Aliens: Colonial Marines - Test, Shooter, 360, Wii_U, PlayStation3, PC

Aliens: Colonial Marines
12.02.2013, Jan Wöbbeking

Test: Aliens: Colonial Marines

Es war fast wie beim Duke: Über fünf Jahre zog sich die Entwicklung von Aliens Colonial Marines hin. Hin und wieder gab es Gerüchte um die Einstellung oder eine Auslagerung der Entwicklung, weil Gearbox sich auf Borderlands konzentrierte. Was für ein Spiel ist jetzt herausgekommen?

Die Geschichte knüpft an Aliens, also den zweiten Kinofilm an. Nachdem  Corporal Hicks vom Raumschiff Sulaco aus einen Notruf abgesetzt hat, begibt sich die Crew der USS Sephora auf eine Rettungsmission zum angeschlagenen Schiff. Ich schlüpfe in die Rolle des Colonial Marines Christopher Winter, der als einer der letzten Soldaten aus dem Cryo-Schlaf geweckt wird. Die Marines vor ihm sind in Schwierigkeiten geraten, und mein Team soll die Suppe auslöffeln.

Zurück auf der Sulaco

Schon früh wird klar, dass an meiner Mission etwas nicht stimmt und die Weyland-Yutani-Corporation ihre Finger im Spiel hat. Überraschend ist das nicht: In den Filmen versuchte der raffgierige Konzern schließlich ständig, die tödlichen Xenomorphe für Waffen-Experimente in ihre Finger zu bekommen – und die Marines mussten dafür büßen. Auch hier ist es nicht anders: Schon in der zweiten Mission eröffnen Schergen des Unternehmens das Feuer auf mich. Von diesem Moment an muss ich mich gegen Menschen und schleimige Außerirdische wehren.

Winters Kameraden in Action.
Eine Gemeinsamkeit zu Duke Nukem Forever springt sofort ins Auge: Schon auf meinem Weg durch die ersten Korridore wirkt die Technik schrecklich veraltet. Die Wände und blinkende Konsolen sind mit unscharfen Texturen tapeziert; und dunkle Ecken versumpfen mangels echter Lichteffekte. Außerdem wird das Bild vor allem auf der Xbox 360 gleich an mehreren Stellen vom Tearing zerrissen. Auch in den Zwischensequenzen gibt es eine böse Überraschung: Die deutschen Dialoge sind erstaunlich schlecht betont – noch viel schwächer als z.B. in Halo 4. Es wirkt so, als würden die Sprecher ohne jede Regie vom Zettel ablesen. Wer englische Grundkenntnisse besitzt, sollte also unbedingt zur gelungenen englischen Fassung wechseln, die sich zum Glück ebenfalls auf der Disc befindet. Für sie wurden sogar Original-Schauspieler wie Michael Biehn (Corporal Hicks) und Lance Henriksen (Bishop) engagiert.



Die Zukunft der Vergangenheit

Allzu spannend wird die Geschichte aber ohnehin nicht. Es geht im Wesentlichen darum, andere Marines zu retten und die Machenschaften des Weyland-Konzerns aufzudecken. Meist metzele ich mich durch Horden stacheliger Parasiten oder menschliche Soldaten zum nächsten Zielpunkt. Später führt mich die Mission zurück auf die Planetenoberfläche von LV-426 – in die Überreste der noch erstaunlich gut erhaltenen Kolonie. Dort klappere ich genretypische Aufgaben ab: Mal werden ein paar Generatoren aktiviert, später zerstöre ich Artillerie-Geschütze mit der RPG, damit meine Verbündeten aus der Luft bombardieren können.

Mit Hilfe des Motion-Trackers werden Feinde und Missionziele angezeigt. Da währenddessen die Waffe nach oben gehalten wird, ist das nicht immer ungefährlich.
Zu Beginn macht es noch Spaß, mit dem durchschlagkräftigen Arsenal der Colonial Marines zu experimentieren und massenweise Xenos mit dem Flammenwerfer zu  grillen: Die legendäre Pulse Rifle rauscht genauso martialisch wie im Film und auch die übrige Hardware bringt die Augen von Alien-Fans zum Leuchten. Dazu zählen z.B. zwei Schrotflinten sowie ein Sturm- und ein Kampfgewehr. Sie werden im Laufe des Spiels mit Visieren, Unterlauf-Schrotflinten, explosiven Granaten und anderen Gadgets ausgestattet. Die Punkte dazu verdiene ich mir durch den Rangaufstieg und typische kleine Extra-Herausforderungen.

Eat this!

