Dead Space 3 - Test, Shooter, 360, PlayStation3, PC
Vorsichtig schleiche ich durch die düsteren Gänge an Bord eines gestrandeten Raumschiffs. Der Kegel meiner Taschenlampe tastet die blutverschmierten Wände und die eingetrockneten Schleifspuren auf dem Boden ab. Erinnerungen an die Ishimura werden wach. Vorne an der Ecke flackert nervös eine Lampe. Habe ich da gerade einen Schatten gesehen? Ich gehe weiter. Langsam. Mein Atem übertönt das leichte Dröhnen im Hintergrund. Ich bin auf alles vorbereitet, habe den bewährten Plasma-Cutter immer griffbereit. Verdammt, was war das? Ein Rascheln? Das Vibrato der dissonanten Streicher wird mit jedem Schritt lauter, der dröhnende Bass intensiver. Mein Puls steigt. Plötzlich ein lauter Knall, begleitet von einem grässlichen Schrei, der durch Mark und Bein geht. Ich zucke kurz zusammen, drehe mich um und setzte fast schon reflexartig meine Stase ein, welche die schleimige Kreatur vorerst davon abhält, ihre tödlichen Krallen in meinen Körper zu bohren. Genug Zeit, das Biest mit gezielten Schüssen zu zerstückeln. Aber was zum Teufel? Es regeneriert sich! Elendiger Hunter! Jetzt hilft nur noch eines: Flucht!
Gänsehaut vorprogrammiert
Ein böses Omen
Leider ziehen sich die öden Gefechte mit den Unitologen wie ein roter Faden durch die gesamte Kampagne und sorgen dafür, dass die vielen großartigen und packend inszenierten Momente immer wieder einen unangenehmen Nachgeschmack bekommen. Die Demo hat schon einen kleinen Vorgeschmack auf Licht und Schatten in Dead Space 3 geliefert...
Unendliche Weiten
Schön dagegen, dass man neuerdings die Wahl hat, optionale Missionen zu absolvieren, die nicht nur weitere Einblicke in die mitunter wirre und dramaturgisch recht amateurhaft inszenierte Hintergrundgeschichte gewähren, sondern auch der Ausrüstung zugute kommen.
Apropos: Waffen, Upgrades, Munition & Co werden nicht länger mit Credits oder Knotenpunkten gekauft. Stattdessen sind diverse Ressourcen wie Altmetall oder Wolfram die neue Währung. In Kisten oder Spinden findet man reichlich Nachschub und auch Gegner hinterlassen nach ihrem Ableben oft Ressourcen, fertige Munition oder Heilpakete. Allerdings ist es nervig, dass man für die Beute immer noch auf die toten Körper stampfen muss, wenn man keine Kugel verschwenden will.
Kleiner Abzock-Helfer
Zu viel des Guten
Selbst die nächst höhere Stufe („schwer“), die sich ausdrücklich an Veteranen richtet, wirft dem Spieler die Heilpakete regelrecht hinterher, sodass sich auch hier das Inventar schnell füllt. Erst nach dem einmaligen Durchspielen werden weitere Modi freigeschaltet, bei denen es anspruchsvoller zugeht. In einer Variante hinterlassen Gegner z.B. keine Gegenstände / Ressourcen mehr, während man sich im Hardcore-Modus mit nur einem Leben durchschlagen muss. Stirbt man, geht es zum Anfang zurück! Das Fehlen der klassischen Speicherstationen nagt ebenfalls leicht an der Spannung, denn neuerdings werden die Speicherpunkte in fairen Abständen automatisch gesetzt. Die manchmal schwierige Entscheidung, weiterzumachen oder sicherheitshalber doch lieber die nächste Station mit dem gelungenen Navigations-Tool anzusteuern, entfällt hier also. Xbox 360-Besitzer mit Kinect können übrigens auf ein Set an Sprachbefehlen zurückgreifen und sich z.B. auf ausdrücklichen Wunsch zur nächsten Werkbank oder Zielpunkt leiten lassen. Bei gehobener Lautstärke werden allerdings auch manchmal ungewollt Aktionen ausgelöst, weil Kinect manche Soundeffekte oder Dialogzeilen fälschlicherweise als Sprachbefehl interpretiert. Deshalb ist es gut, dass man die Funktion auch deaktivieren kann.
