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Das böse Erwachen
Was sieht er da? Weitere Pixel, die ganz grob einen Flur und ein Fenster andeuten. Außerdem hört er Donner in einiger Entfernung grollen, während er durch die Düsternis vorwärts geht. Ah, da ist ja eine Tür! Und die geht knarzend mit einer kleinen Animation à la Resident Evil auf. Dann wird ein Schwarzweiß-Fenster wie in einem Stummfilm eingeblendet: „That house…where was I?“ Kaum geht der Mann ein paar Schritte weiter, findet er einen bunten Haufen, den er näher untersuchen kann: „There was a body…lying on the floor. Who was it?“
Die unheimliche Neugier
Sie wirkt aufgrund ihrer Kleinigkeiten überraschend lebendig: Eine Katze verschwindet miauend, es tropft von der Decke oder pfeift aus dem Keller. Es gibt keine Musik, so dass man sich komplett auf die wenigen Geräusche konzentriert. Hat man eine aufmerksame Viertelstunde mit Kopfhörer hinter sich, entfaltet sich gerade aufgrund des minimalistischen Designs ein knisterndes Herrenhausflair mit unheimlichen bis blutigen Entdeckungen. Man erforscht Korridore, Keller, Wassertürme, Häuser und findet immer mehr Hinweise, die auf ein grausiges Verbrechen hindeuten.
Keine Action, leichte Interaktion
Es gibt einige Rätsel, logische Verknüpfungen und man muss auch mal Mechanismen mehrteilig in Gang bringen, aber das läuft alles auf einem einfachen Niveau ab – Schlüssel finden und benutzen, Seil an Leiter anwenden. Es gibt also keine mehrteiligen Inventar-Rätsel, die das gezielte Kombinieren von Gegenständen verlangen. Man sammelt einfach alles ein und kann es bei Bedarf automatisch anwenden.
Aber hier beginnt manchmal die Qual der Wahl: Nimmt man das Foto des fremden Ehepaars, das blutige Messer oder die Pistole wirklich auf? Selbst, wenn der Mann sein Unbehagen ausdrückt: „I hated guns. I didn’t take it, did I?“ Hier und an vielen anderen Stellen muss man sich für Yes oder No entscheiden. Kann es sein, dass man die Geschichte gar nicht erlebt, sondern über diese Aktionen erzählt?
Einfaches, aber vielschichtiges Erlebnis
Doch dann erkennt man nicht nur, dass man gar nicht alles an Geheimnissen entdeckt hat: Was ist z.B. mit diesem Safe? Und was ist bloß auf dem VHS-Video zu sehen? Man ahnt im letzten Drittel auch, dass man dieses Abenteuer vielleicht ganz anders erlebt hätte, denn plötzlich werden einem Fragen gestellt, die eine Antwort auf all die Indizien verlangen. Und es war doch so, dass dieses Verbrechen ganz klar von…oder etwa doch nicht? Moment, man wollte es doch selbst so erzählt wissen oder hat man sich da in etwas reingepixelt, was man gar nicht wollte? Verflixt aber auch.
Fazit
Lust auf einen Hauch Edgar Allan Poe für 2,50 Euro? Auf ein leises, aber vielschichtiges Erlebnis? Dann schlagt zu und begleitet diesen Mann durch das unheimliche Haus mit seinen knarzenden Türen. Aber erwartet weder blutige Action noch Kopfnüsse, sondern lasst euch im Dunkeln bei fest sitzendem Kopfhörer auf diese mysteriösen Flure und das offene Storytelling ein. Hier demonstriert ein kreativer Entwickler, welche atmosphärische Kraft im Pixel steckt und wie man mit einfachen Mitteln dafür sorgen kann, dass man in einem Spiel versinkt. Unterm Strich kann Home hinsichtlich des Horrors zwar nicht mit Lone Survivor mithalten, das fast schon wie ein Silent Hill in 2D anmutete - es ist eher eine morbide Detektivgeschichte. Außerdem vermisst man anspruchsvollere Rätsel, die einen wenigstens etwas fordern. Aber dafür punktet das Abenteuer mit seiner charmanten Inszenierung, die ohne großes Getöse für Nachdenklichkeit sorgen kann. Macht man sich etwa mit schuldig, wenn man das blutige Messer aufnimmt? Hat man gerade die Geschichte verändert? Kann man den Schrecken des Helden etwa auf verschiedene Art erleben? Ja! Denn mit jeder Entscheidung erlebt und erzählt man. Wer gute Geschichten mag, wird auch diese bis zu all ihren Enden verfolgen müssen.
Pro
- interessantes, offenes Storytelling
- es gibt nicht "das" Ende und "die Geschichte"
- stimmungsvolle Pixelkulisse
- Entscheidungen treffen
- kleinere Rätseleinlagen
- gut verknüpfte Schauplätze
- hoher Wiederspielwert
Kontra
- zu leichte Rätsel
- nach 60 bis 90 Min. leider Schluss
- nur englische Texte
- kein freies Speichern