Sound Shapes - Test, Plattformer, PSP, PS_Vita, PlayStation3, PlayStation4

Sound Shapes
13.08.2012, Jan Wöbbeking

Test: Sound Shapes

Wenn schon ein Musik-Spiel, dann richtig: Im Retro-Plattformer Sound Shapes blitzt nicht der Hintergrund im Takt - stattdessen produzieren Gegner und Noten die Musik. Einfach auf eine wacklige Plattform springen und schon gibt sie mit genervtem, aber rhythmischem Grummeln nach. Oder man schnappt sich eine Note aus der Luft und fügt dem Lied eine Spur hinzu.

Am Mittwoch erscheint der Titel im PSN für Vita und PS3. Dann dürfen auch die Spieler im Editor kreativ werden: Wie in einem Musikprogramm zischt eine Linie von links nach rechts über einen bildschirmgroßen Raum und spielt alle im Raster platzierten Noten an. Oder man installiert einen fies brummenden Robo-Wächter mit tödlichem Laserblick. Er kann seinen Hals ausfahren, wenn der Spieler am oberen Bildrand herumturnt. Je länger der Hals, desto höher klingt das voluminöse Elektro-Brummen.

Kreative Plattform-Reise

Die mitgelieferten Levels funktionieren nach dem gleichen Prinzip. Während man die mit Fallen gespickten Räume durchquert, schnappt man sich immer mehr Noten, welche der Hintergrundmusik mehr Spuren verleihen. Zwischendurch sorgt das rhythmische Brummen, Zischen und Zwitschern der Gegner für Akzente. Die Steuerung gibt sich simpel und präzise, bietet aber eine nützliche Eigenheit: Die knuffige Heldenkugel kann nicht nur hüpfen, sondern auch an manchen Decken und Wänden kleben. Einige Gefahren kann man also elegant umgehen, zu leicht wird es dank kniffliger Sprungpassagen aber nicht. Ab und zu muss man geschickt zwischen dem klebrigen Normalzustand und dem Turbo-Modus wechseln, um weite Abgründe zu überwinden. Frust kommt dank fair platzierter Checkpoints nicht auf. Ab und zu gibt hüpft man in ein kleines Ufo, um einige Räume schwebend zu durchqueren.

Auch die Superbrothers (Sword & Sworcery) haben das Design einer äußerst coolen Welt beigesteuert: In "Corporeal" springt man rhythmisch schlürfenden Kaffee-Trinkern auf den Schädel, damit sie Sicherheitstüren öffnen.
Die Idee zum musikalischen Hüpfer entstand in Toronto: Entwickelt wurde das Konzept von Queasy Games (Everyday Shooter) und dem kanadische Musiker Jonathan Mak, welcher natürlich ein paar Musikstücke beigesteuert hat. Später stiegen auch Sonys Santa Monica Studio und einige vom Design begeisterte Musiker ein.



Gesang erwacht zum Leben

Die bekanntesten sind der US-amerikanische Soundtüftler Beck der House-Produzent Deadmau5. Vor allem Beck ist ein echter Gewinn für das Projekt: Sein folklastiger Pop-Mix ist mir eigentlich zu seicht und kitschig, doch hier verschmilzt er voll und ganz mit dem Spielverlauf. Die in Pastellfarben gezeichnete Welt voller surrealer Lebewesen wirkt wie eine postapokalyptische Monty-Python-Animation. Nuklear-Raketen zucken rhythmisch durch zertrümmerte Häuserschluchten und tödliche Explosionen breiten sich mit jedem Beat bedrohlich aus. Wenn Beck ein „Aaaaaaaaah“ intoniert, erscheint eine rettende Sprechblase am Himmel, an die man seine Kugel pappt und flott den Abgrund überwindet. Auch der Rest des Textes passt perfekt: Bei „Hurt a little“ verwandelt sich eine sichere Plattform in eine stachelige rote Todesfalle.

Das Highlight der Sammlung: In den postapokalyptischen Beck-Levels erwacht der Liedtext zum Leben.
Ebenfalls cool ist die Welt Corporeal mit Musik von Jim Guthrie. In graubraunen Industrieanlagen müssen blitzende Großrechner und im Takt schlürfende Kaffetrinker überwunden werden. Trotz einiger Schalter-Rätsel konzentriert sich das Spiel auch hier aufs Hüpfen. Die Retro-Welt mit Musik von Deadmau5 zitiert allerlei Klassiker der Spielgeschichte wie Space Invaders. Sein Mauskopflogo ist ein tolles Requisit für tödliche Fallen in eigenen Levels. Ähnlich wie in LittleBigPlanet spielt man nach und nach neue Bausteine in der „Kampagne“ frei. Mit der Komplexität von Sackboys Welt kann der SoundShapes-Baukasten bei weitem nicht mithalten, trotzdem hat bei mir auch hier das Bastelfieber zugeschlagen. Die Komposition der Levels gestaltet sich hier erfreulich anders und musikalisch: Die größte Herausforderung ist es, einen gut ausbalancierten Level so zu gestalten, dass auch das nebenbei geschaffene Musikstück gut klingt. Durch den Einsatz von Touchscreen und Rückseiten-Touchpad lassen sich in der Vita-Fassung Plattformen, Noten und andere Objekte elegant mit der Fingerspitze umher schieben.

