FLY'N - Test, Plattformer, PC
Schon beim Anschauen des Trailers habe ich mich auf Anhieb ins zauberhafte Design verliebt. Überall wuchern verschnörkelte Ranken und fremdartige Pollen wiegen sich glitzernd im Wind. Auch den kleinen tropfenförmigen Held habe ich sofort ins Herz geschlossen. Irgendwie erinnert er mich an das Meerschwein aus meiner Kindheit: Er besteht zu 90% aus Rumpf und Kulleraugen und gibt auf Knopfdruck putzige Fiepsgeräusche von sich. Im Gegensatz zu Muckel kann er sogar kleine Melodien wiedergeben: Er streckt sich, breitet seine Fühler aus und beginnt vergnügt zu zirpen. Das kleine Konzert ist kein Selbstzweck, sondern bringt das Leben zurück in die angeschlagene Natur, welche vom Schrott eines jähzornigen Haarföhns verwüstet wurde. Die Geschichte wird in viel zu kurzen Slapstick-Sequenzen präsentiert und ist so einfach gestrickt wie die von Bowsers Entführungen.
Quietschendes Multitalent
Habe ich einen glühenden Stein gefunden, kann das Ständchen beginnen: Mal wird dadurch ein Stück Schrott aus einer Wohnung gehievt und ein getrenntes Ehepaar findet wieder zusammen, an anderer Stelle traut sich eine verschreckte Schnecke wieder aus ihrem
Während ich über schwebende Plattformen hüpfe und um runde Erdklumpen herum krabble, muss ich also immer wieder Rätsel lösen, welche richtig clever in die Levels integriert wurden. Als z.B. ein funkelnder Edelstein in unerreichbarer Höhe hängt, versuche ich zunächst, senkrecht die Wände zu erklimmen, scheitere aber am rot glühenden Technikschrott, der mir den Weg versperrt. Dann dämmert es mir: Ich muss
Hüpfen, Rätseln, Schweben, Singen
Auf dem Rückweg kommt ein weiterer Kniff zum Einsatz, welcher an Spiele wie Giana Sisters und Mighty Switch Force erinnert: Wenn das Fantasy-Meerschwein die Augen schließt, verwandelt sich die Kulisse in eine düstere Schattenwelt. Die invertierten Farben und dumpf gefilterten Gitarren- und Synthie-Klänge erzeugen dann auf gelungene Weise eine ganz eigentümliche Atmosphäre. Außerdem werden in der düsteren Version der Welt weiße Schemen zu schwebenden Plattformen – andere erscheinen nur im Hellen. Während ich rhythmisch auf den Knopf drücke, lasse ich abwechselnd schmale Stege am rechten und linken Rand des Abgrunds erscheinen und springe langsam nach oben.
Ausgewogener Mix
In besonders hektischen Situationen macht mir leider die Steuerung einen Strich durch die Rechnung. Der 360-Controller wird zwar unterstützt, die Handhabung besitzt aber seltsame Eigenheiten. Obwohl ich den Analogstick benutze, bleibt die Steuerung digital. Der Held kennt nur zwei Geschwindigkeiten: Stillstehen oder Vollgas, was ihn an schmalen Wänden oft in tödliche Stacheln rauschen lässt. Dank der fair verteilten Checkpoints sind die Steuerungs-Macken nicht wirklich tragisch - aber ärgerlich, weil es zu einigen unverschuldeten Toden kommt. Das Digikreuz lässt sich trotz der seltsamen Design-Entscheidung nicht nutzen. Wer möchte, kann aber immerhin die Knöpfe
Schade auch, dass mir fast keine Gegner begegnen. Ab und zu befreie ich freundlich gesinnte Bewohner, meist bin ich aber alleine in der Welt unterwegs, welche trotz der verträumten Atmosphäre und vieler Fallen etwas leblos wirkt. Ab und zu stellt mir der finstere Föhn aber immerhin einen Boss in den Weg. Das gigantische GameBoy-Monster und andere Fieslinge lassen sich aber leicht austricksen. Wer im gut sechs Stunden kurzen Hauptspiel genügend versteckte Edelsteine sammelt, kann einige Räume und Boni in der Oberwelt freischalten - oder die oberen Plätze der Bestenlisten einzelner Levels erobern.
Gegner-Mangel
Fazit
Fly’n ist eines der besten Argumente für Greenlight. Es wäre wirklich schade gewesen, wenn das kleine französische Plattform-Juwel nicht auf Steam erschienen wäre. Das Umschalten zwischen einer dunklen und einer hellen Welt ist nicht neu, aber Ankama hat die Mechanik unheimlich geschickt mit anderen Spezialfähigkeiten verflochten. Das Ergebnis ist ein ausgewogener und richtig motivierender Mix aus knackigem Jump-n-Run und Puzzles. Manchmal erforsche ich einfach nur die traumhaft gezeichnete Fantasiewelt, manchmal muss ich mich im Sekundentakt auf die Umgebung einstellen: Hüpfen, schweben, abprallen, Portale mit Gesang öffnen. Oft dauerte es ein Weilchen, bis ich in kniffligen Situationen ans Ziel gelangt war, doch spätestens nach ein paar Experimenten kam stets die rettende Idee. Ein paar Schönheitsfehler gibt es auch - z.B. die rein digitale Steuerung: Meist funktioniert sie gut, in brenzligen Situationen ist sie aber zu unpräzise. Außerdem tauchen von freundlichen Bewohnern und Bossen abgesehen fast keine Kreaturen auf. Angriffslustige Fantasiebiester hätten noch mehr Abwechslung ins Spiel bringen können. Auch das ständige leichte Ruckeln hätte nicht sein müssen. Trotz der kleinen Fehler ist Fly’n aber einer der schönsten und motivierendsten Plattformer des Jahres!
Pro
- fremdartig verschnörkelte Pflanzenwelten
- unheimlich knuffige Fantasiewesen
- ausgeklügeltes Zusammenspiel vieler Fähigkeiten
- motivierende Rätsel
- knifflige Sprungpassagen
- verträumte Musikuntermalung
- optionale Hilfe-Funktion für schwere Passagen
Kontra
- Steuerung nicht immer präzise genug
- leichtes Ruckeln
- eindimensionale Story
- einfach gestrickte Bosskämpfe
- da es kaum Gegner gibt, wirkt die Welt mitunter leer