Alan Wake - Test, Action-Adventure, 360, XboxOne, PlayStation5, PC, PlayStation4, XboxSeriesX

Alan Wake
23.02.2012, Jörg Luibl

Test: Alan Wake

Erst wurde es versprochen, dann gestrichen, daraufhin wieder angekündigt und jetzt ist es tatsächlich da: Alan Wake (ab 12,49€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) für den PC. Remedy und Nitro Games (Pirates of Black Cove) präsentieren nach zwei langen Jahren Wartezeit das für den Rechner optimierte Abenteuer. Und kaum ist es erhältlich, wurden die Kosten auch schon wieder eingespielt. Lohnt sich die verspätete Reise in die Alpträume eines Schriftstellers?

Wer aktuell bei Steam für 27 Euro zuschlägt, bekommt auch die Kommentare der Entwickler - unten links im Fenster. Ab 2. März sind sie Teil der Deluxe-Edition in der Box für knapp 40 Euro.
Zitate von Stephen King, ein Schriftsteller als Held, nahtlose Übergänge von der Realität zum Alptraum - Alan Wake hätte schon auf der Xbox 360 großartig werden können. Wurde es aber nicht, weil Remedy letztlich mehr Action als Horror, mehr Sammelreize als Rätselhaftigkeit, mehr technische als erzählerische Highlights zu bieten hatte. Nach zwölf Stunden fühlte man sich popcornsatt von einem explosiven audiovisuellen Trip, in dem ein berühmter Literat zu oft zum banalen Lichtsoldaten mutierte. So spektakulär die Inszenierung war, so gewöhnlich wirkte die Spielmechanik – das war schade, denn zwischendurch blitzte das erzählerische Potenzial auf. Eine ausführliche Analyse dazu findet ihr im Test der Konsolenversion.

Hoffnung auf Psycho-Thriller

Auch auf dem Rechner erwartet euch also weder etwas außergewöhnlich Bedrückendes à la Silent Hill noch etwas subtil Beängstigendes wie in Amnesia, sondern ein gutes Actionspiel mit spannenden Gefechten in der Dunkelheit:  Vor allem, wenn die Besessenen aus dem Wald kriechen, man Axthieben in Zeitlupe ausweichen und danach die Pumpgun abfeuern muss, gibt es Adrenalinkicks wie in einem düsteren Shooter. Wenn man mit Maus, WASD & Co loslegt, kann man alle Tasten frei belegen; alternativ darf man auch mit dem Gamepad ballern. Im Gegensatz zur Konsole lässt sich die Benutzeroberfläche übrigens deaktivieren, so dass man komplett freie Sicht hat - sehr schön.

Idyllische Aussicht: Die Kulisse wurde für den PC optimiert, aber nicht perfektioniert - Rollrasen in der Distanz, flackernde Schatten und so manch schwache Textur trüben ab und zu das stimmungsvolle Bild.
Aber ansonsten bleibt alles beim Alten, das Spiel fühlt sich am Rechner genauso an wie auf der Konsole, mit allen Pros und Kontras – auch die hundert willkürlich verstreuten Thermosflaschen sind wieder dabei. Schade, dass Remedy nicht wenigstens etwas am Spieldesign verbessert hat: Es gibt dieselben schwachen Rätsel, öden Fahrsequenzen, Munitionsüberschüsse und natürlich das spielerisch höchst unbefriedigende Ende. Wer bis Ende Februar digital oder ab März deluxe mit der Box-Version zuschlägt, kann immerhin die Kommentare der Entwickler beim Spielen einblenden. Dann sprechen die Finnen in einem Kasten unten links über ihr Abenteuer, während man mit Alan unterwegs ist – ein interessanter Zusatz für all jene, die mal hinter die Kulissen lauschen wollen.

