Shantae: Risky's Revenge - Test, Plattformer, Wii_U, PC, PlayStation5, PlayStation4, iPad, Switch, NDS, iPhone, XboxOne

Shantae: Risky's Revenge
03.03.2011, Jan Wöbbeking

Test: Shantae: Risky's Revenge

Ein Geist schickt sich an, Nintendos brach liegendem Download-Service DSi-Ware neues Leben einzuhauchen: Seit kurzem dürfen auch Europäer das hübsch gezeichnete Action-Adventure um den Leuchtturm-Geist Shantae herunterladen. Entwickelt wurde es von WayForward, welche auch die gelungenen Titel A Boy and his Blob und LIT für Wii geschaffen haben. Beste Voraussetzungen also für ein bezauberndes Hüpf-Abenteuer?

Bereits vor neun Jahren veröffentlichte Capcom den Vorgänger »Shantae« für den GameBoy Color, Die Wertungen in der Fachpresse stimmten, doch leider fielen die Verkaufszahlen nicht all zu üppig aus. Da außerdem kein bekannter Name hinter dem Spiel stand, lag der geplante Nachfolger viele Jahre lang auf Eis. Nach diversen Verhandlungen und Plattformwechseln hat sich WayForward für ein Release per DSiWare entschieden: Wer 1200 Punkte investiert, kann direkt loslegen.

»Shantae Forever«

Shantae präsentiert sich wie eine kunterbunte Mischung aus Wonderboy, Metroid und Zelda - angereichert mit wunderhübsch verschnörkelt gezeichneten Hintergründen und detailverliebt animierten Figuren. Shantae ist im wahrsten Sinne des Wortes der gute Geist von Scuttle Town und beschützt das beschauliche orientalische Städchen vor zwielichtigen Angreifern. Ähnlich wie Kratos ist sie nur ein Mischling aus Mensch und metaphysischem Wesen, doch der magische Teil ihrer Persönlichkeit verschafft ihr viele nützliche Spezialfähigkeiten. Die wichtigste davon ist ihr kräftiger Haarschopf: Wenn ich ihn wie auf einem Metal-Konzert rhythmisch nach vorne schleudere, zerschmettert das auch das hartnäckigste Wald-und-Wiesen-Monster.

Mit Hilfe einer Spülung lassen sich sogar Spliss und stumpfe Spitzen kurieren, wodurch sich die Haarpracht zu einer noch tödlicheren Waffe ausbauen lässt. In einem Shop gibt es außerdem praktische Extra-Fähigkeiten zu erwerben: Dazu gehören Heiltränke, Magie-Ampullen, automatisch kreisende Stachelkugeln sowie eine magische Wolke, welche dicke Bossgegner und andere große Widersacher effektiv mit Blitzen zerknistert. Später kann sie sich außerdem in Tiere wie einen kletterfreudigen Affen und einen starken Elefanten verwandeln. Grund für den Aufruhr ist die im Spieltitel erwähnte  Widersacherin Risky Boots. Als sie in die Dorfidylle platzt und eine mächtige Wunderlampe stibitzt, beginnt meine Mission:

Auf Knopfdruck greift die Heldin mit der Haarpracht an. Erworbene Magiewaffen und nützliche Extras wie ein Münzmagnet werden direkt auf dem Touchscreen aktiviert.
Drei magische Siegel müssen in den Wäldern, Kerkern, Wüsten und Gewässern rund um das Heimatstädchen gefunden werden, bevor die Freibeuterin sie in ihre Finger bekommt.

