Dragon Age 2 - Test, Rollenspiel, 360, PC, PlayStation3

Dragon Age 2
09.03.2011, Jörg Luibl

Test: Dragon Age 2

BioWare setzt die Segel: Der Nachfolger von Dragon Age spielt nicht mehr im Königreich Ferelden, sondern im nördlichen Nachbargebiet der freien Marschen. An der felsigen Küste liegt die Hafenstadt Kirkwall, die nach den Kriegen des Vorgängers von Flüchtlingen aus dem Süden überschwemmt wird. Hier beginnt ein Abenteuer, das man über mehrere Jahre beeinflussen kann.

Die historische Perspektive ist noch verlockend: Ich kann immerhin ein ganzes Jahrzehnt in diesem Rollenspiel erleben und mit meinen Entscheidungen prägen. Von der Flucht aus Ferelden über die beschwerlichen Anfänge in der Fremde bis hin zu den tragischen Ereignissen rund um sowie unter der Stadt Kirkwall. Das alles wird chronologisch erzählt, wobei sich aktuelle Missionen oder Konflikte auf vergangene Taten beziehen können.

Ein offenes Jahrzehnt

So wachsen über drei Akte einige exklusive Queststränge neben einer fünfzehn- bis zwanzigstündigen Hauptgeschichte, die nur schleppend in Gang kommt und gegenüber der Erzählung rund um die Grauen Wächter des Vorgängers den Kürzeren zieht. BioWare macht es einem zu Beginn sehr schwer, sich mit den Charakteren zu identifizieren, weil man sich keine Zeit für ihre Einführung lässt. Dafür hat man sich auf kleine persönliche sowie große innenpolitische Konsequenzen konzentriert, die das spätere Erlebnis durchaus dramatisieren.

Wer vor Jahren jemandem aus der Patsche geholfen oder übel mitgespielt hat, wird sie spüren. Man kann Übeltäter laufen lassen, Minderheiten verraten oder Eide brechen - man sollte sich der langfristigen Folgen allerdings bewusst sein. Verbrechen und Rassismus, politische und familiäre Intrigen sowie der Hass zwischen Magiern und Templern werden sehr geschickt verflochten. Diese vielfältigen Themen und diese Zeitspanne motivieren vor allem ab dem zweiten Akt, während die doppelte Erzählperspektive sofort neugierig macht.

Die Charaktererschaffung: Schurke, Krieger und Magier stehen in männlicher und weiblicher Variante zur Wahl.
Man erlebt die Story quasi in Rückblicken. Gleich zu Beginn gibt es ein Verhör zwischen einer energischen Frau und einem spöttischen Zwerg. Sie ist eine Sucherin der Kirche, die alles über einen gewissen "Champion" erfahren will, der scheinbar irgendwas Schlimmes angerichtet hat. Wieso ist sie so aufgebracht? Was hat er denn bloß angestellt? Und warum weiß der Zwerg so viel? Genau diese Fragen zappeln als Köder unter der Oberfläche einer Geschichte, die erst spät in gewisse Tiefen führt. Vorher stiefelt man des Öfteren durch so seichte Pfützen, dass es seltsam laut platscht.

Das Verhör der Cassandra Pentagast

BioWare angelt Rollenspieler mit seiner Erzählperspektive zunächst sehr geschickt. Man muss natürlich anbeißen, denn man spielt ja die Karriere dieses mysteriösen "Champions" über ein Jahrzehnt nach. Was das wohl für Möglichkeiten hinsichtlich des Plots bietet? Viele! Jedenfalls theoretisch. Aber obwohl man quasi mit jedem Klick die Geschichte manipuliert, die der Zwerg gerade der Sucherin erzählt, hat man diesen Schwenk in die Gegenwart praktisch zu selten genutzt. Auch wenn diese Struktur erzählerisch kreativ ist: Es folgt nicht nur der schlechteste Einstieg in ein Spiel von BioWare, den ich bisher erlebt habe. Man erlebt eher einen Rückschritt als einen Fortschritt gegenüber Dragon Age. Im kompletten ersten Drittel will man seinen Augen kaum trauen.

         

Der Prolog ist genau so hässlich wie der Hurlock: Man traut seinen Augen kaum.
Das liegt nicht am rötlichen Brusthaar des zwielichtigen Informanten Varric, der die Sucherin zunächst zum Narren hält und als Charakter zu den interessantesten des Spiels gehört. Er schmückt seine Erinnerungen an den mysteriösen Mann so plump aus wie es ihm passt. Man spielt also den kommenden Champion namens Hawke, der nach Schlacht um Ostagar mit seiner Familie und einigen anderen auf der Flucht nach Kirkwall ist. Man erlebt ein blutiges, überaus schwach inszeniertes Gemetzel inklusive aufgesetzt wirkender Dialoge, Ogerauftritt und Drachenflug. Wenn Kitsch und Klischee der Fantasy folgen, dann kleben sie hier wie Harz am Einstieg. Wer hat den bloß durchgewunken? Oder noch schlimmer: Wer fand den auch noch gut?

Das erste Gemetzel

Aber Schnitt in die Zukunft: Cassandra durchschaut dieses Märchen, regt sich immer öfter auf und fordert den Zwerg auf, die wahre Geschichte zu erzählen. Genau die kann man dann selbst interpretieren. Und dann wird aus dem schnell verschwundenen Drachen plötzlich eine alte Bekannte. Na also, es geht doch etwas mysteriöser und stimmungsvoller! Das war übrigens Ironie. Denn obwohl man Kennern des Vorgängers hier ein durchaus interessantes Wiedersehen spendiert, will angesichts der plump wirkenden Action und offiziell verwandten, aber fremd wirkenden Figuren auch beim zweiten Mal keine Freude aufkommen.

