Hard Corps: Uprising - Test, Shooter, 360, PlayStation3

Hard Corps: Uprising
17.02.2011, Paul Kautz

Test: Hard Corps: Uprising

Contra ist eine der traditionsreichsten Serien von Konami - und eine der fiesesten überhaupt, in einer Reihe mit den MegaMan-, Ghosts 'n Goblins- und Castlevania-Spielen. Hard Corps: Uprising ist das erste Spiel der Serie, das nicht den ruhmreichen Namen im Titel trägt - bedeutet das eine Änderung des knallharten Spieldesigns?

Ich erinnere mich noch gut an Super R-Type auf dem SNES. Nicht, weil es so ein gutes Spiel war, sondern weil es zwei Schwächen hatte: Erstens ruckelte es wie die Hölle - nicht gerade ein gutes Beispiel für die Power der damals brandneuen Nintendo-Konsole. Zum anderen hatte es das für mich bis heute grausamste Checkpunkt-System - nämlich gar keines. Unabhängig davon, wo man in einem Level drauf ging, ob gleich am Anfang, irgendwo zwischendrin oder beim Bossgegner - man wurde stets zuverlässig zum Levelanfang zurückversetzt. Eine der bescheuertsten und frustierendsten Designentscheidungen aller Zeiten, die mich, sonst wundervoll entspannt und die Sonne im Herzen tragend, einige Male dazu brachte, meinen Fernseher wüst anzuschreien und das Modul wieder in den Laden zurück zu bringen. Ein Spiel soll mir Spaß machen und nicht meinen Hass auf unschuldige Hardware wecken.

Raaaaaaaaaaaaaaaaaar!

Gestern war es wieder fast so weit, nur dass ich Hard Corps: Uprising nicht in den Laden zurück bringen konnte - es ist ein reiner Download-Titel. Aber er teilt sich mit Super R-Type das irrsinnig nervende Checkpunkt-Gezicke, wenn auch nicht ganz so krass - hier gibt es immerhin ein paar innerhalb der Levels. Aber die sind teilweise dermaßen bescheuert platziert, dass man sie fast hätte ganz weglassen können, es hätte kaum einen Unterschied gemacht. Ein Beispiel: Gegen Ende des ersten Levels tritt man gegen einen Roboter-Sandwurm an; ein Kampf, der sich ziemlich in die Länge zieht, wenn man ihn nur mit den Standard-Kanonen bewältigen muss. Hat man ihn besiegt, folgt eine wilde Verfolgungsjagd mit einem staksigen Unterboss, die sich mit der Normalkanone ebenfalls in die Länge zieht. Danach kommt eine Zwischensequenz, die von einem Reaktionstest gekrönt wird, in der man einen Sekundenbruchteil Zeit hat, eine Taste zu drücken, bevor der Held in den Tod stürzt. Verpasst man das (so wie ich, der ich das Pad für einen Moment aus der Hand legt, in der Gewissheit, dass mich die Cutscene zum Levelende führt), muss man allen Ernstes den davor befindlichen Abschnitt ab dem Bosskampf (inkl. aller nicht abbrechbaren Zwischensequenzen und Boss-Vorstellungen) noch einmal in Angriff nehmen! Was zum Henker soll dieser Dreck?

In jedem Level warten mehrere Zwischengegner, bevor es dem abschließenden Boss an den Kragen geht.
Aber schön, wenn schon oldschool, dann richtig, was Konami? Zumindest passt dieser Masochismus zum Szenario, denn auch wenn kein »Contra« im Namen steht, ist Hard Corps: Uprising (HCU) ein klarer Vertreter der ruhmreichen Serie, mit allen liebgewonnenen Eigenheiten: Geballert wird aus einer 2D-Seitenansicht, Sprünge werden mit Mehrfachsalti ausgeführt, neue Waffen gibt es, wenn man farblich codierte Extras vom Himmel ballert, man darf jederzeit zwischen zwei Wummen wechseln, von denen man die aktuelle verliert, sobald man getroffen wird. Man baumelt an Stangen, liefert sich rasante Gefechte von rasenden Motorrädern aus, springt zwischen startenden Raketen hin und her oder rast über einen explodierenden Zug. Und natürlich ist der Schwierigkeitsgrad mörderisch - wer auch immer das Achievement/die Trophäe erlangt, die verlangt, dass man den Arcade-Modus durchspielt, ohne auch nur ein Leben zu verlieren, durch dessen Adern kann kein serienmäßiges Menschenblut pumpen!

