From Dust - Test, Taktik & Strategie, 360, PlayStation3, PC

From Dust
24.08.2011, Benjamin Schmädig

Test: From Dust

Gott sei Dank bin ich nicht Gott! Ich wäre eine erbärmliche Niete. Dabei wollte ich nur diesen kleinen Vulkan unter Kontrolle bringen und seine Lava dauerhaft ins Meer leiten, damit ich in Ruhe einen blühenden Wald für meine Siedler schaffen könnte. Pustekuchen! Je mehr ich Kanäle aufschüttete, desto häufiger versteinerte das Magma genau so, dass neue Lava anschließend noch schneller in die falsche Richtung quoll. Irgendwann stand mein Dorf in Flammen, das Land war längst verloren. Meine Lektion hatte ich gelernt - auf Xbox 360 schon vor einigen Wochen, am PC kann ich mein neues Wissen allerdings erst seit kurzem einbringen. Hat sich die Welt seitdem verändert?

Mit Ökopädagogik hat From Dust (ab 8,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) nach wie vor nichts am Hut. Es zeigt nur, wie viel Freude es machen kann, den Kräften der Natur zuzuschauen. Die Höhepunkte sind turmhohe Flutwellen, die wie gigantische Mauern über das Land kriechen. Mit unbändiger Macht spülen sie meine Untertanen in den Tod und schwemmen Sand in Fließrichtung fort. Ist die Flut vorüber, zieht sich das Meer zurück und erreicht erst nach dem Zurückströmen seinen ursprünglichen Wasserstand. Das physikalisch verblüffend korrekte Schauspiel bietet ein außergewöhnlich eindrucksvolles Spektakel!

Die Mächte der Natur

Doch selbstverständlich sind die Menschen den Naturgewalten nicht hoffnungslos ausgeliefert - anders als im Klassiker Populous darf ich meinen Untertanen allerdings keine direkten Befehle erteilen. Ich kann lediglich drei Materialien anheben: Erde, Wasser und Magma. Weil die Größe meiner Hand begrenzt ist, muss ich das aufgenommene Material dabei erst woanders ablegen, bevor ich neues angehen kann. Auf diese Art schütte ich z.B. ganze Inseln auf. Wie ich dafür sorge, dass meine Menschen in einem Gebiet überleben, bleibt mir überlassen. Wichtig ist nur, dass sie um mysteriöse Totems siedeln, denn nur dann öffnet sich der Ausgang. Wer mag, greift dabei auch mit dem Gamepad in die Weltphysik ein. Man könnte zumindest darüber nachdenken, weil die Steuerung mit Maus und Tastatur etwas schwerfällig wirkt: Die Maus bewegt sich nämlich nicht frei über das Spielfeld, sondern schiebt die Kamera mit, sobald sie an gewisse "Grenzen" stößt: Selbst mit dem dafür vorgesehenen Menüpunkt lässt sich das nicht abstellen - wahrlich mysterös. Im Gegenzug darf man den Blickwinkel am PC praktisch stufenlos zoomen und drehen, was ein großer Vorteil gegenüber der Konsolenfassung ist.

Warum die Menschen von einem Level zum nächsten wandern? Das ist das Geheimnis der Geschichte. Eine erzählerische Handlung gibt es allerdings nicht. Es zählt nur, dass ich innerhalb eines Gebiets alle Totems und schließlich den Ausgang erreiche. Und das ist schwieriger als es klingt! Denn sobald sich Siedlungen und Waldstücke von einem Totem ausbreiten, könnte schon ein kleines Feuer die gesamte Idylle zunichte machen. Und einen Vulkanausbruch hält man mit ein wenig Sand nicht auf - dabei genügt schon eine kurze Berührung zwischen Magma und Wald, um ein rasantes Lauffeuer auszulösen.

Ärgerlich: Auch bei From Dust setzt Ubisoft auf den hauseigenen Kopierschutz - man muss also ständig online sein.

Die Wanderer

Ein Patch soll diesen Zustand allerdings aufheben. Nach dem Update, das in etwa zwei Wochen kommen soll, muss lediglich beim Spielstart eine Verbindung zu den Ubisoft-Servern vorhanden sein.Man kann kaum genug Wasser aufnehmen, um einen solchen Brand rechtzeitig zu löschen. Das Totem wäre verloren und müsste von Neuem eingenommen werden. Überschwemmungen wirken ähnlich verheerend.

