13th Century: Death or Glory - Test, Taktik & Strategie, PC

13th Century: Death or Glory
14.03.2008, Bodo Naser

Test: 13th Century: Death or Glory

Wer mittelalterliche Schlachten liebt, ist mit Medieval 2: Total War plus Add-On eigentlich mehr als gut bedient. Jetzt schicken sich der russische Publisher 1C Company und Atari an, den unangefochtenen Genrekönig herauszufordern. Was bietet das historische Echtzeit-Strategiespiel, das ohne Welteroberungsmodus daher kommt?

Wie lief eine mittelalterliche Schlacht eigentlich ab? Im Prinzip hatte sich seit der Antike ja nicht viel in punkto Bewaffnung geändert, wenn man davon absieht, dass es im 13. Jahrhundert mehr geharnischte Reiter auf dem Feld der Ehre gab. Aber

Schwer gepanzerte Reiter dominieren das mittelalterliche Schlachtfeld im Spiel in Ost und West.
bereits die Römer setzten auch gepanzerte Kataphrakte ein, die nicht selten asiatische Hilfstruppen waren. Weiter gab es Fußkämpfer, die sich mittels Lanzen gegen die Ritter erwehrten. Das haben aber auch schon die griechischen Hopliten mit ihren langen Speeren getan. Daneben verschossen Bogen- und Armbrustschützen ihre Pfeile bzw. Bolzen. Immerhin war die Armbrust im Abendland eine neue Erfindung, die sogar ob ihrer Durchschlagskraft geächtet wurde, da sie als unritterlich galt.

Krieger aus Eisen

Die martialische Bewaffnung täuschte darüber hinweg, dass es den Kämpfern zu Fuß vielfach an Drill mangelte, von Disziplin mal ganz zu schweigen. Oftmals handelte es sich im Hochmittelalter beim Fußvolk nur um bewaffnete Bauern ohne große Erfahrung, Ausbildung und daher mit niedrigem Kampfwert. Berufskrieger waren nur die Ritter, zu Fuß kamen sie als bezahlte Landsknechte erst gegen Ende des Mittelalters auf. Trotz der veralteten Bewaffnung hätte es also eine römische Legion vermutlich mit jedem mittelalterlichen Heer aufgenommen. Das spiegelt sich auch im Spiel wider, da es verschiedene Erfahrungs- und Moralstufen von Anfänger bis Veteran gibt.

Das 13. Jahrhundert wurde übrigens thematisch ganz bewusst gewählt, denn es war das letzte Jahrhundert, in dem das Schwarzpulver auf europäischen Metzelplätzen noch keine Rolle spielte. Feuerwaffen kommen daher im Spiel nicht vor, aber

Allerdings finden die Rittersleut ihren Meister in den Pikenieren, die im Spiel sehr überlegen und somit fast unbesiegbar sind. 
es ist auch so fordernd genug. Spiegelt 13th Century nun die damalige Kampfweise realistisch wider? Ja und nein. Oberflächlich betrachtet beinhaltet es alle Elemente, die man zur Zeit der Burgen erwarten würde. Es gibt die typischen Einheiten, auch wenn es keine solche Fülle von Truppenarten wie bei Total War gibt. Obwohl jedes Volk seine Spezialeinheiten wie französische Ritter, englische Bogenschützen oder berittene Mongolenkrieger ins Feld führt, spielen sich die Schlachten oft ähnlich.

Mittelalterliches Militär

Allerdings ist es beispielsweise viel zu hart, einen mit langen Piken bewaffneten Trupp nieder zu ringen. Selbst eine Kombination von Schwertkämpfern und Rittern unter massiven Einsatz von Bogenschützen beißt sich daran regelmäßig die Zähne aus. Obwohl ab dem Spätmittelalter die Pikeniere dominierten, ist das doch unrealistisch, zumal es irgendwann Zeit sein sollte, dass die untrainierten Einheiten im Spiel flüchten - gerade weil es eben keine gedrillten makedonischen Lanzenkämpfer sind. Außerdem greifen die Reiter von hinten an, was aber nicht immer gelingt, wie gewünscht. Obwohl ihr von rückwärts kommt, kommt öfters der Kommentar, dass ihr nicht frontal attackieren sollt. Hier stimmt die Bedienung nicht recht: Ihr müsst schon exakt von hinten treffen, damit es zählt.

