Hyperdimension Neptunia - Test, Rollenspiel, PlayStation3

Hyperdimension Neptunia
30.03.2011, Jens Bischoff

Test: Hyperdimension Neptunia

Hyperdimension Neptunia (ab 49,90€ bei kaufen) ist mir allein schon wegen seines zynisch-parodistischen Szenarios sympathisch: Man schlüpft in die Rolle einer göttlichen CPU (Console Patron Unit), um in einer vom Konsolenkrieg geplagten Welt namens Gamindustri ein Buch zu befreien. Herrlich! Doch sorgt auch die spielerische Seite für Begeisterung?

Man muss schon schmunzeln, wenn sich die Entwickler über prominente Spieleserien, -charaktere oder -hersteller lustig machen.

Die Story wird über dezent animierte Dialogbildchen erzählt.
Egal, ob Final Fantasy, Street Fighter, Chris Redfield, Bowser, Sony oder Sega - alle bekommen sie ihr Fett weg, wenn auch sehr gemäßigt. Auch vor generellen Phänomenen wie Fanboys, Forentrollen, Retro-Gamern oder MMO-Suchtis wird dabei nicht Halt gemacht. Selbst Charakter-, Orts- oder Shop-Namen sind meist realen Vorbildern nachempfunden. Kein Wunder also, dass auf Lastation, Leanbox und Lowee vor Jahren ein heftiger Konsolenkrieg tobte.

Schonungsloser Rundumschlag

Neptunias eigene Geschichte und Figuren sorgen jedoch schnell für Ernüchterung. Das um die Suche nach einem entführten Schmöker gestrickte Abenteuer einer Mensch gewordenen Göttin mit Gedächtnisschwund bleibt abgesehen von den ganzen parodistischen Seitenhieben leider völlig schablonenhaft und uninteressant. Die Figuren und Dialoge sind weitestgehend belanglos, die Aufgaben ungemein eintönig und das Leveldesign völlig generisch.

Wer Trinity Universe gespielt hat, erkennt gleich, dass die eigentlich nur aus unzähligen Mini-Dungeons bestehende Spielwelt dem selben Level-Baukasten entstammt - sogar die Grafiksets wurden teils nahezu unverändert übernommen. Auch Aktionen wie das Aufspüren unsichtbarer Schatztruhen durch Suchstrahlen oder das Heraufbeschwören von Monstergruppen, um vorübergehend Ruhe vor Zufallskämpfen zu haben, wurde einfach recycelt. Dabei hat man es allerdings geschafft, an sich guten Ideen wie den nur beschränkt nutzbaren Schatzsuchstrahlen durch unbegrenzten Einsatz jeglichen Reiz zu nehmen.

Vertraute Kulissen

Interessant ist hingegen die Möglichkeit via Kombo-Editor eigene Angriffsfolgen zu erstellen und miteinander zu verknüpfen.

Die Erkundung der Dungeons ist noch öder als in Trinity Universe.
Wer will, kann sogar eigene Spezialangriffe definieren und mit persönlichen Bild- oder Fotodaten verzieren. Letzteres ist natürlich nur ein optisches Gimmick. Aber wenn zum finalen Schlag plötzlich das eigene Konterfei mit einem hämischen Grinsen auf den Gegner niederfährt, ist das ein zumindest in Rollenspielen ungewohntes Erlebnis - auch wenn man später eher froh darüber ist, sämtliche Kampfanimationen überspringen zu können.

Die rundenbasierten Auseinandersetzungen sind nämlich auf Dauer nicht nur ungemein eintönig, sondern werden auch noch übertrieben langatmig inszeniert. Anfangs mag man jede noch so lange Kampfanimation über sich ergehen lassen, aber schon bald dreht sich fast alles nur noch ums Drücken der L2-Taste (Skip), während man dazwischen die immer gleichen Standard-Kombos abspult. Viel mehr kann aber auch gar nicht tun, denn selbst auf dem höchsten der drei jederzeit änderbaren Schwierigkeitsgrade kommt man so gut wie nie in Bedrängnis und wenn doch, geht man halt öfters mal in die Defensive, wechselt zwischen verschiedenen Munitionsarten oder passt die automatische Item-Nutzung an.    

Heiltränke, Gegengifte oder Wiederbelebungen können nämlich weder manuell, noch außerhalb von Kämpfen eingesetzt werden. Stattdessen legt man fest, welche Situation welche Aktion auslösen soll und mit welcher Wahrscheinlichkeit. Der Knackpunkt dabei ist, dass jedem Gruppenmitglied nur eine begrenzte Anzahl an Wahrscheinlichkeitspunkten zur Verfügung steht, die sich aber selbst mitten im Kampf neu umverteilen lassen.

