Madagascar 3: Flucht durch Europa - Test, Action-Adventure, 360, Wii, NDS, PlayStation3, 3DS

Madagascar 3: Flucht durch Europa
17.09.2012, Jan Wöbbeking

Test: Madagascar 3: Flucht durch Europa

Namco-Bandai beschwört den Zusammenhalt der Madagascar-Fans: Wie im kommenden Kinofilm müssen Alex, Melman & Co auf ihrer Flucht durch Europa zusammenarbeiten, um den Tierfängern ein Schnippchen zu schlagen. Anders als bei Merida ist Gewalt ein Tabu. Statt zuzuschlagen, puzzeln und hüpfen zwei Spieler kooperativ vor der Konsole.

Marty kann sich auf hohe Türme schießen lassen. Vorher muss die zweite Figur oft Schalter umlegen, sonst klatscht das Zebra gegen eine verschlossene Tür.
Eigentlich wollen die Freunde aus dem New Yorker Zoo nur zurück nach Hause. Da die Tierfängerin Chantel DuBois und ihre Schergen sich an ihre Fersen geheftet haben, müssen sie allerdings einige Umwege einplanen. Die Reise führt durch eine Reihe beliebter Touristenziele wie Rom, Pisa oder London. Nachdem der Spieler den Plan der militärisch organisierten Pinguine studiert hat, geht es auf die Dächer. Auf Balkons und Ziegeln können die mit Keschern und wenig Intelligenz ausgestatteten Tierfänger die Helden nicht entdecken.

Mit Grips und Giraffenhals

Bei der Flucht in die Vertikale muss man sich die Fähigkeiten der zwei vorgegebenen Tiere geschickt zunutze machen. Je nach Mission werden zwei Figuren vom Spiel vorgegeben. Der akrobatische Löwe Alex beherrscht z.B. einen Doppelsprung und kann auf Pfählen balancieren. Nilpferd Gloria taucht durch unterirdische Kanäle, Melman erreicht mit seinem Giraffenhals hoch angebrachte Kurbeln und kann über Seile balancieren, was dank seiner staksigen Beine richtig ulkig aussieht. Auch der Rest der zackigen Cartoon-Animationen ist den Entwicklern von Monkey Bar gut gelungen.

Wenn niemand im Splitscreen einsteigt, wird der zweite Held vom Computer gesteuert - welcher sich gerne mal übermütig in den Abgrund stürzt.
Spielt man alleine, wechselt man auf Knopfdruck zwischen den zwei Figuren. Mehr Spaß macht es mit einem Freund. Er kann jederzeit ein- oder aussteigen und übernimmt im Splitscreen die Rolle des zweiten Helden. Auf dem geteilten Bildschirm läuft das Spiel genau so flüssig wie sonst, einen kooperativen Online-Modus gibt es nicht.

Kooperative Flucht durch Europa

Zu Beginn macht es vor allem zu zweit Spaß, zwei Dreamworks-Figuren zusammenarbeiten zu lassen und sich ihre knuffigen Animationen anzuschauen. Nach ein paar Stunden nutzt sich das Pinzip aber stark ab. Der Spielablauf beschränkt sich auf einfach gestrickte Schalterrätsel, welche sich genauso schnell wiederholen wie die ewig gleichen Gebäude. Das Kopfsteinpflaster und die Wasseroberflächen besitzen zwar einen schönen Oberflächenglanz, in Kulissen wie der Manege wecken große Polygone und unscharfe Texturen aber Erinnerungen an die PS2-Ära. Auch die undynamisch vor sich hin dudelnde Musik und die panischen Schreie der Passanten nerven schon nach wenigen Minuten.

Hat man eine Stadt abgeschlossen, versucht man sich in durchwachsenen Zirkus-Minispielen.
Wer keine Aufmerksamkeit erregen will, kann sich aber immerhin auf erstaunlich simple Weise tarnen: Per Knopfdruck setzt das gesteuerte Tier eine Sonnenbrille auf und wird fortan für einen Menschen gehalten. Besser als die Musik ist die Synchronisation gelungen. Der hyperaktive Lemur König Julien wird z.B. von seinem deutschen Original-Sprecher vertont. Beim Briefing des Chef-Pinguins wurde dagegen kein Mitglied der Fantastischen Vier, sondern ein Ersatzsprecher engagiert. Wer den militärisch straffen Ton im Original erleben will, kann auch auf Englisch umschalten.

Fade Sammelroutine

Als lästig erweisen sich die zahlreichen Sammelaufgaben: Bevor man eine Mission beendet, muss oft erst der komplette Stadtteil nach sämtlichen Schuhen, Holz, Pizzas und anderem Kleinkram abgegrast werden. Auch die eingestreuten Fluchtsequenzen und Zirkus-Minispiele sind nicht wirklich spannend. Mal flieht man unter Zeitdruck vor Chantel DuBois, später springt man durch brennende Reifen, balanciert auf einem Seil oder zischt als tierische Kanonenkugel durch die Manege. Die Fassungen für Xbox 360 und PS3 gleichen sich übrigens beinahe komplett.

