Skullgirls - Test, Prügeln & Kämpfen, 360, PS_Vita, PC, XboxOne, PlayStation4, Switch, PlayStation3
Der Impuls fällt sehr leicht, aber man sollte Skullgirls (SG) nicht nach dem ersten Blick auf eine belanglose Moe -Klopperei reduzieren: Ja, die acht Kämpferinnen sind sehr überzogen dargestellt - mit langen Beinen, knappen Kleidchen und bis unter die Nasen quellenden Brüsten. Aber unter dieser leichten Hülle verbirgt sich ein beeindruckend anspruchsvolles Beat-em-Up.
Profis an den Stick!
Kein Wunder, denn das Kampfsystem entstammt den anerkanntermaßen fähigen Händen von Mike Zaimont - einem bekannten und erfolgreichen Turnierspieler, der seine Expertise bereits den Entwicklern der BlazBlue-Spiele zur Verfügung stellte. So ist es kein Wunder, dass SG an vielen Stellen wie ein Best-Of bekannter Serien wirkt: Kloppsystem mit sechs Buttons (Street Fighter 2), starke Sprint-Lastigkeit (BlazBlue), viel Luftaction (Marvel vs. Capcom), starke Betonung von Kombos in verschiedenen Angriffshöhen. Das ist für Einsteiger nicht nur in der reinen Masse zu viel des Guten; wer bislang noch nicht viel mit Beat-em-Ups zu tun hatte, der wird hier nicht glücklich. Das liegt nicht nur daran, dass es gegenwärtig merkwürdigerweise noch keine abrufbare Move-Liste
In Zeiten, in denen Tekken und Street Fighter mit Kämpferzahlen im mehrfachen Dutzend-Bereich protzen, wirkt SG geradezu niedlich: Gerade mal acht Fighter stehen zur Wahl. Genau genommen Fighterinnen, und die könnten abwechslungsreicher kaum sein: »Ms. Fortune« ist eine Art Lara-Croft-Zombie, die nicht nur wahnwitzig schnelle
Die Mädchenschule des Wahnsinns
Und komplett in 2D. Arc System Works mag vor einiger Zeit mit BlazBlue die Messlatte für 2D-HD-perfektion nach oben gelegt haben, aber Skullgirls kommt da locker auch drüber. Okay, die Hintergründe wirken hin und wieder hingerotzt und detailarm. Aber dieser Malus wird durch die Kämpferinnen problemlos wieder ausgeglichen: Das ideenreiche Design, die makellosen Animationen, die satten Farben, die Abwechslung -
Man darf auf zwei Arten gegeneinander antreten: Lokal und online. Leider beschränken sich beide Varianten auf das absolute Minimum, online darf gerade mal zwischen Ranglisten- und freien Spielen gewählt werden - keine Replays, kein Zuschauen, kein nix. Dafür gibt es mit GGPO eine aus der Beat-em-Up-Community entstandene Middleware zur Vermeidung von Lags - die zwar ein paar manuelle Eingaben mehr braucht als von Prügelspielen gewohnt, aber dafür auch exzellente Online-Partien ermöglicht. Eine echte Wohltat, gerade nach den letzten Namco- und Capcom-Pleiten.
Harte Fäuste, sanfte Klänge
Natürlich darf man auch ganz allein Spaß haben: Neben dem Arcade-Modus (eine Hand voll Kämpfe, gefolgt von übermächtiger Endgegnerin, die Seths Schwester sein könnte) gibt es auch eine Story-Variante. Auch hier warten wenige Auseinandersetzungen, die aber von schön gezeichneten Bildern und schnippischen Dialogen umrahmt werden. Apropos: Der interessante Jazz-Soundtrack hebt sich stilistisch sehr wohltuend von Genre-Standards ab.
Fazit
Obacht, Capcom, SNK & Co., Obacht - ein neuer Herausforderer hat den Ring betreten! Und obwohl man ihn auf Titten und Arsch reduzieren könnte, würde man damit einen gewaltigen Fehler begehen - denn Skullgirls hat nicht nur beeindruckende äußere, sondern auch verdammt gute innere Werte! Dem Kampfsystem merkt man sofort an, dass es von Turnier-Profis für mindestens fortgeschrittene Spieler entwickelt wurde; nur die werden die Tiefe der Kombos, Blocks und Blockbuster zu schätzen wissen. Die gerade mal acht Figuren sind nicht nur sehr abwechslungsreich designt, sondern echte Individuen. Allerdings gibt sich das Spiel alle Mühe, Einsteiger mit langen Krallen von sich zu weisen: Zwar ist der Trainingsmodus in fast jeder Hinsicht erstklassig, aber der Anspruch in den Solo-Modi schon auf der einfachsten Stufe bereits jenseits dessen, was in anderen Prüglern »normal« wäre. Außerdem ist auffällig, dass sich das Spiel gerade im wichtigen Gegeneinander auf die absoluten Basics beschränkt: Online gibt es zwar GGPO, was für lagfreie Matches sorgt, aber außer Ranglisten- und freien Spielen nichts. Von bizarren Lücken wie den nicht vorhandenen Move-Listen mal ganz zu schweigen. Skullgirls kann sein vorhandenes Potenzial zwar nicht völlig ausschöpfen, zeigt aber beeindruckende Muskeln: Die Präsentation ist exzellent und auf einem Niveau mit den BlazBlues dieser Welt, das Kampfsystem vorbildlich, der schmissige Jazz-Soundtrack eine wohltuende Abwechslung zum üblichen J-Rock-Geschrammel. Gut zu wissen, dass hochwertige Beat-em-Ups nicht nur aus Japan kommen müssen - ich hoffe sehr, dass dies nicht der letzte Auftritt der neuen Prügelmädels sein wird.