New Super Mario Bros. U - Test, Plattformer, Wii_U, Switch

New Super Mario Bros. U
30.11.2012, Paul Kautz

Test: New Super Mario Bros. U

Neue Nintendo-Konsole, neuer Mario - so war es früher immer, so sollte es auch in Zukunft wieder sein. Denn zwar hat New Super Mario Bros. U (ab 35,92€ bei kaufen) nur wenige Überraschungen in petto, aber die haben es in sich!

Man kann die Bedeutung einer ebenso hübschen wie verspielten Oberwelt einfach nicht überschätzen. Besonders nicht in einem Mario-Spiel. In Super Mario Bros. 3 (NES) und ganz besonders Super Mario World (SNES) war die große Karte nicht einfach nur  dazu da, einen von Mission zu Mission zu lotsen. Sondern sie waren Spiele in sich, mit Gegnern, denen man ausweichen musste, mit kleinen Puzzles, mit versteckten Extras, mit zusätzlichen Welten, die freizuschalten nur den geduldigsten Spielern vorbehalten war. Sie ist zurück. Groß und abwechslungsreich und voller kleiner Geheimnisse. Mit Geistern, die sich verstecken und einem unerwartet in den Rücken fallen. Mit kleinen Dieben, "Nabbits" getauft, die in bereits besuchte Levels flüchten, wo man sie für eine kleine Belohnung verfolgen muss. Mit kleinen Geschicklichkeitstests. Und schöner als je zuvor.

Ein Licht geht auf im Pilzland...

Die hübsche Oberwelt weckt schöne Erinnerungen an Super Mario World und ist mehr als nur eine Levelschleuse.
Aber okay, das gilt über weite Teile für das ganze Spiel. HD-Grafik tut New Super Mario Bros. U (NSMBU) wirklich gut: Kreatives Objektdesign, leuchtende Farben, klare Linien, niedliche Comic-Präsentation - und dann ist da natürlich dieser eine Level, der überdeutlich von Van Goghs post-impressionistischem "Sternennacht" beeinflusst ist. Wunderschön! Aber bei aller Liebe: HD ist nicht gleich HD. Alles ist plastisch und verspielt, Geschosse von Feuer- oder Eisblumen beleuchten beim Flug subtil die Hintergründe - aber viel besser als sein Wii-Bruder sieht Mario U nicht aus. Stellt man Rayman Origins daneben, wird der Klassenunterschied überdeutlich. Auf der anderen Seite bietet NSMBU gelegentlich diesen tollen Zoom-Effekt beim Level-Wechsel, der so schöne Erinnerungen ans SNES weckt...

Es ist nicht das schwerste Mario-Abenteuer aller Zeiten, aber auch fern vom lächerlichen Schwierigkeitsgrad eines NSMB 2 entfernt.


Eilt zur Hilfe, Super Guide Bros.!

Bevor’s ans Eingemachte geht, steht der frischgebacke WiiU-Besitzer vor der Wahlqual: Gamepad oder Wiimote? Wenn ihr nur den Solo-Modus spielen wollt, reicht der quer gehaltene alte Controller völlig aus. Das WiiU-Gamepad hat in der Kampagne keinerlei Bedeutung - außer, ihr wollt außerhalb des Fernsehers spielen. Nicht mal ein zweites Power-Up kann man auf dem Touchpad ablegen (wie vom DS oder 3DS gewohnt). Und die scheinbar so triviale Abwesenheit dieses Features ist nur ein Zeichen dafür, dass Nintendo -Wunder über Wunder- tatsächlich den Core-Spieler wieder für sich entdeckt hat. Ja, ihr habt richtig gelesen: New Super Mario Bros. U ist erstaunlich schwer! Okay, nicht in der ersten Spielhälfte, die ist ein Klacks. Und die Bosskämpfe werden nur selten wirklich anspruchsvoll. Aber sonst spürt man mit jeder weiteren Welt, wie an der Herausforderungsschraube gedreht wird: Da werden präzise Sprünge gefordert, Giftseen und Lavafluten lassen den Lebenszähler hemmungslos nach unten rattern, pro Level gibt es nur einen Checkpunkt (der zum Teil sehr weit vom Ende entfernt liegt.

Hach, ist das niedlich: Zwar wartet hier keine grafische Revolution, aber die HD-Präsentation tut dem Spiel gut.
Und gespeichert wird im Regelfall nur zwei Mal pro Welt: Nach dem Besiegen vom Zwischen- bzw. Endboss (wobei man auf der Oberwelt im Notfall auch einen nur ein Mal benutzbaren Quicksave anlegen darf). Nicht zu vergessen die Zeitlimits, die dieses Mal sehr knapp gehalten sind - früher hatte man deutlich mehr Zeit zum Erkunden. Oder anders: Das ist das erste Mario seit Jahren, -seit Jahren!-, in dem ich mal den "Game Over"-Schriftzug zu sehen bekam. Ich bin platt. Damit hatte ich einfach nicht gerechnet. Was für eine schöne Rückkehr zu alter Größe!

