Dungeon Defenders - Test, Taktik & Strategie, 360, PC, PlayStation3
Auch wenn Orcs Must Die! die Jagdsaison auf PC und Konsole etwas früher eröffnet hat, ist das bereits letztes Jahr auf iPhone und später auch für Android-Handys erschienene Dungeon Defenders das wesentlich ältere Spiel. Doch obwohl sich beide Titel spielerisch sehr ähneln, gibt zahlreiche Unterschiede, mit denen man sich voneinander abhebt. Im Gegensatz zu Orks Must Die! ist Dungeon Defenders eher eine Mischung aus Tower Defense und Action-Rollenspiel mit individueller Charakterentwicklung, anpassbarer Ausrüstung und verschiedenen Heldenklassen.
Wiedererwecktes Heldenquartett
Jede der vier in putzigem Comic-Look präsentierten Spielfiguren besitzt spezielle Fertigkeiten und Waffen und lässt sich durch Farb- und Namenswahl geringfügig personalisieren. Der Lehrling kann Barrikaden und verschiedene Geschütztürme errichten, während er mit seinem Zauberstab magische Geschosse abfeuert und in Bedrängnis Gegner mit wuchtigen Schmetterhieben zurückwirft. Zusätzlich kann er vorübergehend Bauzeiten verkürzen sowie mächtige Flächenangriffe wirken. Der Ritter setzt auf ähnliche Abwehrsysteme wie der Lehrling, bevorzugt aber den Nahkampf mit Klinge und Schild, kann Angriffe blocken, Rundumschläge ausführen und kurzzeitig zum rasenden Berserker werden.
Die Jägerin stellt hingegen lieber Fallen mit begrenzter Haltbarkeit, während sie ihren Gegnern mit nachladbaren Schusswaffen zusetzt, deren Projektile mehrere Feinde gleichzeitig durchbohren können. Durch ihre Tarnfähigkeit kann sie zudem unbemerkt umherschleichen und aus dem Hinterhalt attackieren. Der Mönch ist sowohl im Nah- als auch im Fernkampf versiert, verfügt über stärkende sowie heilende Kräfte und kann Energiefelder beschwören, die Gegner schwächen, verlangsamen oder gegeneinander aufwiegeln.
Eine Fülle an Möglichkeiten
Vor allem die Herausforderungen bieten einfallsreiche Abwechslung: Da werden Mitspieler reihum zu hilflosen Hühnern, die es neben den Zielkristallen zu beschützen gilt, mal regnet es überall Goblins, es herrscht striktes Bauverbot oder es werden die Rollen vertauscht und man muss sich selbst als Eindringling durch Abwehranlagen bis zum feindlichen Kristall vorkämpfen. Doch auch in den anderen Spielmodi kommt so schnell keine Langeweile auf: Beim Überlebenskampf stellt man sich endlosen Gegnerwellen, im Strategiemodus erlebt man klassische Tower Defense-Schlachten ohne Einsatz von Waffen oder Spezialfertigkeiten und im Mischmodus muss man ohne Wellenvorschau auskommen, die angibt, welche und wie viele Gegner von wo aus einfallen.
Abwehrschlachten nach Maß
Immerhin kann man seinen Charakter nach jeder Welle wechseln, jeden Einsatz auf vier verschiedenen Schwierigkeitsgraden bestreiten und mit Umgebungsobjekten interagieren. Erfolgreiche Freiheitskämpfer können sich anschließend in Online-Ranglisten verewigen, seitenweise Statistiken wälzen sowie sich spielinterne Trophäen und Auszeichnungen verdienen, die in der eigenen, als Lobby fungierenden Taverne zur Schau gestellt werden. Dort stehen sogar Strohpuppen herum, an denen man die Stärke seiner Waffen und Angriffe testen kann, während der Wirt einen kleinen Laden mit stetig wechselndem Sortiment führt, bei dem man interessante, aber momentan nicht bezahlbare Angebote praktischerweise auch reservieren kann.