Das ist nicht die Mutter, sondern die Schwester - die Oberweite teilt sie sich mit allen weiblichen Charakteren des Spiels.
Im Gegenteil, man muss den Kopf schütteln: Das soll der zweite Teil von Dragon Age sein? Das soll die Weiterentwicklung der hauseigenen Rollenspielwelt sein? Keine Angst: Es geht hier nicht um Bugs oder Abstürze, es geht hier nicht um den dunklen Keller der Fantasy, nicht um JoWooD, sondern um BioWare. Hier erwartet man jedoch eine über Jahre gewachsene Genreklasse, hier erwartet man qualitative Fortschritte. Aber noch nie sind mir so viele Ernüchterungen und Schlampigkeiten innerhalb des Designs begegnet. Die Kanadier setzen hier eine oberflächliche Duftmarke, die nach Actionanbiederung riecht und leider viel zu lange in der Luft hängt.

Ich habe nichts gegen Gewalt in Rollenspielen - im Gegenteil: Wenn man Fantasy für Erwachsene inszenieren will, gehört sie dazu. Aber es kommt immer darauf an, wie man sie darstellt. Es geht also nicht um eine moralische, sondern um eine ästhetische Frage. Hier wird einfach billig Blut über die Figuren gespritzt. Nicht etwa nur bei besonders brachialen Schlägen, nicht etwa nachvollziehbar oder je nach Waffentyp dosiert, sondern von Beginn an nahezu immer und überall. Warum hat man das nach Dragon Age nicht verbessert, also an Situationen angepasst und bereichert? Warum sind die Designer so unfassbar plump?

Überall Windpocken

Schwache Texturen, karge Landschaft: Schon zu Beginn wird klar, dass BioWare seine Fantasy erneut technisch stiefmütterlich behandelt.
Manchmal sehen die Charaktere so aus, als hätten sie Windpocken; selbst einzelne Zähne sind dann blutrot. Aber was ist mit Staub, Dreck und Schweiß? Das wäre eine qualitative Entwicklung gewesen! All diese natürlichen Kampfspuren sind nie zu sehen. Es geht sogar so weit, dass manche Beteiligte eines Gefechts komplett sauber sind, während andere von oben bis unten besprenkelt sind. Angesichts in der Mitte zerteilter Hurlocks und sonstigem Körperteilregen kommt einem neben Diablo auch noch Splatterhouse in den Sinn. Man fühlt sich wie in einem Hack`n Slay.

Immerhin kann ich etwas Entwarnung an alle geben, die mit einem Rollenspiel mehr verbinden als Splatter: Es wird besser. Es wird taktischer. Es wird sogar anspruchsvoller. Der Prolog und die Demo sind kein Spiegel des kompletten Abenteuers. Aber sie deuten leider an, was man in satten ersten zehn Stunden so erlebt. Und sie sind ein Indiz für die Philosophie eines Spieldesigns, das nicht mehr den leidenschaftlichen Hardcore-Rollenspieler anspricht, der sich in eine Welt voller Geheimnisse hinein wühlen will, sondern den Mainstream-Rollenspieler, der mal schnell was Cooles erleben will.

  

Das Menüdesign ist ebenso übersichtlich wie steril: Waffen einer Gattung haben alle dieselben Icons.
Kleine und große Ernüchterungen begleiten das gesamte Spielerlebnis, das mit einer denkbar stupiden Quest beginnt: Man soll 50 Gold und eine Karte sammeln, um in den Untergrund zu gehen. Wieso, weshalb, warum? Das dürft ihr selbst heraus finden. Man muss jedenfalls alles an kleinen Missionen annehmen, um diesen großen Batzen überhaupt zusammen zu kriegen - man kann auch nicht früher in die Tiefe oder das Ganze über Bestechung umgehen. Warum nicht? Aufgrund dieses Zwangs bekommt man zwar viel von Kirkwall und Umgebung zu sehen, aber so richtig abtauchen kann man als Akkordarbeiter nicht, weil die Spielwelt abseits der Quest so flach ist wie eine Flunder.

Schwache Technik

Auch Kleinigkeiten hindern mich als Rollenspieler daran, richtig warm mit Hawke und seinem familiären Anhang zu werden. Dass das reduzierte Menüdesign genauso steril wirkt wie die Kodextexte, die nicht etwa auf Schriftrollen oder altem Papier, sondern einfach nur auf schwarzem Hintergrund erscheinen, lässt sich verschmerzen - das Artdesign der Benutzeroberfläche folgt eher einem modernen Stil. Das funktioniert auch hinsichtlich der Wandmalereien , die kantige mythische und figürliche Motive zeigen, die es so auch in mancher U-Bahn von Berlin bis Hamburg geben könnte.

Man kann die Kamera auf dem PC nicht mehr weit rauzsoomen und verliert auf allen Plattformen die Übersicht in der Distanz.
Das Moderne geht jedoch so weit, dass einzelne Waffen oder Ausrüstungen im Inventar nicht individuell, sondern nur noch als Icons gestaltet werden. So haben alle Dolche, alle Hämmer und alle Helme dasselbe Symbol, das je nach Wert lediglich in Bronze, Silber oder Edlerem erscheint. Natürlich ist das übersichtlich. So wie in einem gut sortierten Supermarkt. Aber das wirkt so oberflächlich wie in jedem gewöhnlichen Online-Rollenspiel. Wichtiger als das Inventar ist natürlich die Kulisse. Und auch die kann im Detail nicht begeistern, denn trotz Actionfokus fehlt der dazu passende Enginefokus.

