Dungeon Defenders - Test, Taktik & Strategie, 360, PC, PlayStation3

Dungeon Defenders
26.10.2011, Jens Bischoff

Test: Dungeon Defenders

Goblins, Oger und Orks haben's derzeit nicht einfach. Erst kürzlich ging es ihnen in Orcs Must Die! an den Kragen und jetzt stehen sie in Dungeon Defenders erneut auf der Abschussliste. Wo macht das jeweils von Tower Defense inspirierte Eliminieren der Grünhäute mehr Spaß?

Auch wenn Orcs Must Die! die Jagdsaison auf PC und Konsole etwas früher eröffnet hat, ist das bereits letztes Jahr auf iPhone und später auch für Android-Handys erschienene Dungeon Defenders das wesentlich ältere Spiel. Doch obwohl sich beide Titel spielerisch sehr ähneln, gibt zahlreiche Unterschiede, mit denen man sich voneinander abhebt. Im Gegensatz zu Orks Must Die! ist Dungeon Defenders eher eine Mischung aus Tower Defense und Action-Rollenspiel mit individueller Charakterentwicklung, anpassbarer Ausrüstung und verschiedenen Heldenklassen.

Wiedererwecktes Heldenquartett

Jede der vier in putzigem Comic-Look präsentierten Spielfiguren besitzt spezielle Fertigkeiten und Waffen und lässt sich durch Farb- und Namenswahl geringfügig personalisieren. Der Lehrling kann Barrikaden und verschiedene Geschütztürme errichten, während er mit seinem Zauberstab magische Geschosse abfeuert und in Bedrängnis Gegner mit wuchtigen Schmetterhieben zurückwirft. Zusätzlich kann er vorübergehend Bauzeiten verkürzen sowie mächtige Flächenangriffe wirken. Der Ritter setzt auf ähnliche Abwehrsysteme wie der Lehrling, bevorzugt aber den Nahkampf mit Klinge und Schild, kann Angriffe blocken, Rundumschläge ausführen und kurzzeitig zum rasenden Berserker werden.

Die Jägerin stellt hingegen lieber Fallen mit begrenzter Haltbarkeit, während sie ihren Gegnern mit nachladbaren Schusswaffen zusetzt, deren Projektile mehrere Feinde gleichzeitig durchbohren können. Durch ihre Tarnfähigkeit kann sie zudem unbemerkt umherschleichen und aus dem Hinterhalt attackieren. Der Mönch ist sowohl im Nah- als auch im Fernkampf versiert, verfügt über stärkende sowie heilende Kräfte und kann Energiefelder beschwören, die Gegner schwächen, verlangsamen oder gegeneinander aufwiegeln.

Dungeon Defenders hält eine große Auswahl an Spielmodi bereit, die sich allesamt auch kooperativ in Angriff nehmen lassen.
Während sich Lehrling und Ritter auch für Anfänger eignen, richten sich Jägerin und Mönch eher an erfahrene Strategen und Teamspieler. Im Gegensatz zu Orcs Must Die! kann man bei Dungeon Defenders nämlich auch sämtliche Inhalte kooperativ bestreiten. Dabei können bis zu vier Abenteurer per Splitscreen, online oder einer Mischung aus beidem gemeinsam in die Schlacht ziehen, um ihre Kristalle vor einfallenden Fantasy-Unholden wie Goblins, Orks, Wyvern oder Ogern zu schützen. Neben gut einem Dutzend von ein paar mageren Story-Schnipseln begleiteten Kampagneneinsätzen (inklusive Bosskämpfe) stehen auch spezielle Herausforderungen, alternative Spielmodi und sogar eine PvP-Arena auf dem Plan, wo man es neben menschlichen Rivalen obendrein mit wütenden Monsterhorden zu tun bekommt.

