Castlevania: The Dracula X Chronicles - Test, Action-Adventure, PSP

Castlevania: The Dracula X Chronicles
05.02.2008, Paul Kautz

Test: Castlevania: The Dracula X Chronicles

Das männliche Spiel ist eigentlich ausgestorben - heutzutage werden putzige Kätzchen großgezogen, das Gehirn joggt jeden Tag 42 Kilometer, das Klick & Blöd-System ist allgegenwärtig. Wo sind sie, die Haareraufer, die Checkpunktverweigerer, die »Game Over? Dann eben nochmal von vorn!«-Malträtierer? Auffällig viele davon hat Konami im Sortiment - zuletzt gab es Contra 4, jetzt kommt das hammerharte Castlevania: The Dracula X Chronicles (ab 225,24€ bei kaufen)!

Retro ist in aller Munde bzw. Laufwerk: Oldie-Sammlungen hier, Remakes da. Eine der beeindruckenden Wiederbelebungen gelang Capcom vorletztes Jahr mit Ultimate Ghosts'n Goblins: Anstatt ein altes Spiel direkt umzusetzen, hat man die bewährte Formel erweitert und in ein zeitgemäßes 2 ½D-Format gepackt. Das muss Konami gefallen haben, denn Castlevania: The Dracula X Chronicles (DX) folgt genau diesem Prinzip. Das Original »Akumajo Dracula X Chi no Rondo« (anderweitig

Peitschen, Kreuze, Skelette - alles vorhanden. Dracula X Chronicles ist Castlevania in Reinkultur!
als »Castlevania Dracula X: Rondo Of Blood« bekannt), erschienen 1993 auf der PC-Engine, hat die Grenzen Nippons nie verlassen, gilt unter Fans aber als der Höhepunkt der »klassischen« Castlevanias - bevor »Symphony Of The Night« das lineare Spielprinzip komplett über Bord schmiss und es mit einem offenen Leveldesign modernisierte.

Die Taube des Todes

Ihr übernehmt die Rollen von Richter Belmont sowie Maria Renard, die im Jahre 1792 Richters entführte Freundin Annette aus den langnageligen Fingern Draculas zu retten gedenken. Genau genommen ist Richter anfangs allein, die neunmalkluge Maria muss erst gefunden und befreit werden. Ist sie an eurer Seite, könnt ihr sie im Hauptmenü als spielbare Figur wählen, was mehr als nur kosmetische Wirkung hat: Maria hat zwar weniger Lebensenergie als Richter, läuft aber schneller und springt höher. Außerdem trägt sie keine Peitsche bei sich, sondern erledigt Gegner per gut gezieltem Taubenwurf. Ähm? Wirklich.

Als klassisches Castlevania folgt DX klassischen Design-Tugenden: Die neun Levels scrollen linear von links nach rechts (oder auch mal umgekehrt), ihr durchschreitet Türen, um zu neuen Abschnitten zu gelangen, findet Extrawaffen sowie heilsame Nahrung in Kerzen und bröckeligen Mauern. Neben der Peitsche, die genau in eine Richtung schnalzen kann, nämlich nach vorn, könnt ihr noch Wurfmesser, Äxte, heiliges Wasser oder Wurf-Kruzifixe gegen die Feindesheere einsetzen - nur nicht alle auf einmal, denn ihr dürft immer nur eine Sekundärwaffe mit euch herumschleppen, deren

Neben Richter Belmont dürft ihr auch den Blondschopf Maria Renard kontrollieren - die beiden spielen sich recht unterschiedlich.
Benutzung auch noch durch sammelbare Herzen eingeschränkt ist. Aber sie erleichtern euch das Leben erheblich, denn als klassisches Spiel ist DX auch klassisch schwer: Die Gegner, ob Zombie, Skelette, Axt schwingende Ritterrüstungen, fliegende Augen oder Feuer spuckende Skelettschlangen, wachsen ständig nach, eure Lebensenergie ist knapp, und ständig begegnet ihr Bossgegnern - »harmlosen«, wie schwebenden Dreiauge-Totenschädeln, in der Mitte der Levels, dickeren, wie Drachen, Werwölfen, Skelettriesen, Gevatter Tod oder dem Obersauger persönlich, immer am Ende des Abschnittes. Die Kämpfe gegen diese Spaßbremsen ziehen sich in aller Regel über mehrere Instanzen, in denen das Angriffsmuster gewechselt wird.

Finde mich! Liebe mich!

Wenn ihr ein Leben verliert, werdet ihr dankbar dafür sein, dass vor wichtigen Stellen wie Bossfights ein Checkpunktsystem zuverlässig seine Arbeit verrichtet. Wenn ihr drei Leben verliert, zeigt euch eben dieses System den Finger und katapultiert euch an den Levelanfang zurück. Wie gesagt: Klassisches Design. Ganz und gar unklassisch ist der Punkt »Quicksave« im Pausenmenü, aber der ist nur für Notfälle gedacht: Ihr speichert zwar die aktuelle Spielsituation, allerdings verdrückt sich das Spiel danach automatisch zurück ins Hauptmenü - und der Speicherstand ist nach einmaliger Nutzung futsch.        