Nützliche Extras

Obwohl die Geschichte abgegriffen klingt, wird sie trotzdem charmant präsentiert: Die kurzen Dialoge mit den liebenswerten Einwohnern lockern die Action gelungen auf. Als ich etwa die Zombie-Zigerunerin Rotty Tops nach den magischen Siegeln frage, startet sie erst einmal eine Recherche im Netz. Mit Hilfe ihrer Untoten-Magie lässt sie ein am Wohnwagen installiertes Spinnennetz vibrieren und nimmt so Kontakt mit anderen Mitgliedern ihres Volkes auf. Chats, Wissensportale und News-Seiten - all das lässt sich auch im entlegenen Wald nutzen - wenn sich nicht schon wieder ein »Bug« oder »Worm« im Netz verfangen hat. Ein paar Grundkenntnisse der englischen Sprache sollte man schon mitbringen, denn in den Gesprächen gibt es wichtige Hinweise zu den nächsten Aufgaben. Lediglich die im Hauptmenü erreichbare Anleitung ist in deutscher Sprache gehalten.                         

Das Spiel besitzt auch seine Eigenheiten: Shantae läuft zwar horizontal  durch ihre gezeichnete Welt, doch hinter dem Vordergrund liegen eine Hand voll weiterer Ebenen. Um dorthin zu wechseln, muss ich lediglich einen passenden Pfeil auf dem Boden finden. Ein Druck auf den Sprung-Knopf sorgt dafür, dass die tanzende Heldin eine gewaltigen Satz macht und die Kamera in die gleiche Richtung zoomt.

In den meisten Arealen liegen mehrere Ebenen hintereinander. Nach einem Sprung auf den passenden Pfeil zischt man zum verschnörkelten Ast im Hintergrund.
Zu Beginn hat mich die neue Mechanik noch etwas überfordert, doch nach einigen Minuten kam ich immer besser damit zurecht. Kauft auf jeden Fall so früh wie möglich die 20 Münzen günstige Übersichtskarte, damit ihr nicht ziellos durch die Wälder irrt! Sie wird auf dem Touchscreen angezeigt und verschafft euch immerhin einen groben Überblick. Leider sind nicht alle verschachtelten Ebenen eingezeichnet - was vor allem im Wald zunächst für zusätzliche Verwirrung sorgt. Als ich mich darauf eingestellt hatte, schlug die Sucht aber gnadenlos zu.

Erweiterte Realität

Obwohl das Fantasiereich nicht all zu groß ist, ist es abwechslungsreich gestaltet. Es gibt viel zu erforschen und eine Menge Geheimnisse zu entdecken. Als ich über einen Acker wandere, kreuzen ein paar wandelnde Vogelscheuchen meinen Weg, welche ich einfach mit meiner bis in die Spitzen gepflegten Haarpracht auseinander nehme. An die Bomben schmeißenden Widersacher wage ich mich noch so nah heran. Stattdessen erweist sich der im Shop erworbene Feuerball als nützlich. Schon ein Exemplar verwandelt den lästigen Terroristen in ein knisterndes Strohfeuer. Die knallroten und blauen Ritter in den weitläufigen Kerkern verhalten sich schon etwas cleverer und blocken die meisten Angriffe einfach ab. Mit etwas Geschick und dem richtigen Timing erwische ich ihren Kopf aber trotzdem mit dem Haarschopf. Zusätzlich aktiviere ich die rotierenden Stachelkugeln. Mit ihrer Hilfe kann ich meinen gepanzerten Widersacher auch von einer erhöhten Treppenstufe aus bearbeiten. Der Einsatz zehrt allerdings an der Energieleiste. Noch spaßiger gestaltet sich die Kämpfe gegen dicke Bossgegner wie einen kugelrunden Octopus. In den unterirdischen Arealen gibt es außerdem einige clever in die Umgebung eingebundene Schalterrätsel zu lösen. 

 

Auf Knopfdruck verwandelt sich die fröhliche Bauchtänzerin in diverse Tiere. Das quietschfidele Äffchen erreicht in den Dungeons die entlegensten Ecken.


