Super Stardust Delta - Test, Shooter, PS_Vita

Super Stardust Delta
27.02.2012, Jan Wöbbeking

Test: Super Stardust Delta

Seit fast zwanzig Jahren steht der Name Stardust für brillante Technik: Bereits 1993 kitzelten ein paar finnische Coder aus der Demo-Szene Erstaunliches aus der betagten Amiga-Hardware. Auch die 2007 erschienene Neuauflage sah beeindruckend aus. Jetzt hat Housemarque sich die Vita vorgenommen und beschert ihr ein Arcade-Highlight.

Das Inferno sieht tatsächlich fast so hübsch aus wie auf dem großen Schirm: Die mit zerklüfteten Felsen überzogen Himmelskörper glänzen sanft im Licht und darüber toben flüssig animierte Weltraum-Schlachten. Hunderte von Asteroidensplittern, grell glühenden Feuerschlangen und stacheligen Eis-Frisbees zischen um den transparenten Planetenschutzschild. Der Spielablauf gestaltet sich so hektisch wie in Super Stardust HD, Geometry Wars & Co: Der linke Stick bewegt das Schiffchen, der rechte bestimmt die Schussrichtung. Die Heerscharen an Gegnern und trudelnden Gesteinsbrocken machen meine Mission zu einem Spießroutenlauf. Für das Chaos verantwortlich ist wie immer der größenwahninnige Pinguin-Schurke mit dem deutsch klingenden Namen Professor Schaumund.

Technik-Bombe

Der PSP-Ableger erinnerte mit seinem gemächlicheren Tempo noch an die alten Amiga-Teile, doch in Delta geht es ähnlich hektisch zu wie auf der PS3. Dank der zwei Sticks flutscht die Steuerung nun fast so gut wie im Vorbild – die Daumen ermüden auf den kleinen Knubbeln alerdings ein wenig flotter. Das grundlegende Konzept wurde nicht angetastet, aber mit ein paar kleinen Änderungen wie Sternenstaub, neuen Smartbombs sowie die Beschränkung auf zwei Waffen verfeinert. Auch ein paar bekannte und frische Bonus-Disziplinen sind dabei – manche machen intensiv vom Neigungssensor sowie den Touchflächen Gebrauch. Wer alle Minispiele und Extra-Modi haben möchte, muss allerdings zum Bundle aus Spiel und dem von Beginn an verfügbaren DLC-Paket greifen. In der Basis-Version fehlen u.a. die beiden coolsten Extra-Disziplinen „Endlos“ und „Doppelwaffe“.

Doch bereits das Standard-Paket hat mich einige Stunden lang bestens unterhalten.

Auf dem leuchtstarken Vita-Schirm kommt das schmucke Funken-Inferno besonders gut zur Geltung.
Nach ein paar Minuten war ich wieder voll auf das Spiel fokussiert und mein Gehirn startete sein typisches Twinstick-Programm. Bewusstsein und Unterbewusstsein teilen sich die Arbeit wie ein Prozessor und sein Grafikchip: Die Reflexe übernehmen das Steuern des Schiffchens, während ich mich ums Ballern und den Multiplikator kümmere. Neuerdings gibt es nur noch zwei aufrüstbare Waffen: Der hübsch züngelnde Feuerstrahl zerbröselt rötliche Brocken und Feinde, der Eis-Laser die blau schimmernden Gegenstücke. Zur Not räumt auch die Flamme einen Eisbrocken aus dem Weg, doch das dauert jetzt deutlich länger. Das vereinfachte System gefällt mir gut: Statt einen Großteil meiner Aufmerksamkeit auf das Umschalten und den Überlebenskampf zu richten, kann ich mich ausgiebiger um meinen Highscore kümmern.



Jetzt nur nicht blinzeln!

Während mich ein Grüppchen angriffslustiger Weltraumkrabben jagt, zerlege ich mit dem aufgerüsteten Laser ein paar fette Eisklumpen. Nachdem sich alle mit lautem Knistern aufgelöst haben, fliege ich eine scharfe Kurve und booste durch die freigelegten Punkte-Symbole. Na also: Gleich fünf Stück habe ich erwischt, das spült jede Menge Punkte aufs Konto. Da ich während des Temposchubs unbesiegbar bin, drehe ich kurz vor Schluss bei und erwische sogar noch meine lästigen Verfolger.

Ganz nebenbei hat der Boost genügend grünen Sternenstaubs eingesogen, um eine

Neu dabei: Das schwarze Loch und ein Raketenschwarm werden direkt auf Bildschirm oder Touchpad ausgelöst.
kleine Leiste in der rechten unteren Ecke zu füllen. Als Belohnung wird ein nützliches Extra ausgeschüttet: Mal ist es ein kurzzeitig gesteigerter Multiplikator, mal eine Superwaffe oder einige verführerisch aufgereihte Punkte-Symbole. Auch die gelegentlich auftauchenden Pinball-Bumper lockern die Action auf: Ein paar clever platzierte Rammattacken und schon erscheint ein wertvoller grüner Riesenbrocken. All diese feinen Neuerungen passen unheimlich gut zusammen: Wenn es gut läuft, fühle ich mich wie der König der Galaxie – nur um kurz danach durch die weltweiten Leaderboards auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt zu werden. Immerhin habe ich in den nach Modi und Planeten aufgeschlüsselten Listen alle meine Freunde ausgestochen. Zur Belohnung quittiert das Spiel meine Leistung mit ein paar ins Bild ploppenden Statusmeldungen. Schön auch, dass das kleine Fenster am Rand mich schon beim Spielstart auf dem Laufenden hält: Welche Freunde haben mich in welchen Modi geschlagen oder sich schon wieder die Zähne ausgebissen? Unglücklich wirkt dagegen die Sortierung der Leaderboards: Ergebnisse aus unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden werden in der selben Liste angezeigt. Im Feld neben der Punktzahl sieht man aber, auf welcher Stufe sie erreicht wurde. Die Anführer der Leaderboards spielen übrigens alle auf Normal.

