Resident Evil: The Darkside Chronicles HD - Test, Shooter, PlayStation3
Es ist schon eine ganze Weile her, als mich die Veröffentlichung von Resident Evil 2 zum Importhändler meines Vertrauens gehen und anschließend zu Hause vor Begeisterung nicht mehr los ließ. Auch mein bisheriger Liebling von Capcoms Survival Horror-Serie, Code Veronica, hat schon fast zehn Jahre auf dem Buckel und zeigte damals eindrucksvoll, was in Segas Dreamcast steckt. Ja, ich habe einige schöne Erinnerungen an dieses indizierte Duo - Erinnerungen, die in den Darkside Chronicles wieder wach gerufen werden, denn neben einer neuen Kampagne rund um Leon S. Kennedy und Jack Krauser lässt Capcom die Geschehnisse des zweiten Teils und Code Veronica quasi als spielbare Flashbacks erneut erleben - wenn auch in komprimierter Form, ohne Rätsel sowie auf vorgegebenen Railshooter-Pfaden.
Nostalgische Zeitreise
Ursprünglich erschien Resident Evil: The Darkside Chronicles im November 2009 als Nachfolger des hierzulande indizierten Resident Evil: The Umbrella Chronicles für Wii.So mutiert der knallharte und blutige Horror über weite Strecken auch zu einem emotionalen Nostalgie-Trip, wenn man plötzlich wieder mit Claire Redfield in der pompösen Haupthalle der Polizeistation von Raccoon City steht oder sich später zusammen mit Steve Burnside am Südpol dem gefährlichen Nosferatu im ewigen Eis oder anderen bekannten End- und Zwischengegnern wie dem mutierten Dr. Birkin oder der Ameisenkönigin Alexia Ashford stellen muss. Im Verlauf des Spiels erleben Kenner der Serie unheimlich viele dieser Aha-Momente, auch wenn die Handlung und Architektur teilweise von den Originalen abweicht.
Das ist jedoch unumgänglich, da man im Gegensatz zu den Vorlagen hier immer im Duett unterwegs ist - ein zweiter Spieler kann jederzeit einsteigen - allerdings nur lokal an einer Konsole, denn die Onlinefunktionen beschränken sich auf das Übertragen der Highscore. An eine Drop-Out-Funktion hat man leider nicht gedacht, so dass man eine angefangene Episode innerhalb der Kampagne komplett im Team durchziehen muss. Lang sind diese ohnehin nicht: Während man bei Dead Space: Extraction teilweise bis zu 45 Minuten am Stück spielt, gibt es hier Häppchen zwischen sieben und 15 Minuten. Erst auf Rockford Island (Code Veronica) ist man endlich länger in den Abschnitten unterwegs.
Kurze Häppchen
Keine Experimente
Mitten drin statt nur dabei
Mit The Darkside Chronicles zeigte Capcom 2009, wie gut Wii-Spiele aussehen können, wenn man sich entsprechend Mühe gibt. Die Texturen sind auf der PS3 deutlich schärfer als bei der Vorlage und auch das Kantenflimmern wurde merklich reduziert. Ihre Wurzeln kann die Technik aber nicht verbergen, denn trotz des HD-Transfers sind viele der Texturen bei genauem Hinsehen immer noch sehr matschig statt knackscharf. Trotzdem sehen vor allem die Außenbereiche des neuen Erzählstrangs mit ihrem wunderschönen Panorama rund um einen Staudamm oder ein abgelegenes Dorf im Dschungel klasse aus. Enttäuschend ist lediglich die Tatsache, dass gerade in den düsteren Abschnitten mit Taschenlampenbeleuchtung weder Objekte noch Figuren dynamische Schatten in Echtzeit an die Wände werfen - darunter leidet die Atmosphäre. Auch die fehlerhafte Kollisionsabfrage, durch die Gegner halb in Geländern oder Wänden verschwinden, wurde für die PS3-Umsetzung nicht verbessert und stört auch hier. Dafür machen die englischen Sprecher den gleichen guten Job, obwohl einige Dialogzeilen direkt aus den Drehbüchern drittklassiger Fernseh-Produktionen stammen könnten und dabei nicht immer lippensynchron vorgetragen werden. Leider haben sich bei den deutschen Untertiteln auch ein paar Rechtschreibfehler und unvollständige Sätze eingeschlichen, doch verstehen Neulinge aufgrund der komprimierten Handlung und des hohen Erzähltempos eh nur die Hälfte, während Veteranen schon bestens mit den Geschehnissen vertraut sind.