Alte Bekannte & neue Gefahren
Eine interessante Ergänzung sind die Feeder - kleine Skelett-Wesen mit einer gewissen Aasgeier-Mentalität. Ähnlich wie die Monster aus dem Horrorfilm Descent verlassen sie sich in erster Linie auf ihr Gehör und sind weitestgehend blind. Erst wenn man sie direkt mit der Taschenlampe anstrahlt, reagieren sie und greifen kurze Zeit später in großer Anzahl an. Cool: Man kann die Biester gezielt auf die falsche Fährte locken und dadurch sicher umgehen, wenn man z.B. Dosen mit Kinese in die Ecke schleudert und sie durch den Lärm ablenkt. Leider vergibt Visceral die Chance, die neue Spezies wirkungsvoll in den Spielablauf einzubinden. Es wäre z.B. sehr viel spannender gewesen, ihnen unbewaffnet aus dem Weg gehen zu müssen anstatt auf der sicheren Seite zu sein, sie zur Not einfach über den Haufen schießen zu können. Überhaupt vermisst man Situationen, in denen man der Bedrohung hilflos gegenübersteht. Im Gegenteil: In der Regel ist man stets perfekt gerüstet, um es selbst mit einer ganzen Flut an Kreaturen aufzunehmen. Zwar gibt es ein paar haarige Situation, doch echte Panikmomente erlebt man nur selten.
Wo bleibt der Horror?
Selbst die wenigen, aber durchaus beeindruckenden XXL-Bossgegner verlieren schnell ihren Schrecken, wenn man einen Blick in sein gut gefülltes Inventar mit all den Heilpaketen, Munitions-Clips und durchschlagenden Waffen wirft, von denen man maximal zwei mitführen darf. Wenn man das Muster durchschaut hat, ist selbst der finale Endkampf eine Sache von fünf Minuten. Zudem wird meist dafür gesorgt, dass bei XL-Gegnern das zusätzliche Erledigen von Standard-Monstern den Nachschub an Munition und Medizin sichert. Hinzu kommt, dass man beim Design der Bosse nicht sonderlich kreativ war: Das spinnenartige Schneemonster, mit dem Spieler der Demo schon Bekanntschaft gemacht haben, könnte z.B. ein kleiner Bruder der Akriden aus Lost Planet sein - die orange leuchtenden Schwachstellen wären ein weiteres Indiz für die Verwandtschaft. Überhaupt scheint der Capcom-Shooter als Inspirationsquelle gedient zu haben: Nach dem Absturz auf dem Eisplaneten muss man auch hier zunächst seine Körpertemperatur im Auge behalten und sich an Feuern aufwärmen.
Das Thermometer sinkt
Dazu gesellt sich das inflationäre Verwenden von Spielmechaniken: Wenn man das erste Mal an einem Seil mit Blickrichtung nach unten eine Steilwand entlang läuft, ist das ein cooles Gefühl. Beim zweiten Mal ist es noch unterhaltsam. Doch wenn man sich irgendwann alle fünf Minuten in die Tiefe stürzen muss, wird es nur noch öde. Schlimmer ist jedoch der umgekehrte Weg, wenn man eine Steilwand erklimmen muss: Angefangen bei der unausgereiften Steuerung über eine fragwürdige Kollisionsabfrage bis hin zu frustrierenden Trial & Error-Passagen sind diese Kletterabschnitte eine kleine Katastrophe.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Apropos Rätsel: Hier bleibt sich Visceral bei Design treu: „Bloß nicht zu anspruchsvoll“, lautet weiterhin die Devise. Entsprechend fallen die Herausforderungen gewohnt simpel aus und beschränken sich meist auf kleine Schalter- und Transportaufgaben, den Einsatz von Stase oder kurze Reaktionstests. Die grauen Zellen werden leider nur selten gefordert.
Die Story nimmt gegen Ende zum Glück wieder etwas an Fahrt auf - zumindest schafft sie Anreize, dass man wissen will, wie die Geschichte rund um die Marker ausgeht und wer oder was letztlich dahinter steckt. Auf die platte Liebesgeschichte im Rahmen einer Dreiecksbeziehung hätte ich aber genauso gut verzichten können wie auf manch sinnfreie Dialoge, die zusätzlich durch die schwachen Leistung mancher Sprecher an Qualität verlieren. Und dann noch diese unausgereifte Abmischung: Warum klingen manche Dialogpassagen deutlich leiser als andere? Immerhin dürfen dieses Mal sowohl PS3- als auch Xbox 360-Besitzer alternativ auf die englische Sprachausgabe zurückgreifen. Diese ist zwar ebenfalls kein großer Wurf, aber immerhin etwas besser als das deutsche Gegenstück.
Die Zwischensequenzen zählen ebenfalls nicht zu den Stärken von Dead Space - die Inszenierung im Spielbetrieb hat man im Vergleich deutlich besser im Griff. Die etwas altbackenen Figurenmodelle mit ihrem Mangel an ausdrucksstarker Mimik tragen neben der langweiligen Kameraführung sicher ihren Teil dazu bei, dass die Filme nicht so wirken wie ich es mir wünschen würde.
