NBA Jam - Test, Sport, 360, PlayStation3, Wii
Die goldene Slamdunk-Zeit
Ich erinnere mich noch genau an den einzigen Wermutstropfen (neben dem Preis): Michael Jordan war aufgrund seines Abschieds nicht im Aufgebot der Bulls - nur deshalb waren die New York Knicks damals das statistisch beste Team. Wir haben uns jedenfalls ganze Wochenenden wilde Matches zwischen den Knicks mit Ewing/Starks, den Bulls mit Pippen/Grant, den Rockets mit Olajuwan/Maxwell oder den Phoenix Suns mit Barkley/Johnson geliefert. Unsere Freundinnen haben NBA Jam gehasst - immer das beste Zeichen für grandiose Spiele.
Der moderne Airball
Wenn man Nowitzki und Kidd für die Dallas Mavericks über das Feld rasen lässt, hat man das Gefühl, einen dreidimensionalen Körper mit einem ausgeschnittenen, viel zu großen Kopf aus Pappe zu steuern (dass man noch größere Köpfe freischalten kann, ist da fast ein Hohn). Oder eine animierte Scherenschnittfigur. Oder irgendetwas anderes Unharmonisches, was zwanghaft nach Retro aussehen soll, aber wie ein stilistischer Airball wirkt - ein freier Fall der Hässlichkeit. Dazu gehört auch das binär geschaltete Publikum, das entweder komplett bewegungslos verharrt oder frenetisch jubelt bzw. im Kollektiv zuckt.
Solide Spielmechanik
Aber das tun sie nicht. Selbst die einfachen Dribblings und Dunks sehen nicht besonders elegant, nicht cool genug aus - egal ob Spin oder Crossover. Es kommt auch zu Szenen, in denen der zweite, vom Computer gesteuerte Mann sekundenlang gegen den Center läuft als wäre dieser eine Wand - warum bewegt er sich nicht geschmeidig um ihn herum? Das nervt genauso wie die kleinen Zicken der Steuerung: NBA Jam ist ein Spiel der schnellen Knöpfe, aber die Aktionen über die Sticks, also das Vor- und Zurückziehen, wirken zu Beginn viel zu sensibel. Immerhin gewöhnt man sich daran.
Interessante Spielmodi
Mal geht es um die clevere Ausnutzung von Power-ups, die Spieler nicht nur schneller oder robuster, sondern auch winzig klein machen. Mal spielt man mit veränderter Kamera oder Teamgröße. Hinzu kommen einige interessante Spiele für zwischendurch: In "Dominanz" geht es darum, farbig markierte Bereiche des Feldes zu erobern, indem man von dort aus Punkte erzielt - das macht richtig Laune, weil man sich hier wunderbar ärgern kann. Auch die Halbfeld-Duelle zwischen zwei Spielern oder das Schmettern, wo man so lange gegen das Brett dunkt bis es bricht, sorgen für Unterhaltung. All diese Minispiele retten NBA Jam auf ein gerade noch solides Niveau, obwohl auf Wii etwas Wichtiges fehlt Der Online-Modus. Auf 360 und PS3 konnte man über Internet in Ranglisten oder mit Freunden entweder eins gegen eines oder zwei gegen zwei spielen; also mit vier Mann losdunken. Auf Nintendos Konsole geht das nur offline vor einem Bildschirm, kooperativ in zwei Teams mit vier Leuten.
Fazit
Ich habe mich auf diese Wiedergeburt von NBA Jam gefreut! Dieser Klassiker aus dem Jahr 1994 gehört für mich zu den besten Arcade-Sportspielen aller Zeiten - ganze Wochen habe ich mich zwischen "He's on Fire!" und "Boom-Shakalaka!" in Ekstase gedunkt. Umso größer ist meine Enttäuschung angesichts dieses schrecklichen Artdesigns, das einen faulen Kompromiss zwischen dreidimensionaler Moderne und statischer 2D-Nostalgie eingeht. Die Animationen der Wasserkopfstars rocken einfach nicht, selbst bei Monsterdunks springt der explosive Funke nicht über. Soll das ein vollwertiges Spiel sein? Natürlich ist das kein Totalreinfall, weil die Spielmechanik auf den soliden Fundamenten des Klassikers beruht und weil die vielen Herausforderungen abseits der Kampagne einiges an Unterhaltung bieten. Leider fehlt auf Wii ein Online-Modus, stattdessen können bis zu vier Mann nur offline gegeneinander antreten. Immerhin gibt es gleich mehrere Steuerungsvarianten, von denen das Nunchuk/Remote-Duo dank intuitiver Wurfbewegungen die beste darstellt - den Classic Controller darf man auch nutzen, aber nicht frei belegen. Aber diese stilistisch misslungene Wiederauferstehung hätte man nicht wie ein goldenes Remake in der Box, sondern für zehn Euro über WiiWare anbieten sollen. Wenn ich Arcade-Basketball genießen will, spiele ich lieber das sechzehn Jahre alte, aber immer noch magische Original oder eine Version von NBA Street.
Pro
- solide Arcade-Spielmechanik
- orignale NBA Jam-Sprüche
- einige interessante Minispiele
- kooperativ Splitscreen 2 vs. 2
- gute Nunchuk/Remote-Wurfmechanik
Kontra
- - misslungenes Artdesign
- hässliches, halbstatisches Publikum
- Animationen nicht elegant genug
- Dunks wirken nicht explosiv genug
- schwache KI in der Karriere
- kein Online-Spiel möglich