Der Kopf ist das Ziel
Auf der PS3 lässt sich das Spiel alternativ auch nur mit einem DualShock-Controller steuern. Keine gute Idee, ist es doch ein schwacher Ersatz für das wesentlich komfortablere und präzisere Move-Erlebnis, das der Wii-Vorlage in nichts nachsteht - vor allem in Kombination mit dem Navigations-Zusatz. Trotzdem hätte sich Capcom ruhig etwas mehr Mühe geben können: Die Chance, alte Fehler zu beheben oder der PS3-Version das eine oder andere Extra zu spendieren, wurde leider nicht genutzt. Zudem schauen deutsche Spieler wieder in die Röhre: Während im Ausland ein Kombo-Paket aus den Umbrella und Darkside Chronicles angeboten wird, erscheint hier nur Letzteres, da die USK dem Vorgänger die Einstufung verweigerte und der Titel auf dem Index landete. Das gleiche Schicksal ereilte schon die Resident Evil HD Collection, die bei uns lediglich aus Resident Evil 4 bestand – der Dreamcast-Ableger Code Veronica kam aufgrund der Index-Problematik ebenfalls nicht in der HD-Version zu uns.
Fazit
Was für ein herrlicher, intensiver, actionreicher und nostalgischer Horror-Trip! Mit Resident Evil: The Darkside Chronicles werden so viele Erinnerungen wach, dass ich die Reise auf Schienen durch Raccoon City, Rockford Island, die Antarktis und den neuen Schauplatz einfach lieben muss - und das nicht nur auf Nintendos Wii, sondern jetzt auch auf der PS3! Dabei fesselt mich vor allem die Wackelkamera mit ihren hektischen Fahrten und lässt mich instinktiv zusammen mit den Akteuren in Deckung gehen, auch wenn es die Entwickler mit der Intensität manchmal übertreiben. Allerdings hat Capcom ein Problem - und das heißt Dead Space: Extraction: Der gelungene Serienableger von EA, der der internationalen PS3-Fassung von Dead Space 2 kostenlos beilag, hinterlässt nicht nur technisch einen leicht besseren Eindruck, sondern hat auch gezeigt, dass man mit kreativen Zusätzen noch mehr aus dem Railshooter-Konzept herausholen kann als das, was das konservative Resident Evil zeigt. Trotzdem bekommt man hier einen der besten Vertreter des Genres, der trotz vertaner Chancen bei der HD-Kur vor allem zu zweit eine Menge Spaß macht. Den Mutanten auf der Ishimura müssen sich die Zombies allerdings auch auf der PS3 geschlagen geben...
Pro
- packende Atmosphäre
- intensive Wackelkamera...
- gute (englische) Sprecher
- toller Soundtrack
- aufrüstbare Waffen
- Koop für zwei Spieler
- drei Kampagnen
- knackige End- und Zwischengegner
- ansprechende & abwechslungsreiche Kulissen
- geteiltes Equipment
- Gore- und Splatter-Effekte
- teilweise zerstörbare Umgebung
- hervorragende Zwischensequenzen
- toller Nostalgie-Trip
- massig freispielbare Info-Extras
- Online-Ranglisten
Kontra
- Spielabschnitte meist sehr kurz
- ...die teilweise etwas zu heftig ausfällt
- kaum kreative Experimente bei der Spielmechanik
- kein Online-Modus
- keine dynamischen Echtzeit-Schatten
- z.T. furchtbare Kollisionsabfrage
- kein Dropout mitten im Spiel möglich (Mehrspielermodus)
- seltsame Kollisionsabfrage bei Kopfschüssen
- vereinzelte Slowdowns
- Abweichungen gegenüber der Vorlage
- teilweise furchtbare Dialoge
- nur Stereo-Ton