Feuer frei!
Mit so genannten Platinen bohrt man außerdem die Leistungsfähigkeit der Waffen auf und sorgt z.B. für mehr Schaden, größere Magazine, schnelleres Nachladen oder eine höhere Feuerrate. Dabei lassen sich die Verbesserungen durch die Anordnung mehrerer Platinen sogar kombinieren und weiter steigern. Sollte das Wunsch-Update gerade nicht zur Verfügung stehen, kann man auch hier seine Ressourcen anzapfen und eigene Platinen produzieren. Über die verschiedenen Munitionssorten muss man sich übrigens keine Sorgen mehr machen: Mittlerweile gibt es nur noch eine Standardsorte, die in allen Wummen funktioniert, was auch dem Inventar-Management zugute kommt. Was hab ich mich früher geärgert, wenn ich in den Kisten nur Nachschub für Waffen gefunden habe, die ich gar nicht besessen habe...
Nicht nur Waffen, auch der Anzug (oder auch: Rig) lässt sich traditionsgemäß mit den bewährten Verbesserungen ausstatten: Wer die nötigen Ressourcen hat, darf u.a. in mehreren Stufen die Panzerung stärken, den Sauerstoffvorrat erweitern sowie Kinese- und Stase-Fähigkeiten ausbauen. Später (oder alternativ auch per DLC) bekommt man Zugriff auf weitere Anzüge, wobei alle Upgrades des aktuellen Outfits automatisch übernommen werden.
Gemeinsames Monsterschnetzeln
Die Zusammenarbeit beschränkt sich daei nicht nur auf gegenseitige Schützenhilfe; Munition, Waffen, Stase-Module und Heilpakete lassen sich ebenfalls untereinander austauschen. Damit kein Streit oder Wettrennen um Ressourcen und Extras entsteht, bekommt jeder Spieler an Kisten, Spinden oder besiegten Gegnern seine eigene Beute. Während Isaac Medizin aufsammelt, findet Carver an gleicher Stelle z.B. Munition - eine faire Lösung. Ebenfalls schön, dass beide Spieler Zugriff auf das Inventar ihrer Solo-Kampagne haben und für den Koop keine separate Sammlung angelegt wird.
Ich sehe was, was du nicht siehst
Trotzdem macht das gemeinsame Vorgehen durchaus Spaß, wenn man sich gegenseitig den Rücken frei hält und im Kampf gegen die Nekromorphs oder Unitologen unterstützt. Mit dem Partner an der Seite rücken die Horrorelemente allerdings noch stärker in den Hintergrund. In diesem Zusammenhang bin ich den Entwicklern zumindest dankbar, dass sie sich nicht zu sehr an Resident Evil orientiert haben und mir einen ständigen KI-Partner an die Seite stellen. Wenn ich mich mit Isaac alleine durchschlagen will, kann ich es hier auch tun. Die Auftritte von Carver und anderen Figuren beschränken sich in der Solo-Kampagne deshalb meist auf Zwischensequenzen oder den Funk.
Leben und sterben lassen
Hier entsteht oft die Panik, die man beim Solospiel vermisst - vor allem, wenn der Partner verletzt am Boden liegt und nur ein kleines Zeitfenster zur Verfügung steht, um ihm wieder auf die Beine zu helfen. Wer eine größere Herausforderung sucht, kann die Wiederbelebung sogar in den Optionen deaktivieren. Klar, dass unter diesen Bedingungen der Nervenkitzel steigt und der Überlebenskampf seinem Namen wieder gerecht wird.
Leider lässt sich der Koop-Modus ausschließlich über eine Online-Verbindung spielen. Lokale Sessions im LAN oder gar Splitscreen werden nicht erlaubt. Ein Grund für diese Entscheidung dürfte sein, dass EA mit seinem Onlinepass zusätzliches Geld verdienen möchte und ein Teil dieser Einnahmen natürlich verloren gehen würde, wenn man System Link als Option anbieten würde. Eine traurige Entwicklung!
Direkte Umsetzung
Wer etwas schwachbrüstiger ausgerüstet ist, darf in den Grafikoptionen immerhin Effekte wie Bloom oder V-Sync der Leistungsfähigkeit seines PCs anpassen. Neben dem 360-Controller werden außerdem Maus und Tastatur unterstützt, was das Spiel aufgrund des schnelleren Zielens etwas vereinfacht.