Steriles Flair

Man begegnet selbst auf dem Rechner zu vielen matschigen Texturen an Wänden und Böden, so dass die Hoffnung auf technische Brillanz schnell schwindet - BioWare behandelt seine Fantasy immer noch stiefmütterlich. Obwohl man detailliertere Gesichtszüge sowie zusätzliche Animationen und Zaubereffekte eingebaut hat, sieht das Spiel insgesamt weder so gut aus wie Mass Effect 2 noch wie The Witcher 2; die Landschaft und die Charaktere wirken im Vergleich zur hauseigenen und polnischen Konkurrenz grob.

Es ist nicht so, dass die Spielwelt schlecht aussieht: Vor allem die Kleidung kann aus näherer Sicht überzeugen, wenn man die Glieder eines Kettenhemdes genauso gut erkennt wie die Fasern der Stoffe. Auch einige Farb- und Lichtspiele in der Stadt und den Katakomben sorgen für ansehnliche Momente, zumal die Architektur teilweise reizvolle Blickfänger in der Distanz bietet - mehr als im Vorgänger. Aber unterm Strich ist die Technik nur durchschnittlich, wenn man dagegen die Pracht eines Castlevania: Lords of Shadow stellt.

Die Gruppe ist mit bis zu vier Leuten in und um Kirkwall unterwegs - es geht auch unter Tage zur Sache.
Dieser leicht sterile und technisch durchwachsene Eindruck wird durch das schwache Charakterdesign noch verstärkt. Dass die Hände von Bethany in einer Großaufnahme wie Skelettfinger aussehen, ist ein erstes Indiz. Im Zeitalter von Heavy Rain, L.A. Noire und Mass Effect 2 wirken die Figuren trotz ihrer immer noch guten Mimik einfach zu steif. Sie bewegen sich zwar immer noch klar über dem Puppentheater anderer, vor allem deutschsprachiger Rollenspiele. Aber warum sieht die Mutter des Helden hier so aus wie jedes andere Babe im Spiel? Warum merkt man ihr weder das Alter noch die Reife an? BioWare begeht nicht den Fehler, seine Figuren einfach zu klonen - man bemerkt durchaus ihren individuellen Charakter, vor allem die Hauptfiguren sind markant. Aber trotzdem ähneln sich alle. Warum scheinen alle Bewohner dieselbe Statur zu haben?

Mutter ohne Mütterlichkeit

Wer auch immer für das Charakterdesign der Mutter verantwortlich zeichnet, hat komplett versagt, denn man begegnet ihr nicht nur öfter, sie tritt auch als Ratgeberin und Mahnerin auf. Nur kann man sie nicht ernst nehmen, weil sie mit ihren 90-60-90 fast genauso aussieht wie die eigene Schwester Bethany, wie die Templerin, wie die Gastwirtin oder wie die Prostituierte im Bordell. Nichts gegen hübsche Frauen wie in The Witcher, aber die weibliche Welt der Kanadier bietet die Vielfalt einer Monotittenkultur, die man sonst nur Shootern zutraut. Man trifft quasi keine Alten, Gebeugten oder Fettleibigen.

  

Schon im ersten Akt hat man die Qual der Wahl zwischen seinen Gefährten. Wen nimmt man mit?
Immerhin muss man Hawke nicht so eindimensional spielen. Es gibt tatsächlich noch eine Charaktererschaffung. Man hat die magere Wahl zwischen Magier, Krieger oder Schurke in männlicher oder weiblicher Variante. Sechs Attribute von Stärke über Geschicklichkeit bis Konstitution beeinflussen lediglich Schaden, Rüstung, Angriffe und Verteidigung. Soziale oder rhetorische Attribute, die sich à la Fallout auf die Gruppenpsyche oder die Auswahl innerhalb der Dialoge auswirken würden, gibt es nicht - alles dreht sich nur um Kampfstatistiken.

Hawke oder eigener Chartakter?

Das zeigt sich auch innerhalb der Fähigkeiten, die zwar eine große Auswahl in Form von Talentbäumen und Spezialisierungen bieten, aber trotzdem keine Rollenspielvielfalt. Selbst beim Schurken verbergen sich hinter "Täuschung", "Sabotage" oder "Halunke" nicht etwa die Option auf Diebstahl, Fallenbau, Schlösser knacken oder Ähnliches, sondern lediglich unterschiedliche Kampfmanöver. Natürlich ist das ein Eldorado für alle jene, die ihren Kämpfer, Magier oder Schurken so trimmen wollen, dass er möglichst viel Schaden anrichtet - auch die Gefährten kann man individuell besser entwickeln als in Dragon Age. Aber die martialische Beschränktheit der Karriere erinnert eher an Diablo als an große Rollenspiele.