Zusatzepisoden und  Entwickler-Fenster

Beim ersten Durchlauf sollte man das allerdings genauso wenig aktivieren wie eine der beiden integrierten DLC-Episoden „Das Signal“ und „Der Schriftsteller“, die das Erlebnis erst nach dem Finale ergänzen. Vor allem Ersteres setzt quasi direkt an das Finale an und wirkt ohne Vorkenntnisse ebenso verstörend wie plump. Letzteres ist schon interessanter, denn es erweitert die Fähigkeiten des Helden auf nahezu magische Weise –  mehr sei nicht verraten. Unterm Strich hat aber keiner dieser Zusätze das Wesentliche erreicht: Die Spielerfahrung qualitativ zu bereichern.

Was zunächst wie ein Horror-Thriller anmutet, wird immer mehr zum Licht-Shooter: Die explosiven Feuergefechte im Dunkeln sorgen für Actionspaß - wahlweise mit Maus/Tastatur oder Gamepad.
Das Abenteuer wirkt auf dem Rechner überaus sehenswert: Nicht im Texturdetail, auch nicht hinsichtlich der hüftsteifen Animationen oder der hölzernen Mimik in den wahlweise englischen oder deutschen Dialogen (die Lippen verpassen leider immer wieder ihren Einsatz, das „Diner“ bleibt ein „Dinner“), aber die Schauplätze in der Natur wirken unheimlich stimmungsvoll – vor allem, wenn sich schleichende Nebelfetzen und sturmgepeitschte  Schatten zu bedrohlichen Wirbeln verbünden. Die explosiven Gefechte mit Blendgranaten, Leuchtpistolen & Co wirken auf dem Rechner etwas partikelreicher.  Man bleibt auch bei Tageslicht gerne stehen, um mit der Kamera über die Berge zu schwenken. Wer die Sichtweite auf die höchste Stufe regelt, muss allerdings mit Rollrasen leben – nicht in einem Kilometer, sondern schon auf fünf, sechs  Meter Entfernung. Und auch auf dem PC bleibt die Welt bei der Erkundung so steril wie eine Postkarte.

Düstere Bergwelt

Am Rechner kann man die Kulisse und die Grafikdetails allerdings den eigenen Wünschen anpassen: Egal ob 4:3, 16:9 (dafür ist es optimiert) oder 16:10, egal ob schärfere Texturen in der Distanz oder diverse Kantenglättungen – man kann in den Menüs zwar nur eine Auflösung von maximal 1920x1080 aktivieren, aber eine von 2880x1620 erzwingen. Ärgerlich ist, dass man selbst bei höchsten Einstellungen mit flackernden Schatten leben muss und dass die Filme, die viel von der Stimmung ausmachen, so niedrig aufgelöst sind.  Übrigens wird die 3D-Technik von AMD und nVidia unterstützt.

Fazit

Was genau hat jetzt so lange gedauert? Die PC-Version sieht natürlich besser aus als die zwei Jahre alte Premiere auf der Xbox 360. Sehr schnell entsteht eine unheimlich dichte Atmosphäre. Die Stimmung ist klasse, die Geräuschkulisse ist famos, die technische Umsetzung ist sehr gut, aber nicht grandios: Animationen, Mimik und Zwischensequenzen lassen nach aktuellem Maßstab einige Wünsche offen. Dass die Kosten dafür so schnell wieder eingespielt wurden, spricht aber nicht nur für die geringe Investition in technische Perfektion, sondern auch für den starken Namen, der immer noch anzieht - Alan Wake hat vor zwei Jahren viel Lärm gemacht. Aber es hat letztlich zu wenig qualitative Spuren hinterlassen und vor allem viel dramaturgisches  Potenzial verschenkt. Obwohl es Ansätze für ein außergewöhnliches Horrorerlebnis gab, obwohl die technische Inszenierung schon damals auf Xbox 360 klasse war, gab es am Ende ein explosives Actionerlebnis für Lichtsoldaten. Das ist auch okay, zumal es heute auf dem PC noch mehr Laune macht als viele andere Ballereien. Also: Popcorn holen, Boxen aufdrehen und Feuer frei!

Wertung

PC

Etwas ansehnlicher als auf Xbox 360 inkl. der beiden Zusatzepisoden. Ansonsten bleibt alles bei der düsteren Popcorn-Action anno 2010!