Keine große Überraschung dürfte sein, dass Dead Space 3 auf dem PC ein Origin-Konto voraussetzt und bei Aktivierung an selbiges gebunden wird; ein Weiterverkauf ist demnach nicht möglich. Immerhin besteht kein Online-Zwang, wenn man solo in der Kampagne unterwegs ist. Fazit: Auf dem PC bekommt man im Prinzip das gleiche Erlebnis geboten wie auf den Konsolen – mit all seinen Vor- und Nachteilen. Den technischen Vorsprung, durch den so manche PC-Version mit einer leicht höheren Wertung honoriert wurde, gibt es hier leider nicht.
Fazit
Dead Space 3 war für mich eine Achterbahn der Gefühle: Die gut 20 Stunden umfassende Kampagne fährt vor allem im Weltraum zur Höchstform auf - abwechslungsreiche Aufgaben, beklemmende Atmosphäre und gelungene Tempowechsel. Und dann noch dieser famose Surround-Sound, der mir schon alleine eine Gänsehaut beschert. Oder die ansehnliche Kulisse, die noch größere Areale und fantastische Effekte zeigt. In Momenten wie diesen hat Isaac noch um den Gold-Award gekämpft! Doch kurz nach der Ankunft auf dem Eisplaneten fallen nicht nur die Temperaturen; auch der Spielspaß sinkt bei jeder Begegnung mit den dämlichen Soldaten und Monsterwellen. Gegen Ende verliert sich das Spieldesign immer mehr in belangloser Action, wirkt oft ideenlos und nervt durch das Zurückschicken in bekannte Gebiete sowie Wiederholungen von mitunter frustrierenden Abschnitten. Der prickelnde Horror, der die Serie einst ausgezeichnet hat, bleibt auf der Strecke. Die Überversorgung an Heilpaketen und Munition trägt ihren Teil dazu bei, dass sich kaum Spannung aufbauen und ein echter Überlebenskampf entstehen kann. Das leisten erst die zusätzlichen Modi, die nach dem Durchspielen angeboten werden. Hier wirken endlich auch die wenigen, aber imposanten Bossgegner bedrohlicher und das Experimentieren mit dem Waffenbaukasten sowie das Ressourcen-Management wird umso wichtiger. Die mitunter abstruse Story, die oberflächlichen Charaktere und platten, dürftig synchronisierten Dialoge bleiben aber auf dem enttäuschenden Niveau. Die Koop-Kampagne ist zwar eine gelungene Ergänzung, Visceral vergibt aber die Chance, mit Halluzinationen & Co für das einzigartige Erlebnis zu sorgen, das man versprochen hat. So bleibt die traurige Erkenntnis, dass mit Dead Space eine weitere Horror-Serie immer stärker in Action-Gefilde abdriftet, auch wenn Dead Space 3 immer noch zwei Klassen besser ist als das, was Capcom zuletzt mit Resident Evil 6 verbrochen hat.
Pro
- umfangreiche Kampagne
- überwiegend prächtige Kulissen & tolle Licht-/Partikeleffekte
- grandioses Sounddesign
- spaßiger Waffen-Baukasten
- kleine Rätselelemente...
- kein ständiger KI-Begleiter
- Ressourcen-Management statt Währung
- gewohnt gutes Navigationssystem & HUD
- einige atmosphärische & großartig designte Abschnitte...
- eklige Mutationen & Neuzugänge
- optionale Missionen & zusätzliche Koop-Aufträge
- faire Speicherpunkte
- optimiertes Inventarmanagement
- Nutzen von Stase- und Kinese-Fähigkeiten (Rätsel & Kampf)
- taktisches Zerstückeln von Gegnern
- imposante Bossgegner
- freischaltbare Zusatz-Modi (u.a. Hardcore-Modus)
- (optionale) Sprachsteuerung (Kinect)
- englische Sprachausgabe auf PS3 UND 360 enthalten
- (optionale) Koop-Kampagne mit separaten Zusatzmissionen
Kontra
- furchtbare KI (bei Unitologen-Soldaten)
- gegen Ende zu starker Fokus auf Action
- einige deplatzierte 08/15-Actionabschnitte
- platt inszenierte und mitunter verwirrende Story
- ...aber ohne großen Anspruch
- Schockmomente nutzen sich ab (vor allem für Kenner)
- Überversorgung an Heilpaketen, Ressourcen & Stase (lässig
- schwer)
- nervige Stampf-Mechanik für das Erhalten von Extras
- ...aber auch viel Backtracking & generisch designte Abschnitte
- einige schlecht besetzte deutsche Sprecher
- störende Abmischung bei Sprachaufnahmen (laut / leise)
- kaum vorhandene Mimik / grobe Gesichtsmodellierung
- fragwürdige DLC-Politik
- Koop-Modus fehlt der besondere Kick
- kein System Link / LAN