahrschule auf der Nordschleife darf man sich keine Fehler erlauben und muss jede Kurve perfekt nehmen. Den Höhepunkt dieser Event-Reihen, die eine hervorragende Abwechslung zur Karriere darstellen und gleichzeitig viel Geld aufs Konto spülen, ist für mich neben den drei Rallye-Herausforderungen von Sebastien Loeb die Grand Tour. Dabei reist man von Bern über Monza und die Toskana bis nach Rom und absolviert in vorbestimmten Autos diverse Rennen. Dabei wird das Umsteigen an traumhaften Orten wie Luzern, San Gimignano oder Siena mit atmosphärischen Zwischensequenzen inszeniert - einfach toll. Ich hätte mir sehr viel mehr von dieser lebendigen Art von Veranstaltung gewünscht, die im Gegensatz zu dem meist trockenen Abklappern von Events in der Karriere steht.

Spezialveranstaltungen

In den Spezialveranstaltungen findet sich außerdem die Rally Gran Turismo: Hier steht auf zufällig generierten Kursen das klassische Zeitfahren über staubige Pisten auf dem Programm, wie man es von der WRC kennt. Allerdings gibt es ein paar Unterschiede, denn zum einen sind die Etappen sehr kurz und zum anderen tritt man hier lediglich gegen vier Konkurrenten an. Das Offroad-Feeling kommt zwar im Ansatz gut rüber, doch mangelt es an Abwechslung und einer echten Meisterschaft. Ähnlich inkonsequent wirken die Nascar-Events: Wenn maximal 16 Fahrzeuge im Kreis fahren, hat das nur wenig mit dem realen Motorsport gemeinsam, wo 40 und mehr Boliden ihre Runden drehen. Von daher sind die beiden Rennserien nur ein netter Zusatz - mehr nicht.

WRC-Konkurrenz?

Doch wie bei den restlichen Spezialveranstaltungen winken auch hier großzügige Preisgelder. Gleichzeitig gewinnt man eine Menge Erfahrung, mit der man sich innerhalb des neuen Rangsystems nach oben arbeitet. Insgesamt gibt es 40 Stufen, bis man sich die Auszeichnung "Perfekter Fahrer" verdient. Je nach Rang bekommt man Zugang zu bestimmten Events. Wer schnell aufsteigen möchte, sollte sich also auf die ersten Events der Spezialveranstaltungen stürzen, auch wenn hier viel verlangt wird. Doch auch hier sind spätere Herausforderungen zunächst gesperrt und werden erst nach dem Erreichen bestimmter Stufen freigeschaltet. Leider ist das Erfahrungssystem nicht sonderlich transparent: Man bekommt nach jedem Rennen seine Punkte, aber niemals eine Aufschlüsselung, wodurch sich das Ergebnis zusammensetzt.  

Neben den so genannten A-Spec-Veranstaltungen bietet man mit dem B-Spec-Modus eine separate Karriere an. Dabei schlüpft man nicht länger in die Rolle des Fahrers, sondern steht als Teamleiter am Kommandostand, analysiert die Rundenzeiten der Teilnehmer und gibt seinem Schützling Anweisungen, wie es fahren soll. Die Kommandos beschränken sich dabei allerdings auf die Befehle "schneller fahren", "langsamer fahren", "Tempo halten" und "überholen". Bis zu sechs Fahrer darf man in sein Team aufnehmen, wobei sich alle in ihrer mentalen sowie körperlichen Stärke voneinander unterscheiden, während nach fahrerische Können mit jedem Rennen weiter ausgebaut wird und die KI-Raser ebenfalls im Rang aufsteigen.

Am Kommandostand

Die Events sind identisch zur A-Spec-Karriere - mit dem Unterschied, dass hier mehr Runden pro Rennen gefahren werden. Hat man sich in der A-Spec-Karriere bereits nach oben bearbeitet, fällt der Umstieg an den Kommandostand sehr viel einfacher, da man bereits auf einen riesigen Fuhrpark zurückgreifen kann, mit dem auch eine Anfänger-KI sofort in überlegenen Boliden Platz nehmen kann. Die Spannung geht dabei zwar flöten, doch die B-Spec-Karriere ist an Langweile eh kaum zu überbieten. Runde für Runde starrt man auf den Bildschirm und sieht seinem Schützling zu. Ab und an lässt man einen Funkspruch los oder schaltet zwischen den Datenmonitoren hin und her. Öde, einfach nur öde. Da setze ich mich lieber wieder selbst hinters Steuer und lasse die B-Spec-Events einfach links liegen...