Wir sind die Roboter!

Der Arcade-Modus ist eine von zwei Spielvarianten, und zwar die für den Oldschool-Contra-Fan: Zwei Lebensenergie-Einheiten, drei Leben, ein paar Continues - mehr bekommt man nicht mit auf den Weg zum Endkampf. Die klassische »Augen zu, Zähne geschliffen, Beißring in den Mund und los geht's!«-Variante für die ganz harten Hunde, die über den Anspruch der MegaMans dieser Welt nur hohnlachen können. Nein, ernsthaft: Dieses Spiel ist in der Arcade-Variante verdammt, verdammt, sehr verdammt schwer! Sagt nicht, dass wir euch nicht gewarnt hätten!

Das Grafikdesign ist ASW-typisch teilweise sehr abgefahren, aber nichtsdestotrotz ist die Mischung aus 3D-Hintergründen und 2D-Figuren sehr gelungen.
Spielmodus #2 nennt sich »Rising« und unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht von seinem Arcade-Bruder: Auch hier warten die gleichen Beschränkungen in Sachen Energie und Leben, auch hier gibt es keine unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade. Der wichtigste Unterschied nennt sich »Corps Points«, die man sammelt: Diese Punktzahl wird direkt in Währung umgewandelt, mit der man sich im internen Shop neue und bessere Ausrüstung zulegen darf. So kann man sich mehr Lebensenergie verpassen, zusätzliche Leben, einen Triple Jump oder eine höhere Feuergeschwindigkeit. Auch kann man dafür sorgen, dass die Figur gegnerische Kugeln reflektiert oder dass aufgesammelte Waffen von Anfang an in einer höheren Stufe sind. Kurz gesagt kann man sich das Leben hier deutlich einfacher machen, auch wenn die sinnvolleren Extras ziemlich teuer sind und daher am Anfang etwas Grinden notwendig machen - auf der anderen Seite lernt man so die Garstigkeiten des Spiels besser kennen und ihnen auszuweichen. Zusätzlich darf man im Rising-Modus bereits gemeisterte Levels überspringen.

Der mühsame Aufstieg

Waffentechnisch gibt es keine Überraschungen, sondern bewährte Contra-Standards: MG, Streuschuss, Granatwerfer, aufladbarer Energiestoß, Zielsuchlaser oder Flammenwerfer sind stets gern gesehene Gäste im Waffengurt. Sammelt man die gleiche Waffe mehrmals ein, steigt sie im Rang auf und gewinnt an Feuerkraft dazu. Solange man munter ballert und irgendwas trifft ohne selbst erwischt zu werden, sorgt ein Multiplikator für eine erhöhte Punktzahl.

Contra-typisch darf auch HCU komplett zu zweit gespielt werden, und zwar sowohl lokal als auch online. Zwei Figuren stehen standardmäßig zur Wahl, zwei weitere dürfen per DLC dazugekauft werden. Nicht dass das nötig wäre, denn schon die beiden Normalos spielen sich (mit Ausnahme einer unterschiedlichen Lebensenergieleiste) identisch. Zu zweit verliert das Ganze ein wenig an Schrecken, gewinnt aber an Chaos dazu, denn die Zahl der Extras wird nicht erhöht - somit beginnt ein wilder Kampf um jede anschwirrende Waffe. Für jeden Kämpfer darf vor Spielbeginn unter ein paar Designs gewählt werden.

Gemeinsam in der Wüste

Die Story spielt eigentlich keine Rolle, wird aber in einem langen und technisch sehr guten Anime-Film vor Spielbeginn unters Volk gebracht. Später gibt es nur eine Hand voll Texte, die in erster Linie dazu dienen, von den langen Ladezeiten abzulenken. Ist man im Spiel, ist die Freude groß: Die Landschaften in den Hintergründen sind komplett in 3D und durchaus ansehnlich - aber lange nicht so toll wie die großartig designten und handanimierten 2D-Figuren, die davor herumballern. Keine Frage, Arc System Works sind 2D-Profis, was man ja zuletzt erst wieder in den BlazBlue-Spielen bestätigt bekam. Allerdings ist eines auffällig: Im Vergleich zu den früheren Teilen der Serie wurde die Bewegungsgeschwindigkeit heruntergekurbelt, die Helden rennen deutlich gemütlicher als z.B. in Contra: Shattered Soldier. Das macht das Spiel nicht leichter, lässt es aber träger wirken.