Gut ist BioWare die logische Verknüpfung der Spiele gelungen, so dass sowohl Kenner des Vorgängers als auch Neulinge die Welt bzw. die Reaktion auf den Helden bereits im Vorfeld etwas beeinflussen können. Man kann ohne frühere Spielstände eine von drei möglichen Vergangenheiten wählen mit gutem, tragischen und rücksichtslosem Ende: "Held von Ferelden",

Die meisten Kämpfe sind auf dem normalen Schwierigkeitsgrad sehr leicht, erst die größeren Gegner sorgen dafür, dass man taktischer vorgehen muss.
"Der Märtyrer" oder "Keine Kompromisse". In Ersterer wurde das Reich tugendhaft gerettet, dazwischen hat sich der Held geopfert und Letzteres ist eher die skrupellose Variante. Man kann aber auch seine Spielstände aus Dragon Age: Origins als Grundlage nutzen. Je nachdem für was man sich entscheidet, wird man in der Welt nicht nur anders angesprochen (z.B. direkt auf die Rettung des Arls), sondern bekommt auch andere Nebenquests (hat man den Elfen gegen die Werwölfe geholfen?) oder Tagebucheinträge.

Das Dialogsystem wurde vereinfacht: Zwar kann man auch mal Themen vertiefen und nachfragen, aber jetzt zeigen jeweils drei Symbole an, ob man eine gute, neutrale oder böse Antwort gibt. Auch hier fühlt man sich als Rollenspieler nicht ernst genommen. Wozu diese Farbkrücken? Trotz dieser optischen Anbiederung an lesefaule Actionspieler können die Dialoge selbst, vor allem in den späteren Quests des zweiten Aktes, vollauf überzeugen. Es lohnt sich also immer noch, sich in die Gespräche zu vertiefen, weil die Konflikte einfach reizvoll sind und erneut an das Gewissen appellieren. Aber sind sie besser als in Dragon Age? Nein. Der Vorgänger wirkte in nahezu allen Bereichen stimmungsvoller.

Gefährten, Dialoge & Konflikte

Man bekommt zwar weiterhin direkte Reaktionen auf seine Antworten oder sein Handeln, wenn man z.B. mit seiner Gier einen Gefährten enttäuscht oder ihn mit einem Geschenk entzückt - dann fällt oder steigt ähnlich wie in Dragon Age umgehend der Grad der Freundschaft. Und je nach Temperatur kann das nicht nur zu eindeutigen Bemerkungen, sondern auch zu Romanzen oder blutigen Konflikten führen. Diese lebendige Partyinteraktion kennt und schätzt man seit Jahren. Aber BioWare kann damit weder überraschen noch spürbar vorwärts kommen.

  

Die Kampfchoregraphie ist schnell, explosiv und blutig, aber nicht besonders elegant.
Bis zu drei Gefährten mit ganz eigenen Ticks und Vorlieben können den Helden begleiten. Und je nachdem, wer dabei ist, kann sich eine Quest etwas anders entwickeln. Hier hat man recht flott eine Auswahl zwischen ganz unterschiedlichen Charakteren - knapp zehn stehen zur Verfügung. Und die wird nicht nur zur angenehmen Qual, wenn man vor dem ersten Akt entscheiden muss, wer einem in die Tiefen Wege folgt. Auch später ertappt man sich dabei, wie man zwischen frecher Piratin und eigener Schwester, zwischen heilendem Wächter oder zerstörerischer Elfe laviert.

Vom sanften Heiler zur zickigen Schurkin

Schön ist, dass man in manchen Situationen auch ihre Art nutzen kann, um in einem Gespräch schneller zum Ziel zu kommen. Sprich: Anstatt noch weiter zu diskutieren, schickt man sie vor, damit sie bei einem ängstlichen Händler etwas Magie in den Händen oder eine Klinge an seinem Hals aufblitzen lassen. Das sorgt für spontane Dynamik in den Dialogen.

Schade ist, dass es kein zentrales Lager mehr gibt, in dem man die Gefährten gezielt ansprechen kann. Jetzt hat jeder einen Unterschlupf irgendwo in der Stadt, so dass man ihn separat aufsuchen muss, um evtl. die Beziehung zu stärken und dadurch eine Charakterquest zu erhalten. Ist zwar auch okay, aber es fehlt nicht nur das kollektive Partygefühl, man erfährt auch deutlich weniger über seine Gefährten als in Dragon Age, weil man einfach nicht so weit reichende Gespräche mit ihnen führen kann.

Die Stadt Kirkwall ist modular aufgebaut, man kann sie nicht am Stück erkunden - rechts lässt sich zwischen Tag und Nacht wechseln oder auf die Region.
Ein Highlight des Spiels sind einige der Nichtspielercharaktere - vor allem die düsteren Figuren und einige Templer sorgen für angenehme Atmosphäre. Was hat es z.B. mit dem Qunari-Magier auf sich, der wie ein Sklave in Ketten gehalten und mit zugenähten Lippen unter einem Helm verborgen wird? Befreit man ihn oder liefert man ihn aus? Wird er für eine ausländerfeindliche Politik missbraucht? Abseits der reinen Questfragen bringen er und sein Volk auch etwas Philosophie ins Spiel, wenn es z.B. um das Verständnis von Freiheit und Zugehörigkeit geht.

Düstere Charaktere, gute Quests

Ab und zu blitzt die Textqualität auf, die auch Dragon Age so auszeichnete - gerade in den Zwischensequenzen mit Dialogen, in denen die Mimik von der Kamera voll eingefangen wird. Und natürlich genießt man die komplette deutsche Sprachausgabe (man kann sich vor dem Spielstart auch für den Originalton entscheiden), die allerdings nicht bei allen Charakteren immer überzeugt.