Aber keine Bange, aus Mario wird nicht gleich Dark Souls (obwohl man auf der Oberwelt zu den einzelnen Levels kleine Notizen anlegen darf, die via Miiversum mit Freunden geteilt werden können) - es gibt noch die gewohnten Erleichterungen: An den Checkpunkten wird man automatisch "vergrößert", und geht man innerhalb eines Levels fünf Mal drauf, kann man den "Super Guide" mit Luigi aktivieren. Da zeigt einem der schlaksige Bruder, wie man den Level gefälligst richtig (wenn auch sehr vorsichtig) zu spielen hat und rennt ihn auf Wunsch komplett durch - "komplett" bedeutet "inkl. Bosskampf". Was man jederzeit unterbrechen kann, um selbst die Kontrolle über den Grünling zu übernehmen.

Die Kampagne setzt auf klassisches Mario-Vergnügen: Man hopst durch grüne Auen und die glühend heiße Wüste, blubbert durch Wasserlevels voller bissiger Knochenfische und fieser Strömungen, schliddert durch Eislevels, sucht in Geisterhäusern nach versteckten Gängen und fühlt sich in der Welt der Riesen ganz, ganz klein. Die große und vielfach verzweigte Oberwelt sorgt dafür, dass es keine feste Reihenfolge der Levels gibt - oftmals darf man sich zwischen mehreren Wegen entscheiden, die zu unterschiedlichen Arealen führen. Und wie so oft muss man auch nicht alle Levels meistern, um den Abspann (nebst Prinzesschen Peach) zu Gesicht zu bekommen. Aber, und hier nickt der Mario-Kenner wissend, man sollte das tun. Denn in jedem Abschnitt warten die altbekannten drei Sternenmünzen, zum Teil garstig fies versteckt. Die dienen dieses Mal nicht zum Freischalten von Bosslevels oder Toad-Häusern, sondern sorgen dafür, dass man die neunte Welt erkunden darf.

Yoshiiiiiiiii!

Einer der schönsten Levels des ganzen Spiels ist von Van Goghs "Sternennacht" inspiriert.

Nicht, dass es die bräuchte, um Spaß zu haben - das Design der "normalen" Welten ist schon kreativ  genug: Mal schlängelt man sich durch gigantische Zahnräder, dann hopst man über rotierende Sterne oder durch sich selbständig drehende Kristallwelten, über die Köpfe von großen Steinstatuen, deren graue Augen einen interessiert verfolgen, oder auch mal auf einer Riesenraupe herum, während sie automatisch durch den Level stapft. Es sind viele frische Ideen im Spiel; Ideen, die deutlich machen, wie konservativ im Vergleich New Super Mario Bros. 2 designt war. Aber nicht falsch verstehen - NSMBU steht ebenfalls größtenteils auf den Schultern seiner großen Vorfahren: Man kennt die meisten Items (der Flughörnchen-Anzug ist neu, die Eisblume etwas wirksamer als zuvor), man kennt den Großteil der Gegner - und man kennt Yoshi. Aber kann man jemals genug Yoshi haben?

In den Geisterlevels wimmelt es vor versteckten Gängen.
Zumal der Knuddelsaurus nicht allein, sondern auch gelegentlich in Begleitung seiner Baby-Kumpels daher kommt. Trägt man diese vor sich her, schnurpsen sie nicht nur gierig alle kleineren Gegner, sondern bieten auch Extras: Der eine sorgt in dunklen Arealen kurzzeitig für helles Licht, der andere verwandelt sich in einen Ballon.

Neben der Kampagne gibt es wieder einen kompletten Koop-Mehrspielermodus. Wie bei New Super Mario Bros. Wii. Und genau wie da ein Riesenhaufen Chaos: Vier Spieler, jeder mit einer Wiimote bewaffnet,  springen wild durch die Levels, sich gegenseitig in den Weg oder auf die Köpfe, beim Aufsammeln eines Extras wird das Geschehen für alle pausiert.

Ein fünfter Spieler darf vom WiiU-Gamepad aus unterstützend eingreifen und seinen Freunden hilfreiche Plattformen ins Bild zaubern. Oder ihre Bemühungen nach allen Kräften sabotieren...
Wie schon auf Wii geht es hier nicht darum, den Level möglichst effizient zu beenden, sondern vor allem darum, garstig, fies und gemein zu den anderen zu sein. Es braucht erhebliche Mengen an Konzentration und wirklich gute Freundschaftsbänder, um im Koop einen Level so zu beenden, wie man es solo machen würde. Ist aber sinnlos. Schon nach kürzester Zeit geht das Geschrei los, das Gegacker, die Mutterflüche, die Schubser zur Seite (man darf nur lokal, nicht online loslegen). Schlimmer wird’s noch, wenn ein fünfter Spieler zum WiiU-Gamepad greift und quasi den Spielleiter macht. Denn er darf nicht direkt mitmachen - stattdessen hat er es in der Hand, per Touchpad-Stupser Plattformen in die Landschaft zu zaubern. In einer altruistischen Welt würde er das tun, um den anderen zu helfen, ihnen schwierige Sprungpassagen zu erleichtern, sie vor dem Fall in einen Abgrund retten. Das ist allerdings nicht die Welt, in der wir leben. Kurz gesagt: Hier geht es nur darum, sich mal auszutoben.