Eine Fülle an Möglichkeiten

Vor allem die Herausforderungen bieten einfallsreiche Abwechslung: Da werden Mitspieler reihum zu hilflosen Hühnern, die es neben den Zielkristallen zu beschützen gilt, mal regnet es überall Goblins, es herrscht striktes Bauverbot oder es werden die Rollen vertauscht und man muss sich selbst als Eindringling durch Abwehranlagen bis zum feindlichen Kristall vorkämpfen. Doch auch in den anderen Spielmodi kommt so schnell keine Langeweile auf: Beim Überlebenskampf stellt man sich endlosen Gegnerwellen, im Strategiemodus erlebt man klassische Tower Defense-Schlachten ohne Einsatz von Waffen oder Spezialfertigkeiten und im Mischmodus muss man ohne Wellenvorschau auskommen, die angibt, welche und wie viele Gegner von wo aus einfallen.

In der erzählerisch eher mauen Kampagne gilt es auch den ein oder anderen Bosskampf zu meistern.
Generell ist der Spielverlauf in separate Bau- und Kampfphasen eingeteilt, wobei man auch während der Kampfphasen Abwehranlagen errichten, reparieren und aufrüsten kann, wo es allerdings wesentlich mehr Zeit und Nerven kostet. Wer sich zusätzlich unter Druck setzen will, kann auch die Bauphasen zeitlich begrenzen, wobei schon die Kampagne alles andere als ein Spaziergang ist. Manche Levels und Charakterklassen sind so auf Teamarbeit getrimmt, dass Einzelkämpfer viel Zeit mit Aufleveln verbringen müssen, bevor sie reelle Siegchancen haben.

Abwehrschlachten nach Maß

Immerhin kann man seinen Charakter nach jeder Welle wechseln, jeden Einsatz auf vier verschiedenen Schwierigkeitsgraden bestreiten und mit Umgebungsobjekten interagieren. Erfolgreiche Freiheitskämpfer können sich anschließend in Online-Ranglisten verewigen, seitenweise Statistiken wälzen sowie sich spielinterne Trophäen und Auszeichnungen verdienen, die in der eigenen, als Lobby fungierenden Taverne zur Schau gestellt werden. Dort stehen sogar Strohpuppen herum, an denen man die Stärke seiner Waffen und Angriffe testen kann, während der Wirt einen kleinen Laden mit stetig wechselndem Sortiment führt, bei dem man interessante, aber momentan nicht bezahlbare Angebote praktischerweise auch reservieren kann.

Neben Waffen, Helmen, Brustpanzern, Handschuhen und Stiefeln kann man auch kleine Flugbegleiter rekrutieren, die einem im Kampf mit zusätzlichen Angriffen, Stärkungen oder Heilkräften Rückendeckung geben und sich wie alle anderen Ausrüstungen auch individuell aufwerten lassen. Vorbesteller der Steam-Version konnten sich sogar exklusive Begleiter aus Team Fortress 2 sowie die Dimensionswumme aus Portal als Bonuswaffe sichern. Im Gegensatz zu Rüstungen wirken sich neue Waffen auch auf das Erscheinungsbild des Trägers aus, wobei es für meinen Geschmack fast schon zu viel Beutegut regnet, das ständig verglichen und ausgemistet werden will.

Jede Charakterklasse kann spezielle Abwehrsysteme errichten, um deren Bestehen man online aufgrund von Manadieben unnötig bangen muss.
Die einzige Ressource im Spiel ist Mana, das man als Kristalle von Gegnern und Schatzkisten erhält und das sowohl für Bauvorhaben, Reparaturen und Upgrades als auch Selbstheilungen und Spezialfertigkeiten eingesetzt wird. Nicht mehr benötigte Verteidigungsanlagen können auch wieder in Mana zurückverwandelt oder bei einer drohenden Niederlage zur Explosion gebracht werden. Ist man als Team unterwegs, kann man natürlich auch die Bauwerke seiner Mitspieler reparieren und aufrüsten. Man hat sogar die Möglichkeit, fremde Bauten zu verkaufen und sich das daraus gewonnene Mana unter den Nagel zu reißen. Das birgt aber vor allem online erhebliche Risiken, da unverbesserliche Manadiebe eine laufende Partie im Handumdrehen kippen und einem jeglichen Spielspaß verderben können...

