Arcana Heart 3 - Test, Prügeln & Kämpfen, 360, PlayStation3

Arcana Heart 3
26.08.2011, Paul Kautz

Test: Arcana Heart 3

Wenn kleine Mädchen aufeinander einhauen, dann fallen normalerweise Begriffe wie »Doofe Kuh!«, bis die Lehrerein dazwischen geht und beide in voneinander getrennte Ecken verdammt. Nicht so in Arcana Heart 3 (ab 10,35€ bei kaufen): Hier kommen Dämonen zur Unterstützung!

Was ist die Besonderheit von Arcana Heart 3 (AC3)? Das Kampfsystem ist es nicht (es erinnert an eine Mischung aus BlazBlue und Marvel vs. Capcom 3), die Grafik ebenso wenig (auf HD skalierte 2D-Sprites, die der PlayStation 2 entsprungen zu sein scheinen). Bleibt noch der Kader? Bingo! Denn hier kämpfen 23 Mädchen gegeneinander, höchst japanischer Bauart - wenn auch mit teilweise putzig-deutschen Namen wie »Scharlachrot« oder »Weiss« gesegnet. Das bedeutet, dass man es nicht mit Duckface-Blondchen, sondern mit Kreationen aus der skurrilsten Goth Lolita-Anime-Ecke zu tun bekommt: Eine steckt in einer gigantischen Wasserblase, die sich zu Fäusten oder Stiefeln verformt. Eine andere kritzelt zu Beginn der Runde eine Figur auf den Boden, die zum Leben erwacht und an ihrer Seite kämpft. Eine andere hat sich einen gigantischen Mech-Anzug von Dr. Robotnik geliehen, zu dem sie passende Hasenohren trägt. Dann gibt es noch die üblichen Verdächtigen: Nonne, Ninja, Engelchen, Teufelchen, Roboter-Tussi, Clown, Zwerg, der einen gigantischen Zweihänder schwingt, Hexe oder Wolfsreiterin. Jedes nur erdenkliche Manga-Klischee wurde bedient, natürlich inkl. der teilweise bedenklichen Frontlastigkeit der Kämpferinnen. Pro Nase gibt es mehrere Farbvarianten zur Auswahl.

Catfight!

Mit dieser Auswahl lässt sich schon sehr viel anfangen: Das Kampfsystem basiert auf drei Angriffsknöpfen; eine sich selbständig wieder aufladende Energieleiste für Spezialattacken lässt von Anfang an heftige Manöver zu. Dazu kommt noch eine Taste für Luftangriffe; generell ist das Spielsystem sehr luftlastig, fortgeschrittene Spieler befinden sich eigentlich nur zum Rundenstart auf der Muttererde. Die meisten Spezialangriffe lassen sich sehr leicht auslösen; wer mit dem grundsätzlichen Virtelkreis-System der SF-Serie vertraut ist, hat hier zumindest anfänglich keine Schwierigkeiten.

Die beginnen erst mit den so genannten »Arcanas« – den 23 mitkämpfenden Dämonen. Das Ganze erinnert ein wenig an die Summons aus Final Fantasy. Wie diese haben die Arcanas nicht nur unmittelbare Angriffs- und Verteidigungswerte, sondern wirken sich auch zum Teil direkt auf den Schaden oder die Lebensenergie der Figur aus. Der Einsatz der Arcanas liegt auf einer eigenen Taste; sie müssen erst aktiviert und dann über spezielle Tastenkommandos eingesetzt werden. Und jetzt kommt der richtige Spaß: Spezial- und Arcana-Angriffe lassen sich kombinieren, denn es gibt zwei Energieleisten für beide Angriffe, eine davon dreigeteilt. Die erste Stufe ist immer voll bzw. erneuert sich schnell, sobald ein Spezialangriff gezündet wurde. Der Rest lädt sich über erfolgreiche Attacken bzw. eingesteckte Schläge auf. Man hat also die Wahl, ob man gleich von Anfang an eher simple Superangriffe startet oder geduldig darauf wartet, die Widersacherin mit einem Level 3-»Critical Heart« zu zermatschen. Ein motivierendes Spiel aus Risikofreude und Timing. Man hat die Wahl unter zwei Steuerungsmöglichkeiten: »Normal« für Fortgeschrittene und Profis sowie »Einfach«, die leicht abgespeckte Variante für Prügel-Frischlinge. So oder so: Das Kampfsystem mag auf den ersten Blick simpel erscheinen, hat es aber in sich. Nicht ganz so mächtig wie BlazBlue, aber es geht in die Richtung.

