Naval War: Arctic Circle - Test, Taktik & Strategie, PC

Naval War: Arctic Circle
20.04.2012, Bodo Naser

Test: Naval War: Arctic Circle

Im Juni 2030 beginnt der 3. Weltkrieg! Zumindest, wenn man Naval War: Arctic Circle (ab 3,90€ bei kaufen) von Paradox Interactive Glauben schenkt, das Hobby-Admiräle auf ein maritimes Schlachtfeld führt. Im hohen Norden bekämpfen sich altvertraute Gegner mit aktuellen Waffen in taktischen Gefechten.

Die Suche nach einem U-Boot kommt der nach einer Nadel im Heuhaufen gleich. Um so mehr freut man sich, wenn man eins hat.
Die dringlichste Aufgabe im modernen Seekrieg ist das Aufspüren von U-Booten, da diese die Schifffahrt bedrohen. Einmal durchgeschlüpft, können diese Geheimwaffen an weit entfernten Orten wieder auftauchen, Handelsschiffe versenken oder gar einen Flugzeugträger in die Tiefen des Ozeans  befördern. Auch wenn sie seit dem Kalten Krieg viel Schlagkraft eingebüßt haben, sind die nuklearen U-Boote der Russen immer noch eine Gefahr, da sie wie die 2000 zum nassen Grab gewordene Kursk neben konventionellen Torpedos auch Atomraketen an Bord haben. Auf der Gegenseite hat die NATO nach 1989 kaum von ihrem Potential verloren, da sie sich trotz Sparzwang immer wieder modernisiert hat. Heutige Fregatten samt Bordhelikopter sind für die U-Boot-Jagd geradezu gemacht. Wie würde eine Seeschlacht mit diesen Einheiten ausgehen?       

Torpedo voraus!

Genau solchen Fragen kann man auch im virtuellen Krieg nachgehen, der trotz vieler Tipps recht komplex bleibt. Wie in der Realität hat man auch in Naval War verschiedene Arten von Sonar, um die Unterseefahrzeuge zu orten. Eine davon besteht aus Sonarbojen, die in großer Zahl über dem Meer ausgebracht werden. Oder ein Marinehubschrauber taucht seinen Sonarrüssel in die Tiefe,  wo er nach Geräuschen lauscht. Ist in den eisigen Fluten was zu hören? Ist das U-Boot ausgemacht, geht‘s an die Identifizierung. Ist es eines von uns oder von denen? Hat man die Lösung, muss den Feind bekämpfen. Dafür gibt‘s kleine Torpedos, die von Fliegern am Fallschirm abgeworfen werden: Der Mark 54 etwa sucht sich sein Ziel und versenkt es fast immer.

So könnte es sein. Das Szenario ist durchaus glaubhaft, auch weil viele Details stimmen.
Der Hintergrund von ist durchaus glaubhaft, auch wenn das Szenario ebenso aus dem Kalten Krieg stammen könnte. 2030 kommt es immer wieder zu Zwischenfällen, bei denen im Polarmeer russische Marine und NATO aneinander geraten. So werden norwegische Fischer von russischen Einheiten beschossen, die die westlichen Fischtrawler ihrerseits für Spione halten. Leider bleibt es nicht bei Scharmützeln, was schließlich im großen Krieg endet. Beide Seiten fahren alles, was sie an modernem Gerät noch haben: Flugzeugträger, Atom-U-Boote und ihre gesamte Luftflotte. Denn seit Pearl Harbour ist Seekrieg auch vor allem eines – ein Luftkrieg.           

Glaubhaftes Szenario

Naval War umfasst zwei Kampagnen, bei denen man entweder NATO oder Russen spielt. Das Gute bei den insgesamt 28 Missionen: Sie sind oft aber eben nicht immer das Spiegelbild der Einsätze der anderen Kriegspartei. So muss man als Russe einige Schiffe versenken während man sie als norwegischer Admiral beschützen soll, wobei man viel lernt. Dennoch gibt es genug Abwechslung, da es immer wieder neue Schauplätze gibt, man andere Ziele verfolgt, das Wetter schlecht wird und man immer mehr Einheiten kommandiert. Da fällt es auch fast nicht auf, dass man während der nicht allzu langen Missionen nicht speichern kann; erst nach gewonnener Schlacht passiert das. Dafür darf man jede Mission auch als Einzelschlacht spielen.

Zur Erfüllung der Missions-Ziele gilt weitgehende Handlungsfreiheit. Neutrale Schiffe sollte man aber schonen.
Die virtuelle Kriegführung ist recht einfach zu bedienen, aber dennoch bietet sie viele taktische  Möglichkeiten. Zwar läuft zwar alles in Echtzeit, es gibt aber die Möglichkeit, die Zeit fast bis zum Stillstand herunter zu drehen. Dann kann man ganz in Ruhe Befehle erteilen, was die Truppen tun sollen, und was sie in der Regel auch ausführen. Dann dreht man wieder an der Uhr und alles wird schneller, was wichtig ist, da teils große Zeiträume zu überbrücken sind. So dauert es schon mal Tage, bis man ein U-Boot gefunden hat. Wen man angreift, bleibt einem ebenso überlassen wie Ort und Zeit. Hier gibt es allein die Vorgaben der Mission: Versenke drei Schiffe, verliere nur zwei Flieger. Wie man das erreicht, muss man selbst rausfinden.

