Fussball Manager 13 - Test, Sport, PC

Fussball Manager 13
26.10.2012, Mathias Oertel

Test: Fussball Manager 13

Seit Jahren liefert sich das Kölner Bright Future-Studio einen Schlagabtausch mit den Briten von Sports Interactive. Doch bislang musste sich die Fussball Manager-Serie der in Deutschland mittlerweile nur über Importwege erhältlichen Konkurrenz aus England mal mehr, mal weniger knapp geschlagen geben. Dieses Jahr werden die Karten neu gemischt - mit einem überraschenden Ergebnis.

Um hinter diesen Zahlen und Statistiken Emotionen und Motivation zu finden, muss man ein Fußball-Narr sein.
Ich war seit der F-Jugend bis weit ins Erwachsenenalter als aktiver Kicker unterwegs. Ich habe Jugendmannschaften trainiert. Ich habe meinen Schiedsrichter-Schein gemacht. Ich habe eine Dauerkarte. Ja: Ich bin fußballverrückt. Ich leide mit dem Verein, der mir offenbar in die Wiege gelegt wurde. Ich überlege vor, während und nach dem Spiel, mit welchen Mitteln, mit welcher Taktik und mit welchen Spielern man ggf. ein besseres Ergebnis erzielt hätte. Und zumeist behalte ich diese  Meinung für mich. Denn zu den Schreihälsen im Stadion, die sowieso alles besser wissen und ohnehin gegen „alles“ sind, was der Trainer macht (oder eben nicht macht), will ich nicht gehören.

Nur für Fußballverrückte

Andererseits: Ich kann diese Fantasien und Planspiele ja am PC ausleben. Vor allem mit zwei Titeln, die sich seit Jahren einen heißen Schlagabtausch liefern. Nein, ich meine damit nicht das Duell von EAs FIFA-Serie und Konamis Pro Evolution Soccer-Reihe. Aber EA ist auch hinsichtlich Fußball-Management mit von der Partie: Seit Jahren kommt aus dem Kölner Bright Future-Studio mit pünktlicher Regelmäßigkeit eine neue Auflage des Fussball Managers (FM). Und wie jedes Jahr erscheint kurz darauf (zumindest im europäischen Ausland, hierzulande darf der Titel wegen einer Lizenzentscheidung nicht veröffentlicht werden) der Football Manager aus dem Heimatland des Fußballs.

Beide haben ihre Vorzüge: Der „deutsche“ Vertreter ist quasi der Allrounder und überantwortet dem Spieler nahezu die komplette Vereinsführung vom Training über wirtschaftliche Aspekte, Merchandising bis hin zum Stadionausbau sowie sonstiger Infrastruktur. Der englische Vertreter von Sports Interactive hingegen konzentriert sich

Auch wenn im Detail wieder einmal geschraubt wurde: Das Spielgefühl hat sich seit letztem Jahr zu wenig geändert.
seit jeher auf das reine Trainerdasein. Was man eher mag, hängt daher nicht nur von Sprachbarrieren ab, sondern auch von den persönlichen Vorlieben.

Dieses Jahr steht man jedoch vor einer noch größeren Entscheidung: Entscheidet man sich für die Version, die die Zahl „13“ auf dem Cover trägt oder bleibt bei der „12“ bzw. favorisiert diese, wenn man sich einen neuen Manager holen will? Denn egal, ob es um die umfangreiche Trainingsgestaltung geht, die wirtschaftlichen Aspekte, die umfangreiche Lizenzierung, die meist gut arbeitenden Assistenten oder die Darstellung der Matches sowie Berechnung der Ergebnisse in ihren verschiedenen Formen. Auf den ersten Blick komme ich mir vor wie in der letztjährigen Ausgabe. Sicher: Die Standard-Auflösung wurde erhöht und mit einer an iMacs erinnernden frei belegbaren Navigationsleiste hat man einen neuen Schnellzugriff geschaffen. Doch im Wesentlichen fühlt sich der FM 13 an wie der FM 12 – im Guten wie im Schlechten. Was jetzt allerdings nicht per se negativ ist. Immerhin konnte sich der Fussball Manager letztes Jahr einen Gold-Award sichern.

