Die Sims 3 (Handheld) - Test, Simulation, 3DS, NDS

Die Sims 3 (Handheld)
06.04.2011, Benjamin Schmädig

Test: Die Sims 3 (Handheld)

So viel weiß doch jedes Kind: Das Leben beginnt im Charaktereditor! Hautfarbe, Figur, Kleidung - fertig ist der Mensch Marke Eigenbau. Soll er witzig oder tollpatschig sein? Und was will er denn mal werden, wen könnte er heiraten? Soll er überhaupt? Die Küche brennt, die Toilette stinkt, die Dusche verliert Wasser. Das große Leben hat gerade erst begonnen!

Der 3DS ist eine ganze Dimension größer als sein Vorläufer -  aber irgendwie ist er noch immer ein DS. Für die Sims trifft dies auf jeden Fall zu, denn auch wenn manches Detail schärfer und die Gesichter schöner sind, so erkennt man in den neuen Sims doch sofort ihre "Ahnen" wider. Aber während man so frohen Mutes einen frischen Sim aus der Taufe hebt, ist der 3DS irgendwie auch kleiner als der DS. Warum darf man diesem Sim denn nur drei Charakterzüge zuweisen, seinem DS-Pendant aber vier? Wieso ist die Liste aller wählbaren Eigenheiten viel kleiner als überall sonst? Und wieso bedeutet die markige Schlagzeile "Erstelle mit der Gesichtserfassung einen Sim, der aussieht wie du" lediglich: "Mach ein Foto und halte es während der Figurenerstellung neben das Gesicht deiner Figur"? Albern.

Die neue Dimension

Macht aber nichts - so ein Simleben ist auch mit weniger noch mehr als die meisten Rollenspiele und daran ändert selbst die inhaltlich schmerzlich gekürzte 3DS-Version nichts. Nützt es denn, dass man das Flirten, das Zetern, das Schwitzen, das Verzweifeln - das ganze bunte Treiben eben - in Nintendos Pantoffelbühne betrachten kann? Nein, leider nicht. Natürlich hat es seinen Reiz, das dreidimensionale Bild zu sehen. Zum einen gehört die ohnehin träge Darstellung allerdings nicht zu den malerischen und zum anderen gibt es die Mittendrin-Perspektive ausschließlich auf dem oberen Bildschirm; die Steuerung erfolgt hingegen auf dem unteren Bild - aus der Vogelperspektive.

Nach wie vor kann man vom Gitarrespielen bis zum Techtelmechtel sehr viel erleben - nur dass man am 3DS immer wieder von Notfällen aller Art unterbrochen wird.
Die Augen müssen also ständig zwischen einer zweidimensionalen und einer dreidimensionalen Ansicht umschalten. Besser schaltet man den 3D-Effekt einfach ab.

Viel drastischer wirken sich spielerische Beschränkungen aus. Denn weil man aus praktischen Gründen meist auf den unteren Bildschirm blickt, verkommt die quirlige Alltagssimulation, bei der man in jeder anderen Version direkt in der Spielwelt interagiert, zum trockenen Draufklick- Management. Halbwegs sinnvoll ist nur das Auslösen magischer Karmakräfte, wenn man durch starkes Pusten z.B. Schmetterlinge ins Bild bläst. Witzig!

"Die Sims Arcade"

Das Schlimme ist ja: Es liegt nicht nur an den Bildschirmen - es kommt vor allem von den gestrichenen Inhalten. Immerhin gibt es hier keine Übersicht über die Bedürfnisse der virtuellen Menschen. So kann man das Essen, Schlafen, Duschen, Entspannen usw. nicht mehr planen, sondern reagiert immer dann, wenn eins der Bedürfnisse zu kurz kommt. Die Folge: Die Sims stehen schon mal kurz nach Mitternacht auf, um zu frühstücken! Auch sucht man die Wünsche der Sims wie das Kaufen eines bestimmten Gegenstandes oder das Erlernen einer neuen Fähigkeit nicht selbst aus. Die Sims legen sie einfach fest und falls man sie nicht schnell genug erfüllt, verschwinden sie wieder. Willkommen bei "Die Sims 3 Arcade"!

