Enclave: Shadows of Twilight - Test, Action-Adventure, Wii

Enclave: Shadows of Twilight
13.06.2012, Jens Bischoff

Test: Enclave: Shadows of Twilight

Lang, lang ist's her: Vor zehn Jahren schufen die Starbreeze Studios mit Enclave ein mörderisches Action-Adventure, in dem man wahlweise als Gesandter des Lichts oder der Finsternis in die Schlacht ziehen und entsprechende Kreaturen verkörpern konnte. Inzwischen tobt der Kampf auch auf Nintendos Wii. Besser spät als nie?

Je nachdem, für welche Seite man sich entscheidet, ändern sich Auftragsziele und Charakterklassen.
Mit zeitgemäßer Technik und Inszenierung sollte Enclave auch heute noch ein ordentliches Action-Adventure abgeben. Der im Mittelpunkt stehende Kampf zwischen den Mächten des Lichts und der Finsternis mag einen Bart von hier bis nach Mordor haben, aber dass man auf beiden Seiten in die Schlacht ziehen und entsprechend verschiedene Charaktere mimen darf, gefällt nach wie vor. Wii-Spieler können sogar erstmals von Anfang an auch die dunkle Seite wählen.

Freie Wahl

Als dämonischer Dreg'atar kann man dann z. B. in die Rolle einer heimtückischen Assassine, eines zauberkundigen Lichs oder eines wieselflinken Goblins schlüpfen, während die Licht-Enklave Celenheim u. a. mit bulligen Rittern, treffsicheren Jägerinnen oder bombenkundigen Ingenieuren lockt. Insgesamt gibt es jedenfalls über ein Dutzend verschiedener Charakterklassen, die man nach und nach freispielen und in gut zwei Dutzend storybasierten Missionen individuell ausgerüstet einsetzen darf.

Die Charaktere lassen sich vor jedem Einsatz individuell ausrüsten.
Das Rüstungsangebot ist zwar sehr überschaubar, aber bei den Waffen gibt es eine ausreichende Vielfalt: Neben diversen Dolchen, Hämmern, Stäben, Äxten, Schwertern und Schilden freuen sich Bogen- und Armbrustschützen sogar über unterschiedliche Pfeile und Bolzen mit Gift-, Brand-, Zauber-, Präzisions- oder Sprengköpfen. Auch Bomben, Fallen und Elementarmagie bieten viel Platz für Experimente.

Zu den Waffen!

Jede Figur kann mindestens zwei klassenkompatible Waffen mit sich führen und jederzeit zwischen ihnen wechseln. Was man sich leisten kann, hängt vom strikt limitierten Gold ab, das man in den einzelnen Missionen erbeuten kann. Auch Heiltränke sind nur in sehr begrenzten Mengen verfügbar, eine Charakterentwicklung gibt es nicht. Vorsichtiges Vorantasten und genaues Erkunden zahlen sich entsprechend aus und auch Figuren- und Ausrüstungswahl sollten gut durchdacht sein.

Bei der Steuerung sollte man lieber zum Controller greifen...
Der in drei Stufen regulierbare Schwierigkeitsgrad ist jedenfalls noch immer kein Spaziergang - auch wenn man den Spielstand im Gegensatz zum Original nun jederzeit sichern kann. In schier aussichtlose Lagen kann man sich aber nach wie vor manövrieren. Trial&Error-Frust bleibt da natürlich nicht aus, wiegt aufgrund des überarbeiteten Speichersystems aber nicht mehr ganz so schwer.

Reine Nervensache

Remote und Nunchuk sollte man aber am besten gleich wieder einmotten und stattdessen zum Controller greifen. Die geschüttelten Angriffe mögen Geschmackssache sein, bei geschüttelten Sprüngen hört der Spaß aber auf und selbst in der eigentlichen Paradedisziplin Zielen versagt die Bewegungssteuerung auf ganzer Linie und bleibt immer wieder in völlig unbrauchbaren, kaum regulierbaren Kamerawinkeln stecken.

...an der katastrophalen Technik ändert das aber leider auch nichts.
Keine Abhilfe gibt es hingegen beim audiovisuellen Dünnpfiff, der hier ungefiltert auf die Mattscheibe klatscht. Selbst für genügsame Wii-Augen und -Ohren ist Enclave eine Zumutung. Das Spiel sieht doch tatsächlich deutlich schlechter aus als vor einem Jahrzehnt auf der Xbox. Der Pixelbrei ist teils so schlimm, dass selbst das Lesen von Texten zur Qual wird. Auch der knarzige Sound zehrt an den Nerven. Lediglich die deutschen Erzählstimmen zwischen den Kapiteln klingen noch immer gut.

Technisches KO

Auch das Leveldesign hat nach wie vor ein paar nette Ansätze und Überraschungen zu bieten. Der Mangel an Interaktions- und Zerstörungsmöglichkeiten wiegt aber noch schwerer als damals und auch über die einst gelobte KI, kann man heute nur noch den Kopf schütteln. Verhängende Gegner oder Weg versperrende Verbündete sind da noch die geringsten Übel. Man wird sogar durch massive Steinmauern hindurch angegriffen, von Script-Aussetzern im Regen stehen gelassen oder mit regelrechten Absturzserien bombardiert.

Fazit

Auf dem PC jubelte Paul anno 2003 noch: "Die Präsentation ist atemberaubend, Grafik und Sound bewegen sich auf höchstem Niveau." Neun Jahre später auf Wii ist Enclave nicht nur technisch bloß noch ein Schatten seiner selbst: Die Präsentation ist geradezu lachhaft, Grafik und Sound sind eine Zumutung, KI und Kollisionsabfrage ein Witz, die Bewegungssteuerung ein Graus, der fehlerhafte Programmcode ein absolutes Armutszeugnis. Hier hat man aus einem guten Spiel, ein mangelhaftes gemacht. Dabei hätten die duale Kampagne, die unterschiedlichen Charakterklassen sowie die spannende Gold- und Itemjagd durchaus auch heute noch für soliden Spielspaß sorgen können. Es wurde sogar das seinerzeit so gescholtene Speichersystem überarbeitet. Doch spätestens nach dem dritten "Out of Memory"-Absturz in Folge hat man einfach genug von diesem verpfuschten Comeback-Versuch...

Pro

  • duale Kampagne
  • viele Charakterklassen
  • motivierende Sammelreize

Kontra

  • öde Story
  • schwache KI
  • katastrophale Technik
  • antiquierte Präsentation
  • schlampige Programmierung
  • grauenvolle Bewegungssteuerung

Wertung

Wii

Damals gut, heute mangelhaft - völlig verpfuschter Comeback-Versuch eines zehn Jahre alten Abenteuers.