Irgendwas ist anders

Man bekommt wieder einmal größtenteils logische sowie nachvollziehbare Zusammenhänge von Ursache und Wirkung seiner Entscheidungen - wobei dies auch von der ausgewählten Berechnungsform abhängig ist und nach wie vor gelegentlich dazu führen kann, dass gewisse taktische Einstellungen nicht das Ergebnis zu haben scheinen, was sie

Es gibt mehr Infos und Statistiken, aber auf mehr Spielspaß wird verzichtet.
eigentlich bewirken sollten. Unter der Oberfläche gibt es zwar einige Änderungen, so z.B. beim Stärkesystem, das auf einer neuen Berechnungsgrundlage basiert. Doch diese Änderungen wirken sich nur minimal (wenn überhaupt) auf das Spielgefühl oder die Entscheidungen aus, die ich als Trainer, Sportchef oder Finanzverantwortlicher des Vereins treffe. Insofern möchte ich an dieser Stelle auf eine ausführliche Besprechung der grundsätzlichen Inhalte verzichten und ein ähnliches Recycling betreiben wie Bright Future: Im Test zur letztjährigen Fassung  sind alle Vorzüge nachzulesen.

Aber der FM 13 ist keine reine 1:1-Kopie mit angenehmerer Benutzerführung. Es gibt einige neue Inhalte, die für ähnlich sinnvolle Fortschritte wie in den letzten Ausgaben sorgen sollen. Doch es sind vor allem diese Neuerungen, die mir schwer im Magen liegen. In der Theorie klingt z.B. die "Team-Dynamik" wie der Schlüssel zum Glück, wie das Element, das gefehlt hat, um die Trainer-Illusion zu vervollkommnen. Endlich muss man darauf achten, welcher Spieler mit wem "kann", welche vermeintlichen Kollegen sich spinnefeind sind oder wie es um die Freundschaftsverhältnisse bzw. die Hierarchie innerhalb des Teams steht. Doch nicht nur das: Zusätzlich hat jeder Spieler seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche, die befriedigt werden sollten, damit es kurz- und mittelfristig nicht zu Querelen innerhalb der Mannschaft kommt. Dynamisch wechselnd (ggf. auch durch Gespräche beeinflussbar) und aus einem ansprechend großen Pool kommend, hat man bei der Entwicklung sogar daran gedacht, den Einfluss auf Spieler mit gleichen bzw. ähnlichen Wünschen einzubauen.

Neue Ballaststoffe

In der Praxis jedoch ist die Team-Dynamik und alles, was damit zusammenhängt, ein Klotz am Bein. Nicht nur, dass Spieler aufmüpfig  oder enttäuscht sind, obwohl z.B. der Wunsch "in einer offensiven Ausrichtung" zu spielen, auch langfristig in Erfüllung gegangen ist. In Relation zum Umfang der Bedürfnisse sind die Einflussmöglichkeiten eher gering ausgefallen. Klar, man kann Trainingspläne umstellen, ggf. sogar die Aufstellung

Die Team-Dynamik sowie die Wünsche und Bedürfnisse der Spieler sind Konzept eine fantastische Ergänzung. In der Praxis führt das allerdings zu unnötigem und teils unlogischem Mikro-Management.
modifizieren oder sich bemühen, in den nach wie vor zu knapp und zu oberflächlich ausgefallenen Gesprächen eine Lösung zu finden. Doch das Ergebnis ist nur selten nachvollziehbar und scheint für die Ergebnis-Berechnung keine Rolle zu spielen. Sprich: Die ganze Dynamik ist ein oberflächlicher Ballast, der das Mikromanagement in kein vernünftiges Verhältnis zum möglichen Ertrag setzt.

Auch die anderen kleinen Verbesserungen oder Ergänzungen können nicht dafür sorgen, dass sich der FM 13 im Kern so anfühlt wie der FM 12. Denn so löblich es ist, dass man mehr Planungstools zur Verfügung hat und man z.B. beim Kader prüfen kann, wie gut die für nächste Saison vorgesehene Zusammensetzung der Mannschaft harmoniert oder man in der Halbzeit Spieler per Massage wieder aufpeppen kann, so wenig Auswirkung hat es darauf, was der Manager dieses Jahr mit mir auf emotionaler Ebene anstellt. Fast wirkt es so, als ob man bei dem Einbau jedes neuen Features ganz bewusst darauf verzichtet hat, alte Probleme zu beheben. Ja: Sowohl Text- als auch 3D-Modus, meine bevorzugten Darstellungs-/Berechnungstypen, wurden aufgepeppt. Doch weder die situativen Entscheidungen im nichtsdestotrotz spannenden Textmodus, mit denen man das Spielgeschehen beeinflussen kann, noch die jetzt stufenlos verschiebbaren Taktikregler in der 3D-Ansicht sorgen unter dem Strich für eine Verbesserung oder gar mehr Dramatik.

