New Super Mario Bros. U - Test, Plattformer, Wii_U, Switch
Man kann die Bedeutung einer ebenso hübschen wie verspielten Oberwelt einfach nicht überschätzen. Besonders nicht in einem Mario-Spiel. In Super Mario Bros. 3 (NES) und ganz besonders Super Mario World (SNES) war die große Karte nicht einfach nur dazu da, einen von Mission zu Mission zu lotsen. Sondern sie waren Spiele in sich, mit Gegnern, denen man ausweichen musste, mit kleinen Puzzles, mit versteckten Extras, mit zusätzlichen Welten, die freizuschalten nur den geduldigsten Spielern vorbehalten war. Sie ist zurück. Groß und abwechslungsreich und voller kleiner Geheimnisse. Mit Geistern, die sich verstecken und einem unerwartet in den Rücken fallen. Mit kleinen Dieben, "Nabbits" getauft, die in bereits besuchte Levels flüchten, wo man sie für eine kleine Belohnung verfolgen muss. Mit kleinen Geschicklichkeitstests. Und schöner als je zuvor.
Ein Licht geht auf im Pilzland...
Eilt zur Hilfe, Super Guide Bros.!
Bevor’s ans Eingemachte geht, steht der frischgebacke WiiU-Besitzer vor der Wahlqual: Gamepad oder Wiimote? Wenn ihr nur den Solo-Modus spielen wollt, reicht der quer gehaltene alte Controller völlig aus. Das WiiU-Gamepad hat in der Kampagne keinerlei Bedeutung - außer, ihr wollt außerhalb des Fernsehers spielen. Nicht mal ein zweites Power-Up kann man auf dem Touchpad ablegen (wie vom DS oder 3DS gewohnt). Und die scheinbar so triviale Abwesenheit dieses Features ist nur ein Zeichen dafür, dass Nintendo -Wunder über Wunder- tatsächlich den Core-Spieler wieder für sich entdeckt hat. Ja, ihr habt richtig gelesen: New Super Mario Bros. U ist erstaunlich schwer! Okay, nicht in der ersten Spielhälfte, die ist ein Klacks. Und die Bosskämpfe werden nur selten wirklich anspruchsvoll. Aber sonst spürt man mit jeder weiteren Welt, wie an der Herausforderungsschraube gedreht wird: Da werden präzise Sprünge gefordert, Giftseen und Lavafluten lassen den Lebenszähler hemmungslos nach unten rattern, pro Level gibt es nur einen Checkpunkt (der zum Teil sehr weit vom Ende entfernt liegt.
Aber keine Bange, aus Mario wird nicht gleich Dark Souls (obwohl man auf der Oberwelt zu den einzelnen Levels kleine Notizen anlegen darf, die via Miiversum mit Freunden geteilt werden können) - es gibt noch die gewohnten Erleichterungen: An den Checkpunkten wird man automatisch "vergrößert", und geht man innerhalb eines Levels fünf Mal drauf, kann man den "Super Guide" mit Luigi aktivieren. Da zeigt einem der schlaksige Bruder, wie man den Level gefälligst richtig (wenn auch sehr vorsichtig) zu spielen hat und rennt ihn auf Wunsch komplett durch - "komplett" bedeutet "inkl. Bosskampf". Was man jederzeit unterbrechen kann, um selbst die Kontrolle über den Grünling zu übernehmen.
Die Kampagne setzt auf klassisches Mario-Vergnügen: Man hopst durch grüne Auen und die glühend heiße Wüste, blubbert durch Wasserlevels voller bissiger Knochenfische und fieser Strömungen, schliddert durch Eislevels, sucht in Geisterhäusern nach versteckten Gängen und fühlt sich in der Welt der Riesen ganz, ganz klein. Die große und vielfach verzweigte Oberwelt sorgt dafür, dass es keine feste Reihenfolge der Levels gibt - oftmals darf man sich zwischen mehreren Wegen entscheiden, die zu unterschiedlichen Arealen führen. Und wie so oft muss man auch nicht alle Levels meistern, um den Abspann (nebst Prinzesschen Peach) zu Gesicht zu bekommen. Aber, und hier nickt der Mario-Kenner wissend, man sollte das tun. Denn in jedem Abschnitt warten die altbekannten drei Sternenmünzen, zum Teil garstig fies versteckt. Die dienen dieses Mal nicht zum Freischalten von Bosslevels oder Toad-Häusern, sondern sorgen dafür, dass man die neunte Welt erkunden darf.
