Fire Emblem: Radiant Dawn - Test, Taktik & Strategie, Wii
Freunde müsst ihr sein?
Und ich weiß, wo sie herkommt. Ich weiß, warum sie in meiner Rebellentruppe kämpft. All das kann ich nachschlagen. Deshalb habe ich eine gewisse Bindung aufgebaut. Aber ich bin mit meiner Truppe in der Unterzahl. Mal wieder. Ich darf einfach keinen Fehler machen, wenn ich ohne Verluste als Sieger die Karte verlassen will. Eine falsche Bewegung, ein falscher Zug und einer der zwei Dutzend feindlichen Speerkämpfer spießt einen meiner Helden auf. Auch Meg? Dann wäre sie weg. Für immer...
Rundenstrategie für Experten
Wer hier Feldherr ist, der hat es aber auf viele Arten schwer. Verdammt schwer sogar. Vor allem, wenn man keine Verluste machen will, wenn man alle sein Helden möglichst lange behalten und im Level aufsteigen sehen will. Schon in den ersten Missionen sterben eure Freunde bei einem falschen Zug auf einen Schlag. Der Tod lauert überall. Man lädt also neu, man macht einen anderen Zug: Vielleicht doch den Bogenschützen weiter nach hinten und den Kämpfer direkt davor?
Der Tod lauert überall
Man weiß nie genau, ob etwas fruchtet. Und alle Helden sind so verletzlich. Deshalb kann es zu diesen Nachladeorgien und Trial&Error-Zügen kommen - selbst auf dem leichtesten der drei Schwierigkeitsgrade. Aber ich will auf dem normalen Niveau bestehen, denn ich kenne die Serie, bin kein Anfänger. Anspruch ist gut, effektive Feinde sind gut, aber die Grenze zum frustrierenden Erlebnis sind für ungeduldigere Naturen fließend, denn es fehlt der Fluss. Die Spieldesigner hätten diese gnadenlose Zugtüftelei, die ich bis zu einem gewissen Grad liebe, vielleicht für wichtige Schlüsselszenen reservieren sollen. Sanft fängt hier gar nichts an.
Fantasy alter Schule
Gar nichts Neues? Nein. Keine Kameraschwenks per Remote, kein Zoom, kein Befehl, kein Minispiel, keine Steuerungsergänzung, kein Nunchukeinsatz. Die besonderen Möglichkeiten der Wii-Konsole werden nicht genutzt - es gibt weder bewegungssensitive Aktionen noch andere Funktionen. Gespielt wird nur mit der Remote, die man quer in der Hand hält - das war's. Über Knopfkombinationen kommt man in die vielseitigen Charaktermenüs, wo man sich per Steuerkreuz durch die Informationen über Ausrüstung, Fähigkeiten & Co blättern kann.
Taktische Verkupplung
Ein Schlüssel zum Erfolg sind zudem die Beziehungen zwischen den Charakteren. Ihr könnt jeweils ein Duett bilden, also zwei Figuren aneinander binden, damit diese sich unterstützen. Je länger die beiden zusammen kämpfen, desto besser die Statistiken - sie steigen quasi zusammen auf. Und da jedes Pünktchen mehr in der Verteidigung über Leben oder Tod entscheiden kann, sind diese Beziehungen unheimlich wichtig. Also grübelt man in der Ruhe des Lagers darüber, wen man mit wem verkuppeln sollte&
Komplexes Party-Management
Neben dem Level, der Kraftpunkte, der Bewegung und der Kondition gibt es auf insgesamt drei Seiten Informationen über acht Attribute wie Stärke, Resistenz oder Glück sowie die Statur, das Ausweichen, die Spezialfähigkeiten oder den Waffenlevel, der alleine sechs Stufen beinhaltet. Und hier kann man sich köstlich lange damit beschäftigen, ob eher der Ritter oder der Waldläufer das neue Schwert führen soll.
Eure Kämpfer sammeln für alle Attacken und Paraden Erfahrungspunkte, die irgendwann in einen Levelaufstieg münden, was gerade zu Beginn sehr zügig geht. Leider kann man dann nicht selbst entscheiden, ob die Stärke oder das Glück erhöht werden sollen - alles wird automatisch aufgewertet. Das passiert zwar im Sinne der Charakterklasse, raubt dem Spieler aber immer noch Freiheiten bei der Entwicklung. Es gibt nur eine Einflussmöglichkeit: Möchtet ihr einen Recken besonders fördern, müsst ihr ihn oft an die Front schicken oder aus dem Pool der Teamerfahrungspunkte individuell aufpeppeln.