Vergebene Liebesmüh

Denn einige grundsätzliche Probleme bestehen natürlich weiterhin - und dieses Jahr reicht es mir. Und ich meine damit nicht nur die Bugs oder Probleme, die erst nach 20 oder 30 Saisons auftreten und daher nur Hardcore-Dauerspielern einen Strich durch den Spielspaß machen. Doch der Audiokommentar in den 3D-Spielen stört mich nicht erst seit dieser

Der Zahn der Zeit hat an der 3D-Match-Darstellung seine Spuren hinterlassen und verliert mehr und mehr an Faszination.
Auflage. Darüber hinaus fallen mir dieses Jahr weitere Unstimmigkeiten in der Zuschauerakustik auf. Der Schiedsrichter pfeift ein Foul gegen die Gästemannschaft und dennoch skandiert das gesamte Stadion "Schieber"? Das passt nicht. Das wiederum passt zum schwachen akustischen Gesamteindruck, den der 3D-Modus zum wiederholten Male hinterlässt und den ich auch als Fußballverrückter, bei dem viel von der Manager-Faszination im Kopf stattfindet, mittlerweile nicht mehr wegfantasieren kann.

Veralteter 3D-Modus

Wobei die 3D-Matchdarstellung ohnehin nach und nach zu einem kleinen Störfaktor geworden ist. Vor ein paar Jahren, als man auf die seinerzeit aktuelle FIFA-Engine zurückgriff, war das "Live-Spiel" für Manager-Verhältnisse ein Augenschmaus - auch wenn hier und da die Berechnung für merkwürdige Animationen sorgte. Mittlerweile hat der Zahn der Zeit aber gehörig an der Grafik genagt. Während die FIFA-Serie mittlerweile visuell zu neuen Höhenflügen ansetzt, herrscht hier seit Jahren mehr oder weniger Stillstand, der mittlerweile auf die Stimmung drückt und bei mir dafür sorgte, mich nur noch mit dem Textmodus oder der Schnellberechnung zu befassen.

Doch da warten ganz andere Probleme: Zum einen sind die Einflussmöglichkeiten hier gänzlich anders als beim vollen Match. Was im Prinzip zu verschmerzen wäre, wenn nicht auch schon seit Jahren für jeden Modus andere Berechnungsalgorithmen verwendet würden. Hier sollte Bright Future für die Zukunft ansetzen und einen Standard definieren, der für alle Ansichten und Ergebnisermittlungen dient. Man hat im Umfeld viele nützliche (und einige unnütze) Werte, die jeden Spieler und jedes Team definieren. Und obwohl mir natürlich klar ist, dass vieles beim "echten" Fußball von Glück und Zufall abhängig ist,

Im Textmodus gibt es neue Entscheidung-Möglichkeiten für den Coach. Ansonsten bleibt alles weitgehend beim Alten...
wirken die Ergebnisse hier weiterhin zu willkürlich, zu zufällig. Und innerhalb der verschiedenen Berechnungsformen auch zu uneinheitlich. Gerade so, als ob die erwähnten Werte nur für diesen oder jenen Modus Gültigkeit besitzen. Immerhin lässt sich über den Saisonverlauf eine gewisse Ergebnisse-Kohärenz feststellen, wenn man kontinuierlich mit einem Modus die Resultate ermitteln lässt.

Ja. Das Jammern meinerseits ist dieses Jahr groß. Denn so cool und unterhaltsam die wesentlichen Inhalte auch im FM 13 sind -was ihn letztlich vor dem Absturz bewahrt-, so bekannt sind sie leider auch.  Das wird Neueinsteiger jedoch nicht stören. Die bekommen ein umfangreiches, mit offiziellen Lizenzen gespicktes Paket, das auch langfristig motivieren kann. Bis ich den HSV wieder nach Europa geführt und auf finanziell sichere Beine gestellt hatte, sind einige Saisons ins Land gezogen, während derer ich mich auch als Nationaltrainer Englands mit Ruhm bekleckern konnte. Doch diesen Spaß hatte ich auch schon mit dem Vorjahresmodell. Und das gibt es mittlerweile für weniger als den halben Preis und bietet zudem noch den kurzweilig unterhaltsamen Online-Modus, der hier der Schere zum Opfer gefallen ist.

