MicroBot - Test, Arcade-Action, 360, PlayStation3

MicroBot
11.01.2011, Mathias Oertel

Test: MicroBot

Was in der Pionierzeit der Videospiele mit Titeln wie Robotron seinen Anfang nahm, wurde mit Geometry Wars in der HD-Ära zu neuem Glanz geführt: Der klassische Zwei-Stick-Shooter. Doch um dieses Nischengenre ist es im letzten Jahr abseits von Titeln für Apple-Plattformen ruhig geworden. Jetzt schickt EA auf PSN und Xbox Marktplatz das aus der Indie-Ecke kommende Microbot ins Rennen.

Man möge mir die englische Überschrift verzeihen. Aber in der Form klingt es einfach schmissiger als "Die Reise ins Ich (ja, der von Steven Spielberg produzierte Joe Dante-Film aus dem Jahr 1987) trifft auf Geometry Wars - Retro Evolved und gibt einem die Kontrolle über ein schwer bewaffnetes Mini-U-Boot, das in einen Körper injiziert wird, um in dessen Blutbahnen gegen eine mikrorobotische Bedrohung zu kämpfen." Man wird allerdings so oder so schnell wissen, um was es bei Microbot (MB) geht. Denn was bringt man mit Geometry Wars in Verbindung? Richtig: Frenetische Zwei-Stick-Ballereien mit einem hohen Motivationsfaktor.

InnerWars - Inside Evolved

MB geht die Sache deutlich ruhiger an.  In den Blutbahnen des Organismus, in dem man sein Unwesen treibt, herrscht eine grundsätzliche Ruhe vor. Die Körperflüssigkeit rauscht pulsierend durch die Adern, man hat neben einem sanft Rauschen meist sphärisch-meditative Melodien im Ohr, so dass man von der Action mitunter überrascht wird, wenn sie wieder auf einen hinein bricht.

Bedächtige Reise ins Ich

Denn natürlich ist man nicht alleine in den Leiterbahnen des Körpers unterwegs, sondern muss sich auch zahlreicher Gegner erwehren, die semi-organischer Natur sind - die feindlichen U-Boote im Raumschiffdesign haben sich andere Zellen zu Nutzen gemacht und dort eingenistet. Und schon sind wir inmitten einer bekannten Zweistick-Shooter-Action, bei der man mit dem linken Stick seinen Microbot steuert, Feinden sowie Hindernissen ausweicht und mit dem rechten die beiden zur Verfügung stehenden Waffen aktiviert, um Gegner sowie die mechanischen "Spawn-Punkte" auszuschalten. Um die robotische Bedrohung auszuschalten, hat man eine Projektile verschießende Standard-Waffe zur Verfügung. Zusätzlich gibt es z.B. Raketen mit Bereichsschaden, einen Nahkampfhaken und noch einige andere Waffenmodule, die man in der einen oder anderen Form bereits aus vergleichbaren Titeln kennt und die nur an vorgesehenen Stellen die Umgebung zerstören können, also den Gastorganismus nicht gefährden.

Die Auseinandersetzungen erreichen allerdings nicht die Intensität, die man mit Titeln wie dem Geometry Wars, Super Stardust HD, Gravity Crash oder Mutant Storm verbindet. Aber deswegen ist MB nicht zwangsläufig weniger fordernd. Denn wo die oben genannten Titeln teils mit rasanten Gegnermassen versuchen, einem das Leben schwer zu machen, findet man hier in den 20 Abschnitten eher fordernde Gruppenzusammenstellungen von Feinden.

Sog ins Verderben

In der Blutbahn wild umher tanzende Kontrahenten, die mit kleinen Projektilen auf einen feuern, sind genauso anzutreffen wie Raketen verschießende Ungetüme oder mikrorobotische Zellen, die nur darauf aus sind, einen zu rammen und wertvoller Lebenspunkte zu berauben. Und spätestens, wenn am jeweiligen Ende des Kapitels der Boss auftaucht, steigt das Anforderungsprofil deutlich an. Wenn diese Metall-Giganten den Kampf aufnehmen und man in bester Arcade-Manier die Schemata lernen, erkennen und Gegenmaßnahmen ergreifen muss, gehen Motivationssteigerung und Fruststeigerung Hand in Hand.

