Shinobido 2: Revenge of Zen - Test, Action-Adventure, PS_Vita

Shinobido 2: Revenge of Zen
08.03.2012, Jan Wöbbeking

Test: Shinobido 2: Revenge of Zen

Der Tokioter Entwickler Aquire scheint in der Vergangenheit festzustecken. Zumindest die hierzulande veröffentlichten Schleichspiele bedienen sich immer wieder beim Vermächtnis der japanischen Geschichte - und der eigenen. Für die Xbox 360 wurde Tenchu recycelt; die PSP bekam einen Ableger der Shinobido-Serie, welche jetzt auf der Vita fortgesetzt wird.

Schon die ersten Minuten erinnern an längst vergangene 32-Bit-Zeiten: Die Farbpalette beschränkt sich auf graubraune Töne und in den verschachtelten Menüs muss ich sogar mehrmals bestätigen, dass ich auch wirklich eine neuen Spielstand anlegen möchte. Die spärlich animierten Story-Sequenzen wirken ebenfalls nicht zeitgemäß. Trotz der trockenen Präsentation hat die Rahmenhandlung auf Anhieb mein Interesse geweckt: Protagonist Zen will sich an seinen Verrätern rächen und findet im Dörfchen des Ninja-Meisters Zaji Unterschlupf. Durch Trainingseinheiten und Aufträge stählt Zen seine Fähigkeiten als lautloser Dieb und Killer. Nach und nach lernt er neue Angriffe, levelt seine Fähigkeiten hoch und stattet sich mit todbringendem Technik-Schnickschnack aus.

Flashback

So weit, so bekannt. Interessant wird es, wenn die ersten Aufträge eintrudeln. Im fiktionalen Landstrich Utakata schwelt der Bürgerkrieg: Drei Großgrundbesitzer und ihre Krieger kämpfen um die Vorherrschaft. Da die Armeen gleich stark sind, traut sich niemand sich einen erfolgreichen Feldzug zu. An dieser Stelle kommen Zen und seine Ninja-Dienstleistungen ins Spiel: Durch verdeckte Morde und Sabotage-Akte schwäche ich die Fraktionen, welche ich am wenigsten leiden kann und leite die Machtverhältnisse in die gewünschten Bahnen. Zwischendurch wird die Geschichte um Zen, seinen Erzfeind und einen magischen Spiegel in kurzen Zwischensequenzen weitererzählt.

Die Macht der Sabotage

Dank voller Auflösung ist alles knackig scharf. Details und Animationen lassen aber zu wünschen übrig.


Obwohl die Dialoge recht hölzern klingen, hat mir die Rahmenhandlung deutlich mehr Lust aufs Spiel gemacht als im Vorgänger. Die Vielfalt der Auftrage passt prima ins Konzept: Mal erledige ich gezielt einen unliebsamen Händler, später befreie ich entführte Mädchen aus der Gewalt der Amurita-Sekte. Oder ich stibitze die Reisvorräte aus dem Lager, um die Kämpfer in späteren Missionen zu schwächen. Natürlich komme ich ein zweites mal wieder und entwende ungesehen noch ein dickes Reispaket, bevor ich nach dem Missionsabschluss eine perfekte Wertung einstreiche. Vor dem nächsten Auftrag kaufe ich meinem Krieger jede Menge fieser Ninja-Gadgets, packe kleine Fallen ins Inventar, braue Heiltränke oder koche ein vergiftetes Sushi-Gericht für hungrige Wachen.

So spannend das Drumherum klingt, so enttäuschend präsentiert sich das Einschleichen selbst. Während sich mein Schattenkrieger in seiner Lauf-Animation steif nach vorne lehnt, bekomme ich die Tücken der nervösen Kamera zu spüren: Ein Sprung auf ein Dach und schon dreht sich die Sicht urplötzlich zur Seite – und damit weg von der Wache. Auch als ich am anderen Ende der Ziegel ankomme, spielt die Kamera wieder verrückt. Ich verliere den Überblick und stürze direkt vor die Füße meines Widersachers. Zum Glück erweist sich der KI-Scherge als so dämlich, dass er mich nicht entdeckt, obwohl ich ein paar Sekunden direkt vor seiner Nase herumspaziert bin. Später agieren die Gegner etwas cleverer, aber trotzdem nicht gerade glaubwürdig.