Neben Waffen, Helmen, Brustpanzern, Handschuhen und Stiefeln kann man auch kleine Flugbegleiter rekrutieren, die einem im Kampf mit zusätzlichen Angriffen, Stärkungen oder Heilkräften Rückendeckung geben und sich wie alle anderen Ausrüstungen auch individuell aufwerten lassen. Vorbesteller der Steam-Version konnten sich sogar exklusive Begleiter aus Team Fortress 2 sowie die Dimensionswumme aus Portal als Bonuswaffe sichern. Im Gegensatz zu Rüstungen wirken sich neue Waffen auch auf das Erscheinungsbild des Trägers aus, wobei es für meinen Geschmack fast schon zu viel Beutegut regnet, das ständig verglichen und ausgemistet werden will.
Manaklau und andere Leiden
Definitiv Verbesserungsbedarf gibt es bei Menüführung, Kartenfunktion und der wirklich unterirdischen deutschen Lokalisierung. Texte und Begriffe, die ihre zugedachten Boxen überlappen sind dabei noch das geringste Übel. Die Bedeutung mancher Optionen oder Erklärungen kann man nur erraten und selbst Standardbegriffe wie Speichern (Save) oder Beenden (Exit) wurden mit "Sparen" bzw. "Ausfahrt" übersetzt... Hinzu kommt, dass die Menüs vor allem zu Beginn sehr sperrig und überladen wirken und teils wichtige Elemente verdeckt werden. Die englische Sprachausgabe ist hingegen solide, gesprochene Warnhinweise oder süffisante Randbemerkungen wie bei Orcs Must Die! gibt es allerdings nicht.
Eine dauerhafte Übersichtskarte vermisst man ebenfalls. Stattdessen muss diese immer wieder manuell eingeblendet werden, was vor allem via Splitscreen des öfteren für Verwirrung sorgt, da ein Aufruf stets beide Bildschirmhälften verdeckt. Auch beim Errichten von Verteidigungsanlagen mit hoher Reichweite hat man trotz zoombarer Kamera immer wieder mit Übersichtsproblemen zu kämpfen. Einmal gebaut, lassen sich aktuell abgedeckte Zielflächen sogar überhaupt nicht mehr einsehen... Konsolenspieler blicken zudem neidisch auf ihre PC-Kollegen, die mehr als doppelt so viele Hotkeys für schnelle Bau- und Spezialaktionen zur Verfügung haben. Trotzdem können auch PC-Spieler zum Pad greifen, was einem im Fall eines 360-Controllers sogar passende Tasteneinblendungen beschert. Auf der PS3 wird auch Move unterstützt, ohne jedoch nennenswerte Vorteile zu bieten.
Fazit
Orcs Must Die! bietet in meinen Augen nicht nur das ansehnlichere und witzigere, sondern auch das insgesamt rundere Tower Defense-Vergnügen. Der große Nachteil war allerdings, dass es recht kurz und nur allein spielbar war. Dungeon Defenders bietet hingegen nicht nur zahlreiche alternative Spielmodi und Herausforderungen samt spannender Bosskämpfe, sondern auch einen äußerst kurzweiligen Koop-Modus für bis zu vier Spieler. Auch sonst genießt man dank unterschiedlicher Heldenklassen, individueller Charakterentwicklung, anpassbarer Ausrüstung oder dynamischer Figurenwechsel viele Freiheiten, Motivationspfeiler und Experimentiermöglichkeiten. Da kann man sogar die vergleichsweise geringen Bauoptionen pro Spielfigur sowie die dürftige Rahmenhandlung der Kampagne verschmerzen. Kartenfunktion, Kameraführung und Menügestaltung sind hingegen verbesserungswürdig und die deutsche Lokalisierung eine absolute Frechheit. Wer auf aktive Tower Defense-Action mit Rollenspielelementen und ausgeprägter Teamkomponente steht, wird aber derzeit nirgends besser und länger unterhalten!
Pro
- spaßiger Koop-Modus
- auflockernde Bosskämpfe
- motivierende Charakterpflege
- riesiges Angebot an Spielmodi
- süchtig machendes Spielprinzip
- sehr individuelle Charakterklassen
Kontra
- dürftige Rahmenhandlung
- holprige Kamera
- & Menüführung
- unterirdische deutsche Lokalisierung