Es kommt noch dicker: Der Herd steht oft in Flammen, die Dusche läuft häufig über, die Toilette verstopft und das Waschbecken ist sowieso gerne mal hin - selbst wenn man den Haushalt pikobello in Schuss hält. Ständig rennt man Bedürfnissen, Wünschen, Einbrechern oder Notfällen hinterher. Hinzu kommen Kleinigkeiten wie versperrte

Stadtbummel für Agoraphobiker

Lobenswert, dass die Entwickler an Unterwegs-Lebensplaner denken, die tendenziell weniger Zeit für alle Facetten des großen Lebens haben. Wenn man sich jedoch selbst auf einer kurzen Bahnfahrt gestresst vorkommt, Inhalte vermisst und spätestens auf dem heimischen Sofa keine Lust mehr auf dieses Krisenmanagement hat, dann macht das Spiel etwas falsch.

Man darf sich ja nicht einmal in die offene Stadt der anderen Versionen retten - weil es keine offene Stadt mehr gibt. Stattdessen reisen die Sims nach langen Ladezeiten an eins von zwei Zentren des öffentlichen Lebens. Dort sind Buchladen, Supermarkt; Restaurant oder Kino im Karree angeordnet und die Sims kaufen benötigte Utensilien oder finden ein wenig Ruhe. Entspannen fällt schließlich leicht, wenn die Uhr anschließend auf den Zeitpunkt zurückgedreht wird, an dem sie ihr Zuhause verlassen haben. Was für ein fauler Kompromiss! Darf man deshalb nicht wie sonst zwischen Sims wechseln, die sich an verschiedenen Orten befinden? Nein, obwohl das im Ansatz besser ist als das technisch schwache "Downtown" der DS-Fassung: In der Ausführung macht es bedeutend weniger Spaß.   

Fazit

Was für ein ärgerlicher 3DSalat: Im Kern steckt ja noch immer eine verblüffend umfangreich Lebenssimulation, der man gerne zuschaut! Weil diese Unterwegs-Sims allerdings so entschlossen verhindern, dass man die echte Kontrolle über ihren Alltag übernimmt, wendet man sich schnell ab. Es liegen Welten dazwischen, ob man die Bedürfnis und Wünsche eines virtuellen Wesens mit Übersicht steuern darf - oder ob man wie hier nur auf akute Notfälle reagieren muss. Entspannung finden die Sims in zwei winzigen, sterilen Mini-Fußgängerzonen. Weil auf diesen die Zeit nicht vergeht, wirken sie aber wie Versatzstücke aus einer anderen Dimension. Sinnvolle inhaltliche Kürzungen sind eine Sache - das Abschalten zentraler Spielelemente eine ganz andere. Alleine die Tatsache, dass man eine sterile Von-Oben-Ansicht steuert, anstatt direkt ins Leben zu klicken, macht den 3DS-Ausflug der Sims zur zweiten Wahl - nach dem ohnehin zweitklassigen DS-Abenteuer.

Pro

  • umfangreiche Alltagssimulation...
  • witzige Ereignisse und Unterhaltungen
  • zahlreiche Bedürfnisse und Wünsche

Kontra

  • - ... die im Vergleich zu DS und Konsolen inhaltliche Federn lässt
  • akute Probleme und Wünsche statt dynamischen Tagesablaufs
  • keine Übersicht über Bedürfnisse
  • nur kleines Zuhause und zwei kleine Stadtgebiete
  • kein Wechsel zwischen Sims an verschiedenen Orten
  • Zeit nach Besuch in Stadtvierteln zurückgesetzt
  • ungünstige Aufteilung der Bildschirme zugunsten des 3D-Effekts
  • Probleme wie versperrte Türen

Wertung

NDS

"Die Sims 3 Arcade" wäre ein passender Titel gewesen, denn inhaltlich und spielerisch muss die Lebenssimulation auf dem 3DS Federn lassen.