Der Vorgänger war auch markanter, was die Figuren und vor allem die Story anging, die erst ab dem zweiten Akt vor allem politisch Fahrt aufnimmt und selbst die Entwicklung der Stadt von Entscheidungen des Spielers abhängig macht. Bevor die Dramaturgie der Hauptgeschichte in Gang kommt, vergehen aber zu viele, fast ein Dutzend Stunden - auch deshalb, weil der Schwenk zur Verhörszene in die Gegenwart zu selten vorkommt. Die guten Quests sind jedoch auch hier das Salz in der

Obwohl Architektur und Beleuchtung ansehnlich sind, enttäuscht die Sterilität in den Gassen - NPCs reagieren weder auf blutige Kämpfe noch auf Diebstahl.
Suppe: Das stupide Holen und Bringen steht nur ganz selten im Vordergrund, es geht von der Eifersucht über Habgier, Mord und Rache, Rassismus und Patriotismus um nahezu alles, was eine Tragödie ausmachen kann.

Tötet man einen brutalen Triebtäter in einem Akt der Selbstjustiz oder glaubt man ihm, dass er von Dämonen heimgesucht wird? Immerhin könnte sich seine Schonung auch auszahlen, denn er ist der Sohn des Magistrats. Nahezu jede psychologische Zwickmühle wird thematisiert. Man kann rechtschaffen und menschenfreundlich, nach eigenem Vorteil schwankend oder brutal und böse spielen.

Tot oder lebendig?

Da es keine universelle Moral gibt, hat das eigene Handeln keine direkten Konsequenzen für die eigene Karriere. Aber je nachdem wie man agiert, bekommt man unmittelbar nach einer Antwort oder Tat mehr oder weniger Sympathie bei seinen Gefährten. Wer seiner Schwester das richtige Bild schenkt gewinnt, wer in Anwesenheit der konservativen Aveline mehr Profit aus einer Quest ziehen will, verliert. Hier bleibt BioWare seinen starken Tugenden treu, hier wird man gut unterhalten, was Charakterinteraktion und Dialoge angeht. Trotzdem vermisst man mehr Leben in der modular aufgebauten und teilweise zu stark begrenzten Spielwelt, die nur eine Stadt präsentiert.

   

Die Quests überzeugen auch mit überraschenden Charakteren - es gibt nicht nut Gut oder Böse, sondern auch viele Graustufen.
Spielspaß ist natürlich nicht von der Struktur der Kulisse abhängig. Weder eine offene Welt à la The Elder Scrolls IV noch eine modulare Welt im Stile BioWares ist ein Garant für Unterhaltung. Beides kann als Hintergrund für ein Rollenspiel funktionieren. Es kommt nur darauf an, wie und was man darin inszeniert. Und hier wird die Spielwelt viel zu stiefmütterlich behandelt - die Kulisse kommt oftmals nicht über eine Fassade hinaus, die man zu schnell durchschaut. Auf dem Weg zum Ziel bleibt man daher selten stehen, weil man nicht zu einem Blick in diese düstere Ecke, auf jene verwitterte Tür oder diesen überfüllten Schreibtisch angeregt wird. Und was zur Hölle hat man sich bei den Höhlen und Katakomben gedacht, die sich so schnell ähneln? Wer so eine kleine Spielwelt in Modulen entwickelt, darf nicht recyceln!

Die modulare Spielwelt

Auch diesmal teilt BioWare seine Stadt in Viertel auf, die man nicht zu Fuß an einem Stück, sondern über Klicks erreichen kann - selbst das kleine Haus des Helden sowie eine Taverne werden als einzelne Module präsentiert. So kann natürlich kaum ein Gefühl für die Größe Kirkwalls entstehen, denn man teleportiert sich immer nur von Schauplatz zu Schauplatz. Und diese sind leider nicht so designt, dass genug Raum für Erkundungen oder genug Reize für Entdeckungen entstehen. Warum nutzt man nicht den Vorteil der detaillierten Ausschmückung abgeschlossener Bereiche, wenn man schon auf eine offene Welt verzichtet? Und was ist mit der Oberfläche, mit den freien Marschen? Warum wirkt auch das alles wie modulares Stückwerk ohne Weite? Soll das etwa alles mit DLC aufgefüllt werden? Es gibt ja nicht mal eine vernünftig gezeichnete Karte mit Wegen, Gebirgen etc.! Ich erinnere mich noch an den Moment, als sich in Dragon Age oder Mass Effect die Karte öffnete - das sorgte umgehend für Neugier, selbst wenn sich die Größe manchmal als Illusion erwies. Die Spielwelt wirkt hier einfach nicht wie aus einem Guss, sondern wie eine Szenariokette.

Das ist alles? Keine große Landkarte mehr? Nein, es gibt nur eine Stadt und ihre Umgebung.
Man hat übrigens die Wahl, ob man bei Tag oder Nacht in den Palast, zu den Docks oder andere Bereiche gehen will, um z.B. einen Questgeber anzutreffen. Es gibt also keinen normalen Ablauf der Zeit, man klickt es sich einfach dunkel oder hell - das ist quasi eine Tageszeit to go. Einfach, praktisch, billig. Die Viertel sind zwar auf den ersten Blick ansehnlich und wirken verschachtelt, wenn es zwischen Marmorsäulen und Fahnen in den reichen Bezirken Kirkwalls Treppen rauf und runter geht. Es gibt auch zig Händler und Passanten oder herum lungernde Bettler und Gauner in den Armenvierteln.