Im Gegensatz zur Shooter-Konkurrenz kann ich alle Waffen gleichzeitig mit mir herumschleppen, auch kleine Brandbomben und Haftminen werden mit dem etwas hakeligen Ringmenü ausgerüstet. Ab und zu finde ich auch eine besonders fette Wumme wie die zielsuchende Smartgun. Während ich mit schwerem Schritt durch eine schmalen Schacht stapfe, zersiebt sie mit lautem Getöse Unmengen der kreischenden Biester: Sehr befriedigend und durch die beengte Umgebung auch nicht zu einfach. Gelungen wirkt auch das Energiesystem mit einer ausgewogenen Mischung aus Health-Packs, Rüstung und selbstaufladender Energie.

Trotzdem überraschen die Biester den Spieler nur selten von der Seite.
Leider gestaltet sich das pausenlose Geballer viel zu selten so unterhaltsam: Meist ziehe ich mich hinter eine Deckung zurück und zersiebe zusammen mit meinen Kameraden in weiteren Arealen die massenhaft anrückenden Gegner. Weder die Weyland-Schergen noch die diversen Alien-Typen stellen sich besonders clever an. Ab und zu überrascht mich jemand von der Flanke, meist greifen sie aber dumm frontal an und bleiben berechenbares Kanonenfutter.

Monotonie im Weltall

Außerdem wird die Dauer-Action kaum durch Rätsel aufgelockert und auch die wenigen Bosskämpfe sind schrecklich einfach. Als ich z.B. auf einen großen fett gepanzerten Xeno treffe, klettere ich in den Laderoboter aus dem Film. Coole Idee, aber schlecht umgesetzt: Nach ein paar simplen Schlagattacken ist der Gegner hinüber.

Seltene Stealth-Einlage: In einer Mission wird der Spieler geschnappt und muss sich an einer lärmempfindlichen Mutation vorbei durch die Katakomben schleichen.
Im Gegensatz zu älteren Titeln wie Alien(s) vs. Predator oder Alien Breed lassen mir die linearen Wege außerdem kaum Raum zur Entdeckung. Nur selten werde ich von der Leine gelassen, um z.B. die zerstörte Kolonie zu erforschen. Schade, denn die liebevoll nachempfundenen Kulissen aus dem Film verströmten durchaus Atmosphäre, nachdem ich mich an die schwache Technik gewöhnt hatte. Als ich zum ersten Mal über die Planetenoberfläche stapfte, der raue Wind pfiff und über den zerklüfteten Felsen die Blitze zuckten, weckte das sofort gute Erinnerungen.

Kein Raum für Entdecker

Immer wieder weisen Zitate aus dem Film auf das hin, was sich vor 17 Wochen hier abgespielt hat. Ich finde z.B. Audiologs von Newts Familie und in einem Gang stehen noch zwei Geschütze herum, von denen ich eines in der Basis platziere, um mich mit anderen Marines einzuigeln. Auch der meist ruhige Orchester-Soundtrack, die wuchtigen Maschinen und blinkenden Konsolen fangen das Science-Fiction-Flair der Achtziger gut ein. Der Story-Modus lässt sich übrigens auch online mit Freunden bestreiten. Mit vereinten Kräften rauscht man etwas schneller durch die Levels als die acht bis neun Stunden im Alleingang. Leider darf man nur zu Beginn einer Mission einsteigen. Wenn ich nicht mit einem Freund, sondern vermittelten Partnern in die Schlacht zog, litt das Spiel außerdem unter Lags und gelegentlichen Clipping-Fehlern.

Auch der Online-Wettstreit zwischen Aliens und Marines läuft technisch nicht immer rund. Wegen fetter Verzögerungen beamen sich einige Gegner wild übers Schlachtfeld. Immer wieder kommt es zu Ruckeleinlagen, Verbindungsabbrüchen  - oder das Spiel hängt sich komplett auf. Alien-Fans sollten trotzdem ein paar Runden wagen, denn gute Ansätze sind durchaus vorhanden. Auf fünf Karten kämpft ein Team von Marines gegen die Außerirdischen, in vier Modi wie Team Deathmatch und einem Angriff auf die Alien-Eier. Bis zu zwölf Teilnehmer wuseln über die Karten. Vor allem die Flucht eines Soldaten-Grüppchens passt gut zum typischen Katz- und Mausspiel zwischen den Spezies. Die Menschen versuchen, zusammen zu bleiben und sich durch mehrere Areale zum Evakuierungspunkt zu kämpfen. Zuerst schleichen sie durch ein paar schmale Tunnel bis zu einem Aufzug und kämpfen sich dann durch eine Schlucht bis zum Ziel. In der Kampagne freigespielte Ausrüstung lässt sich auch hier einsetzen und in einer Reihe von Klassen-Slots zusammenstellen.