Es versteht sich quasi von selbst, dass bei einem Spiel wie Gran Turismo 5 ein (Force Feedback-)Lenkrad Pflicht ist, wenn man den Fahrspaß richtig genießen will. Das gilt besonders für die PS3, da der Dualshock-Controller im Gegensatz zum 360-Pendant aufgrund der mäßigen Trigger nur eingeschränkt für das analoge Bremsen und Beschleunigen geeignet ist, obwohl man alternativ auch auf den rechten Analogstick nutzen kann. Doch die Lenkung via Pad lässt ebenfalls zu wünschen übrig und ist mir zu schwammig. Wer noch kein Lenkrad besitzt, aber das volle Potenzial ausschöpfen will, sollte also ernsthaft über eine Anschaffung nachdenken.



Lenkrad ist Pflicht!

Leider werden offiziell vornehmlich Wheels von Logitech mit GT-Branding unterstützt - allen voran das Driving Force Pro und das Driving Force GT. Einzig das Thrustmaster T500 RS findet sich als einziges Nicht-Logitech-Produkt in der Liste. Unverständlich: Die hochwertigen Modelle wie das G25/G27 fehlen schon wieder in den Optionen, so dass man die Knopfbelegungen umständlich manuell erledigen muss. Wer das Porsche Turbo S Wheel von Fanatec sein Eigen nennt, muss ebenfalls zunächst Einstellungsarbeit investieren, bevor er das Lenkrad ordentlich mit GT5 verwenden kann (siehe Kasten). Doch selbst wenn man alles passend konfiguriert hat, bereiten die Pedale noch Probleme, denn weder Gas noch die Bremse haben 

Wer das Porsche Turbo S-Wheel mit GT5 verwenden will, findet im Fanatec-Forum viele nützlich Einstellungshilfen.

Wenn der Standard nicht passt, hat man eben Pech gehabt oder muss auf die offiziellen Logitech-Wheels (oder das T500 RS von Thrustmaster) zurückgreifen. Diese haben ohne Zweifel ihre Qualitäten, doch eine breitere Unterstützung für die Lenkräder anderer Hersteller wäre neben den Feinabstimmungen wünschenswert gewesen. Zumindest bereitet die Aktivierung der Kupplung keine Probleme: Einmal gedrückt, wird sie umgehend im Spiel erkannt und kann verwendet werden. Während im Prolog das dritte Pedal lediglich digital arbeitete, kann man es hier dank der analogen Abfrage sogar schleifen lassen. So muss das sein!  

bei durchgedrückten Pedalen voll angesprochen. Leider werden im Gegensatz zu Forza 3 und den meisten anderen Rennspielen hier keine Feineinstellungen für die Toleranzbereiche geboten.

Mit dem Patch am Verkaufstag bekam man auch Zugriff auf die Online-Funktionen von Gran Turismo 5, wobei die Server zeitweilig dem Ansturm nicht gewachsen waren und selbst das Weiterspielen der Offline-Karriere mit eingestecktem Netzwerkkabel nicht mehr möglich war - mittlerweile hat man bei Sony aber wieder alles im Griff. Während man bei Forza 3 lediglich private Lobbys erstellen kann und ansonsten per automatischem Matchmaking fremden Spielern zugeteilt wird, erlaubt GT5 neben privaten Veranstaltungen auch das Anlegen von öffentlichen Sessions. Als Host hat man dabei eine Menge Möglichkeiten, die Streckenauswahl und das Reglement seinen eigenen Wünschen anzupassen: Neben der maximalen Spieleranzahl, bis zu 16 sind möglich, darf man auch die Benutzung von Fahrhilfen einschränken, ein zweistufiges Strafsystem aktivieren, das Abkürzungen und Rempel-Attacken ahndet sowie eine Boost-Funktion aktivieren, mit deren Hilfe langsamere

Beim Tuning und Setup kommen Mechaniker wieder voll auf ihre Kosten.
Fahrer nicht den Anschluss ans Feld verlieren. Ein Qualifying gibt es zwar nicht, doch darf man zumindest Regeln für die Reihenfolge in der Startaufstellung aufstellen (z.B. langsamster oder schnellster Fahrer zuerst) und vor dem Rennen beim freien Fahren erste Erfahrungen auf der Strecke sammeln.