Krieg mit Freiheiten

Man kann sich schön langsam ran tasten: Zu Beginn gibt man nur ganz grob vor, wo Patrouille geflogen, gescannt und angegriffen werden. Man kann die Wahl des Mittels der KI überlassen, die dann etwa die richtige  Rakete aussucht. Später macht man das dann selbst, da es wichtige Unterschiede gibt. Nicht jedes Geschoss trifft z.B. gleich gut: So trifft der amerikanische Mark 54 besser als der britische Stingray-Torpedo und die russische Wympel R-77 Luft-Luft-Rakete ist besser als die R-73, da sie weiter fliegt.  Wichtig ist übrigens, dass man die Flugzeuge am Fliegerhorst richtig ausrüstet, da es verschiedene Arten Munition für Luft-, Boden- und Seeziele gibt. Ein für den Luftkampf gerüsteter Su-35-Jäger kann keine Schiffe versenken.      

Wer schießt wen ab? Der Feind versucht auszuweichen und gibt mit Raketen Paroli.
Langsam wird man zum Spezialisten für modernen Luft- und Seekrieg: Man lernt die Ortungstechnik wie seine Westentasche kennen, die wie die Waffen bei jeder Mission vorgegeben ist - man kann also nix zusätzlich kaufen. Leider ist das so lebenswichtige Sonar nicht zu Beginn jeder Mission eingeschaltet, was man von Hand nachholen muss. Auf dem Radarschirm ist zu sehen, dass der Krieg von heute eigentlich nur der wilde Austausch von Raketen ist, was Naval War trotz nüchterner Grafik authentisch abbildet. Nach kürsteter Zeit fliegen Geschosse durch die Gegend, so dass einem Hören und Sehen vergeht, wenn ein Bomber eine ganze Salve Antischiffsraketen abfeuert.

Authentisch gemacht

Der Feind reagiert natürlich seinerseits, indem er geschickt ausweicht. Auch eigene Flugzeuge fliegen auf Wunsch automatisch einen Ausweichkurs, wenn sie beschossen werden. Natürlich weicht ein flinker Eurofighter leichter aus als eine Boeing E-8, weshalb auch mal ein Flieger abgeschossen wird. Es gibt auch die Möglichkeit, die Raketen mit Flares zu verwirren; eine Antiraketen-Rakete fehlt allerdings, da es auch so genug zu tun gibt. Sonst macht „Charlie“ eben genau das, was im Missionsbriefing stand: Er rückt vor, provoziert oder versteckt sich. Und das nicht mal schlecht, da die Missionen spätestens ab der vierten fordern.

Der Multiplayer bietet Dogfights zu zweit. Allerdings finden sich kaum Mitspieler.
Natürlich lassen sich die Seeschlachten auch zu mehreren im Internet spielen, wobei aber nur noch einer mitmachen kann. Es gibt vier Karten, die man auch schon aus der Einzelschlacht kennt; man kann auch in der Ostsee kämpfen. Man kann entweder selbst eine MP-Schlacht starten oder einer anderen beitreten, wobei aber Mitspieler fehlen, da das kleine aber feine  Spiel nicht gerade  bekannt ist. Da das jedoch Ganze über Steam läuft, kann man dort immerhin seine Freunde auffordern mitzuspielen.

Zweier-Multiplayer

Derzeit wird das militärische Simulationserlebnis vor allem von einem fiesen Bug geschmälert, der das Spiel nach einigen Minuten unweigerlich abstürzen lässt. Da hilft kein Rumprobieren: Egal welche Sprache man bei Steam einschaltet oder ob man sich nun für Einzelszenario entscheidet, es stürzt nach ein bisschen Kommandieren ab. Das Dumme: Vor dem Update auf 1.0.3.3.  war das deutlich besser, da man zuvor noch zu Ende spielen konnte. So bleibt zu hoffen, dass die Macher bald einen neuen Patch auflegen, der diesen Riesen-Käfer beseitigt.

Fazit

Naval War: Arctic Circle bietet taktische Kämpfe in einem aktuellen Nordmeer-Szenario, bei dem der Kalte Krieg eine heiße Neuauflage erfährt. Hobby-Admiräle kommen bei dem kleinen, aber feinen Strategiespiel aus Norwegen auf ihre Kosten, da es authentische See- und Luftschlachten im großen Stil bietet. Auf Seiten der NATO oder Russen führt man modernes Gerät ins Gefecht, das es richtig einzusetzen gilt. Es ist auch was für Tüftler, die gern ausprobieren, was jetzt genau die richtige Waffe wäre, um den Feind zu besiegen. Die Königsdisziplin ist das Aufspüren von getauchten U-Booten, wofür es Können, Geschick und Geduld braucht. Aus diesem Grund lässt sich das Echtzeitspiel auch beschleunigen und abbremsen wie man möchte. Für eine Militärsimulation ist es zudem angenehm zugänglich, da Kollege Computer auf Wunsch diverse Aufgaben übernimmt. Wer keine Hilfe möchte, kann aber auch jede Rakete einzeln abfeuern. Leider verhindert derzeit ein nicht zu umgehender Absturz eine höhere Wertung.

Wertung

PC

Kleines aber feines Stragtegiespiel, das taktische See- und Luftschlachten im Nordpolarmeer bietet.