Legend of Grimrock - Test, Rollenspiel, PC, iPad
…also bewege ich meine angeschlagene Gruppe durch die verflixten Katakomben. Geradeaus, dann links, viermal geradeaus, dann rechts - dann müsste ich gleich da sein. Mist, jetzt geht die Fackel auch noch aus! Trippelten da hinten nicht die ekelhaften Spinnen im Schatten? Wenn sie mich von mehreren Seiten angreifen, habe ich keine Chance. Außerdem spucken sie ihr elendes Gift. Also zurückziehen in eine Nische und dort eine kleine Rast einlegen, damit alle bei vollen Kräften sind, wenn ich auf sie treffe. Und diesmal werde ich sie in einen langen Gang locken, damit ich vor dem ersten Schlag genug Pfeile, Shurikens und Zauber loslassen kann.
Der Dungeon ruft
Diese lebensgefährliche Odyssee durch einen Berg namens Grimrock ist quasi die letzte Chance für meine beiden Krieger, den Magier und den Dieb. Nur wenn die vier verurteilten Verbrecher die unterste von knapp einem Dutzend Etagen erreichen, werden sie frei gesprochen – dafür wurden sie extra mit einem Luftschiff auf einem Gipfel ausgesetzt; mehr Story gibt es zunächst nicht. Die finnischen Entwickler katapultieren Neugierige ohne Umschweife in ein
Als ich raste, spricht plötzlich jemand im Schlaf zu mir. Wer ist das, der mir scheinbar helfen will und der so viel über diesen Ort weiß? Schade, dass es keine Sprachausgabe, sondern nur Text gibt, aber die Neugier wächst mit jedem Traum, der weitere Hinweise des mysteriösen Fremden offenbart. Was erwartet mich ganz unten? Außerdem finde ich ab und zu die halb vergammelten Notizen eines Abenteurers namens Toorum. Und hatte er nicht noch etwas an die Wände gekritzelt, das mir helfen könnte? So ganz allein gelassen wird man erzählerisch also nicht, aber im Kern geht es um Kampf und Rätsel, Party- und Item-Management – ohne ein episches Drumherum wie etwa in Lands of Lore.
Der mysteriöse Unbekannte
Fest steht, dass Grimrock voller Fallen steckt und dass es bisher niemand lebend raus geschafft hat. Auf dem Weg in die Tiefe findet man die Überreste gescheiterter Verbrecher sowie noch mehr Monster von fliegenden Gargoyles über bissige Tentakel und feuernde
Hilfreich ist nicht nur, dass mein Magier heilende Tränke aus Pflanzen zubereiten, sondern dass er auch für künstliches Licht sorgen kann. Etwas ärgerlich ist, dass man angesichts all der Zutaten, Waffen, Schriftrollen und Kleidung später nicht mehrere Behälter wie Kisten oder Beutel nebeneinander öffnen kann, um sie zu sortieren. Ansonsten flutscht die simple Steuerung ohne Probleme, zumal man die Tastaturbelegung frei ändern kann.
Runenzauber & Kartenrätsel
Wer sich keine Notizen auf der Karte macht, wird irgendwann ziellos zwischen all den Teleportern, Fallen und Hinweisen umher irren. Es gibt z.B. versteckte Brocken im Fels, die manchmal direkt vor einem geheime Areale öffnen, aber manchmal hört man auch nur ein lautes Malmen in der Ferne. Wo ist jetzt was aufgegangen? Das Abenteuer fasziniert vor allem aufgrund seiner Rätselvielfalt: Es gibt nicht nur einfache bis komplexe Schalter- und Hebelaufgaben, die mit Druckplatten und Mechanismen kombiniert werden, sondern eine Fülle an Herausforderungen, die auch schnelle Reaktionen und Timing erfordern.
Fallen & Feinde
Man fällt und flucht in diesem urigen Abenteuer oft. Und das ist gut so, denn nachdem die meisten Dungeons der letzten Jahre zum Einschlafen animierten, vor allem die unterirdische Langweile von Risen über Two Worlds bis Arcania, bekommt man hier endlich wieder eine stimmungsvolle Herausforderung unter Tage. Mit dem lauernden Tod oder dem fantastischen Geheimnis um die Ecke beschwören die Finnen erfolgreich den Geist von Klassikern wie Eye oft he Beholder. Und schon damals ging es auch im Kampf fordernd und taktisch zur Sache. Denn selbst wenn es sich um Echtzeit-Action handelt, sind Köpfchen und Timing gefragt.
Vier Mann, zwei Reihen
Schön ist, dass man auch im Kampf über gutes Timing sehr viel gewinnen kann: Wer den Dieb mit der hinterhältigen Attacke ausstattet, sollte behäbige Gegner einfach mal schnell umrunden und ihn in die vorderste Reihe setzen, damit er von hinten doppelten Schaden anrichtet. Es gibt auch kleine Arenaszenen, die man nur bestehen kann, wenn man geschickt ausweicht und in Bewegung bleibt. In den besten Momenten werden Kampf und Rätsel so kombiniert, dass man während eines Gefechts über die clevere Flucht und Betätigung von Hebeln auch Monster in Fallen locken kann.
Spartanische Charaktererschaffung
Neben allgemeinen Statistiken zu Gesundheit oder Energie gibt es die vier Attribute Stärke, Geschicklichkeit, Vitalität und Willenskraft, auf die man zu Beginn je zehn Punkte verteilen darf. Das hat zwar umgehend Auswirkungen auf Angriffskraft, Genauigkeit, Verteidigung oder Ausweichen.
Später lassen sich diese allerdings lediglich über die Fähigkeiten verbessern. Denn bei einem Aufstieg verteilt man seine Punkte je nach Klasse auf sechs Fähigkeiten wie z.B. Athletik, Rüstung, Äxte, Keulen, Schwerter sowie unbewaffneter Kampf beim Krieger.
Es gibt keine Verzweigungen innerhalb der Fähigkeiten, aber man kann über die Fokussierung einzelner Disziplinen durchaus einen spezialisierten Feuermagier, Schwertkämpfer oder Wurfexperten entwickeln. Trotzdem wird man aufgrund des linearen Systems manchmal gezwungen, bestimmte unnötige Dinge mitzulernen – warum muss der Dieb z.B. vier Punkte in „Assassination“ investieren, um dann einen Stärkepunkt zu gewinnen?
Fazit
Vorsicht: Wer hier einmal reinbeißt, wird gnadenlos in die Tiefe gezogen! Das ist ein sehr gutes Abenteuer alter Schule, das wohlige Erinnerungen an Dungeon Master weckt. Hier gibt es nicht nur Hack’n Slay in stimmungsvoller Kulisse, sondern viele clevere Rätsel, tolle Geheimnisse und tödliche Fallen hinter der nächsten Ecke. Wie schwierig die Restauration alter Tugenden sein kann , demonstriert aktuell die Beta zu The Age of Decadence – ambitioniert und lobenswert, aber spröde in der Präsentation. Da hat es Legend of Grimrock natürlich leichter, da es nicht als episches Rollenspiel, sondern als Hommage an Dungeon-Crawler gedacht ist. Trotzdem gebührt den Finnen für diese Reise in die Vergangenheit ein großes Lob, denn sie ist nicht nur ansehnlich, sondern versprüht genau jene labyrinthische Faszination unter Tage, die vielen modernen Abenteuern in ihren kilometerlangen Schläuchen der Langeweile abgeht. Auch wenn die Charaktererstellung etwas mager ist und die Fähigkeiten zu linear entwickelt werden: Das hat richtig Spaß gemacht, das war endlich mal wieder ein Dungeon!