Torchlight - Test, Rollenspiel, 360, PC

Torchlight
09.03.2011, Mathias Oertel

Test: Torchlight

Vor etwas mehr als einem Jahr hat das Team von Runic Games mit dem gelungenen Hack&Slay aus dem Nichts für eine Überraschung gesorgt, die von uns mit 83% belohnt wurde. Die für Sommer vorgesehene Fortsetzung verzögert sich allerdings etwas - unter anderem, weil man mit der Umsetzung von Teil 1 für die 360 beschäftigt war.  Wie spielt sich das actionreiche Abenteuer auf Konsole?

Das Geheimnis des Erfolges lässt sich manchmal auf eine einfache Formel bringen: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Und genau das war Ende 2009 mit dem u.a. von Ex-Diablo-Machern entwickelten Action-Rollenspiel Torchlight (ab 13,49€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) der Fall. Die PC-Spieler haben lange Zeit auf einen unkomplizierten Dungeon-Hack gewartet, der wie seinerzeit Blizzards Teufelsjagd fasziniert. Und sie haben ihn mit Torchlight bekommen: Drei Charakterklassen, die über einen breit gefächerten Fähigkeitenbaum verfügen; zufällig generierte Dungeons; haufenweise Gegenstände, die man sammeln, mit Edelsteinen aufbessern und aufeinander abstimmen konnte; imposante Bosskämpfe. Nicht zu vergessen, das mit einem laufende Tier, das nicht nur als Packesel genutzt werden konnte, um nicht benötigte Beute in der Stadt zu verkaufen, während man sich weiter durch die Monstermassen pflügt, die in den Tiefen der Höhlen auf einen warten. Und das alles zu einem schon seinerzeit verteufelt gutem Preis und in einer comichaften Kulisse, die an Titel wie WarCraft 3 oder frühe Mythos-Versionen erinnert.

Kult am PC

Selbst Mankos wie redundantes Quest- oder Spieldesign sowie die mitunter viel zu unspektakulär erzählte Geschichte konnten den richtig guten Eindruck nicht ins Wanken bringen. Denn im Gegenzug wurde die Motivationskurve durch das ideal aufeinander abgestimmte Umfeld immer wieder nach oben gedrückt: Die Abschnitte hatten genau die richtige Größe, um im Zweifelsfall zeitlich nicht zu lang an Maus und Tastatur gebunden zu sein und das Balancing war durchweg gelungen. Bevor man sich versah, wurde man unaufhörlich in den Strudel aus Ach, für einen Abschnitt habe ich noch Zeit!, Mensch, ich mach nur noch bis zum nächsten Boss, Hmm, der nächste Level-Aufstieg dauert nicht mehr lang und Ich bekomm bestimmt gleich das fehlende Set-Teil oder den Edelstein mit dem Feuerschaden, den ich brauche hineingezogen.  Mit dem Ergebnis, dass man schnell viel mehr Zeit mit Torchlight verbrachte als einem bewusst oder lieb war.

Auf der 360 hat Runic die Essenz all dessen ebenfalls gut eingefangen: Vor allem die motivierenden Elemente wie leichter Zugang, ein gesundes Verhältnis von Aufwand (eingängiges Kampfsystem) und Ergebnis (viele Belohnungen, noch mehr Beute, konstanter Figurenaufstieg) sowie die farbenfrohe Kulisse der zufällig generierten Gewölbe faszinieren auch eineinhalb Jahre nach Original-Veröffentlichung. Selbstverständlich finden sich auch Komfort-Funktionen wie die für alle Charaktere zugängliche Aufbewahrungstruhe in der Stadt Torchlight. So kann man problemlos seine seltenen oder wertvollen Gegenstände zwischen allen Figuren hin- und herschieben.