Rolo lässt grüßen

In verzwickten Situationen helfen die magischen Verwandlungs-Fähigkeiten weiter: Wenn die Bauchtänzerin begeistert die Hüften kreisen lässt, sieht das nicht nur putzig aus, sondern sorgt auch dafür, dass sie sich in Affe, Elefant oder Meerjungfrau verwandelt - ähnlich wie im Mega Drive-Klassiker Rolo to the Rescue. Der Primat springt höher und kann außerdem an vielen senkrechten Wänden und durch schmale Geheimgänge klettern. Der Elefant zertrümmert dicke Felsbrocken und die Meerjungfrau erschließt neue Bereiche, indem sie durchs kühle Nass taucht.

Die Verwandlungs-Fähigkeiten bringen eine Menge Abwechslung ins Spiel - dank der punktgenauen Steuerung haben es mir vor allem die Äffchen-Sprungpassagen angetan. Andererseits haben die Entwickler es in punto Backtracking ein wenig übertrieben: Wenn man die Verwandlungs-Fähigkeiten freigeschaltet hat, muss man ein und denselben Ort recht häufig aufsuchen, um neue Passagen zu erreichen. Andererseits verkürzen einige Beam-Portale die langen Laufwege - und auch die Speicherpunkte haben die Entwickler genau im richtigen Abstand platziert.                

Fazit

Kaum zu glauben, dass Entwickler WayForward in all den Jahren keinen Publisher für diese kleine Perle gefunden hat! Den DSi-Besitzern soll es recht sein, denn sie profitieren jetzt davon: Für nur 1200 Punkte bekommen sie ein bezauberndes  Action-Adventure, welches sogar viele Vollpreis-Titel alt aussehen lässt. Die verschnörkelte Fantasy-Welt ist nicht nur ein Fest für Liebhaber hübsch gezeichneter 2D-Welten, sondern bietet auch spielerisch jede Menge Abwechslung: Der Mix aus Entdeckung, Kämpfen, Sprungpassagen und dem Ausprobieren neuer Extras sorgt für einen angenehmen Spielrhythmus. Auch der orientalisch angehauchte Soundtrack ist derart gut gelungen, dass er mir noch Stunden nach dem Zocken als Ohrwurm durch den Kopf geisterte. Besonders viel Spaß machen die Verwandlungen: Ich habe mich jedes Mal diebisch gefreut, wenn ich als kleines Kletteräffchen einen neuen Geheimgang entdeckt hatte. Außerdem sorgt das System der hintereinander liegenden Ebenen für frischen Wind. Andererseits ist es aber auch Schuld daran, dass man sich zu Beginn mitunter verläuft oder einen wichtigen Gegenstand verpasst und dadurch unnötig oft durch die Welt irrt. Auch manche der Schalter- und Schlüssel-Rätsel sind recht knackig geraten. Wer ein wenig Geduld mitbringt, sollte sich davon aber nicht entmutigen lassen. Auch die gut sechs Stunden Spielzeit gehen für ein Arcade-Spiel in Ordnung. Dank Shantae freue ich mich jetzt noch mehr auf den 3DS-Launch. Als Besitzer eines "alten" DS Lite kann ich dann endlich auch mit meinem eigenen Handheld auf den DSiWare-Store zugreifen und mir das Spiel zulegen.

Pro

  • mehrere Ebenen sorgen für frischen Wind...
  • ausgewogener Mix aus Jump-n-Run, Kämpfen und Rätseln
  • nützliche Extras und Spezialfähigkeiten
  • abwechslungsreiche mystische Gebiete
  • stilsicher gestaltete, liebenswerte Charaktere
  • putzige Animationen
  • detailverliebt gezeichnete Kulissen
  • beschwingte, orientalisch angehauchte Musik
  • lustige Soundeffekte
  • fair verteilte Speicherpunkte

Kontra

  • ...mitunter aber auch für Verwirrung
  • viel Backtracking nötig
  • zu ungenaue Übersichtskarte

Wertung

NDS

Eine liebevoll gezeichnete Fantasy-Welt und viel Abwechslung machen das zauberhafte Action-Adventure zu einem echten DSiWare-Highlight.