Alle für keinen, keiner für alle!

In den spaßigen Zusatzmodi darf man auch mit seinem Mii antreten. Lohnt sich aber nicht.
Ähnliches kann man auch über die drei Zusatzmodi sagen, von denen die "Herausforderungen" die meiste Zeit fressen dürften. Denn hier muss man spezifische Aufgaben lösen: Soundso viele Gegner erledigen, ohne den Boden zu berühren. Schnellstmöglich soundso viele Münzen sammeln. Möglichst elegant durch Ringe springen. Auf einer mickrig kleinen Plattform so lange wie möglich aus allen Richtungen heranschießenden Feuerbällen ausweichen. Die Aufgaben sind zum Teil verdammt schwer, aber auch verdammt motivierend. Sehr schade ist allerdings, dass Nintendo hier auf Online-Ranglisten verzichtet hat. Die anderen beiden Modi (schnellstmöglich einen Level meistern bzw. so viele Münzen wie möglich sammeln) machen ebenfalls Spaß, sind aber deutlich kurzlebiger. All das darf man ebenfalls mit anderen Spielern sowie mit dem eigenen Mii in Angriff nehmen. Davon rate ich allerdings wild rudernd ab: Die Figürchen sehen nicht nur lächerlich aus, sie klingen auch grässlich. Und es fühlt sich einfach falsch an, in einem Mario-Spiel nicht mit Mario (oder Luigi) loszulegen.

Fazit

"Keine Experimente" - das war einst das Motto von Adenauers CDU. Und es dürfte auch das Credo der NSMBU-Designer gewesen sein. Denn die Grundzutaten sind allesamt bekannt: Vertraute Levelthemen, fröhlich im Takt der Musik wippende und hopsende Gegner, Bossmonster, denen man drei Mal die Platte polieren muss, kunterbunte Comicgrafik. Das funktioniert alles noch genauso so super wie am ersten Tag, schmeckt aber mittlerweile leicht abgestanden. Wenn auch weniger als noch bei New Super Mario Bros. 2, denn nicht nur sorgt die farbenfrohe HD-Grafik für ein ansehnliches Mario-Erlebnis - auch hat Nintendo zu meinem großen Erstaunen wieder verstanden, dass Nicht-Farmville-Spieler eine Herausforderung brauchen. Und so gibt es hier zwar die mittlerweile gewohnten Vereinfachungen wie den „Super Guide“, aber das Spieldesign ist bemerkenswert anspruchsvoll - ein Hochjauchz auf meine regelmäßig ausgestoßenen Flüche, mit denen ich zum Test gar nicht gerechnet habe! Schade nur, dass man in diesem Zusammenhang verpasst hat, das gewohnte zweite Item auf das im Solo-Modus ziemlich unnütze WiiU-Gamepad zu packen. Ebenfalls schade, dass der Multiplayermodus zwar tierisch viel Spaß macht, aber zum Spielfortschritt unbrauchbar ist - hier geht es nur darum, sich möglichst kreativ im Weg zu stehen, das pausenlose Aufeinander-Herumgehopse ist in Kombination mit den ständigen Pausen beim Einsammeln eines Extras der Killer jeder vernünftigen Taktik. Genau wie seinerzeit auf der Wii. New Super Mario Bros. U ist keine Killer-App für die neue Konsole, keine Offenbarung wie Super Mario Galaxy - aber ein wirklich sehr gutes Jump-n-Run!

Pro

  • kreatives Leveldesign
  • niedliche Soundkulisse
  • putzige Präsentation
  • farbenfrohe Levels
  • anspruchsvoller Schwierigkeitsgrad
  • beeindruckender Umfang
  • präzise Steuerung
  • tolle Weltkarte
  • sehr viel zu entdecken
  • unterhaltsame Bonusmodi

Kontra

  • gelegentlich frustrierende Stellen
  • wenig frische Ideen
  • altbekannte Präsentation
  • chaotischer Mehrspielermodus
  • kein Online-Modus
  • keine Ranglisten für die Bonusmodi
  • grausame Mii-Nutzung

Wertung

Wii_U

Nintendo entdeckt den Core-Spieler wieder für sich: New Super Mario Bros. U bietet wenig Überraschungen, dafür aber eine bemerkenswerte Herausforderung sowie klassischen Hüpfspaß.