Altbekanntes Kampfsystem
Die jeweiligen Boni und Mali werden schon vor dem Kampf in einem informativen Doppelmenü angezeigt. Hier können noch viele weitere Modifikationen betrachtet werden: Bogenschützen erhalten z.B. Pluspunkte beim Beschuss fliegender Einheiten; es gibt Panzer brechende Waffen oder solche, die am besten gegen Reiter wirken - kleine Icons informieren euch über aktuelle Fähigkeiten. Mit ein bisschen Gestöber und gezieltem Itemtausch kann man sich optimal auf jeden Gegner vorbereiten. Auch das bekannte Wegschubsen auf ein anderes Feld sowie das Retten leichterer Freunde ist wieder dabei.
Ein gewaltiges Offline-Epos
Die Story spielt drei Jahre nachdem der verrückte König besiegt wurde. Das Königreich Daein zerfällt aufgrund von Korruption und Vetternwirtschaft. Ihr übernehmt die Rolle von einem Trupp Rebellen - Robin Hood lässt grüßen. Es geht erneut um den Kampf zwischen den Beorc und den Laguz, den Menschen und den Biestern, die sich in Tiere verwandeln können. Im Zentrum eurer Gruppe steht das silberhaarige Mädchen Micajah.
Kenner werden auf alte Bekannte wie den Greilsöldner Ike treffen, den Perspektivwechsel in der Story begrüßen und sich schnell heimisch fühlen. Erzählt wird allerdings vor statischen Hintergründen, ohne Sprachausgabe, mit ganz wenig Mimik. Das ist genau so enttäuschend wie die eigentliche Geschichte, die nicht an die Faszination des Vorgängers anknüpfen kann. Lediglich in den wenigen, dafür hervorragend animierten Filmen gibt es klasse Szenen und echte Stimmen - übrigens komplett auf Deutsch.
Das Abenteuer ist verdammt umfangreich, aber danach gibt es nichts zu tun: Es gibt abseits der Kampagne keinen Skirmish-Modus oder gar eine Multiplayerunterstützung - selbst Splitscreenkämpfe sind also nicht möglich. Dabei hätte sich der Wii auch für Online-Gefechte angeboten. Schon 2005 haben wir diese Ignoranz gegenüber Mehrspielermöglichkeiten kritisiert, drei Jahre später herrscht immer noch Stillstand.
Fazit
Wie spielt sich das neue Fire Emblem? Wie das alte auf dem GameCube. Wie steuert es sich? Wie das alte auf dem GameCube. Wie sieht es aus? Wie das alte auf dem GameCube. Ihr seht schon: Es hat sich auf den ersten, den zweiten und dritten Blick nichts getan. Und das ist ernüchternd, denn es liegen jetzt drei Jahre zwischen dem Rundenkrieg auf dem Würfel und dieser Wii-Variante. Natürlich freue ich mich als Taktiker immer noch über die sehr gute Spielmechanik, über die epischen Ausmaße der Story, über das komplexe Party-Management und über den hohen Anpsruch, der aus diesem Abenteuer ein überaus kniffliges Fantasy-Schach macht. Und zwar eines, wo der konsequente, weil permanente Tod jeder geliebten Figur schmerzt. Aber ich hätte mir 2008 mehr gewünscht, als nur ein wenig Feintuning am Spielprinzip. Warum werden die Steuerungsmöglichkeiten der Wii-Konsole nicht wenigstens für Zoom oder Kamera genutzt? Warum gibt es weder Online- noch Splitscreen-Modus? Warum muss das Spiel genau so aussehen wie vor drei Jahren? Lediglich die hervorragenden, aber nur spärlich gesäten Zwischensequenzen lassen auch technisch Fantasyklasse aufblitzen. Ich spiele es immer noch gerne, aber Titel wie Disgaea: Hour of Darkness rangieren selbst auf PS2 eine Klasse höher. Und wer frische Impulse erwartet hat oder noch nie Rundenstrategie gespielt hat, wird entweder enttäuscht oder frustriert. Dieses sympathische, aber altbackene Epos ist nämlich auch teuflisch schwer. Es ist quasi das Contra für Feldherren - nur die Harten sollten es starten.
Pro
- gutes Kampfsystem
- epischer Soundtrack
- klassisches Rollenspielflair
- klug agierende Feinde
- komplexes Party-Management
- motivierende Rollenspielelemente
- Kampf im Freien & in Dungeons
- abwechslungsreiche Zielvorgaben
- neues Speichern während der Missionen
- neues Höhensystem im Gelände
- konsequent: Charaktere sterben
Kontra
- keinerlei Wii-Funktionen genutzt
- spielt sich exakt wie auf dem GameCube
- erzählerisch schwächer als der Vorgänger
- fade Präsentation, fade Kulissen
- kein Online-Modus, kein Skirmish, kein Splitscreen
- von Beginn an frustrierend schwer (Zwang zu Trial&Error)
- nur automatischer Charakteraufstieg