Driver: Renegade - Test, Action-Adventure, 3DS, NDS

Driver: Renegade
13.09.2011, Michael Krosta

Test: Driver: Renegade

Während man John Tanner auf der Xbox 360 und PS3 in San Francisco auf eine komatöse Ermittlungstour schickt, muss er auf dem 3DS in New York ran. Dort steht alles im Zeichen von Rache, denn der Held schmeißt seinen Job als Undercover-Cop hin und nimmt das Gesetz selbst in die Hand...

Auf den Konsolen kann die Rückkehr der Driver-Serie durchaus als gelungen bezeichnet werden – dank des innovativen Shift-Features und interessanter Missionen macht es richtig Spaß, sich wieder hinter das Steuer zu klemmen. Will man mit Tanner

Die animierten Zwischensequenzen sind gelungen.
auf dem 3DS die Verbrecher jagen, sieht die Sache dagegen ganz anders aus: Zwar wird die Rachegeschichte ansprechend im Comic-Stil erzählt und die Missionen beinhalten sowohl Flucht als auch Verfolgung, Standardrennen sowie Zerstörungsaufträge, doch ist die Umsetzung all dieser Elemente gründlich in die Hose gegangen.

Unterwegs im Big Apple

Das liegt zum einen an der furchtbar schwammigen Steuerung, mit der man die nicht lizenzierten Boliden über die Straßen New Yorks schaukeln muss. Fahrspaß kommt hier keiner auf, wobei die Motorenklänge nach Staubsauger-Vorbild und die Beschränkung auf die Außenperspektive ebenfalls nicht dazu beitragen. Mehr schlecht als recht funktioniert außerdem die Rempel-Mechanik, wenn man mit Hilfe der Schultertasten versucht, seine Gegner von der Seite zu attackieren..

Fühlt sich furchtbar an

Apropos Gegner: Die KI schießt völlig den Vogel ab, wenn sie wie bescheuert in andere Verkehrsteilnehmer rast (ohne dabei im Gegensatz zum Spieler Schaden zu nehmen) oder einfach gegen Hauswände fährt. Der Hammer sind jedoch die Flucht-Missionen, bei denen man vor seinen Verfolgern fliehen muss, denn hier kann man auf der Karte am unteren Bildschirm ganz genau sehen, dass die KI einfach wieder nah an das eigene Fahrzeug heran „gebeamt“ wird, wenn man sie vorher bereits abgeschüttelt hatte. Das ist arm! Bei so viel Mist wird selbst der Gummiband-Effekt bei Rennen und Verfolgungsjagden fast schon zur Nebensache.

Ein weiteres Problem ist der Schwierigkeitsgrad, denn trotz zwei Auswahlmöglichkeiten bleibt selbst die höhere Variante viel zu einfach. Einen Teil dazu trägt allerdings auch das mitunter grottige Missionsdesign bei. Ein Beispiel: Ich muss mit Tanner eine so genannte Amokmission überstehen, in der ich

Meist liefert man sich Rempel-Auseinandersetzungen gegen mehrere Verbrecher gleichzeitig.

Viel zu leicht

von bösen Schergen gejagt werde. Schon in der Missionsbeschreibung heißt es, dass ich am besten immer in Bewegung bleiben soll,denn werde ich zu oft gerammt, verwandelt sich mein fahrbarer Untersatz recht schnell in ein unbrauchbares Wrack und es heißt "Game Over". Anstatt jetzt aber wie ein Wahnsinniger durch New York zu heizen, entscheide ich mich für Plan B: Ich fahre einfach bei einer der vielen in der Stadt verteilten Werkstätten auf und ab, bewege mich also höchstens in einem Umkreis von etwa 100 Metern. Kommt einer der Amokpiloten und setzt mir zu, fahre ich einfach durch die Werkstatt und bekomme einen Wagen im Neuzustand zurück. Tja, und genau nach diesem Prinzip quäle ich mich mehrere Minuten herum. Das ist fast genau so aufregend wie die meisten anderen der 20 Abenteuer-Missionen, bei denen ich z.B. auch die Aufgabe bekomme, 15 Fahrzeuge durch Rempeleinlagen zu zerstören. Schon nach drei Minuten hatte ich keine Lust mehr auf diesen immer gleichen Unsinn – trotzdem musste ich noch gut zehn Minuten länger durchhalten, bis endlich alle Gegner mit der langweiligen Rempelprozedur eliminiert waren. So kann man vielleicht die Spielzeit in die Länge ziehen – beim Spielspaß geht es dagegen rapide bergab.