Online-Baustelle

Den Fuhrpark kann man ebenfalls einschränken, wobei man zunächst jedes zugelassene Fahrzeug in der Garage einzeln anklicken musste. Scheinbar hat man auch bei Polyphony schnell - naja, nach über fünf Jahren - realisiert, dass diese Methode ziemlich umständlich ist. Mit dem zweiten Patch hat man endlich auch die Möglichkeit, die Gewichts- und Leistungsklassen mit einem Schieberegler zu bestimmen. Das Garagen-Management ist trotzdem nicht das Gelbe vom Ei: Der Onlinemodus bietet eine Liste von ca. 50 vorgefertigten Fahrzeugen an.

Umständliches Garagen-Management

Möchte man dagegen Flitzer aus der eigenen Garage verwenden, darf man nur auf solche zurückgreifen, die zuvor als Favoriten markiert wurden. Dass man keine verschiedenen Setups speichern (und laden) kann, wirkt sich hier ebenfalls negativ aus, da man für jede Strecke erneut zum Schraubenzieher greifen muss. Doch dafür bleibt nicht immer die Zeit, falls der Host mit einem Klick auf "Rennen starten" schon auf die Strecke bittet. Es wäre so viel einfacher und komfortabler gewesen, wenn man bereits vorgefertigte Setups einfach laden könnte.

Dabei macht man auf der anderen Seite so viel richtig: Man darf z.B. erlauben, dass der Host-Status auf einen anderen Teilnehmer übertragen wird, falls man die selbst erstellte Session vorzeitig wieder verlassen will. Daneben wird optional auch ein Abstimmungssystem für die Wahl der nächsten Strecke zugelassen, wobei die vorgeschlagenen Kandidaten dann per Zufall bestimmt werden, falls sich jeder für eine andere Piste entscheidet. Störenfriede haben ebenfalls keine Chancen, da man sie als Host mit nur einem Klick aus der Lobby werfen kann. Hier hat man sich endlich mal Gedanken gemacht, um für ein stimmiges Online-Erlebnis zu

Im Fotomodus kann man die Fahrzeuge in die richtigen Posen werfen.
sorgen - der saubere Netzcode trägt ebenfalls einen gehörigen Teil dazu bei und erlaubt selbst mit zehn und mehr Fahrern ein überwiegend lagfreies Rennvergnügen.

Viele Möglichkeiten

Nur bei bunt gemischten Nationalitäten und Bandbreiten kann es schon mal zu Problemen kommen. Außerdem sollte man vorwiegend auf den Voice-Chat zurückgreifen, denn der Filter beim Text-Chat übertreibt es manchmal und zeigt selbst unverfängliche Statements nicht an. Trotz der vielen guten Ansätze bleibt der Onlinemodus nur rudimentär und wirkt stellenweise wie eine Baustelle: Wo sind die Punkte, die man für Rennsiege bekommt und das Austragen kleiner Meisterschaften ermöglichen würde? Wo sind Ranglisten, in denen man sich mit seinen Rundenzeiten und Drift-Punktzahlen verewigen kann? Diese gibt es momentan lediglich lokal. Auch vom optionalen Matchmaking fehlt momentan noch jede Spur, so dass sich der Online-Modus bisher lediglich auf die Aneinanderreihung von Einzelrennen beschränkt. Das ist zu wenig, obwohl man lokal auch im Splitscreen Duelle gegen einen Freund austragen kann. Eine LAN-Unterstützung gibt es leider nicht mehr.   

Bei den Community-Features sieht es schon besser aus: Man kann sich über das interne Mailsystem nicht nur Nachrichten schreiben und Pinnwände

Ist das Sebastian Vettels zweites Zuhause?
mit mehr oder weniger sinnvollen Statements füllen, sondern sich auch gegenseitig Fotos schicken oder Geschenke wie Museumskarten (=Bilder), Autos, Lackfarben oder Hupenklänge an seine Freunde verteilen. Gleichzeitig bekommt man durch eine Protokoll-Funktion nicht nur einen Überblick über den eigenen Fortschritt, sondern kann auch einen Blick auf den Werdegang von anderen Fahrern werfen. Selbst der Spielfortschritt, die Anzahl der Fahrzeuge in der eigenen Garage sowie Informationen zur bisher gefahrenen Distanz oder Rennsiegen ist vor den Augen anderer GT-Besitzer nicht sicher - es gibt keine Möglichkeit, gewünschte Angaben vor anderen zu verbergen.