Manaklau und andere Leiden

Definitiv Verbesserungsbedarf gibt es bei Menüführung, Kartenfunktion und der wirklich unterirdischen deutschen Lokalisierung. Texte und Begriffe, die ihre zugedachten Boxen überlappen sind dabei noch das geringste Übel. Die Bedeutung mancher Optionen oder Erklärungen kann man nur erraten und selbst Standardbegriffe wie Speichern (Save) oder Beenden (Exit) wurden mit "Sparen" bzw. "Ausfahrt" übersetzt... Hinzu kommt, dass die Menüs vor allem zu Beginn sehr sperrig und überladen wirken und teils wichtige Elemente verdeckt werden. Die englische Sprachausgabe ist hingegen solide, gesprochene Warnhinweise oder süffisante Randbemerkungen wie bei Orcs Must Die! gibt es allerdings nicht.

Eine dauerhafte Übersichtskarte vermisst man ebenfalls. Stattdessen muss diese immer wieder manuell eingeblendet werden, was vor allem via Splitscreen des öfteren für Verwirrung sorgt, da ein Aufruf stets beide Bildschirmhälften verdeckt. Auch beim Errichten von Verteidigungsanlagen mit hoher Reichweite hat man trotz zoombarer Kamera immer wieder mit Übersichtsproblemen zu kämpfen. Einmal gebaut, lassen sich aktuell abgedeckte Zielflächen sogar überhaupt nicht mehr einsehen... Konsolenspieler blicken zudem neidisch auf ihre PC-Kollegen, die mehr als doppelt so viele Hotkeys für schnelle Bau- und Spezialaktionen zur Verfügung haben. Trotzdem können auch PC-Spieler zum Pad greifen, was einem im Fall eines 360-Controllers sogar passende Tasteneinblendungen beschert. Auf der PS3 wird auch Move unterstützt, ohne jedoch nennenswerte Vorteile zu bieten.

Fazit

Orcs Must Die! bietet in meinen Augen nicht nur das ansehnlichere und witzigere, sondern auch das insgesamt rundere Tower Defense-Vergnügen. Der große Nachteil war allerdings, dass es recht kurz und nur allein spielbar war. Dungeon Defenders bietet hingegen nicht nur zahlreiche alternative Spielmodi und Herausforderungen samt spannender Bosskämpfe, sondern auch einen äußerst kurzweiligen Koop-Modus für bis zu vier Spieler. Auch sonst genießt man dank unterschiedlicher Heldenklassen, individueller Charakterentwicklung, anpassbarer Ausrüstung oder dynamischer Figurenwechsel viele Freiheiten, Motivationspfeiler und Experimentiermöglichkeiten. Da kann man sogar die vergleichsweise geringen Bauoptionen pro Spielfigur sowie die dürftige Rahmenhandlung der Kampagne verschmerzen. Kartenfunktion, Kameraführung und Menügestaltung sind hingegen verbesserungswürdig und die deutsche Lokalisierung eine absolute Frechheit. Wer auf aktive Tower Defense-Action mit Rollenspielelementen und ausgeprägter Teamkomponente steht, wird aber derzeit nirgends besser und länger unterhalten!

Pro

  • spaßiger Koop-Modus
  • auflockernde Bosskämpfe
  • motivierende Charakterpflege
  • riesiges Angebot an Spielmodi
  • süchtig machendes Spielprinzip
  • sehr individuelle Charakterklassen

Kontra

  • dürftige Rahmenhandlung
  • holprige Kamera
  • & Menüführung
  • unterirdische deutsche Lokalisierung

Wertung

360

Gelungene Mischung aus Tower Defense-Taktik und Action-Rollenspiel mit zahlreichen Spielmodi und Koop-Funktion.

PC

Gelungene Mischung aus Tower Defense-Taktik und Action-Rollenspiel mit zahlreichen Spielmodi und Koop-Funktion.

PlayStation3

Gelungene Mischung aus Tower Defense-Taktik und Action-Rollenspiel mit zahlreichen Spielmodi und Koop-Funktion.