Warriors Orochi 3 - Test, Action-Adventure, 360, Wii_U, PlayStation3

Warriors Orochi 3
29.11.2012, Mathias Oertel

Test: Warriors Orochi 3

Krieger. Überall Krieger. Dynastien. Samurai. Legenden Trojas. Gundam. Wenn es um handfeste Massenkeilereien geht, ist Koei das Maß aller Dinge. Das hat man zuletzt mit Warriors Orochi 3 (ab 67,30€ bei kaufen) auf PS3 und 360 gezeigt. Mit dem schmissigen Zusatz "Hyper" nehmen die Kämpfer nun das Wii U-Gamepad ein. Was taugt die Umsetzung?

Ein Mantra, das in Anlehnung an Gertrude Stein für die Auseinandersetzungen gegen Tausende eher schwerfällig und stupide agierende Gegner seit Dynasty Warriors 2 auf der PS2 gilt, lautet: Warriors ist Warriors ist Warriors. Egal ob sie nun aus der chinesischen Dynasty- oder japanischen Samurai-Ecke stammen, ob sie im antiken Griechenland angesiedelt sind oder die Schauplätze gar in den Weltraum verlegt und mit der Gundam-Lizenz angereichert werden. Soll heißen: Abgesehen von den Texturen der Hauptfiguren oder den Effekten der Spezialangriffe hat sich meist wenig getan - zumindest zu wenig, als dass man abseits der Kulisse von einem kontinuierlichen Fortschritt sprechen könnte. Wobei die Schlachtfelder nie irgendwelche Grafikbäume ausreißen konnten und sich im Bestfall maximal durchschnittlich präsentierten.

Immer wieder dasselbe? Ja und Nein!

Doch ein Ableger der Warriors, die Orochi-Reihe, war schon immer etwas anders - zumindest inhaltlich. Ohne den Zwang, sich irgendwelchen geschichtlichen Ereignissen unterordnen zu müssen, waren die gemeinsamen Kämpfe der Krieger aus den Samurai- und Dynasty-Serien gegen einen Dämonenkönig eine Experimentierwiese - so auch Warriors Orochi 3 (WO3). Zwar bleibt man hinsichtlich der Kampfmechanik prinzipiell den Wurzeln treu und bietet ein Kombosystem mit zwei Knöpfen plus Block, Sprung und Spezialattacke. Auch bei der Visualisierung der Schlachten braucht man nicht auf ein Wow-Erlebnis zu hoffen. Es bleibt weiterhin beim oberflächlichen Design, das trotz weniger Details nicht mit aufploppenden Gegnern spart. Doch abseits dessen gibt es ein paar Überraschungen.

Dazu gehört z.B. die Geschichte, die einen zu Beginn sofort in ein Finale wirft: Mit einem Kämpfertrio, bei dem ein ständiger Wechsel zwischen den Kriegern für den Aufbau von Kombos nicht nur möglich, sondern erwünscht ist, , attackiert man eine von Untoten umringte Hydra – und scheitert!

Man lebt nur zweimal

Auf Wii U gibt es zwar ein paar neue Charaktere, doch angesichts von bereits über 120 spielbaren Figuren fallen die Neuzugänge kaum ins Gewicht.
Doch man muss nicht verzagen, denn in allerletzter Sekunde wird man von einer zeitreisenden Priesterin gerettet und findet sich in einem als Verteilerknoten dienenden Camp wieder. Um das Ende (den Kampf gegen die Hydra) erfolgreich zu gestalten, muss man immer wieder in der Zeit zurückreisen, dort die verschiedenen Schlachtfelder dominieren, seine Figuren aufleveln und neue Kämpfer akquirieren. Mitunter besucht man einige Gebiete sogar wiederholt, wobei man jedoch andere Bedingungen vorfindet: So öffnen sich z.B. neue Bereiche, da man in der Zwischenzeit in einer anderen hiermit verbundenen Schlacht etwas ausgelöst hat, was Auswirkungen zeigt. Dies ist eine hilfreiche Technik, um das Umgebungsrecycling argumentieren zu können.

Bei der Krieger-Auswahl beschränkt man sich dieses Mal jedoch nicht auf die bekannten Serien, auf die sich Orochi bislang gestützt hat. Neben den chinesischen und japanischen Feudalkriegern bekommt man Unterstützung von Figuren aus anderen Tecmo Koei-Titeln. Warriors: Legends of Troy, das strategisch angehauchte Bladestorm: Der hundertjährige Krieg, das Action-Rollenspiel Trinity: Souls of O’Zill, Dead or Alive, Ninja Gaiden  – sie alle entsenden mindestens einen Krieger, um für Abwechslung zu sorgen. Über 120 Figuren lassen sich kombinieren, um ein möglichst schlagkräftiges Trio auf die Beine zu stellen. Johanna von Orleans kämpft an der Seite von Achilles? Kein Problem! Der Ninja Ryu Hayabusa soll ebenfalls eingreifen? Nur zu! Und Ayane soll nicht nur Zak verprügeln, Ryu unterstützen oder auf irgendwelchen Stränden Volleyball spielen? Jawollja! Bei dieser Anzahl treten jedoch auch immer wieder Balancing-Probleme auf: Manche Figuren wirken mächtiger als andere und sind vor allem in Kombination (so man sie denn findet) ein potentes Mittel, um mehr oder weniger problemlos durch den „normalen“ Schwierigkeitsgrad zu rauschen.