Abseits des dennoch viel zu kurzen Abenteuermodus hat Ubisoft noch eine Karriere auf das Modul gepackt. Dahinter verbirgt sich eine Vielzahl an Herausforderungen, die von Standardrennen und Zeitfahren über Demolition-Derbys bis hin zu Verfolgungsjagden

Qualmt der Motor oder kommen schon Flammen, hält der Bolide nicht mehr lange durch.
und Ausscheidungsevents führen. Dabei steigt man nicht nur im Rang auf, sondern schaltet weitere Wettbewerbe sowie neue Fahrzeuge frei. Letztere werden in der Werkstatt gesammelt, die ihrem Namen allerdings kaum gerecht wird: Statt fleißig an den Boliden herumzuschrauben und die Möglichkeit zu gestatten, sie z.B. durch Tuningmaßnahmen in den aufgezeigten Kategorien Beschleunigung, Tempo, Panzerung und Grip zu verbessern, darf man hier lediglich die Komplettlackierung verändern – tolle Wurst.

Karriereleiter

Wer mehr Leistung aus seinem Boliden herausholen möchte, kann allerdings auf die Nitro-Funktion zurückgreifen, die man auch für stärkere Rempelangriffe einsetzen kann. Dafür benötigt man allerdings Energie, die man u.a. durch die Zerstörung von Objekten in der von Pop-ups gezeichneten Stadt auflädt, die abgesehen von diesem technischen Schwachpunkt ganz ordentlich aussieht – vor allem in 3D. Auch im Audiobereich kann der Titel überwiegend überzeugen: Zwar kommen andere, weniger bekannte Sprecher zum Einsatz als bei San Francisco, doch leisten sie meist einen zufriedenstellenden Job – einzig die ständig gleichen dummen Sprüche im Stil von "Jetzt gibt's was auf die Fresse" nerven, die immer wieder während des Fahrens eingeworfen werden und dabei nur selten zur Situation passen.  

Eine Mehrspielerkomponente glänzt mit völliger Abwesenheit, obwohl sich zumindest Adhoc-Sessions durchaus angeboten hätten. So liefert einzig die StreetPass-Funktion einen Hauch von Wettbewerb mit anderen Spielern, da hier Geisterdaten mit Bestzeiten untereinander ausgetauscht werden. Trotzdem ist das viel zu wenig! Wo sind die direkten Duelle gegen andere Raser auf den Straßen New Yorks?

Allein auf weiter Flur

Fazit

Was soll das denn? Da bereitet Ubisoft mit Driver: San Francisco ein gelungenes Comeback für John Tanner vor und lässt ihn auf dem 3DS bei seinem Abstecher nach New York schon wieder fallen – und zwar so tief, dass ihn nicht mal mehr die solide Technik retten kann. Ja, abgesehen von den extrem vielen Pop-ups und Fade-Ins sieht Big Apple in 3D richtig gut aus – auch Grafikeffekte wie aufsteigender Rauch aus den Motorräumen der lädierten Vehikel können sich sehen lassen. Aber Aussehen ist halt nicht alles: Mit einem z.T. grauenvollen Missionsdesign, dem viel zu niedrigen Schwierigkeitsgrad, der schwammigen Steuerung und einer Dumpfbacken-KI aus der Hölle, die zudem noch mit Beam-Tricks und Gummiband arbeitet, ist Tanners Rachefeldzug spielerisch ein Desaster! Da ist man fast schon dankbar, dass der Abenteuermodus mit seinen 20 Missionen viel zu kurz ausfällt. Ein ordentlicher Mehrspielermodus – vielleicht sogar mit Autotausch – hätte den Titel vielleicht noch halbwegs retten können. So aber kann man Driver nur mit einem leicht abgewandelten Zitat von Tanner aus der Kampagne zusammenfassen: "Sorry, Ubisoft, scheiß Spiel!"*

*Original: "Sorry, Ashton, scheiß Spiel."

Pro

  • relativ offene Stadt
  • z.T. zerstörbare Umgebung
  • ansehnliche (3D-)Kulissen

Kontra

  • kurzer Abenteuermodus
  • überflüssige Werkstatt
  • schwammige Steuerung
  • zu leicht (selbst auf schwer)
  • dumme KI
  • Gummiband-Effekt
  • furchtbare Motorklänge
  • Pop-ups ohne Ende
  • keine lizenzierten Fahrzeug
  • z.T. grottiges Missionsdesign
  • KI wird bei Verfolgungsjagden "gebeamt"
  • kein "echter" Mehrspielermodus

Wertung

3DS

Während Ubisoft mit Driver: San Francisco die Auferstehung auf den Konsolen gelingt, rast Tanner auf dem 3DS-Ableger mit Vollgas in den Wertungskeller. Schade drum.