Victoria 2: A House Divided - Test, Taktik & Strategie, PC

Victoria 2: A House Divided
02.03.2012, Bodo Naser

Test: Victoria 2: A House Divided

Bislang war Victoria 2 für den europäischen Imperialismus bekannt. In A House Devided geht’s nun allerdings nach Nordamerika, wo Nord- und Südstaaten wegen der Sklavenfrage Krieg führten. Wird auch in der Erweiterung wieder strategische Geschichte geschrieben?

Was soll General Jackson tun? Auf eigene Faust losschlagen oder sich mit Lee vereinigen.
Vor 150 Jahren tobte zwischen Nord- und Südstaaten der Amerikanische Bürgerkrieg. Was zunächst nach einem sicheren Sieg für die wirtschaftlich überlegene Union aussah, entwickelte sich aber ganz anders. Die gewiefte Führung der Konföderierten schlug die Massenheere des Nordens nicht nur zurück, sie rückten auch noch auf deren Gebiet und bedrohten die Hauptstadt Washington. Bei Manassas oder Fredericksburg erzielte der Süden glänzende Siege. Doch 1863 wendete sich das Blatt in der Schlacht von Gettysburg, wo General Lee Tausende seiner besten Männer verlor. Danach war der Norden am Zug, der nun auch immer bessere Offiziere hatte: So nahm Grant Vicksburg nach langer Belagerung ein. Obwohl es nur noch ein sinnloses Gemetzel war, dauerte es noch zwei Jahre, bis der Süden schließlich kapitulierte.

Blutige Sezession

Diese Schlachten lassen sich in Victoria 2: A Nation Devided nachspielen, wobei man Union oder Konföderierte wählen kann. Als Präsident des jeweiligen Landesteils muss man sich wie im Grundspiel um viele Belange kümmern, die von Handel über Parteien bis zur Steuer reichen. Hauptpunkt ist natürlich die Kriegführung, bei der man aus Brigaden bestehende Armeen  kommandiert. Dabei lässt sich wie so oft bei Paradox Interactive die Historie verändern, denn man kann natürlich seinen ganz eigenen Kriegsverlauf spielen. Man kann Schlachten erleben, die nicht unbedingt dort stattfinden müssen, wo tatsächlich gekämpft wurde. Außerdem kann man seinen besten General Lee nach Westen verfrachten, wenn man die Front dort stärken möchte.

1861 begann der Krieg, der die Trennung der USA beenden sollte.
Bereits im Grundspiel, das man zum Installieren des Add-Ons braucht, konnte man die USA nehmen. Allerdings lag das Augenmerk beim jederzeit pausierbaren Echtzeit-Strategiespiel eher auf der Kolonisierung des wilden Westens als auf dem Niederringen der eigenen Landsleute. Außerdem musste man stets 1836 anfangen, was eine lange Zeit bis zum Sezessionskrieg bedeutete. Da jede Partie anders lief, war es nicht klar, ob sich der Süden überhaupt abspalten würde und wann. Das ist nun bequemer geworden, denn man kann einfach 1861 beginnen. Eine riesige Auswahl ist das freilich nicht, so dass folgende Startpunkte wünschenswert wären, die vielleicht im weiteren Kriegsverlauf bis 1865 liegen.

Startpunkt 1861

Außerdem gibt es selbständige Nord- und Südstaaten statt der vereinigten USA, die recht unterschiedlich entwickelt sind. So ist der Norden materiell vorne, während es im Süden militärisch versierter zugeht, was sich auch im unterschiedlichen Stand der Technik niederschlägt. Zudem hat die Union viel mehr Soldaten als die Konföderierten, was sich erst dann auswirkt, wenn der Krieg länger dauert. Man muss aber nicht die USA oder CSA nehmen, da auch wieder alle anderen Staaten spielbar sind, die es 1861 gab. Ein kleiner Nachteil ist, dass man immer schon im Krieg ist und nicht  versuchen kann, das Blutvergießen mit klügerer Politik zu verhindern, indem etwa die US-Bundesregierung  den Süden weniger provoziert.

Jede Nation verfolgt spezielle Ziele, die sie unbedingt erreichen will.
Neben dem Startdatum ist auch der nationale Fokus neu, die man anstreben kann. Zwar gab es früher schon Staatsziele, aber jetzt sind sie besser auf die Zeit des Bürgerkriegs abgestimmt. Als Unions-Ziel existiert beispielsweise der Anacondaplan, wonach die Nordstaaten den Süden wie eine Würgeschlange umzingeln wollten, was auch historischen Tatsachen entspricht. Um das zu schaffen, muss man eine Blockade der konföderierten Häfen von 80 Prozent erreichen, wofür die US-Flotte zu Beginn 14 Schiffe hat. Wem das partout nicht reicht, der muss halt ein paar neue Fregatten zimmern. Mit seiner Miniflotte kann sich der Süden nicht richtig wehren, weshalb das  durchaus machbar ist.

Spezielle Ziele

Der Süden hat andere Ziele als die Seeherrschaft, denn bei ihm geht’s ums Überleben. Der Sklaven haltende Spieler muss seinerseits eine Baumwollproduktion von 500 erreichen, um King Cotton zu werden. Das lässt sich nur mit einer Effizienzsteigerung der Produktion erreichen, wozu verbesserte Anbaumethoden zählen. Allerdings muss man die erst erforschen, was Jahre dauert. Ein weiteres Problem ist, dass durch die Mobilmachung immer mehr Männer in den Krieg ziehen, weshalb die Produktion sinkt. So ist das Ziel sehr schwer zu erreichen, obwohl es zunächst leicht klingt. Schafft man das Ziel schließlich, steigt das Prestige, das wichtig für einen Sieg ist.