Nervöse Kamera

Der Enterhaken und ein Gleit-Anzug im Stil von SSX helfen über weite Abgründe.

Die Kameraschwächen kann ich immerhin umgehen, indem ich mit dem rechten Stick nachjustiere oder auf ein paar praktische Symbole am rechten Bildrand tippe: Gegner in meiner Nähe lassen sich damit anvisieren. Außerdem zeigt das stilisierte Auge an, ob ich bereits entdeckt wurde oder ob mein Opfer z.B. nur durch das Zischen meiner Klinge aufgeschreckt wurde. Letzteres klingt übrigens so kratzig  wie der Rest der Soundeffekte. Die Saitenklänge der traditionellen Musikbegleitung verströmen dagegen eine beruhigende Stimmung.

Kommt es zu einem Gefecht, schalte ich meine Feinde mit der L-Taste auf und blocke gleichzeitig ihre Schläge ab. Da die meisten Soldaten aber erstaunlich viel einstecken können, muss ich solche Situationen tunlichst vermeiden. Auch die hektischen Bosskämpfe gestalten sich mühsam. Sinnvoll ist, die zähen Brocken mit Wurfsternen einzudecken sowie Minen und Fallen auf dem Fluchtweg auszulegen. Oder ich setze die aufrüstbaren Super-Attacken ein, welche durch einen kleinen Geschicklichkeitstest augelöst werden. Die meiste Zeit über bin ich aber damit beschäftigt, mit Hilfe der R-Taste behutsam über die Dächer und Hügel zu schleichen, ahnungslose Wachen von hinten zu erdolchen und den leblosen Körper um die Ecke zu schleppen. Die

Mit dem richtigen Rezept braut man stärkende, explodierende oder benebelnde Lebensmittel zusammen.
Kadaver werden zwar nicht all zu oft entdeckt, aber wenn ich von einem angegriffenen Soldat gesehen werde, ruft er schnell seine Kollegen herbei.

Auch die Steuerung wirkt ein wenig angestaubt. Die neuen Eingabe-Möglichkeiten der Vita werden nur selten genutzt, z.B. zum Anvisieren mit meinem aufrüstbaren Greifhaken. Den Großteil der Mauern und Dachkanten muss ich mehrmals mit dem Rückseiten-Touchpad anvisieren, bis ich endlich am gewünschten Ort lande. Auch grafisch schwächelt das Spiel: Die historischen Burgen und Anwesen scrollen zwar flüssig und in voller Auflösung über den Schirm, im Gegenzug sehen die grünbraunen Hügel, Mauern und ewig gleichen Wandtexturen ziemlich trist aus. Die Schwertkrieger und andere Figuren ähneln sich ebenfalls stark.

Kraxeln für Fortgeschrittene

Fazit

Shinobido 2 ist wie eine Reise in längst vergangene Zeiten - das gilt nicht nur für das Ninja-Szenario. Die Tenchu-Schöpfer treten auch im Jahr 2012 noch auf der Stelle. Die eintönigen Kulissen, die roboterhafte KI, der kratzige Sound und die sperrigen Menüs: All das erinnert eher an die PSOne-Ära als an zeitgemäßes Spieldesign. Als ich mich an die Macken gewöhnt hatte, entwickelte die morbide Jagd aber durchaus ihren Reiz. Wenn ich unbemerkt über Dächer und Hügel schlich, mit allerhand coolen Ninja-Gadgets herumexperimentierte, die letzte Wache mit einem aufziehbaren Lurch vom Eingang weglockte und sie hinterrücks mit der Klinge erledigte, sorgte das für diebische Genugtuung. Leider vereiteln die hektische Kamera und die hakelige Steuerung den Großteil der minutiös geplanten Infiltrationen. Schade, denn die Rahmenhandlung um die drei gleichstarken Fraktionen macht Lust auf mehr. Doch das nützt wenig, wenn sich die leise Jagd so altbacken anfühlt.

Wertung

PS_Vita

Trotz interessanter Ansätze wirkt Shinobido technisch und spielerisch schrecklich veraltet.