Serientypisch ist Hard Corps ein wahnwitzig schweres Spiel. Das im Rising-Modus etwas von seinem Biss verliert: Hier darf man seinen Helden in mannigfaltiger Art und Weise verbessern und stabiler machen. Der Arcade-Modus ist davon ausgenommen - hier wartet der klassische Frustgrenzenbelastungstest.
In Sachen Spieldesign bleibt man den Vorgängern treu, unterscheidet sich aber in einigen Punkten: Neuerdings darf man sowohl am Boden als auch in der Luft einen kurzen Ausweichstoß machen, der Doppelsprung ist ebenfalls sehr praktisch, der Sprint ist praktisch, um schneller vorwärts zu kommen. Außerdem ist das Spiel länger als die meisten seiner Ahnen: Konnte man das erste Contra mit etwas Geschick noch in weniger als 15 Minuten durchspielen, pendelten sich die Nachfolger im Schnitt bei 30 bis 45 Minuten ein (minus der Wochen und Monate, die man zum Trial and Error-Fortschritt benötigte). Hier bekommt man acht lange Levels, mit denen man mindestens eine Stunde beschäftigt ist, und das auch nur, wenn man wirklich weiß, was man da tut. Es geht in einer nicht näher betitelten Wüste los, dann weiter durch Dschungel, verfallene Städte und High-Tech-Labors. Ein Level kann und sollte sogar in einer Pappkiste schleichend gespielt werden; ein Serienbruch, der eine nette Hommage an einen anderen Konami-Helden ist. Das Design ist eine abwechslungsreiche Mischung aus Baller- und Plattformaction, wobei man es mit Letzterer allerdings teilweise übertrieben hat: Einige Abschnitte setzen sehr stark auf pixelgenaue Sprünge, auch das endlos scheinende Herumklettern an Wänden wäre ein klassischer Weniger-ist-mehr-Kandidat. In jedem Level gibt es gleich mehrere Zwischen- und Bossgegner, von denen sich ein Teil an serientypischen Widersachern orientiert. Akustisch ist anfangs die sehr schlechte Soundabmischung auffällig, die dafür sorgt, dass die wunderbar rockige und voller Contra-Anspielungen steckende Musik außerhalb des Intros überhaupt nicht zur Geltung kommt - erst wenn man sie manuell nach oben kurbelt, kann man die Klänge genießen. Gleichzeitig sollte man die Stimmen tief nach unten schrauben, denn das Geschrei und Gegrunze der Gegner ist nicht nur viel zu laut, sondern auch viel zu nervend!

Fazit

Gratulation an Arc System Works: Ich wüsste nicht, wer den Japanern in Sachen 2D-Grafik gegenwärtig etwas vormachen könnte - Hard Corps: Uprising kann natürlich nicht mit der schieren Bitmap-Pracht eines BlazBlue mithalten, zeigt aber deutlich, wer im Bereich der klassischen Animation derzeit die Hosen an hat! Spielerisch sinkt die Flagge der Begeisterung dagegen auf Halbmast: Das Spiel ist herausfordernd und motivierend, aber auch unfair und nervend. Klar, alle Contra-Teile waren schwer, das ist ein Markenzeichen der Serie. Aber noch nie hatte ich derart das Bedürfnis, meinen Controller gut gezielt in Richtung teurer Bildwiedergabehardware zu pfeffern - besonders das missratene Checkpunkt-System hat meine Halsschlagader bis an ihre Belastungsgrenze strapaziert. Neulinge sollten dringend die Finger von diesem Spiel lassen, denn im Arcade-Modus werden sie nicht mal das Ende des ersten Levels sehen. Das Ganze wird im cleveren Rising-Modus etwas abgefedert, der durch den motivierenden Extrakauf umso leichter und unterhaltsamer wird, je länger man ihn spielt. Die berechtigte Frage ist allerdings, ob man so lange durchhält. Und das sage ich als MegaMan-Fan.

Pro

  • gute Präsentation
  • motivierender Rising-Modus
  • gut integrierter Zweispielermodus

Kontra

  • teilweise furchtbar platzierte Rücksetzpunkte
  • wahnwitziger Schwierigkeitsgrad
  • träge Spielgeschwindigkeit
  • teilweise nervendes Leveldesign

Wertung

360

Motivierender und stimmungsvoll präsentierter, aber auch irre schwerer und frustrierender Oldschool-Rabatz.