Auch die pulsierende Strömung spielt eine Rolle: Vor allem wenn man in den ersten Abschnitten noch nicht so beweglich ist, wird man des Öfteren von den in den Blutbahnen herrschenden Sog- und Schubverhältnissen überrascht und unangenehm ausgebremst. Dank eines gelungenen Kontrollpunkt-Systems wird der Frust ob eines vorzeitigen Ablebens aber deutlich minimiert. Um das Spiel bei einem Verlassen ins Hauptmenü fortzusetzen, wird allerdings erst am Ende des jeweiligen Abschnitts gespeichert.

Trotz guter Ansätze, einem gleichermaßen bekannten wie beliebten Prinzip, einem kooperativen Zwei-Spieler-Modus sowie der clever eingesetzten Physik will die ganz große Euphorie aber nicht aufkommen. Dazu plätschert die Action zwar unterhaltsam, aber letztlich zu vorhersehbar und mit zu wenigen Höhepunkten abseits der Bosse vor sich hin. Mit den an 

Man kann sein Mini-U-Boot mit zahlreichen aufrüstbaren Waffensystemen versehen.
bestimmten Punkten zur Verfügung stehenden Upgrade-Stationen, bei denen man die bis zu diesem Punkt gefundenen Waffen-, Antriebs sowie sonstigen Hilfssysteme wie z.B. eine Harpune aus- und aufrüsten kann, kommt zwar etwas Abwechslung ins Blut, doch gleichzeitig wird auch ein Problem injiziert: Hat man sich für eine Ausrüstung entschieden und das Gebiet hinter sich gelassen, muss man sich mit den mitgeführten Waffen zufrieden geben. Stellt man aber fest, dass die Bewaffnung den Feinden nur schwer den Garaus machen kann, etwa wenn sie zu schnell für die trägen Raketen mit Bereichsschaden sind, muss man sich im wahrsten Sinne des Wortes durchbeißen - oder aber den Level neu starten. Hier hätte eine Möglichkeit, zumindest eine alternative Waffenauswahl aktivieren zu können, Wunder gewirkt und die ohnehin nur leidlich vorhandene taktische Komponente der Bewaffnung wenigstens abgefedert.

Vorhersehbarer Krankheitsverlauf

Das Artdesign kann jedoch auf breiter Front überzeugen: Die Blutbahnen wurden so authentisch organisch inszeniert, dass es fast so scheint, als ob die Entwickler mit Uni-Kliniken und Biologie-Instituten zusammengearbeitet hätten. Erythrozyten, Leukozyten sowie Bakterien in verschiedenen Formen schwirren um einen herum, während das geschickte Spiel mit Tiefenschärfe eine Art Mikroskop-Effekt vorgaukelt. Auch die Ausflüge in die Lunge oder das von elektrischen Strömen durchzogene Gehirn können sich sehen lassen. Gleiches gilt für die semi-organischen Gegner und metallischen Bauten, die ein äußerst harmonisches Bild ergeben.   

Pulsierende Körperwelten

Fazit

Das Team von Naked Sky scheint sich Joe Dantes 87er-Film ‚Die Reise ins Ich‘ ebenso gut angeschaut zu haben wie Gunther von Hagens‘ Körperwelten und beide Elemente als Inspiration für diesen Zweistick-Shooter genutzt zu haben. Das Ergebnis ist solide Action in einer ungewöhnlichen Umgebung. Tatsächlich gelingt es dem durchweg überzeugenden Artdesign mit seinem cleveren Mix aus organischer Authentizität samt Mikroskop-Flair zusammen mit der sphärischen Musik immer wieder, die mit wenigen Höhepunkten ausgestattete Spielmechanik zu übertünchen. Vor allem das gut gemeinte, aber insgesamt etwas lieblos umgesetzte Upgrade-System sorgt für Unmut. Und es hätte Microbot nicht geschadet, wenn man auch auf dem Weg zu den knackigen Bossen mehr spielerische Höhepunkte erleben würde.

Pro

  • ungewöhnlicher Schauplatz
  • überzeugendes Artdesign
  • coole Bosskämpfe
  • Waffenupgrades möglich

Kontra

  • - Zweistick-Shooter mit inhaltlicher Redundanz
  • Waffenauswahl nur an bestimmten Punkten
  • nur wenige Spannungs-Höhepunkte

Wertung

360

Brauchbare Variante des Zweistick-Shooters, bei dem das Artdesign allerdings deutlich besser ist als die mechanische Umsetzung.

PlayStation3

Das Artdesign ist über fast jeden Zweifel erhaben, spielmechanisch bietet man nur biedere Kost mit zu wenigen Höhepunkten