La-Mulana - Test, Plattformer, Switch, PS_Vita, PC, Wii, PlayStation4, XboxOne

La-Mulana
09.11.2012, Benjamin Schmädig

Test: La-Mulana

Er hat schon was für sich, der krude Retro-Charme. Vielleicht war die Steuerung früher nicht ganz so praktisch, vielleicht war das Spieldesign nicht immer klar ersichtlich. Trotzdem hat man sich – man musste ja – darauf eingelassen. Und war es nicht ohnehin diese stille Abmachung zwischen Entwickler und Spieler, die ganz wesentlich dazu beitrug, dass wir alle in einer gemeinsamen "virtuellen" Welt versunken sind?

La-Mulana ist so eine Spieleblase. Eine Blase mit ihren eigenen Regeln, die manchmal jeder Logik widersprechen, die ihre Spieler zum puren Vergnügen in den Trial&Error-Wahnsinn schickt und die in ihren nur für sie erfundenen Gesetzen ein wundervolles Abenteuer

Indiana Jones lässt grüßen: Held und Umgebung erinnern frappierend an Spielbergs Haudegen.
erschafft. Da tauchen getötete Riesenadler im Handumdrehen wieder auf, wenn man ihren Bildschirm verlässt, nur um sofort zurückzukehren. Da frisst eine Falle, deren Vorhandensein kein Mensch erahnen kann, schon mal die letzten Lebenspunkte – ohne jede Rücksicht auf weit entfernte Speicherpunkte.

Indiana Jones und das Geheimnis von La-Mulana

Und da ist ein Indiana-Jones-Verschnitt von einem Helden, den Lucasfilm höchstselbst nicht vom Original unterscheiden könnte! Hut und Peitsche? Alles dabei. Lemeza, so der Name, hat sogar einen Lehrstuhl an einer Universität inne. Das alles spielt allerdings kaum eine Rolle, denn zeitgemäß beginnt das Retroabenteuer, indem es einfach losgeht: Lemeza kommt im sagenumwobenen La-Mulana an, wo er eine Vielzahl uralter Ruinen erforscht. Ein freundlicher alter Herr drückt ihm noch einen Laptop in die Hand, um hilfreiche Tipps per E-Mail abzuschicken...

La-Mulana ist bereits seit Juli dieses Jahres auf Playism erhältlich, seit September außerdem als WiiWare-Titel. Es handelt sich um das Remake eines sieben Jahre alten PC-Spiels, das vor allem grafisch, aber auch inhaltlich erweitert wurde.

Wie damals...

… dann steckt Lemeza schon mittendrin: Er rennt nach links, nach rechts, hüpft über

Verfügbarkeit

Vor kurzem erschien La-Mulana schließlich auf GOG, Desura sowie GamersGate. Es ist außerdem Teil des Steam-Greenlight-Programms. Wer am Original interessiert ist, findet u.a. auf MobyGames Informationen .klaffende Löcher, schwingt die Peitsche nach Skeletten, Fledermäusen, Kobolden und skurrilen Fabelwesen. In den ersten Minuten ist es ein Jump&Run für starke Nerven, denn der Archäologe ist längst nicht so beweglich wie moderne Kollegen. Er kann im Sprung keine Leiter greifen, springt nicht von Leitern ab und ich kann seine Sprungrichtung erst ändern, wenn er den höchsten Punkt überschritten hat. Retroliebe hin und her: Solche Einschränkungen gehören zurecht der Vergangenheit an.

Zumal La-Mulana selbst ohne die unbequeme Steuerung eine ganz schön harte Nuss wäre. Immerhin stolpert Lemeza in unvorhersehbare Fallen und obwohl ich seine Lebensleiste gehörig steigern kann, kann ich ihn in den Ruinen nur selten heilen. Weil manche Monster und Gefahren den Balken im Handumdrehen mehr als halbieren, bin ich also ständig auf der Hut: Bloß keinen Fehltritt! Zwar gibt es in jedem Abschnitt einen Speicherpunkt, doch manche Abschnitte sind so weitläufig, dass mich der Tod schon mal eine viertel oder halbe Stunde zurückwirft.