Stadt bei Tag und bei Nacht

Aber all das wurde auf den zweiten Blick nicht besonders liebevoll gestaltet, so dass man kaum Lust zum Verweilen hat - man rast von Quest zu Quest wie in einem Online-Rollenspiel auf der Jagd nach XP. Man würde ja gerne stöbern, aber man wird dazu nicht animiert. So klappert man all das ab, was irgendwo funkelt. Man richtet sein Auge nur auf glitzernde Kisten, Säcke und Truhen. Und warum findet man darin tatsächlich so viel nichts sagenden Plunder, der auch noch als solcher verkauft werden kann?

In den Marschen trabt man durch Levelschläuche und muss einige Höhlen mehrmals aufsuchen - BioWare hat den Untergrund teilweise recycelt.
Sowohl auf Konsolen als auch PC kann man sich auch noch die "Hot Spots" anzeigen lassen. Besser wäre es gewesen, auch mal "Secret Spots" einzubauen. Ja, es gibt in den verwinkelten Katakomben und Gassen auch so manche Truhe, aber die findet man fast immer in den Sackgassen. Dass man überhaupt in verborgenen Winkel der Karte stöbert, die automatisch mitgezeichnet wird, liegt am geschickt eingestreuten Sammeleffekt. Nur wenn man in der Wildnis eine Pflanze wie die Elfenwurzel oder Silberit findet, steht es umgehend als Handwerkszutat zur Verfügung.

Nebenbei klickt man Podeste mit Aushängen oder Schriftrollen an, die dann den Kodex vervollständigen. Das, was dort über die historischen und machtpolitischen Hintergründe zu lesen ist, wäre ja durchaus interessant. Aber die Art und Weise, wie all das Hintergrundmaterial in die Spielwelt integriert wird, ist zu lieblos. Man hakt einen Eintrag nach dem anderen ab und hetzt zur nächsten Quest, denn die Lektüre spielt keine Rolle. Warum nutzt man die Informationen innerhalb der Kodexseiten nicht mal für kreative Rätsel, für zusätzliche Dialogoptionen? Dann würde man auch darin stöbern!

  

Sieht lebendig aus, ist es aber nicht: Man kann nur Questgeber ansprechen, normale Bewohner wirken selbst in Tavernen und Bordellen schnell wie Bots.
Auch die Bewohner Kirkwalls enttäuschen als emotionslose Roboter. Die Besitzverhältnisse spielen mal wieder keine Rolle - es gibt keinen Diebstahl mehr oder eine Form von Verbrechen: Da steht eine Truhe und ich kann sie einfach so vor aller Augen öffnen; niemand regt sich auf, selbst Wachen bleiben stoisch. Auch sonst sind die Reaktionen der gewöhnlichen Bewohner eine Enttäuschung, denn sie stehen wie Statisten herum. Selbst wenn direkt neben Kindern und Frauen bis aufs Blut gekämpft wird, passiert nichts.

Statische Reaktionen der NPCs

Warum gehen sie nicht wenigstens vor Angst in die Knie? Warum rennen sie nicht weg? BioWare lässt seine Spielwelt abseits der sehr emotionalen Hauptfiguren zu einer kalten Bühne für Kämpfe verkommen, anstatt Kirkwall wirklich interessant und lebendig zu gestalten. Das Figurenverhalten ist teilweise so inkonsequent, dass selbst NPCs mitten in Kämpfen stehen, die eigentlich um ihr Leben fürchten müssten - erst wenn das Gefecht vorbei ist, machen sie einen auf Angst und Panik. Das ist einfach inkonsequent. Und das ist kein Fortschritt gegenüber Dragon Age.

Auch die Tavernen und Bordelle sind eine Enttäuschung: Viele Leute kann man gar nicht ansprechen und selbst ein Charakter mit dem Namen "Gesprächiger Mann" oder "Verdächtige Dame" läuft nach einem Klick auf das Interaktionsicon einfach weiter. Was soll das? Wieso animiert man mich nicht dazu, mit den Leuten zu quatschen? Lediglich die Questgeber sind zu Gesprächen bereit.

Ganz anders die Hauptdarsteller: Vor allem der zwielichtige Zwerg Varric sorgt für Neugier.
Das Leben als Schurke ist ebenfalls alles andere als lebendig. Für Truhen hat man entweder genug Klugheit oder nicht. Einfache Kisten knackt man ab 20, komplexere ab 30. Man muss aber nicht aktiv in einem Minispiel Schlösser knacken oder Dietriche einsetzen. Das Fallen Entschärfen läuft ebenfalls per Klick. Dort, wo etwas rot leuchtet, einmal klicken - weg ist die Falle.

Wenn man sich wenigstens an der Choreographie der Kämpfe ergötzen könnte. Aber abseits der explosiven Magie sind die Gefechte keine martialische Augenweide. Jedenfalls nicht, wenn man einigermaßen elegante Ausweich- und Angriffsmanöver sehen will, die auf Skills und Ausrüstung beruhen. Man kann zwar beobachten, dass der Schurke eher à la Erroll Flynn auf elegante Attacken setzt und dass Kämpferin Aveline das rustikalere Draufhauen bevorzugt.

Die Choreographie als Explosivmatsch

Aber man muss zusehen, wie selbst Feuer einen Feind zweiteilt oder man mit kleinen Dolchen ganze Körper zerfetzt. Nahezu jede Attacke wird dermaßen übertrieben dargestellt, dass ein Gefecht nicht selten zu einer Saltosprunghieborgie à la Hongkongkino mit gleißendem Feuerballgewitter kommt. Auch die Umgebung, die Deckung oder Abstände spielen nahezu keine Rolle.