Yoshiiiiiiiii!
Nicht, dass es die bräuchte, um Spaß zu haben - das Design der "normalen" Welten ist schon kreativ genug: Mal schlängelt man sich durch gigantische Zahnräder, dann hopst man über rotierende Sterne oder durch sich selbständig drehende Kristallwelten, über die Köpfe von großen Steinstatuen, deren graue Augen einen interessiert verfolgen, oder auch mal auf einer Riesenraupe herum, während sie automatisch durch den Level stapft. Es sind viele frische Ideen im Spiel; Ideen, die deutlich machen, wie konservativ im Vergleich New Super Mario Bros. 2 designt war. Aber nicht falsch verstehen - NSMBU steht ebenfalls größtenteils auf den Schultern seiner großen Vorfahren: Man kennt die meisten Items (der Flughörnchen-Anzug ist neu, die Eisblume etwas wirksamer als zuvor), man kennt den Großteil der Gegner - und man kennt Yoshi. Aber kann man jemals genug Yoshi haben?
Neben der Kampagne gibt es wieder einen kompletten Koop-Mehrspielermodus. Wie bei New Super Mario Bros. Wii. Und genau wie da ein Riesenhaufen Chaos: Vier Spieler, jeder mit einer Wiimote bewaffnet, springen wild durch die Levels, sich gegenseitig in den Weg oder auf die Köpfe, beim Aufsammeln eines Extras wird das Geschehen für alle pausiert.
Alle für keinen, keiner für alle!
Fazit
"Keine Experimente" - das war einst das Motto von Adenauers CDU. Und es dürfte auch das Credo der NSMBU-Designer gewesen sein. Denn die Grundzutaten sind allesamt bekannt: Vertraute Levelthemen, fröhlich im Takt der Musik wippende und hopsende Gegner, Bossmonster, denen man drei Mal die Platte polieren muss, kunterbunte Comicgrafik. Das funktioniert alles noch genauso so super wie am ersten Tag, schmeckt aber mittlerweile leicht abgestanden. Wenn auch weniger als noch bei New Super Mario Bros. 2, denn nicht nur sorgt die farbenfrohe HD-Grafik für ein ansehnliches Mario-Erlebnis - auch hat Nintendo zu meinem großen Erstaunen wieder verstanden, dass Nicht-Farmville-Spieler eine Herausforderung brauchen. Und so gibt es hier zwar die mittlerweile gewohnten Vereinfachungen wie den „Super Guide“, aber das Spieldesign ist bemerkenswert anspruchsvoll - ein Hochjauchz auf meine regelmäßig ausgestoßenen Flüche, mit denen ich zum Test gar nicht gerechnet habe! Schade nur, dass man in diesem Zusammenhang verpasst hat, das gewohnte zweite Item auf das im Solo-Modus ziemlich unnütze WiiU-Gamepad zu packen. Ebenfalls schade, dass der Multiplayermodus zwar tierisch viel Spaß macht, aber zum Spielfortschritt unbrauchbar ist - hier geht es nur darum, sich möglichst kreativ im Weg zu stehen, das pausenlose Aufeinander-Herumgehopse ist in Kombination mit den ständigen Pausen beim Einsammeln eines Extras der Killer jeder vernünftigen Taktik. Genau wie seinerzeit auf der Wii. New Super Mario Bros. U ist keine Killer-App für die neue Konsole, keine Offenbarung wie Super Mario Galaxy - aber ein wirklich sehr gutes Jump-n-Run!
Pro
- kreatives Leveldesign
- niedliche Soundkulisse
- putzige Präsentation
- farbenfrohe Levels
- anspruchsvoller Schwierigkeitsgrad
- beeindruckender Umfang
- präzise Steuerung
- tolle Weltkarte
- sehr viel zu entdecken
- unterhaltsame Bonusmodi
Kontra
- gelegentlich frustrierende Stellen
- wenig frische Ideen
- altbekannte Präsentation
- chaotischer Mehrspielermodus
- kein Online-Modus
- keine Ranglisten für die Bonusmodi
- grausame Mii-Nutzung