Wie am PC

Allerdings hat man die Zeit nicht genutzt, um kleinere Mankos auszumerzen, die seinerzeit schon am Rechenknecht störten: So gibt es nach wie vor eine zu leichte Anfangsphase mit zu wenig Herausforderung sowie verdammt wenig Sprachausgabe innerhalb der weiterhin spröden Präsentation. Die klassische Gut-gegen-Böse-Mär oder die Missions-Vergabe 

Das Kampfsystem orientiert sich weniger an Konsolen-Konkurrenz, sondern repliziert die zu einfache PC-Steuerung...
wird häufig  nur in Schriftform erzählt. Immerhin gibt es auf der 360 von Anfang an nicht nur gut lokalisierte Texte, sondern auch entsprechende Sprachausgabe. Die KI-Probleme, die bei den einem gelegentlich an die Seite gestellten Mitläufer auftauchen, haben ebenfalls weiterhin Bestand. Und dass es auch an der 360 nicht einmal einen lokalen kooperativen Modus gibt, ist anachronistisch - selbst das Ende 2007 veröffentlichte und mechanisch in eine ähnliche Kerbe schlagende Arkadian Warriors bot bereits die Möglichkeit, sowohl lokal als auch online mit zwei Spielern ins Gefecht ziehen zu können.

Dennoch ist die Xbox Arcade-Version von Torchlight mehr als nur eine einfache Portierung. Und das zeigt sich nicht nur im dritten begleitenden Tier, das zur Verfügung steht. Konnten PC-Spieler nur zwischen einem Hund und einer Großkatze wählen, die sie im Kampf und als Lastesel unterstützt, haben Pad-Spieler zusätzlich Zugriff auf eine Art Reptil - und sie bekommen zum Start einen Fisch, mit dem sie ihren Mitläufer permanent in einen Troll verwandeln können.

Besser als am PC

Hinsichtlich der Benutzerführung und Inventar finden sich ebenfalls starke Optimierungen. So hat stehen je 50 Plätze bei Hauptfigur sowie dem Haustier zur Verfügung, die die aufgesammelte Beute übersichtlich sortiert und über Tabs (Waffen, Rüstung, Sonstiges, Edelsteine usw.) erreichbar aufbewahren. Ebenfalls im Rahmen der Übersicht wurden die drei Pfade des Entwicklungsbaumes mittlerweile auf einer Seite zusammengefasst. Bei der Steuerung schließlich bietet man die Möglichkeit, per Digikreuz-Umschalten insgesamt acht Sonderaktionen bzw. Zauber auf Schnelltasten zu legen, so dass man den PC-Torchlightern wahrlich nicht nachsteht.

Allerdings ist bei der Portierung ein wichtiges Element vergessen worden: Konnte man am Rechner zwischen zwei Waffensets wählen, ist man auf der 360 vollkommen unverständlich auf eines beschränkt. Man hat nicht die

Bosse, Beutejagd und Gegner ohne Ende: Torchlight setzt auf ebenso einfache wie motivierende Tugenden.
Möglichkeit, ohne Weiteres zwischen einer zweihändigen Distanzwaffe und zwei Klingen im Nahkampf (oder auch Schild und Waffe) umzuschalten. Das nimmt Torchlight etwas von der rudimentären Taktik, die die schnelle Fastfood-Action erweitert hat.

Schlechter als am PC

Ein Bereich, in dem man bei Runic zu sehr auf PC-Mechanismen setzt, ist die Kampfmechanik: Wie auch die Konsolenversion von Sacred 2 verlässt sich Torchlight auf das, was wir intern mehr oder weniger liebevoll als Klick & Blöd-Kampfsytem bezeichnen. Sprich: Man lässt die Angriffs-, Sonderattacke oder Zaubertaste gedrückt und der Held schlägt und feuert aus allen Rohren, bis entweder alle Gegner erledigt sind, sein Mana aufgebraucht ist oder er selber die Reise in die ewigen Jagdgründe angetreten hat. Das ist für ein padoptimiertes Spielerlebnis allerdings zu mager. Einerseits kann man sich dadurch zwar auf die Auswahl des passenden Zieles oder die Flucht im richtigen Moment konzentrieren. Doch nahezu alle großen Rollenspiele, die Richtung Action tendieren, sei es nun Divinity 2 oder jüngst Dragon Age 2, lassen einen aktiver am Kampfgeschehen teilhaben - und sorgen so für ein intensiveres Erlebnis.