Die Schlachten sind aber nicht nur deshalb schweißtreibend, weil die Karten teils recht groß sind und die Einheiten es an der letzten Balance vermissen lassen. Die gegnerische KI agiert durchaus geschickt und nutzt Geländevorteile wie Engpässe,

Flüsse sind anders als bei Total War kein großes Hindernis, so dass sich in ihrem Schutz niemand sicher fühlen kann. 
Wälder oder Brücken gnadenlos aus. Wie bei Medieval 2 sind es die es auch wieder die Hügel, von denen Schützen besonders effektiv ihre Pfeilhagel verschießen. Pfeil und Bogen entfalten ohnehin keine solch hohe Wirkung wie bei Total War. Flüsse lassen sich trotz Furten ohne größere Probleme fast überall überqueren, was nicht immer realistisch ist, wenn der Strom etwa zu tief ist. Denn ob sich die schwer beladenen Pferde samt Reiter ins Wasser trauen, ist die Frage, auch wenn sie gedrillt sind. Ein falscher Tritt und Ross und Ritter sind Geschichte, da ans Schwimmen mit einer schweren Rüstung nicht zu denken ist, mit der man nicht einmal ohne Hilfe aufs Pferd kommt.

Dem Gegner einheizen

Menschliche Regungen zeigt die KI immer dann, wenn ihr einen Scheinangriff startet. Sie fällt natürlich darauf rein, was je nach Intelligenz, Erfahrung und Abgebrühtheit auch einem Hobby-General aus Fleisch und Blut passieren kann. Wenn die KI darauf reinfällt und dann der Hauptstoß unverhofft woanders losdonnert, kommt das schönste Durcheinander zustande. Der Computergegner versucht die restlichen Truppen noch an die Stelle zu werfen, wo der Angriff startet und alles gerät in Bewegung. Das ist verheerend, denn die Geschlossenheit der Formation spielt eine große Rolle. Wer seine Reihen geschlossen hält, hat einen Bonus im Kampf. Ebenso wenn neben unerfahrenen Truppen erfahrene Kämpfer stehen, denn sie fühlen sich sicherer.

                   

Der Umfang fällt trotz 21 spielbarer Völker von Aragon über Burgund und Schottland bis nach Weißrussland eher dünn aus. Es gibt sechs Kampagnen mit je einer Hand voll Einsätze, plus Tutorial, die aber nur eine lose Aneinanderreihung von mehr oder minder historischen Schlachten darstellt wie etwa der auf Marchfeld von 26. August 1278 zwischen Habsburg und Böhmen. Eine durchgehende Story wird nicht erzählt. Da gibt es die unvermeidlichen Aufeinandertreffen von englischen und französischen Rittern ebenso wie deutsche Eroberungen in Osteuropa oder Kämpfe der Russen gegen Polen. Bei jeder Schlacht gilt ein Einheitenlimit, das nicht sehr hoch ist. Es sind nie so viele Ritter unterwegs, wie sein könnten.

Eingeschränkter Umfang

Darüber hinaus gibt es noch einen freien Modus, bei dem ihr selbst Schlachten generieren lassen könnt. Die Karten dafür sind vorgegeben. Hier könnt ihr einstellen, für wie viel Taler ihr Ritter, Fußkämpen und Bogenschützen einkaufen dürft. Das ist noch das witzigste, denn dann beginnt die Schlacht wie gehabt. Wem das nicht reicht, der kann auch noch auf den obligatorischen Multiplayer ausweichen, der natürlich aber auch nur wieder Schlachten bietet. Per LAN oder Internet könnt ihr hier Ritter aufeinander hetzen.

Aus der Entfernung betrachtet, kann 13th Century durchaus optisch mit Medieval 2 mithalten. Doch aus der Nähe ist der mittelalterliche Ableger der Total War doch ein ganze Ecke realistischer, das Schlachtgetümmel wirkt irgendwie

Pferde mal ohne Beine. Waten sie noch wo durch oder sind sie schon im Reich der Schatten angekommen?
lebensechter. Aber realitätsnah geht es auch bei 13th Century zu, da die Wappen der europäischen Fürsten durchaus ihren historischen Vorbildern gleich sehen. Auch die bunten Gewänder der Rittersleut und Hauptleute sowie die erdfarbenen des Fußvolks entsprechen grob der Mode des 13. Jahrhunderts. Da das Spiel aus Russland stammt, ist es auch nicht verwunderlich, dass man sich bei den osteuropäischen Truppen besonders Mühe gegeben hat.