Ein Hoch auf die Community

Okay, trägt man in die Felder des Profils nicht gerade seine Adresse und Telefonnummer ein, müssen keine Daten unbedingt geschützt werden. Trotzdem wären mehr individuelle Anpassungen schön gewesen. Auch die Gründung von Clans bzw. Autoclubs wäre ein Feature, das sich gut im Community-Bereich machen würde. Da Yamauchi den Titel nach eigenen Aussagen aber immer noch weiter ausbauen und mit neuen Features ausstatten will, kann in dieser Richtung noch einiges passieren. Die letzten fünf Jahre waren scheinbar noch nicht genug für die Entwicklung.

Als ein Streckeneditor angekündigt wurde, war die Begeisterung groß. Würde man tatsächlich eigene Kurse bauen können? Schon seit der gamescom kennen wir die Antwort: ja und nein. Anstatt wie bei Modnation Racers mit viel Mühe und Arbeit eine eigene Piste mit der Streckenführung seiner Wahl zu basteln, legt man hier lediglich einige Parameter fest, nach denen die Strecke anschließend automatisch generiert wird. Dabei entscheidet man sich zunächst zwischen sieben Designs, mit denen das grundlegende Setting festgelegt wird. Soll es ein Kart-Kurs werden oder doch lieber eine Eifel-Rennstrecke? Vielleicht doch lieber Schnee oder die Toskana?

Streckeneditor light

Hat man sich entschieden, geht es anschließend in den eigentlichen Editor. Dort bestimmt man zum einen die Anzahl der Sektoren (maximal sieben sind erlaubt) und zum anderen für jeden einzelnen Sektor die Werte für die Komplexität des Abschnitts, den Kurvenradius sowie die Breite der Strecke. Wetter und die Tageszeit dürfen ebenfalls angepasst werden. Klar, dass man damit weit von der Vorstellung eines klassischen Streckeneditors entfernt ist. Das Ganze erinnert mich viel mehr an

Der Streckeneditor ist zwar nur sehr oberflächlich gehalten, aber trotzdem eine nette Spielerei zum Herumexperimentieren.
Lotus III auf dem Amiga, wo man sich ebenfalls durch Schieberegler bei diversen Kategorien eigene Pisten generieren konnte. Zumindest lassen sich die Tracks speichern und auch mit der Community teilen. Trotzdem: Mehr als einen netten Zusatz stellt der Editor nicht dar.

Das gilt auch für das Importieren eigener Musik von der Festplatte und das Head-Tracking via PlayStation Eye. Letzteres ist so fehleranfällig, dass es praktisch kaum einen Nutzen hat. Wenn es dann aber mal funktioniert, ist es cool. Ähnlich sieht es beim Spielen an einem 3D-Fernseher aus, wobei ich mich mangels Hardware hier nur auf die Messeeindrücke stützen kann: Gerade beim Fahren in der Cockpitansicht wirkt alles sehr plastisch und der 3D-Effekt kommt gut rüber. Allerdings stören die 2D-HUD-Anzeigen - vor allem die große Fahrerliste rechts -, weil sie die 3D-Objekte störend überlagern. Schon unter 2D ist es schade, dass man nicht mehr Möglichkeiten hat, die Anzeigen anzupassen. Man darf lediglich die Streckenkarte ausblenden - mehr nicht. Dabei könnte man in der Karriere z.B. auch auf den Reifen- und Benzinstatus verzichten, da beides keine große Rolle spielt.     