Die rundenbasierten Zufallskämpfe werden schnell eintönig.
Zudem beherrscht jeder Charakter teils unterschiedliche Manöver, die auch nur dann ausgeführt werden, wenn genügend Zutaten, die jene Aktion verbraucht, vorhanden sind.

Kalkulierte Rettung

In den meisten Fällen reicht es zwar aus, einfach alle Punkte in das automatische Heilen direkt nach Schadenserhalt zu investieren, hin und wieder muss man aber wie auch bei den Kombos umsatteln, um gegen mehrere oder besonders starke Gegner nicht ins Hintertreffen zu geraten. Wirklich gefordert wird man trotzdem nur selten und selbst wenn man mal den Kürzeren zieht, kann man Anpassungen an Ausrüstung, Item-Nutzung, Kombos oder Formation vornehmen und einen verlorenen Kampf beliebig oft wiederholen. Auch ein Sichern des Spielstands ist außer in Kämpfen jederzeit möglich.

Wer sich beweisen will, kann höchstens versuchen, optionale Missionen in Bestzeit zu meistern, um seine Leistung anhand von Online-Ranglisten mit denen anderer Spieler zu vergleichen. Voraussetzung ist aber eine entsprechend hoch gezüchtete Party sowie hin und wieder auch eine große Portion Glück, wenn es um das Sammeln von seltenen Beutestücken oder Eliminieren nur sporadisch auftauchender Gegner geht. Insgesamt ist das Quest-Spektrum aber recht bescheiden - entweder muss man bestimmte Gegenstände erbeuten, Monster besiegen oder Zielpunkte erreichen, was in den öden, einstöckigen Mini-Dungeons natürlich schnell langweilig wird.

Auch bei der Präsentation wurde wenig Aufwand betrieben. Die Spielumgebungen wirken teils fast wie aus einem PSone-Spiel und leiden dennoch unter akuten Pop-Ups,während Story-Sequenzen ausschließlich über Standbild-Dialoge mit dezent animierten Anime-Portraits abgewickelt werden.

An den Kampfanimationen hat man sich schnell satt gesehen.
Die Animationen sind teils entsprechend albern oder voyeuristisch, aber durchaus gelungen, auch wenn viele Gesprächspartner lediglich als schwarze Schatten dargestellt werden. Zumindest wurden die meisten Dialoge vertont, wobei man sogar zwischen englischer Synchro und japanischem Originalton wählen kann. Eine Option auf deutsche Untertitel sucht man jedoch vergeblich, denn eine Lokalisierung hat man sich gespart.

Hässliches Entlein

Die erzählerischen Qualitäten sind aber ohnehin recht bescheiden und verlieren sich zusätzlich in sinnlosen Blogs und Radio-Podcasts, in denen über Wetter, Hobbys oder Essgewohnheiten gefachsimpelt wird. Spöttische Kommentare der rein weiblichen Gruppenmitglieder über zu geringe Erfahrungspunkte, vermeintliche Plotlücken oder NPC-Schicksale sind da schon wesentlich amüsanter. Auch die Idee, Entwickler und Publisher als Figuren zu implementieren, ist ganz witzig, obwohl mir die Gastauftritte der Prinnys in Trinity Universe wesentlich besser gefallen haben. Vermisst habe ich auch das Verscherbeln nicht (mehr) benötigter Ausrüstung. In den mittlerweile auch mit DLC-Inhalten aufwartenden Amazoo.nep-Shops kann man nämlich nur ein-, nicht aber verkaufen...  

Fazit

Trotz interessanter Ansätze wie selbst erstellbarer Kombos, bebilderbarer Spezialangriffe oder situationsabhängiger Item-Einsätze schafft es Hyperdimension Neptunia leider nicht spielerisch nachhaltige Akzente zu setzen. Quest- und Leveldesign sind einfach zu generisch, die von Skip-Orgien dominierten Zufallskämpfe zu eintönig und auch Story und Charaktere bleiben trotz spöttischer Seitenhiebe auf die Spieleindustrie weitestgehend blass. Trinity Universe, aus dem Hyperdimension Neptunia viele Elemente eher schlecht als recht übernommen hat, war trotz ähnlich altbackener Technik und Inszenierung wesentlich spritziger und motivierender. Hier wird man selbst auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad kaum gefordert, auch wenn der Umfang stimmt und einen die ganzen Parodien von Sonic, Mario, Final Fantasy, Resident Evil oder Amazon immer wieder schmunzeln lassen.

Pro

  • individualisierbare Kombos
  • teils nette Parodien & Seitenhiebe
  • origineller Bilder-Import & Item-Einsatz

Kontra

  • maue Story & Dialoge
  • eintönige Zufallskämpfe
  • ödes Level
  • & Questdesign
  • altbackene Technik & Präsentation

Wertung

PlayStation3

Trotz amüsanter Parodien kommt im spielerisch öden Gamindustri nur wenig Spielspaß auf.