Bunte Wappen und Gewänder

Die Umgebung kann durchaus mit dem mithalten, was die Total War-Engine so an 3D-Landschaften so zaubert, das ja auch nicht immer nur das Gelbe vom Ei ist. Das Wasser geht in Ordnung, die Bäume bewegen sich und Grashalme wiegen im Wind. Auch hier wird daher ein Fokus auf Osteuropa deutlich, denn es schleicht sich eine gewissen Eintönigkeit ein, da es letztlich immer dieselbe mittel- bis osteuropäische Landschaft ist. Kein Wunder, denn fast alle Schlachten spielen in dieser Klimazone. Da es trotz des Eindrucks, den das wuchtige Intro erweckt, keine großen Belagerungen gibt, können die auch nicht für optische Highlights sorgen.

Im Vergleich mit der Total War-Reihe fällt natürlich sofort negativ auf, dass es keinen Welteroberungsmodus gibt. Es gibt nicht einmal annähend etwas, das diesem genialen Element entsprechen würde, was freilich erheblich an der

Unterm Strich bietet 13th Century einfach nicht die Abwechlsung wie Total War, die Schlachten laufen alle ähnlich ab.
 Langzeitmotivation nagt. Wer ihn haben möchte, muss sich eindeutig an Medieval 2 halten. Obwohl die Steuerung ziemlich ähnlich funktioniert und ihr auch hier die Formationen rasch verändern könnt, ist es letztlich doch nicht so rund zum bedienen wie Total War. Es gibt immerhin auch eine praktische Pausentaste, die ihr immer drückt, wenn ihr in Ruhe befehlen wollt. Danach geht's dann weiter.

Kommt's ran?

13th Century bietet insgesamt viel weniger Abwechslung als Medieval 2. Irgendwie spielt sich jede Schlacht ähnlich, obwohl auch weniger bekannte historische Schlachten dabei sind. Die Vielfalt der damaligen Kriegführung wird nur unzulänglich einfangen. So hatten die Mongolen, die auf schnelle Vorstöße von berittenen Bogenschützen, sicher eine ganz andere Taktik wie Deutsche Ordensritter, die ganz auf die Wucht ihrer schwer gepanzerten Ritter setzten. Aber leider bieten weder die Ritter noch die Mongolenreiter im Spiel einen Spezialangriff. Die Ritter dürfen zwar eine Keilformation bilden, aber eine letzten Vorteil verschafft das nicht. Die berittenen Bogenschützen bieten keine Kreiselangriff, den es bei Rome: Total War gab. Immerhin weichen sie aus, wenn sie angegriffen werden. Mühsam ist auch, dass eure Ritter zu Beginn immer aggressiv eingestellt sind. Ihr müsst sie erst von Hand bändigen, damit sie keinen wilden Attacken mehr galoppieren.

       

Fazit

Zunächst sieht es so aus, als könnte 13the Century wirklich mit Medieval 2: Total War mithalten. Zumindest die historischen Ritterschlachten machen anfänglich noch Spaß, da sie recht fordernd sind, was auch der recht aggressiven KI zu verdanken ist. Man freut sich auch darüber, dass der Fokus dieses Mal eher in Osteuropa liegt, da diese Region noch nicht so oft inszeniert wurde wie die bekannteren Schlachtfelder des abendländischen Mittelalters. Aber auf längere Sicht bietet das russische Echtzeit-Taktikspiel einfach zu wenig, was Umfang, Truppentypen und Abwechslung betrifft. Jedes Aufeinandertreffen spielt sich irgendwie ähnlich, woran auch die teils riesigen Schauplätze nichts ändern können, die sich landschaftlich schnell gleichen. Im Endeffekt wird trotz bunter Wappen, Kämpen und Gewänder zu wenig Wert auf die Vielfalt gelegt, was die Gefechte schnell eintönig werden lässt. Da wird nicht nur der Strategiemodus von Medieval 2 schmerzlich vermisst, sondern auch seine opulent inszenierten Belagerungen oder die Spezialattacken der verschiedenen Kämpfer. Wer nur dringend Schlachtennachschub braucht, kann sich 13 Century trotzdem mal anschauen; wer hingegen eine umfassende Simulation sucht, sollte sich für Total War entscheiden.

Pro

  • mittelalterliche Gefechte
  • taktische Kämpfe
  • fordernde KI
  • nicht einfach zu gewinnen

Kontra

  • keinen Welteroberungsmodus
  • Medieval 2-Klon
  • wenig abwechslungsreich
  • Pikeniere zu überlegen
  • keine Belagerungen

Wertung

PC

Unterm Strich kommt es trotz Osteuropaschwerpunkt nicht an Medieval 2 ran.