Zusatz-Features

Fazit

3151,4 Test-Kilometer in Gran Turismo 5 liegen laut Statistik hinter mir. Wie viele Stunden habe ich dafür hinter dem Steuer gesessen? Ich weiß es nicht. Aber es waren viele, verdammt viele. Die ersten waren jedoch eher von Ernüchterung als Begeisterung geprägt: Die ewige Installation, die lahmen Standard-Karren und technischen Einbußen mit Tearing, Kanten, hässlichen Schatten sowie generischen Motoren- und Kollisionsklängen machten es mir zunächst nicht leicht, in Yamauchis "Real Driving Simulator" abzutauchen. Auch die offensichtlichen KI-Schwächen hinsichtlich des Rempelns und Balancings sowie der rudimentäre Onlinemodus führten mich immer wieder zu der Frage, was Polyphony Digital in den letzten fünf Jahren eigentlich gemacht hat? Mit steigender PS-Zahl, zunehmendem Geld auf dem Konto sowie einem ordentlichen Lenkrad in der Hand hat mich Gran Turismo allerdings gepackt: Die Fahrphysik bietet immer noch die nahezu perfekte Mischung aus Anspruch und Spiel - es fühlt sich einfach klasse an, wenn man mit einem leistungsfähigen Premium-Boliden über Asphalt, Schnee oder Schotter brettert und dabei jede Bodenwelle spürt. Da wird das enttäuschende Drumherum mit dem peinlichen Schadensmodell sowie dem Zweiklassen-System des Fuhrparks fast zur Nebensache. Die Stärken liegen erneut im reinen Fahren, dem Tuning und den Setup-Möglichkeiten. Außerdem heize ich hier über die schönsten Originalstrecken und eine der besten virtuellen Nordschleifen, die man plattformübergreifend finden kann. Gran Turismo 5 ist zwar nach all der Wartezeit nicht der heilige Gral unter den Rennspielen, denn dafür macht es sowohl technisch als auch inhaltlich zu viel falsch. Trotzdem genieße ich als Rennsport-Fan das fantastische Fahrerlebnis mit einigen der schönsten Automodelle, die ich bisher gesehen habe.

Pro

  • riesige Fahrzeugauswahl...
  • traumhafte Wagenmodelle...
  • z.t. grandiose Kulissen (Stadtkurse, Toskana...)
  • massig Tuning-Optionen...
  • viele Einstellungsmöglichkeiten
  • (verstellbare) Cockpitansicht...
  • hervorragende Fahrphysik
  • diverse Fahrhilfen
  • umfangreiche Karriere(n)…
  • Rallye, Nascar & Kartfahren inklusive
  • Tag-/Nachtwechsel...
  • Wettersystem...
  • gelungenes Force Feedback
  • Strafsystem...
  • motivierende & fordernde Special-Events
  • Splitscreen-Rennen
  • kernige Motorenklänge (bei leistungsstärkeren Boliden)
  • relativ großes Fahrerfeld (bis zu 16 Autos; meist zwölf)
  • öffentliche Lobbys (online)
  • viele Lobby-Optionen (online)
  • sauberer Netzcode (online)
  • z.T. sehr intensives Mittendrin-Gefühl (wackelnde Cockpitansicht)
  • animierte Boxencrew
  • automatischer Host-Wechsel (optional, online)
  • optionales Abstimmungssystem (online)

Kontra

  • -...mit vielen gleichen Modellen (Variationen)-...aber nur die ca. 200 Premium-Boliden
  • schwankende Grafikqualität
  • ...die z.T. nicht rückgängig gemacht werden können
  • verschiedene Setups lassen sich nicht abspeichern
  • ...die es nur bei Premium-Fahrzeugen gibt
  • enttäuschendes Schadensmodell
  • KI oft zu aggressiv
  • ...mit langweiligem Aufbau und schlimmer Anfangsphase
  • Starterfeld meist nicht ausgeglichen
  • ...aber nur auf wenigen ausgesuchten Strecken
  • ...das es ebenfalls nur auf vorbestimmten Pisten gibt
  • Benzinverbrauch und Reifenverschleiß spielen kaum eine Rolle
  • ...das nur online und bei Spezial-Events zur Anwendung kommt
  • fragwürdiges Balancing
  • kein komplettes Rennwochenende (Training, Qualifikation)
  • ewige Ladezeiten (oder eine ewige Installation am Anfang)
  • öde B-Spec-Karriere
  • keine System Link-Unterstützung mehr (für LAN-Rennen)
  • extrem grobe Schattendarstellungen
  • viele mäßige Motorenklänge
  • schlimme Soundeffekte (bei Kollisionen)
  • (noch) keine Online-Ranglisten
  • kein Matchmaking / Rangsystem (online)
  • Boxenstopp-Strategie der KI nicht nachvollziehbar
  • keine Feineinstellungen bei (Lenkrad-)Steuerung möglich
  • Erfahrungssystem nicht sonderlich transparent
  • merkwürdige Kollisionsabfrage

Wertung

PlayStation3

GT5 ist nach all den Jahren nicht das erhoffte Über-Rennspiel. Aber es bietet trotz der ärgerlichen Ungereimtheiten immer noch den genialen Fahrspaß in bewährter Qualität.