Arg schmuckslos geht's bei den Schlachten zu, wo es statt Pulverdampf nur Zahlenkolonnen gibt.
Obwohl sich auch die Armee durchaus an die Bürgerkriegszeit angepasst wurde, gibt es gerade beim Militär  im Vergleich zu Victoria 2 kaum wirklich Neues. Zwar kann man nun Dixie-Infanterie, Texasreiter und Yankee-Artillerie ausheben, aber das fällt kaum auf, da dieser Bereich schon vorher wenig beeindruckte. Es gibt einfach zu wenig Unterschiede zwischen den Truppen, so dass es fast egal ist, welche Kavallerie man nimmt. Zudem steht alles nur auf einer kahlen Liste, die nicht mal Hardcore-Statistiker glücklich macht. Das einzig wichtige ist, wie lange die Einheiten brauchen, bis sie einsatzbereit sind, da sie ja gleich in den Krieg geworfen werden. Da haben die lokalen Milizen einen Vorteil, da sie nach ein paar Tagen bereit sind.    

Bürgerkriegs-General

Auch die automatischen Schlachten sind fast unverändert, bei denen man immer noch zum Zuschauen verdammt ist, statt selbst zu agieren. Meist entscheidet die Masse der Einheiten über Sieg oder Niederlage, so dass schlecht geführte Massenheere eine kleine Elitetruppe wegfegen. Zwar gibt es zeitgenössische Offiziere wie Lee, Jackson oder Grant, die im winzigen Bild zu sehen sind, aber sie sind trotz der speziellen Fähigkeiten nicht entscheidend. Das führt leider dazu, dass die historischen Anfangserfolge der Südstaaten im Spiel kaum zu wiederholen sind, da der Norden immer mehr Einheiten ins Feld führt. Im Gegensatz zu historischen Wirklichkeit ist der Norden bevorzugt, so dass es fast keinen Spaß macht, die CSA zu nehmen. Als Nordstaatler kann man hingegen eine waschechte Invasion starten.                  

Leider wurden die Technologien nicht dem Bürgerkrieg angeglichen. So kann man nur das Zeug aus Vic 2 erfinden.
In allen anderen Bereichen hat man sich leider nicht viel Mühe mit der Portierung in die Bürgerkriegszeit gemacht. So sind Produktion, Diplomatie oder Parlament fast unverändert und bieten nur den Standard des Grundspiels. Und auch bei der Bevölkerung hat sich nur geändert, dass man halt Sklaven als Bevölkerungsgruppe hat. Besonders schade ist, dass auch die Technologien immer noch exakt dieselben sind, obgleich man schon weiter entwickelte Staaten hat. Man kann also wieder Eisenbahn entwickeln oder die Saubere Kohleverhüttung erfinden. Hier wären spezielle Bürgerkriegserfindungen wünschenswert gewesen.

Wenig historisches Flair

Insbesondere bei der Politik fällt auf, dass es kaum Veränderungen gegenüber dem Grundspiel gibt. Zwar gibt es nun neue Splittergruppen, die über die bloßen Separatisten aus Victoria 2 hinausgehen, die immer noch vorkommen. Diese könnten in den Südstaaten etwa radikale Sklavereigegner sein, die alle Schwarzen befreien wollen. Allerdings treten diese Radikalen kaum mal auf, so dass man sich vor ihnen nicht fürchten muss. Die Sklaverei zu verbieten, ist dennoch nicht einfach, da man dafür eine Mehrheit braucht, deren Vorbereitung Jahrzehnte dauen kann. Zudem machen sie ein Drittel der Arbeitskräfte im Süden aus, die man nicht einfach aufgibt. So wird dieses Problem durchaus in vielen Facetten dargestellt.

Fazit

Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass Paradox für neue Szenarien sorgt, die einen noch mal Victoria 2 spielen lassen. Aber die Umsetzung müsste etwas kreativer und ergiebiger sein: Zwar sorgt der Krieg zwischen Nord- und Südstaaten für einen spannenden historischen Hintergrund, aber der könnte durchaus noch tiefer gehen. Man kann zwar wie im komplexen Grundspiel Präsident der Konföderierten oder Union sein, wobei man sich auch um die Kriegführung kümmert, aber man fühlt sich oft nicht als Macher. Das liegt daran, dass es statt spezieller Bürgerkriegsthemen oft nur den Standard des Grundspiels gibt, was insbesondere für die Erfindungen gilt, wo sich gar nichts geändert hat. Einzige Ausnahmen neben den zeitgenössischen Truppen sind die Ziele, die ebenfalls direkt aus der Zeit stammen. Die automatischen Schlachten begünstigen ein Massenheer, was Erfolge mit den unterlegenen Südstaaten so gut wie unmöglich macht. Berühmte Generäle wie Lee, Jackson oder Grant kommen zwar vor, sind aber leider nicht kriegsentscheidend. Der Umfang kann ebenfalls nicht überzeugen, da es mit den Südstaaten nur eine neue Nation und einen neuen Startpunkt 1861 gibt.            

Wertung

PC

Thematisch interessante Bürgerkriegs-Erweiterung, die etwas mehr Feinschliff und Umfang vermissen lässt.