Dungeon Raid - Test, Plattformer, iPhone

Dungeon Raid
15.02.2011, Paul Kautz

Test: Dungeon Raid

Man kennt es: Junger Held, der sich beweisen, und deshalb in das von Untoten verseuchte Labyrinth herabsteigen muss, Zaubertränke und Erfahrungspunkte inklusive. Ist aber auch die Variante »Du bist süchtig nach Heiltränken, hast schon alles verkauft, dein Leben ruiniert und steigst nun in die tiefsten aller Gewölbe herab, um mehr von dem teuflischen Gebräu zu finden« bekannt?

Das ist nur eine von erstaunlich vielen, teilweise sehr albernen Varianten einer »Vorgeschichte«, die einen in Dungeon Raid (DR) erwartet. Die Anführungszeichen stehen deshalb da, weil es hier keine Story gibt: Keine Maid wurde entführt, kein Zauberer bedroht das magische Reich, keine Anime-Einflügler geben hochauflösend

Mehr gibt es von Dungeon Raid nicht zu sehen, das Spiel beschränkt sich in jeder Hinsicht auf das Nötigste. Das macht aber auch einen großen Teil seines Reizes aus, denn es braucht keine aufwändige Grafik oder Geschichte, um nachhaltig zu fesseln.


Nö?

Man möchte annehmen, dass DR das frustrierendste Spiel aller Zeiten ist, denn hier gibt es keinen Sieg - jede Partie endet mit dem Tod der Spielfigur, es gibt keine andere Lösung. Ziel ist es, dem Ansturm der dunklen Mächte einfach so lange wie möglich Herr zu werden. Und der Weg dahin erinnert stark an die vielen Match 3-Spiele, die im AppStore herumfluten - Spiele wie Bejeweled 2, The Treasures of Montezuma oder Puzzle Quest. Aber es gibt einen wichtigen Unterschied zu diesen: Hier werden nicht drei bis fünf Spielelemente miteinander verbunden, sondern ein Großteil aller auf dem 6x6 Felder großen Brett befindlichen - horizontal, vertikal und diagonal. Wie beim vergleichbaren Azkend wird also eine lange Linie gleicher Steine miteinander verbunden, um sie aufzulösen. Und hier beginnt der taktische Teil des Spiels.

gerendertes Geschwafel von sich. Die einleitenden Texte sind nur zum Spaß da. Es gibt nur den Kampfbildschirm und sonst nichts.

Der Spieler hat vier Steinarten auf seiner Seite: Schwerter, Schilde, Heiltränke, Goldstücke. Letztere schaufeln logischerweise Geld aufs Konto, für das man, sobald eine bestimmte Grenze erreicht ist, ein Item kaufen darf. Tränke heilen den Spieler; Schilde reparieren in erster Linie die Rüstung, haben aber noch einen Zusatzeffekt: Ist die Rüstung schon auf voller Stärke, fallen die Schildpunkte dem Upgrade-Kontingent zu - und ist das gefüllt, darf man unter zwei Bonus-Items wählen. Von denen gibt es mehr als 400, die per Zufall ausgewählt werden: Neue Waffen und Rüstungsteile, mehr Lebensenergie oder bessere Verteidigungswerte, Umwandler (mit denen man z.B. Schwerter in Münzen verwandeln kann) oder Einsammler, die auf Knopfdruck alle Steine einer Sorte einsacken. Manche Items wirken sich direkt auf den Spieler aus (wie mehr Lebensenergie), manche werden nur bei Bedarf aktiviert. Von denen darf man gleichzeitig maximal vier haben, außerdem benötigen sie nach ihrer Anwendung eine gewisse »Cooldown«-Zeit, die mehrere Runden dauert. Was uns zum wichtigsten Spielstein bringt: Dem Schwert.

Neue Runde, neues Glück...

Das Schwert ist allein gar nichts wert: Man kann 20 davon miteinander verbinden, es bringt gar nichts. Seine Wirkung entfaltet es erst, wenn man es zusammen mit einem Monster in Linie bringt. Diese Visagen stehen für Gegner, jeder davon mit Angriffs- und Verteidigungswert sowie Lebensenergie. Will man ihn (bzw. sie, denn man kann lange Ketten bilden) attackieren, verbindet man einfach so viele Schwerter wie nötig mit ihm, und weg ist er - der nötige Wert ergibt sich aus der eigenen Angriffsstärke sowie der Zahl der Schwerter. Danach sind die Feinde mit dem Gegenangriff dran, denn DR funktioniert rundenweise.

Die Runden erfolgen, indem man gleiche Elemente (bzw. Schwerter und Monster) über eine möglichst lange Linie miteinander verbindet. Dabei darf man nicht nur horizontal und vertikal, sondern auch diagonal vorgehen.