Allen Frustmomenten zum Trotz lohnt es sich, etwas gemütlicher vorzugehen. Denn Forschernaturen finden immer wieder ein nicht ganz so bodenloses Loch oder eine versteckte Treppe, die zu Alternativpfaden führen. Diese sind grundsätzlich schwerer als die »normalen« Levels und führend schlussendlich zum gleichen Ziel, bergen aber meist

Gigantische Zwischen- und Endgegner halten eure Finger und eure Frusttoleranz gehörig auf Trab.
wertvolle Fundsachen, neue Bossgegner oder freispielbare Extras. Das können frische Musikstücke sein, die ihr euch in der Jukebox immer wieder anhören dürft und die ihr dazu nutzen könnt, euren ganz persönlichen Spiele-Soundtrack zu komponieren. Pfadfinder entdecken auch zu befreiende Magden, die für unterschiedliche Abspänne sorgen. Besonders harte Hunde werden am fürstlichsten belohnt, denn hinter zwei gemeingefährlich gut versteckten Icons verbergen sich zwei vollständige Bonusspiele: Das Original »Rondo Of Blood« sowie die erweiterte PSone-Umsetzung von »Symphony Of The Night«, das erst kürzlich eine furiose Xbox Live Arcade-Wiederbelebung erfuhr. Beide präsentierten sich im klassischen 2D-Gewand (aufgrund des 4:3-Formats wahlweise mit schönen Wallpapers links und rechts), sind hervorragend emuliert und aufgrund der nachweislich hohen Qualität (allein SOTN ist ein ständig gesehener Dauergast vieler »Die besten Spiele aller Zeiten«-Listen) alleine schon das Geld für die UMD wert. Vielleicht sogar für zwei, denn falls ihr einen Peitschenfreund an eurer Seite habt, könnt ihr gemeinsam den »Boss Rush«-Modus meistern - kooperatives Endgegner-Schnetzeln.

Zurück zum Hauptspiel: Wie auch Ultimate Ghosts'n Goblins präsentiert es sich aus der guten alten Seitenperspektive, allerdings bestehen alle Figuren und Objekte aus texturierten Polygonen - zwar nicht allzu detailliert, wie man in den Zwischensequenzen sieht, aber dennoch in sich stimmig. Alles bewegt sich weich und flüssig, 

2D-Eleganz in 3D-Welt: Wie auch Ultimate Ghosts'n Goblins präsentiert sich Castlevania in einem stilvollen Polygongewand.
die tollen Hintergründe bieten effektreiche Details. Das größte Ärgernis ist tatsächlich hausgemacht, denn das Spiel ist über weite Teile recht dunkel - so dunkel, dass so mancher Gegner vor dem Hintergrund schwer erkennbar ist, was den Schwierigkeitsgrad nicht eben vereinfacht. Neben den erwähnten Cutscenes gibt es noch zwei weitere Arten, die dezent trashige Story zu präsentieren: Via Dialogen in Spielgrafik sowie qualitativ guten, aber seltenen Renderfilmen. Egal wo, egal wann, jederzeit erschallt der großartige orchestrale Soundtrack, für den die Serie mittlerweile berühmt ist, in DX ebenfalls als eine Art Remake - die Melodien sind gleich geblieben, nur die Synthesizer-Instrumente wurden gegen echter klingende Pendants getauscht.

Gott, gib mir Stärke

Dass das Spiel bei uns erst ein knappes halbes Jahr nach seiner Veröffentlichung in den USA auf den Markt kommt, wird kaum die Schuld der Übersetzungs-Abteilung gewesen sein - die hatte hier nämlich nix zu tun. Das Spiel präsentiert sich seiner Original-Fassung, die durchaus unterhaltsam ist: Das Intro wird beispielsweise auch im Original komplett Deutsch gesprochen - verkehrte Welt! Die Sprachausgabe ist standardmäßig englisch und brauchbar, Puristen können sich das gesamte Spiel auch auf Japanisch gönnen, sollten in diesem Fall aber besser der Sprache mächtig sein, da viele Dialoge nicht untertitelt sind.

      

Fazit

Seit Neuestem bin ich sehr allein, die Kollegen gehen mir mit fragenden Blicken aus dem Weg: Schon vor ein paar Wochen gellten Wutschreie und sorgfältig ausgesuchte Flüche durch die geweihten Redaktionsflure, dieser Tage feiert dieser Stimmbandtest ein Revival. Damals war Contra 4 schuld, jetzt ist es Castlevania: Hätte ich noch genug Haare auf dem Kopf, spätestens jetzt wären sie weg - das Teil ist irre schwer! Wenn ihr also ein Problem mit pixelgenauen Sprungeinlagen, ständig nachwachsenden Feinden, gemeingefährlichen Bossgegnern, einem fiesen Speichersystem oder dem 45ten Tod innerhalb eines auswendig zu lernenden Levels habt, dann ist das nicht euer Spiel. Wenn ihr hingegen genau diese Zutaten liebt, dann greift schnellstmöglich zu: Dracula X Chronicles ist der Höhepunkt klassischen Castlevania-Designs, und als solches von großem historischen wie spielerischen Wert. Mal ganz davon abgesehen, dass es auch noch das hierzulande bislang nicht gesehene Originalspiel sowie das großartige Symphony Of The Night im Rucksack hat!

Pro

  • schöne Präsentation
  • klassisches Castlevania-Spielprinzip
  • zwei freischaltbare Klassiker
  • großartiger Soundtrack
  • präzise Steuerung
  • aufregende Bossfights
  • guter Wiederspielwert

Kontra

  • höllischer Schwierigkeitsgrad
  • gelegentlich schwer erkennbare Gegner

Wertung

PSP

Hammerhartes, aber wunderbar spielbares, schön präsentiertes und umfangreiches Remake-Paket.