Ein Blick auf die grafisch schwache 3DS-Fassung.


Nachtrag zu den Fassungen für Wii und 3DS

Die Wii-Umsetzung gleicht den Versionen für PS3 und Xbox 360 beinahe komplett. Die Entwickler haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Funktionen der Wiimote zu nutzen – stattdessen steuert man klassisch mit Stick und Knöpfen. Die Kulissen sehen allerdings noch einmal ein ganzes Stück hässlicher aus: Das Kopfsteinpflaster in Rom besteht z.B. nicht mehr aus runden Steinen, sondern unscharfen  Texturtapeten. Durch grobpixelige Kanten wirkt das Bild insgesamt unruhiger. Trotz der schwachen Hardware wäre grafisch mehr drin gewesen, der Rest des Spiels ist genauso durchschnittlich wie die Fassungen für PS3 und Xbox 360.

Auf dem 3DS hat sich mehr geändert: Die Aufträge der Pinguine ähneln sich zwar, aber Alex, Melman, Gloria und Marty hüpfen hier in einer 2,5D-Perspektive durch europäische Innenstädte. Meist müssen auf Dächern und anderswo versteckte Objekte gesammelt werden, manchmal klebt man auch Plakate für den Zirkus an die Wand, während einem jede Menge Tierfänger in die Quere kommen. Das Koop-Spiel wurde auf dem 3DS gestrichen, anders als im Original kann man aber frei zwischen den vier Tierhelden wechseln. Ist ein Kanal im Weg, lässt man das grazile Nilpferd hinein plumpsen und taucht hindurch. Gewaltfrei bleibt das Spiel hier übrigens nicht: Das Zebra Marty kann Tierfänger über den Haufen treten, was sogar mit Boni belohnt wird. Mit der Währung kauft man im Zirkus Spezialangriffe und mehr Energie für seine Schützlinge. Ab und zu versucht man sich in der Manege an einer Artistiknummer. Seiltanz, Kanonenschüsse und andere Prüfungen sind aber einfacher aufgebaut als in den übrigen Fassungen. Auch die Jump-n-Run-Missionen in den schlichter gestalteten Innestädten werden auf Dauer fade. Ab und zu kann man immerhin ein wenig in den Hintergrund ausweichen, um einen Gegner mit einem geschickten Sprungmanöver auszutricksen. Trotzdem bieten die simplen Aufträge deutlich weniger Abwechslung als das Erforschen der komplett dreidimensionalen Städte auf den übrigen Konsolen.

Fazit

Nach meinem ersten Probespiel auf der gamescom habe ich mich noch auf Madagascar 3 gefreut. Die lustigen Animationen und vor allem das Zusammenspiel von zwei Figuren wirkten interessant. Leider nutzen die Entwickler das Potential nicht aus. Der Mix aus einfachen Schalterrätseln und Hüpfpassagen macht zu Beginn noch Spaß, wird aber schon nach wenigen Stunden zur Routine. Beinahe alles wiederholt sich: Die Missionen, die ewig gleich aussehenden Häuser, die Schreie der Passanten, die faden Sammelaufgaben. Auch die Zirkus-Minispiele können die Monotonie nicht wirklich durchbrechen. Schade auch, dass es trotz starkem Zweispieler-Fokus keinen kooperativen Online-Modus gibt. Wer ein wenig mit seinen Dreamworks-Helden knobeln und hüpfen möchte, sollte sich einen Kauf überlegen. Für ein vollwertiges Action-Adventure bietet die Filmumsetzung aber zu wenig.

Pro

  • Zwei-Spieler-Aufgaben kurzfristig unterhaltsam... 
  • viele spielbare Figuren
  • knuffige Animationen
  • zum Großteil professionelle deutsche Synchronisation
  • hübsch glänzende Steine und Wellen

Kontra

  • ...aber kein Online-Koop
  • eintönige Kulissen mit den immer gleichen Häusern
  • kaum Abwechslung
  • viele öde Sammelaufträge
  • fade Fluchtsequenzen und Minispiele
  • unpassend vor sich hin dudelnde Musik
  • nervig kreischende Passanten
  • gelegentliche KI-Aussetzer
  • nicht kooperativ spielbar (3DS)

Wertung

360

Kurzzeitig lustig, auf Dauer monoton: Den kooperativen Schalterrätseln gehen nach ein paar Stunden die Ideen aus.

Wii

Grafisch wäre auch auf Wii mehr drin gewesen, inhaltlich identisch mit den Versionen für PS3 und Xbox 360.

PlayStation3

Kurzzeitig lustig, auf Dauer monoton: Den kooperativen Schalterrätseln gehen auf Dauer die Ideen aus.

3DS

Das Hüpfen und Sammeln in faden 2D-Kulissen gestaltet sich deutlich eintöniger als auf den anderen Konsolen.