So weit, so einfach - fies wird es erst, sobald Spezialmonster ins Spiel kommen. Die haben ganz besondere Fähigkeiten: Mal sind sie einfach nur weitaus stärker als Ottonormalfeind, mal vergiften sie Heiltränke, mal verwandeln sie pro Zug ein Schwert in ein Monster oder teleportieren nach jedem Zug auf ein neues Feld. Diese Biester machen aus dem bis dahin so simpel scheinenden Dungeon Raid einen strategischen Leckerbissen: Sammle ich die Schilde ein oder plätte ich die Monster? Schnappe ich mir die Heiltränke oder bin ich gierig und ziele aufs Gold? Konzentriere ich meinen Angriff auf das Spezialmonster und riskiere damit eine massive Attacke der anderen Feinde? Die taktische Tiefe wird mit einem Mal unheimlich. Und all das dient nur dem Herauszögern des unvermeidlichen Todes: Anfänglich zieht man noch lässig und gedankenlos, doch der Schwierigkeitsgrad steigt sauschnell an - und schon nach kurzer Zeit kann eine falsche Aktion die letzte sein. Es gibt keine Figurenentwicklung über mehrere Spiele hinweg, man kann keine Charaktere oder Items auf neue Partien übertragen - ist man tot, ist das Spiel vorbei, die nächste Runde geht frisch von vorn los. Einsteiger können sich das Leben etwas einfacher machen, indem sie auf dem niedrigen der vier Schwierigkeitsgrade oder ganz ohne Spezialmonster spielen - in letzterem Fall werden die erspielten Punkte aber nur lokal gespeichert.

All das und mehr herauszufinden, dauert am Anfang ein wenig, da sich das Tutorial auf die nötigsten Informationen beschränkt. Außerdem ist man anfangs versucht, DR wie Puzzle Quest zu spielen - und wenn man das tut, zeigt einem das Spiel schnell den Stinkefinger. Zumal auch die Präsentation nichts von Schnickschnack hält: Es gibt keine Musik, sondern lediglich Soundeffekte (die teilweise nach einem missmutigen Magen klingen), die Grafik hat bestenfalls das Prädikat »funktional« verdient - außer den Spielsteinen auf schwarzem Hintergrund sowie dem Interface gibt es nichts zu sehen. Nach jeder abgeschlossenen 

Größe: 10,6 MB

Getestete Version: 1.2.3

Preis (15.2.2011): 0,79 Euro

Partie wird noch Bilanz gezogen, die eigenen Höchstpunktzahlen können via Open Feint bzw. Game Center auch mit dem Rest der Welt verglichen werden.

Fazit

Ich komme gerade aus meinem zweiwöchigen USA-Urlaub zurück, in dem ich zwischen Besuchen bei TGI Friday�s, diversen Stränden und der Superbowl-Übertragung bei Hooters mehr Zeit mit Dungeon Raid verbracht habe, als ich eigentlich zugeben möchte - immerhin war sie nicht verschwendet, ich bin trotzdem ein bisschen braun geworden. Und ich habe mich in das Spiel verliebt, obwohl es mich eiskalt erwischt hat: Es ist hässlich wie die Nacht, es ist vordergründig schrecklich simpel, es endet unausweichlich mit dem Tod (d.h. es geht immer von vorn los), es gibt keine langfristige Charakterentwicklung oder Story - und trotzdem ist es eigentlich unmöglich aus der Hand zu legen. Obwohl es wie ein klassisches Match 3 wirkt (was es de facto nicht ist, aber die Spielmechanik weckt so viele Erinnerungen daran), erlauben die unterschiedlichen Symbole und die Vielzahl der Upgrades bemerkenswert abwechslungsreiche Spielweisen - und der in jeder Runde zuverlässig ansteigende Schwierigkeitsgrad fordert nach kurzer Lockerungsphase beeindruckend viel taktische Vorgehensweise. Dadurch und durch die Zufälligkeit der Item-Verteilung spielt sich jede Runde anders, man kann offensiv, defensiv, magisch oder vorsichtig vorgehen - und dennoch dauert eine Runde nur selten länger als 15 Minuten. Bzw. ein paar Stunden, wenn man nicht widerstehen kann. Man darf allerdings kein neues Puzzle Quest erwarten: Dungeon Raid beschränkt sich in jeder Hinsicht nur auf das Nötigste. Und genau das ist so unwiderstehlich.

Pro

  • schwer süchtig machendes Spielprinzip
  • einfache Bedienung
  • beeindruckende taktische Tiefe

Kontra

  • extrem simple Präsentation
  • zufallsabhängiger Spielverlauf

Wertung

iPhone

Man kann es eigentlich unmöglich aus der Hand legen: Spiel um Spiel versinkt man in der Rundentaktik!