Könnte das nicht auch ein Science-Fiction-Talentbaum sein? Man kann immerhin jeden Charakter zu einem spezialisierten Kämpfer schulen - es gibt mehr martialische Entwicklungs-Möglichkeiten als im Vorgänger.
Ein Beispiel: Man lockt einen mächtigen Drachen aus einer offenen Halle in einen engen Gang. Er folgt brav und bleibt an einem zu schmalen Türdurchgang hängen - da kommt er nicht durch. So weit, so gut, denn ich warte ja extra in dem Raum dahinter, um ihn aus der Distanz anzugreifen. Aber es ist weder mit der Armbrust von Varric noch mit meinem Bogen möglich, die klar sichtbare, verzweifelt an der Tür fauchende Riesenechse mit Bolzen oder Pfeil aus sicherem Abstand zu treffen. Immer, wenn ich den Drachen attackiere, latschen die beiden genau auf ihn zu, um dann natürlich von ihm getroffen zu werden. Was soll das?

Das Kampfsystem

Vieles wirkt zu automatisiert. Man muss sich als Schurke auch nicht aktiv im Schatten verstecken, um einen hinterhältigen Angriff auszuführen. Man drückt einfach das Symbol, dann den Feind an und verschwindet plötzlich im Boden, um hinter ihm wieder aufzutauchen. So wirkt der Schurke nur wie ein Magier. So verschwinden auch die Unterschiede der drei spielbaren Klassen immer weiter; eigentlich sind alle Kämpfer. BioWare verschenkt hier viel Potenzial zur Differenzierung und Einbindung der Umgebung, denn es gibt in den Kulissen so viele Möglichkeiten für Hinterhalte, Hindernisse oder Höhenvorteile.

 

Diese große Spinne deutet an, dass es trotz vieler einfacher. auch einige knackige Kämpfe geben wird. Das Hack'n Slay-Gefühl des Einstiegs täuscht, denn der Anspruch steigt.
Ich muss mir in den meisten Kämpfen auch keine taktischen Gedanken über Waffe, Position und Reichweite machen, zumal die knappe Kamera ein strategischeres Vorgehen im Vorfeld oder eine Navigation in der Vertikalen fast unmöglich macht - manchmal erkennt man vom Feind irgendwo die Füße, aber kann den Blickwinkel noch nicht mal so neigen oder heben, dass man ihn voll erkennt. Und warum hat man auf dem PC die erhöhte Perspektive mit dem Blick von oben gestrichen, die ein Grund für ihre Aufwertung war? BioWare erklärt, das habe mit der Technik zu tun: Man könne eine weite Übersicht nur auf Kosten schwächerer Texturen und irgendwelcher Steuerungsprobleme anbieten. Da fragt man sich natürlich kopfschüttelnd: Warum sehen die aktuellen Texturen dann nicht wenigstens wesentlich besser aus? Jetzt ist man jedenfalls auf dem PC ohne Möglichkeit des weiten Kamerazooms immer so nah dran wie auf den Konsolen und verliert Übersicht!

Viel Feuerballfutter

Es geht im Kampf oftmals nur darum, möglichst effiziente Zauber und Angriffe abzuspulen und zwischendurch mal Heil-, Mana- oder Ausdauertränke einzuwerfen. Immerhin schiebt man der Dauergenesung einen Riegel vor, indem alles auch eine gewisse Abkühlphase hat - man kann also nicht zwei, drei Tränke hintereinander schlucken. Und der erste Eindruck eines Hack'n Slays täuscht. Die Kämpfe werden spätestens mit dem Abstieg in die Tiefen Wege und ab dem zweiten Akt fordernder. Auch wenn in den gewöhnlichen Gefechten schnelle Action anstatt überlegte Partyaktionen regieren, kommt es immer öfter zu hitzigen Duellen gegen mächtigere Gegner wie den Drachen, die nicht nur eine clevere Koordination der Gruppe, sondern auch eine optimale Ausrüstung und Magieeinsatz verlangen.

Wie kann man so dämlich aus der Wäsche gucken? Die Kombination aus Windpocken und etwas Dämonischem macht es möglich. Ist übrigens ein kleinwüchsiger Bekannter aus dem Vorgänger.
Was also zu Beginn fast idiotensicher automatisiert anmutet, wenn man mit dem normalen Schwierigkeitsgrad startet, wird nicht nur deshalb kniffliger, weil man von mehreren Feindwellen oder großen Gegnern umzingelt wird, die von Bogenschützen und Magiern unterstützt werden. Die Kämpfe gewinnen auch deshalb etwas an Taktik, weil man immer öfter Immunitäten gegen die fünf arkanen Elemente Feuer, Eis, Elektrizität, Geist und Natur beachten muss. In diesen Gefechten pausiert man und muss überlegen: Da gilt es dann, clever die Waffen mit den passenden Runen zu wechseln, die stärkeren Feinde zuerst zu betäuben oder zu lähmen, um sie danach zu attackieren oder sie mit starken Flächenzaubern zu beschäftigen.