Erhebender Spießroutenlauf

Einsteiger brauchen sich nicht vor dem Overkill auf dem Bildschirm zu fürchten: Der leichteste Schwierigkeitsgrad lässt sich gemütlich bewältigen und fortgeschrittene Spieler profitieren davon, dass der Multiplikator nun schneller steigt. Neu dabei sind auch zwei Smartbombs, welche mit einem Fingerstrich ausgelöst werden: Wenn ich mit dem Zeigefinder auf die Rückseite watsche, entsteht dort ein alles verzehrendes schwarzes Loch. Auf der Vorderseite lässt sich auf ähnliche Weise ein Raketenschwarm zu einem nervigen Widersacher

Die Planeten sind viel kleiner als auf der PSP. In den spannenden Bosskämpfen kann man blitschnell auf die andere Seite ausweicheichen und behält trotzdem den Überblick.
schicken. Beide Attacken funktionieren gut – ab und zu habe ich sie aber auch aus Versehen ausgelöst. Wer möchte, kann die Steuerung frei auf Knöpfe und Steuerkreuz umlegen. Oder man verzichtet auf jeglichen neumodischen Schnickschnack und spielt den klassischen Modus.

Weniger spannend gestalten sich die Bonus-Spielchen, welche ähnlich wie in LittleDeviants die Fähigkeiten von Sonys Handheld vorstellen. Ich bugsiere eine Scheibe mit dem Finger, ziele mit dem Neigungssensor auf Asteroiden oder zerquetsche die Gesteinsbrocken einfach mit Daumen und Zeigefinger. Schade, dass ausgerechnet die interessantesten Bonus-Disziplinen ins DLC-Paket gesteckt wurden. Manche davon wurden einfach aus den Vorgängern übernommen, z.B. das launige Boosten durch Asteroiden-Ketten. Am spannendsten wird es beim Endlos-Ballern im Stil von Geometry Wars und in der Variante„Doppelwaffe“. Dort wird die Multitaskingfähigkeit des Spielers auf eine besonders harte Probe gestellt: Der Gyro-Sensor steuert das Schiffchen und beide Sticks lenken eine separate Waffe.

Glänzende Technik: Die fein strukturierte Oberfläche dieses Himmelskörpers schimmert besonders hübsch.


Durchwachsene Bonus-Spielchen

Praktisch ist, dass ich wie gehabt ein Stückchen um den Planeten und seinen Schutzschild schauen kann. Dank des neuen Neigungssensors kann ich die Vita sogar ein wenig zu allen Seiten neigen, um die entsprechenden Seite noch besser im Blick zu haben. Da ich das Handheld lieber still halte, habe ich letztendlich eine der starren Perspektiven gewählt. Der Soundtrack unterstützt die Action gut, nach meinem Geschmack könnte es statt pompöser Orchester-Klänge aber ruhig wieder mehr psychedelische Trance-Stücke geben. Immerhin lassen sich alte Tracks von Amiga und PS3 freischalten, z.B. indem man ein "near"-Geschenk von einem Freund erhält. Wie das im Detail funktioniert, hätte Housemarque aber besser erklären sollen, denn die zu kurze Anleitung geht kaum auf spielmechanische Details ein.

Fazit

Obwohl oder gerade weil ich seit 1993 Stardust-Fan bin, war ich zunächst skeptisch: Rund sieben mal wurde der Klassiker schon neu aufgelegt; langsam wird es Zeit für einen „echten“ Nachfolger. Nach ein paar Minuten waren meine Bedenken aber wie weggeblasen. Housemarque hat zwar nur an Feinheiten geschraubt, doch die haben es in sich: Das vereinfachte Waffensystem, der Sternenstaub, die neuen Smartbombs und viele kleine Punkte-Spielereien passen derart gut zusammen, dass ich die Vita stundenlang nicht aus der Hand legen konnte. Super Stardust Delta ist ein blitzschneller Drahtseilakt, ein ständiges Hin und Her zwischen Ausweichen in letzter Sekunde und der Gier auf verführerische Punkte. Nicht einmal der PS3-Vorgänger hat mich seinerzeit derart gefesselt. Dank zwei Sticks und Touch-Flächen klappt die Steuerung bestens und das knackig scharfe Splitter-Spektakel sieht beeindruckend aus. Die Minispiele für Touchscreen & Co hätte man sich sparen können. Viel lieber hätte ich die guten alten Railshooter-Tunnel und Unterwasser-Sequenzen vom Amiga wiedergesehen. Schade auch, dass man sich für alle Modi schon zum Start des Spiels ein DLC-Paket kaufen muss. Trotzdem: Ein Arcade-Shooter erster Güte!

Wertung

PS_Vita

Die Vita-Version des schicken Zweistick-Shooters fesselt dank feiner Neuerungen noch stärker als die PS3-Fassung.