Der an das erste Dynasty Warriors erinnernde Duell-Modus ist eine interessante Ergänzung.
Vor allem dann, wenn man die Möglichkeiten wahrnimmt, die einem im Camp zur Verfügung stehen. Waffen können nicht nur gekauft, sondern auch "verschmolzen" werden, wobei die schwächere Waffe in der stärkeren aufgeht und man evtl. damit verbundene Boni ebenfalls einschmiedet. Natürlich funktioniert das auch mit Klingen, die man während der Gefechte findet.

Umfangreiches Drumherum

Man findet bzw. bekommt eine Figur, zögert aber, sie ins nächste Gefecht mitzunehmen, weil sie deutlich unter dem Level des "Stamm-Teams" ist? Kein Problem: Neben der Erfahrung, die das gerade aktive Mitglied des Trios für erledigte Feinde sammelt, wird ein Teil auch in einen allgemeinen Pool ausgeschüttet. Diesen kann man verwenden, um das berüchtigte Grinden zu minimieren und gezielt Charaktere ohne Kampfeinsatz auf neue Stufen zu hieven, bevor man in den Krieg zieht.

Auch der kooperative Online-Modus ist vom Camp aus erreichbar. Allerdings hatte ich bislang Schwierigkeiten, Mitspieler zu finden. Das macht aber nichts, denn als eine der wenigen Neuerungen der Wii U-Fassung kann hier ein Spieler auf dem TV-Schirm kämpfen, während der zweite Spieler den des Gamepads nutzt. Auf dem kleinen Screen allerdings ist die Schrift mitunter kaum zu entziffern und die Details auf der Karte lassen sich ebenfalls schwer ausmachen.

Waffen lassen sich mehrfach kombinieren und mit neuen Fähigkeiten versehen.
Doch es ist nicht nur der schiere Umfang, der Orochi 3 vom üblichen Warriors-Einerlei abhebt und immer wieder dafür sorgt, dass man den mangelnden Fortschritt innerhalb der Grundmechanik nur selten bedauert.

Mehr Strategie

Denn unter dem Strich findet man hier trotz der nur leicht verbesserten Knopfgehämmer-Schlachten das taktisch tiefste Warriors-Spiel seit langem. Damit meine ich nicht nur die Team-Auswahl per se, die beeinflusst, wie man sich schlägt. Denn zusätzlich haben viele Figuren untereinander einen Beziehungsstatus, der wiederum Boni und weitere Hilfen auf dem Feld der Ehre freischaltet. Dabei muss man nicht nur zwangsläufig die jeweilige Figur mit in den Kampf nehmen. Mal reicht es auch, Missionen für sie zu erledigen und später kann man sich die Freundschaften sogar im Teehaus teuer erkaufen.

Auch in strategischer Sicht findet eine positive Rückbesinnung statt: Zwar bestechen die Klonarmeen immer noch eher durch Masse als durch KI-Klasse, doch selten waren die Auswirkungen der eigenen Aktionen auf die mit einem kämpfenden Truppen und Generäle stärker zu spüren als hier. Mitunter habe ich mich positiv an die Kessen-Serie (ebenfalls Koei) oder Phantagrams Kingdoms under Fire-Debüt auf der Xbox erinnert gefühlt. Nicht nur, dass sich scheinbar mehr Truppen um mich scharen, wenn ich erfolgreich durch die Gegner pflüge: Auch die unabhängig von mir kämpfenden und dynamisch durch die Gebiete wandernden Offiziere mit ihren Gefolgsleuten wirken deutlich aktiver, effektiver und ziehen auch ohne mein Zutun Zwischenbosse aus dem Verkehr. Dass man nicht die Hälfte der Spielzeit mit "Babysitting" beschäftigt ist, tut der Dynamik nur gut!

Nicht wundern: Die Sprachausgabe ist japanisch.
Ungewöhnlich ist die Entscheidung Koeis, dieses Mal den Kriegern nur japanische Sprachausgabe zu spendieren und diese Englisch zu untertiteln. Ich vermisse zwar das übertriebene Pathos der englischen Sprecher nicht. Doch angesichts der Flut an fernöstlicher Akustik, die auch während der Kämpfe auf einen einprasselt und über entscheidende Wendungen sowie Ereignisse informiert, wird man immer wieder durch die Untertitel abgelenkt. Abgesehen davon wird durch die enorme Fülle an Sprachsamples eine interessante Atmosphäre aufgebaut, die auch von der Musik unterstützt wird. Die gibt sich für ein Warriors-Spiel erstaunlich untypisch und baut eher selten auf den japanischen Pop-Rock, den man eigentlich mit diesen Titeln assoziiert, sondern bietet einen interessanten Mix: Schnelle Beats wechseln sich ab mit ruhigen Melodien oder traditionellen fernöstlichen Kompositionen.