La-Mulana macht das ausgesprochen clever – diese Mischung aus Kampf, Geschicklichkeit und Knobeln. Es gibt etliche verschlossene Türen, fies platzierte Monster und versteckte

Einer der ersten Bossgegner: einfach zu besiegen - zu Beginn trotzdem unmöglich.
Schatztruhen, zu denen man den rechten Weg "nur" noch nicht gefunden hat... Auf den ersten Blick ist das Abenteuer mit seinem Umschalten von einem Bildschirm zum nächsten ein furchtbar simples; die umgehend wiederkehrenden Feinde unterstreichen den Eindruck. In Wirklichkeit sind die Bildschirme aber so geschickt miteinander verbunden, dass man im Kopf etliche Gewölbe, Fallen und Geheimnisse zu einem vertrackten Labyrinth zusammendenken muss.

Schritt für Schritt

Manchmal ist da diese undurchsichtige Retrologik, nach der sich Durchgänge erst verschieben, wenn Lemeza ein Monster tötet, das in keiner erkennbaren Weise mit der Lösung zu tun hat. Meistens stecken allerdings ausgebuffte Kopfnüsse hinter verschlossenen Toren. Dass ich eine Tür nur mit einem bestimmten Gegenstand öffnen kann, zeigt etwa ein scheinbar unbedeutendes Relief im Hintergrund – es gehört zu den einfachen Knobeleien.

Ganz langsam muss ich dieses Puzzle zusammensetzen, das zu Beginn nur eine über weite Strecken offene Spielwiese ist. Auf dieser wimmelt es von Hinweisen, Rätseln, Bildschirm

In den weitläufigen Höhlen warten etliche Gegner und knifflige Rätsel.
füllenden Bewachern und zahlreichen Feinden und nur Stück für Stück entschlüssele ich, welcher Hinweis auf welches Rätsel passt, mit welcher Waffe ich welchen Boss besiegen kann. Dafür kaufe ich meinem "Indy" nicht nur stärkere Waffen, sondern auch Programme, die Tagebücher gestorbener Abenteurer entziffern, gefundene Lagepläne in Übersichtskarten verwandeln oder Texte uralter Steintafeln dechiffrieren.

Viele Wege...

Lemeza muss nicht einmal einen vorherbestimmten Pfad entdecken – er durchforstet die Ruinen, wie es ihm beliebt. Irgendwann gelangt er zwar zu dem einen Ausgang, doch dorthin führen viele Wege. Kann er die riesige Schlange schon besiegen oder sollte er sich erst anderen Aufgaben widmen? Absolute Experten rennen übrigens mit vorgegebener Ausrüstung durch verschiedene Herausforderungen. Online wird die Bestzeit leider nicht festgehalten. Aber hat uns das damals abgehalten?

Fazit

Es tut dem Abenteuer nicht gut, dass Rätsel und Lösung nicht immer als Paar erkennbar sind. Auch dass der Held nicht so schnell auf Gefahren reagiert wie ich sie vermeiden könnte, ist heutzutage ein leidiges Übel. Ganz schön antik, was der Indiana-Jones-Verschnitt da erlebt... und ganz schön selten, dass ich einem Spiel eine so altmodische Attitüde so gerne nachsehe. Denn hinter der staubigen Fassade steckt ein bockschweres Abenteuer, bei dem der Kopf immer raucht, die Finger immer reagieren. Es belohnt mich für das Knacken harter Kopfnüsse, es kennt den Wert des Gefühls, einen knallharten Kampf zu meistern. Es entführt mich in ein großes Labyrinth, dessen Gefahren und Geheimnisse ich selbst erschließen darf. Es nimmt mich als Spieler so ernst, dass ich unheimlich gern in seiner knorrigen Nostalgie versinke!

Pro

  • große, zum Teil von Beginn an frei zugängliche Höhlen
  • durchdachte, verschiedene Rätsel
  • sehr abwechslungsreiche Bosskämpfe
  • faires Speichersystem
  • schwungvolle Musik
  • Zeitläufe als Herausforderung

Kontra

  • zum Teil sperrige Steuerung
  • gelegentlicher Trial&Error-Frust

Wertung

PC

Knorriges, aber großes nostalgisches Abenteuer: knallhart und rätselhaft.