Alles schlecht?

Fazit

In den letzten Jahren konnte Bright Future die "Update-zum-Vollpreis"-Klippen durch kleine, aber sinnvolle Änderungen umschiffen, die für Fußballverrückte wie mich ein immer umfassenderes sowie motivierendes  Management-Erlebnis ermöglichten. Dabei konnte ich dank der gelungenen Fußball-Illusion über eine gewisse Stagnation in bestimmten Bereichen oder auch Bugs hinwegsehen. Mit dieser Ausgabe jedoch erleidet man in dieser Hinsicht Schiffbruch. Inhaltlich zu einem Großteil nur in unwichtigen Nuancen verändert -auch wenn ich die überarbeitete Navigationsstruktur oder das neue Stärkensystem zu schätzen weiß-, geht die Team-Dynamik als wesentliche Neuerung nicht auf. Anstatt mir mehr Spieltiefe zu bieten, kriege ich nur mehr Mikromanagement mit unzureichenden Gesprächsoptionen an den Hintern getackert. Sprich: Eigentlich ist man mit der Ausgabe des letzten Jahres besser dran. Vielleicht sollten Gerald Köhler und seine Mannen sich tatsächlich an einen Neuanfang wagen, bei dem man jeden Stein umdreht, jedes Feature in Frage stellt und nicht auf die Community, sondern vor allem auf das eigene Bauchgefühl hört. Das Team hat sein Können wiederholt unter Beweis gestellt, was sich auch darin zeigt, dass die bewährten sowie gut funktionierenden Elemente des Vorjahres nach wie vor zu unterhalten wissen - was letztlich zu einer Empfehlung für all diejenigen führt, die bislang noch nicht mit dem FM in Berührung gekommen sind. Die bekommen ein allumfassendes Fußball-Management mit vielen Stärken, aber auch einigen Schwächen. Und das ist etwas, das sich Bright Future ankreiden lassen muss: Anstatt die Schwächen konsequent auszumerzen (u.a. unterschiedliche Ergebnisberechnungen innerhalb der einzelnen Darstellungsformen, mittlerweile veralteter 3D-Modus mit Kommentar-Recycling der übelsten Sorte), schafft man sich trotz zahlreicher guter Ansätze nur neue Brennpunkte. Ist der FM 13 ein schlechtes Spiel? Nein, ganz im Gegenteil! Es gibt nur erstmals seit Jahren keinen triftigen Grund, diese Version der letztjährigen Ausgabe vorzuziehen.

Pro

  • übersichtliche Benutzerführung
  • haufenweise offizielle Lizenzen
  • Statistiken ohne Ende
  • Ursache und Wirkung bei bekannten Inhalten bis auf wenige Ausnahmen nachvollziehbar
  • Trainingsgestaltung
  • dank guter Assistenten stark skalierbarer Tiefgang
  • übersichtliches Hilfesystem
  • gelungene Fußball-Atmosphäre
  • zahlreiche Methoden der Matchdarstellung
  • freispielbare Boni
  • saubere Präsentation

Kontra

  • die neuen Inhalte sind nur nutzloses Mikromanagement
  • übrige Inhalte nahezu identisch zum Vorjahr
  • überholte 3D-Engine
  • kein Online-Modus mehr
  • schwache Match-Kommentare (3D-Modus)
  • unrealistische Gesamtstatistiken (3D-Modus)
  • unterschiedliche Berechnungen für die einzelnen Darstellungsformen
  • Ergebnisberechnung wirkt mitunter sehr zufällig
  • diffuse Auswirkungen der Spielergespräche & schwaches Dialogsystem
  • sich schnell wiederholende Animationen (3D-Modus)

Wertung

PC

Die neuen Inhalte sind ein unnötiger Klotz am Bein, alles andere kennt man größtenteils nur unwesentlich verändert aus dem Vorjahr.