Umsichtige Weltenbauer platzieren Wasserpflanzen deshalb dort, wo die Gefahr von Waldbränden besonders hoch ist. Nähert sich ein Feuer, kippen die dicken Wasserspeicher automatisch ihr gespeichertes Wasser aus - hat man sie richtig positioniert, fließt es daraufhin genau über die Flammen. Knallpflanzen explodieren hingegen bei Hitze, wodurch man z.B. gefährliche Lava in vorgesehene Bahnen lenken kann. Die „Pyroflora“ ist deshalb wichtig, weil man Basalt nicht wie Sand, Wasser oder Lava anheben kann: Erkaltetes Magma formt die Umwelt dauerhaft.

Eine weitere Art der Verteidigung sind Wissenspunkte, an denen die Menschen mythische Rituale lernen, mit denen sie einen unsichtbaren Schild gegen Flutwellen oder Lava errichten. Auch zu diesen Punkten kann ich die Wanderer schicken - bevor sie die dort gelernten Fähigkeiten auch anwenden, müssen sie diese aber erst in ein Dorf bringen. Und so dreht sich am Ende alles darum, Siedlungen aufzuschütten und sie mithilfe der Pflanzen sowie dem „Wissen der Alten“ vor gefährlichen Umwelteinflüssen zu schützen. Immerhin spendet mir jede eingenommene Siedlung besondere Fähigkeiten:

Gegen jeden Umwelteinfluss gibt es ein Gegenmittel. Die Kunst ist es, jederzeit gegen alle Eventualitäten gewappnet zu sein.
Mal kann ich eine Zeit lang unendlich viel Erde aufschütten, mal alles Wasser verdunsten, einfrieren oder mit nur einem Tastendruck alle Brände löschen.

Der Nachhall

Doch nach wenigen Gebieten kannte ich den Ablauf: Nur gelegentlich kommen neue Fähigkeiten hinzu, die Umwelteinflüsse sind stets die gleichen und hat man das Prinzip einmal durchschaut, sind die meisten Aufgaben auch schnell gemeistert. Auf Dauer versandet die famose Physiksimulation in zu viel Routine. Es bleibt zwar immer faszinierend, das natürliche Treiben mit behutsamen Händen in die gewünschten Bahnen zu lenken. Nach gerade mal 13 Levels ist es aber zurecht vorüber. Es gibt leider keinen freien Modus, in dem man komplett nach Lust und Laune schaffen darf. Auch ein Editor fehlt mir. Ich würde gerne selbst Gebiete erstellen und sie als Herausforderung online anbieten. Stattdessen sind alle Spieler auf eine Vielzahl kleiner Herausforderungen angewiesen, in denen sie ihr Volk abseits der Kampagne wenige Minuten gegen Feuer und Wasser beschützen müssen. Nach vielen Neustarts schafft man hier auch die schwierigsten Aufgaben - es ist ein willkommener, wenn auch unscheinbarer Nachhall des eindrucksvollen Naturschauspiels.

Fazit

From Dust ist ein Kleinod - und zwar buchstäblich. Denn der Umfang wird den beeindruckenden physikalischen Naturgewalten kaum gerecht. Die wenigen Elemente wiederholen sich schnell und im Grunde erreicht man den Ausgang eines Areals stets mit denselben Kniffen. Ein Editor zum Erstellen einfallsreicher Herausforderungen fehlt ebenso wie das freie Experimentieren in einem unabhängigen Level. Trotzdem: From Dust ist auch das sprichwörtliche Kleinod, weil es das Staunen der Naturgewalten ausgesprochen bildgewaltig einfängt. Selbst nach Ablauf der kurzen Kampagne hatte ich mich nicht daran satt gesehen! Es ist unglaublich befriedigend, winzige Menschen dabei zu beobachten, wie sich eine turmhohe Flutwelle um ihren unsichtbaren Schutzkegel schmiegt. Es ist wunderschön, dem gewaltigen Dschungel auf dem selbst aufgeschütteten Land beim Wachsen zuzusehen. Dieses Naturschauspiel, das man anfassen und formen, in seiner Konsequenz aber nur beobachten kann - daraus zieht From Dust auch am PC eine geradezu magische Faszination.

Pro

  • hervorragende Physik-Effekte
  • motivierendes Experimentieren mit den Materialien
  • zahlreiche kleine Herausforderungen...
  • stimmungsvolle Inszenierung und Erzählung

Kontra

  • kein freies Bauen auf offener Karte
  • kein Editor
  • ... insgesamt aber sehr kurzes Spiel

Wertung

PC

Faszinierendes physikalisches Naturschauspiel, dem auf Dauer etwas Abwechslung fehlt.