Katz und Maus

Aliens sind nur im Multiplayer spielbar und werden im Gegensatz zum Marine aus der Schulterperspektive gesteuert. Außerdem gibt's einen aufrüstbaren Wärmeblick durch Wände (Screenshot aus der PC-Version).
Das Alien-Team muss die Flucht natürlich verhindern. Je nach Spezies greifen die Außerirdischen per Spuckattacke und einigen Krallenhieben an. Außerdem krabbeln sie an Decken und Wänden entlang, um Marines aufzulauern. Cool sind diverse freischaltbare Fähigkeiten wie das Totstellen, ein flotter Sprung an die Decke oder Finisher wie das fiese Schnappgebiss aus dem Schlund. Trotzdem habe ich schon nach ein paar Stunden die Lust am Mehrspieler verloren: Einerseits wegen der erwähnten technischen Fehler, andererseits weil sich die Aliens zu hakelig steuern. Vor allem das Klettern und die Prankenhiebe im Nahkampf fühlen sich zu fummelig und unpräzise an.

Inhaltlich gleichen sich die beiden Konsolenfassungen. Auf der Xbox 360 sehen die Texturen noch eine Spur verschwommener als auf der PS3. Tragischer  ist aber das massive Tearing: Auf der PS3 zerreißt das Bild nur in hektischen Momenten, auf der Xbox ständig – und zwar an mehreren Stellen. Die seit heute bei Steam freigeschaltete PC-Fassung macht den technisch saubersten Eindruck. Hier muss man sich nicht mit Tearing herumschlagen und auf einem halbwegs aktuellen Spielerechner ist die Framerate konstant höher als die rund 30 Bilder auf Konsole. Die Kulissen schauen aber trotzdem veraltet aus, da nur etwas höher aufgelöste Texturen verwendet werden und auch hier kaum Effekte zum Einsatz kommen.

Systemunterschiede

Fazit

Schon wieder eine vertane Chance: Rebellions Remake von Alien vs. Predator konnte zumindest zeitweise Horrorstimmung verbreiten, Colonial Marines verkommt dagegen meist zum faden Dauerfeuer-Shooter. Zugegeben: Der Action-Fokus passt zum zweiten Film und die fetten Waffen machen auch hier Spaß, doch die meiste Zeit über degradiert Gearbox die eigentlich bedrohlichen Biester zum Kanonenfutter. Eine bessere KI, geschicktere Angriffsmuster und fette Bosskämpfe hätten deutlich mehr aus dem Spiel holen können. Auch technisch wirkt der Trip ins All rundum veraltet – vor allem das starke Tearing ging mir auf die Nerven. Als Fan des Films habe ich trotzdem einige schöne nostalgische Momente erlebt, denn viele Schauplätze wurden liebevoll nachempfunden und mit gelungenen Zitaten gespickt. Auch der Mehrspieler-Part besitzt Potential, kann aufgrund technischer Fehler und der fummeligen Alien-Steuerung aber nicht überzeugen. Trotz einiger authentischer Momente ist dieser Shooter technisch und spielerisch eine Enttäuschung.

Pro

  • stimmungsvolles Design von Raumschiffen und der Kolonie
  • viele gelungene Zitate und Anspielungen aufs Kino-Vorbild
  • kooperative Kampagne für bis zu vier Spieler...
  • spannendes Katz- und Mausspiel im Mehrspieler-Modus...
  • aufrüstbares Waffenarsenal ermöglicht launiges Aliengrillen
  • dynamischer Orchester-Soundtrack

Kontra

  • oft nur monotones Fließband-Geballer
  • starkes Tearing (vor allem 360)
  • ...Koop-Einstieg nur zu Missionsbeginn möglich
  • ...technische Fehler und hakelige Alien-Steuerung stören Multiplayer
  • lineare Levels lassen kaum Raum für Erkundungstouren
  • grottige deutsche Synchro (gute englische Version aber auch auf der Disc)
  • unscharfe Texturen, kaum Effekte und rundum veraltete Technik
  • meist schwache KI
  • nur wenige öde Bosskämpfe

Wertung

360

Die Fassung für Xbox 360 leidet unter noch stärkerem Tearing als die für PS3.

PlayStation3

Trotz einiger authentischer Momente ist dieser Shooter technisch und spielerisch eine Enttäuschung.

PC

PC-User bekommen die technisch sauberste Fassung ohne störendes Tearing - die Kulissen sehen aber auch hier veraltet aus.