Ein Bereich, in dem man ebenfalls nicht an die Qualität der PC-Version herankommt, ist die Kulisse. Zwar bedient man sich der gleichen Texturen, Designs usw. doch die PC-Version sieht auch nach eineinhalb Jahren nicht nur besser aus, sondern ist auch weniger anfällig für gelegentliches Ruckeln und Zuckeln. Doch angesichts des schmalen Downloads (Torchlight wiegt auf der 360 nicht einmal 200 MB!) und der nach wie vor vorhandenen Motivationskurve kann man darüber hinweg sehen.

 

Fazit

Jäger und Sammler mit Xbox 360 können guten Gewissens die 1200 Punkte für Torchlight investieren. Die Portierung des fast eineinhalb Jahre alten PC-Action-Rollenspiels ist Runic Games gelungen. Beim Kampfsystem hält man allerdings wie seinerzeit auch Sacred 2 zu sehr an den starren Maus-Mechanismen des Rechenknechtes fest, ohne für Konsole zu optimieren. Und wieso man die Option entfernt hat, auf ein zweites Waffenset umzuschalten, bleibt für mich schleierhaft. Doch abseits davon bekommt man mit dem nicht einmal 200 MB schlanken Download ein kleines Hack&Slay-Juwel, von dem man sich nicht so einfach losreißen kann. Die zufällig generierten Abschnitte haben genau die richtige Größe und zusammen mit der übersichtlichen Figurenentwicklung sowie der umfangreichen Beute-Ausschüttung sind Augenringe nach einer weiteren durchgezockten Nacht die logische Schlussfolgerung. Mit einfachsten Mitteln wird hier ein Maximum an Motivation erzeugt. Wenn man dem Kampfsystem etwas mehr Augenmerk geschenkt, einen längst fälligen Mehrspieler-Modus eingebaut und zusätzlich dafür gesorgt hätte, dass die Arcade-Variante des Dungeon Hacks technisch dem PC nicht hinterherhinken würde, hätte man vielleicht sogar die Vollpreis-Konkurrenz in Schach halten können.

Pro

  • sehr schnelles und simples Hack&Slay
  • motivierende Beute- und Erfahrungsjagd
  • drei Fertigkeitsbäume pro Klasse
  • gute Pad-Steuerung...
  • nützliches Ruhmsystem
  • interessante Bosskämpfe
  • großes Hauptdungeon, plus kleine Nebendungeons
  • zufällig generierte Levels
  • Sammelwut: viele Gegenstände, Waffen, Sets, Edelsteine, etc.
  • Quests bemühen sich eine kleine Geschichte zu erzählen
  • Begleiter mit sinnvollen Optionen und Fertigkeiten
  • Gegenstände lassen sich verzaubern
  • gelegentliche KI-Gehilfen
  • Kiste zum Lagern von Gegenständen (auch für andere Figuren)
  • Angel-Minispielchen
  • stimmungsvolle Comic-Spielwelt, gute Lichteffekte
  • krachende Effekte
  • gelungene Musikuntermalung

Kontra

  • kein Mehrspieler
  • Modus
  • repetitives Spiel
  • und Questdesign
  • gelegentliche KI
  • Macken- ...die aber zu sehr der Klick-und-Blöd-Mechanik des PCs folgt
  • belanglose Story
  • schwache Präsentation und wenig Sprachausgabe
  • keine Individualisierung der Charaktere (Start-Aussehen)
  • erstes Drittel ist etwas zu leicht
  • zweites Waffenset der PC-Fassung fehlt

Wertung

360

Die Monsterhatz zieht einen auch auf 360 mit einem eingängigen Kampfsystem sowie einer enormen Beuteausschüttung in einen Motivations-Strudel.