Mein Dämon und ich

Mit den Arcanas gewinnt das ohnehin komplexe Kampfsystem eine interessante zusätzliche Ebene dazu.
Der sinnvolle Anlaufpunkt des Hauptmenüs ist die Kampagne, jedenfalls, wenn man seine Heldinnen näher kennenlernen möchte. Der Aufbau ist bekannt und simpel: Sieben Kämpfe, gefolgt von einem nervenden und unfairen Bossgegner. Der Weg da hin ist nicht linear, man hat zu jeder Runde die Wahl unter mehreren Gegnerinnen. Und der Boss? Ein nervender Roboter, dem man innerhalb eines kurzen Zeitlimits die Energieschrauben vom Pelz kicken muss. Dazwischen gibt es eine Geschichte, wenn man sie so nennen möchte. Ich würde es als strunzdummes Nullinhaltgelaber bezeichnen, garniert von einfachen Standbildern und japanischer Sprachausgabe.

Interessanter sind da schon die Gegeneinander-Modi: Lokal und online geht es Frau gegen Frau zur Sache, in beiden Fällen bemerkenswert lagfrei - man merkt, dass an dieser Stelle die Online-Profis von Arc System Works die Finger im Spiel hatten. Allerdings beschränkt sich die Versus-Variante auf das Notwendigste: Ranglisten- und Nichtranglisten-Spiele, das war's. Nach einer gelungenen Partie darf immerhin das Replay für spätere Analysen gespeichert werden.

In den japanischen Spielhallen steht AC3 schon seit dem Herbst 2009 herum, was aber keine Entschuldigung dafür ist, dass es eher nach 1999 aussieht. Nichts gegen skalierte 2D-Grafik, aber gerade Arc System Works hat vor Kurzem mit den BlazBlue-Teilen gezeigt, wie moderne 2D-Prügler auszusehen haben - HD ist keine Wunderwelt, die den 3D-Kloppern vorbehalten ist. Im Vergleich zu BB wirkt AC3 wie ein PS2-Spiel: Niedrig aufgelöste (wenn auch gut animierte) Sprites dreschen sich in 4:3-Auflösung durch komplett leblose Szenarien von der Schule über einen Onsen bis hin zu einem Staudamm. Links und rechts vom Kampfgeschehen zeigen animierte Wallpaper teilweise sehr Bounceboob-lastige Animationen der Akteurinnen. Wie bei klassischen Neo Geo-Prüglern zoomt die Kamera mächtig rein und raus, je nachdem, wie weit die Figuren gerade voneinander entfernt sind.

Zwölf ist ganz schön alt!

In Sachen Ohrenfreude bietet AC3 nicht viel: Fans der Zunge der aufgehenden Sonne freuen sich über die Original-Quietsch-Sprachausgabe, alle anderen können froh sein, dass es zumindest englische Untertitel gibt. Ansonsten gibt es bemerkenswert uninteressante Soundeffekte sowie ebenso belanglosen Schrammelrock im Hintergrund zu hören.

Fazit

Schon die Rumble Roses-Reihe schwappte hart an der Grenze des Östrogen-Überflusses, auch Arcana Heart 3 ist ein brutaler Test für alle, die einfach nur möglichst männlich kloppen wollen - die Präsentation der 23 Aufsmaulerinnen lässt kein Anime-Klischee aus; man sollte besser ein Faible für Goth-Lolitas und dergleichen haben, um das Spiel wirklich genießen zu können. Denn das Kampfsystem verdient wirklich Aufmerksamkeit: Eine Mischung aus Guilty Gear bzw. BlazBlue mit einem Schuss Marvel vs. Capcom 3 plus cleverer Einsatz der Arcana - man sieht es dem Spiel auf den ersten Blick nicht an, aber es hat echt viel Tiefe. Was man ihm dagegen sofort ansieht ist die veraltete Präsentation: BlazBlue hat die Messlatte für 2D-Pixelperfektion gewaltig nach oben geschoben, im Vergleich zur dieser HD-Pracht wirkt AC3 wie ein Relikt aus frühen PS2-Zeiten. Damit macht sich das Spiel das Leben selbst schwer: Wenn man nicht gerade auf Haudruff-Anime-Girlies steht, gibt es selbst im 2D-Bereich viele Alternativen, die in Sachen Kampfsystem locker mithalten können, dabei aber weitaus besser aussehen.

Pro

  • abwechslungsreicher Kader
  • einfache Steuerung
  • tiefschürfendes Combo-System
  • lagfreier Online-Modus

Kontra

  • unterdurchschnittliche Präsentation
  • hässlich skalierte Figuren
  • bescheuerte Handlung

Wertung

360

Inhaltlich sehr abgefahrener 2D-Prügler mit bemerkenswertem Kampfsystem, aber hoffnungslos veralteter Präsentation.