Invaderoids und Galaxanoids

Die Ergebnisse werden nicht nur per Wifi, sondern auch per 3G ins Netz hochgeladen. Dort lassen sie sich allerdings nur nach neuen Levels und positiven Bewertungen sortieren. Besonders viel Spaß macht es, die Bestzeit des Erbauers zu unterbieten. Die Entwickler-Levels besitzen ebenfalls Bestenlisten, welche sich aber nicht einmal nach Freunden sortieren lassen und gelegentlich unter Bugs leiden. Das größte Manko am Spiel ist die kurze Spieldauer von nur rund zwei Stunden. Danach kann man sich noch an zwei Bonus-Modi

Ein Blick aufs Projektil-Chaos. Zwischendurch schwebt man immer wieder im Ufo oder anderen Fluggeräten durch die surreale Welt.
versuchen, welche nicht ganz so viel Spaß machen wie das Original-Spiel: Im Todesmodus sammelt man unter Zeitdruck zufällig auftauchende Noten ein, in der Beat-Schule komponiert man nur nach Gehör kleine Soundloops nach.

Die PS3-Fassung ähnelt der Vita-Version stark: Auf die bequemen Touchscreen-Funktionen im Editor muss man natürlich verzichten, doch auch mit Sticks und Knöpfen lässt er sich gut bedienen.Vorbildlich ist, dass Käufer einer Fassung die andere gratis dazubekommen. Einfach zur Liste vergangener Downloads wechseln – dort lassen sich beide Fassungen herunterladen. Auf Wunsch wird sogar der Spielstand online in der Cloud gespeichert, so dass man z.B. unterwegs mit der Vita anfängt und zu Hause auf der PS3 weiterspielt.

Besonderheiten der PS3-Version

Fazit

Sound Shapes beweist, wie stilsicher man Musik und Spiel miteinander verbinden kann. Anders als in Audiosurf oder Beat Hazard Ultra verkommt der Hintergrund nicht zum simplen Visualizer. Jede Plattform, jedes Wesen und jede Sammel-Note produziert eigene rhythmische Geräusche. Das Ergebnis ist ein simpel gestrickter, aber unheimlich knuffiger und stimmungsvoller Musik-Plattformer. Das Basteln eigener Levels und Lieder mit dem einfachen Editor macht ebenfalls Laune. Schön auch, dass sich die Ergebnisse wie in LittleBigPlanet Vita per 3G-Anbindung tauschen lassen. Der größte Nachteil ist die Kürze des mitgelieferten Abenteuers. Nach rund zwei Stunden war ich durch und die zwei Bonus-Modi haben mich bei weitem nicht so motiviert wie das Hauptspiel. Schade ist außerdem, dass die Framerate manchmal in die Knie geht, es keine Bosskämpfe gibt und sich die Bestenlisten nicht nach Freunden sortieren lassen.  Trotzdem hat mich Sound Shapes ein paar Stunden lang vorzüglich unterhalten.

Pro

  • klassisch motivierender 2D-Plattformer
  • rhythmische Gegner und Noten erzeugen die Musik
  • abwechslungsreiches und knuffiges Techno-Design
  • experimenteller Electro-Soundtrack
  • Levels und Musik mit dem Editor basteln
  • Level-Tausch per Wifi oder 3G
  • zwei besonders schwere Bonus-Modi
  • fair gesetzte Checkpoints
  • dank Cloud-Spielstand abwechselnd zu Hause und unterwegs weiterspielen

Kontra

  • Entwickler-Levels rund zwei Stunden kurz
  • nur wenige Community-Features
  • keine fetten Bosskämpfe
  • gelegentliche Slowdowns
  • zu simple, teils fehlerhafte Bestenlisten

Wertung

PS_Vita

Kurzer aber kreativer Musik-Plattformer mit Editor und knuffigem Design.

PlayStation3

Kurzer aber kreativer Musik-Plattformer mit Editor und knuffigem Design.