Japanische Kommunikation

Bereits auf den Sony- und Microsoft-Konsolen hatte Warriors Orochi 3 mit technischen Problemen wie Pop-ups zu kämpfen. Und das ist leider auf Wii U nicht anders - ganz im Gegenteil. Stellt man die Versionen nebeneinander, werden einige Unterschiede deutlich: Die Texturen auf dem Nintendo-System sind verwaschener, es gibt immer wieder reduzierte Partikeleffekte, die Sichtweite bis zur Einblendung von Figuren ist geringer und häufig werden Detail-Texturen (z.B. Kleidung) später auf die Figuren gelegt. Bis hierhin sind diese Mankos ärgerlich, aber kein Beinbruch. Dass aber zusätzlich auch Kantenglättung ein Fremdwort ist, die Schatten extrem krümeln und die Bildrate trotz dieser Defizite immer wieder heftig einbricht, ist unglücklich. Vor allem Letzteres wirkt sich auch deutlich auf das Spielgefühl aus, weswegen ein Wertungsabzug unausweichlich scheint.

Besser auf Wii U?

Unbewegt wirkt die Umsetzung sauber, doch die Wii U-Version wird von einigen Defiziten wie Bildrateneinbrüchen geplagt.
Oder können vielleicht die zusätzlichen Inhalte noch etwas retten? Die Möglichkeit,  mit knapp einer Hand voll neuer Kämpfer anzutreten, werte ich dabei eher der Kategorie "untergeordnet" zu. Der bereits angesprochene splitscreenfreie Koop-Modus versteht es schon eher, mich wieder etwas zu besänftigen. Doch ganz große Chancen, das Unterhaltungsniveau wieder zu heben, hat der Duell-Modus. Dahinter verbirgt sich ein an den ersten Dynasty Warriors-Teil auf PSone erinnerndes Beat-em-up, bei dem Dreierteams gegeneinander antreten. Wahlweise online, offline gegen CPU (auch in einem Survival-Modus möglich) oder offline gegen einen menschlichen Kontrahenten erreicht die Qualität der Kämpfe allerdings zu keinem Zeitpunkt die Intensität der Top-Prügler wie Street Fighter, Soul Calibur oder Tekken. Da man jedoch auch das Kampfgeschehen durch den Einsatz von Karten beeinflussen kann, die man wiederum in der Story erhält, wird für Sammler ein zusätzlicher Anreiz geschaffen. Doch angesichts der technischen Defizite sind die Duelle letztlich nur ein schwach kühlender Tropfen auf dem defizitären Technik-Stein.

Fazit

Ausgerecht die eher als Nebenprodukt entwickelte Warriors Orochi-Serie entpuppt sich mit ihrem dritten Teil als fortschrittlichste Variante der seit Jahren stagnierenden Massenschlachten - auch auf Wii U. Mit über 120 Charakteren (darunter auch einigen, die es nur hier gibt),  aus denen man sein Kämpfertrio zusammenstellen kann, haufenweise modifizierbaren Waffen sowie einem Freundschaftssystem, das auch auf dem Schlachtfeld Wirkung zeigt, wird eine interessante taktische Grundlage für die Massenkeilereien gelegt. Außerdem sind die Auswirkungen der eigenen Aktionen in den Kriegsgebieten hinsichtlich Moral sowie Kampfverhalten der anderen Armeeteile spürbarer, so dass auch der strategische Faktor stärker betont wird als in den letzten Warriors-Titeln. Schade ist allerdings, dass die Kampfmechanik immer noch zu oberflächlich ist. Dennoch: Wer bislang immer einen weiten Bogen um alles gemacht hat, was mit Koeis Warriors-Spielen zu tun hatte, könnte von Orochi 3 eines Besseren belehrt werden. Die Empfehlung gilt allerdings nicht für Spieler, die schon auf PlayStation 3 oder Xbox 360 in den Kampf gegen den Dämonenkönig gezogen sind - und das nicht nur, weil die technischen Defizite im direkten Vergleich stark ins Gewicht fallen. Aber die inhaltlichen Ergänzungen rechtfertigen keinen Neukauf, obwohl der Duell-Modus mit seinem Sammelkartenprinzip durchaus reizvoll ist und an den Prügel-Ursprung der Serie erinnert.

Pro

  • über 130 spielbare Figuren (darunter einige Wii U-exklusive)
  • eingängiges Spielprinzip
  • interessanter Duell-Modus
  • splitscreenloses Kooperativ-Spiel möglich
  • interessante taktische Ansätze
  • Waffen können aufgerüstet werden
  • viel zu entdecken
  • Online-Modus

Kontra

  • schwache KI
  • technisch schwächer als auf PS3 oder 360
  • stark schwankende Bildrate
  • größtenteils anspruchslose Kämpfe
  • Klonarmeen
  • Gamepad wird nur als Bildschirm genutzt

Wertung

Wii_U

Inhaltlich wurden die Krieger sauber auf die Wii U gebracht und um einen interessanten Duell-Modus ergänzt. Technisch hingegen gibt es einige Defizite, vor allem die Bildraten-Einbrüche sorgen für deutliche Abzüge.