Später Taktikfortschritt

Und spätestens ab dem zweiten Akt werden die Handwerker mit ihren Giften und Bomben sowie die vielen Runen einigermaßen sinnvoll. Aber die vorgefertigten bzw. frei belegbaren Handlungsketten braucht man trotzdem nicht, um erfolgreich zu sein: Man kann seine Gefährten normal, aggressiv, passiv oder defensiv sowie auf Fernwaffe oder Brecher ausrichten. Wer es genauer haben will, kann jeder Aktion eine Reaktion folgen lassen: Wenn der Schurke von mind. drei Wesen umgeben wird, soll er das miasmische Fläschchen werfen? Kein Problem.

  

Fazit

Was ist das denn, BioWare? Ich war aufgrund der interessanten Erzählperspektive zunächst neugierig. Und ich habe trotz der bösen Omen der gamescom auf eine Einsicht gehofft, was die Kamera auf dem PC sowie die Taktik im Gelände angeht. Aber ich bin letztlich enttäuscht von diesem Nachfolger! Die schwache Technik ist nicht mal schlimm. Aber nach Dragon Age war eine Entwicklung hin zu noch mehr Rollenspiel wünschenswert, nicht diese Kastration und diese Anbiederungen an schnelle Action. Wer hat denn bitte dieses 08/15-Frauendesign und das lächerliche Blutgespritze zu verantworten? Wer hat bloß diese 90-60-90-Mutter entworfen, die wie 20 aussieht? Immerhin darf man nach der schrecklichen Demo aufatmen: Wenn der katastrophale Einstieg sinnbildlich für die kommenden fünfundzwanzig Stunden gewesen wäre, wäre das ein Verriss geworden - so viel Oberflächlichkeit ist man von den Kanadiern nicht gewohnt. Aber die guten Quests, die spürbaren Konsequenzen, die sehr guten Dialoge und vor allem ein Kampfsystem, das zwar zunächst stark nach Hack`n Slay riecht, aber spätestens ab dem zweiten Akt taktisch cleveres Partymanagement fordert, retten dieses Abenteuer in den befriedigenden Bereich. Ja, es hat dramatische Höhen, aber auch so viele Tiefen. Dass es nicht für eine gute Wertung reicht, liegt auch an einer ebenso kleinen wie sterilen Spielwelt, die mit roboterhaften Bewohnern, seelenlosen Tavernen und fehlenden Erkundungsreizen zu einer Abklapper-Kulisse degradiert wird. Und trotz der fehlenden Weite recycelt Bioware auch noch Höhlen - das ist arm. Ja, die Spezialisierungen der Gefährten sind jetzt verzweigter! Aber man bemerkt gar keinen Unterschied, ob man nun einen Schurken, Magier oder Kämpfer spielt - alle müssen nur effizient Schaden verteilen, keiner hat besondere Rollenspieltalente! Es bleibt auch deshalb ein fader Nachgeschmack, weil die Kanadier auf diesen "mutigen" Stil auch noch "enorm stolz" sind. Sie bemerken gar nicht, dass sie damit an dem vorbei entwickeln, was sich Rollenspieler alter Schule (alle anderen sollen WoW und Sacred zocken) eigentlich wünschen. Es geht dabei nicht um endlose Statistiken und Skilltabellen, es geht um mehr Tiefe, mehr Geheimnisse, mehr Seele! BioWare ist auf dem PC mit seinen Epen groß geworden, sie haben ein Genre jahrelang bereichert. Jetzt jetzt sind sie als Entwickler kleiner geworden, ihre Magie ist verflogen. Hoffentlich können The Witcher 2 und The Elder Scrolls V: Skyrim die Lücke füllen.

Zum Video-Fazit!
Zur Kolumne: Das Phänomen Rollenspiel

Pro

  • + clevere Erzählperspektive
  • Rollenspiel mit vierköpfiger Party
  • einige interessante Charaktere
  • zehn Jahre Geschichte beeinflussen
  • taktisches Party-Management
  • viele moralische & politische Konflikte
  • Handlungen mit Konsequenzen
  • viele Talente & Spezialisierungen
  • große Gegner fordern gute Taktik
  • sehr gute Dialoge mit Sprachausgabe
  • gute Mimik und ansehnliche Kleidung
  • Moralsystem ohne Gut-Böse-Kitsch
  • amüsante Zickereien in der Party
  • Magiesystem mit Immunitäten
  • gute deutsche Sprecher 
  • gutes Gift-/Runensystem

Kontra

  • <P>
  • schrecklicher Einstieg
  • zu viele Kanonenfutterkämpfe
  • schwache Hauptgeschichte
  • plumper Blutspritzautomatismus
  • Kisten öffnen/Taschendiebstahl ohne Konsequenzen
  • Wachen/Passanten reagieren nicht auf Kämpfe
  • schwache Landschaft und matschige Texturen
  • kleine Gebiete mit künstlichen Grenzen&nbsp;ohne Erkundungsreize
  • einige geklonte Höhlen/Katakomben
  • unübersichtliche Kämpfe
  • Umgebung spielt kaum taktische Rolle
  • nur eine Stadt, keine Weltkarte
  • erhöhte Perspektive gestrichen (PC)</P>

Wertung

360

Die Konsolenversionen sind technisch nur etwas schwächer als der PC, ansonsten bleibt es bei einem Abenteuer mit Höhen und Tiefen.

PC

Rollenspiel mit viel Tragödie und viel Verlusten: BioWare kastriert den PC um seine Kameravorteile und biedert sich Actionfreunden an - ein Fehler!

PlayStation3

Die Konsolenversionen sind technisch nur etwas schwächer als der PC, ansonsten bleibt es bei einem Abenteuer mit Höhen und Tiefen.