Infestation: Survivor Stories - Test, Action-Adventure, PC

Infestation: Survivor Stories
01.02.2013, Benjamin Schmädig

Test: Infestation: Survivor Stories

Würde die Welt der Videospiele das Wort des Jahres wählen, 2012 hätte es "friendly" sein können. Denn wer in dem von Zombies verseuchten DayZ auf andere Spieler traf, musste sich identifizieren: Freund oder Feind? Wer Freundschaften schloss, erlebte einen einzigartigen Überlebenskampf – wer einen Feind traf, verlor vielleicht mit einem Schlag das einzige Bildschirmleben. Diese packende Spannung will auch The War Z erzeugen – Freunde macht es sich dabei allerdings nicht.

Man muss nicht mit dem Fernglas hinsehen, um die Ähnlichkeiten zwischen beiden Shootern auszumachen: Auch in The War Z treffen sich Onlinespieler in einem großen frei begehbaren Gebiet. Dessen Einwohner wurden in Zombies verwandelt, weshalb sämtliche Ortschaften von ächzendem, schlurfendem Gammelfleisch überlaufen sind. Weil Hunger und Durst an der Lebenskraft nagen, muss man aber genau in diese Dörfer – der apokalyptische Mensch ernährt sich von zurückgelassenen Kartoffelchips und Coladosen, die immer wieder in den Gebäuden auftauchen. Er findet außerdem Waffen, Munition und Rüstung. Ähnlich wie in DayZ wehrt er sich damit gegen Zombies und Spieler, so genannte Banditen, die es auf seine Ausrüstung abgesehen haben.

"Run away!"

Nein, ich finde es nicht verwerflich, dass das eine Z so frech vom anderen abkupfert. Lieber gut geklaut... Das große Problem ist der Zustand, in dem The War Z veröffentlicht wurde und in dem es sich noch immer befindet: Das Spiel ist ganz offensichtlich unfertig. Es gibt Menüpunkte, die nicht funktionieren und es gibt etliche Programmfehler. Gegenstände und Zombies schweben in der Luft, im Hauptmenü werden Optionen mitunter falsch beschriftet, ich habe Abstürze erlebt und meine Waffe verschwand schon mal aus der Hand meines Charakters, um kurz darauf wieder aufzutauchen.

"friendly?"

"i kill u run away"

The Wa

Was hingegen schlicht noch fehlt ist die Möglichkeit, anderen Spielern Missionen anzubieten. Man darf zwar die Beschreibung verfassen und eine Belohnung ausloben – abschicken kann man die Aufträge allerdings nicht. Dabei könnten auf diesem Weg verfasste Hilferufe das soziale (oder auch unsoziale) Verhalten der Spieler fördern.

Die Steam-Kontroverse

Steam-Besitzer Valve hatte The War Z von der Verkaufsplattform entfernt. Informationen zum Spiel sind zwar noch verfügbar - kaufen kann man es derzeit nur auf der offiziellen Webseite .Interessant ist außerdem ein Menüpunkt namens "Skill Tree", der ebenfalls nicht funktioniert. Apropos: Auch die Einstellung für eine deutsche Lokalisierung findet man im Hauptmenü. Aber die gibt es natürlich noch nicht. Last but not least wurde das Benutzen von Fahrzeugen zuletzt sogar deaktiviert – irgendwie konsequent.

Entwickler Hammerpoint Interactive nennt es einen "Foundation Release" – doch das ist Augenwischerei. Immerhin sollte das "Fundament" eines Spiels als in sich geschlossenes Ganzes funktionieren, sobald es auf Steam verkauft wird. Von einer Alpha-Version war nie die Rede, genau so fühlt sich The War Z aber heute noch an. In der ursprünglichen Fassung des Verkaufstextes wurden sogar Spielelemente erwähnt, die noch nicht zur Verfügung standen. Natürlich ist es im Minecraft-Zeitalter in Ordnung, eine frühe Version zu verkaufen – nur muss man sie als solche kennzeichnen. Und genau das hat Hammerpoint versäumt, als sie ihr Spiel nach der offiziellen Beta-Phase als quasi fertig verkauften.

Die Apokalypse ist noch immer nicht ausgereift; zumindest wurde die Steam-Beschreibung inzwischen aber angepasst. Dabei ist das längst nicht ihr größtes Problem: Der

Weder die Gefechte gegen andere Spieler noch die Bedrohung durch Zombies sorgen für Spannung.
Überlebenskampf, den DayZ so eindringlich inszeniert, wäre hier nämlich auch ohne die Kontroverse nur eine Randnotiz geblieben. Viel schlimmer ist, dass der Shooter, den man wahlweise aus der Egoperspektive oder per Schulterblick erlebt, aus drögem Umherlaufen und müden Schusswechseln besteht.

Apokalyptische Schlaftablette

Das gilt sowohl für den Kampf gegen die Zombies als auch die Gefechte gegen andere Spieler. Denn zum einen bewegt sich meine Figur einschlafend langsam und muss gelegentlich auf das Aufladen ihrer Ausdauer warten, zum anderen wirken die Feuergefechte sehr altbacken: Es fehlt das Gefühl, eine schwere Waffe in der Hand zu halten, während viele Kugeln wie Platzpatronen durch die Luft zischen.

Zu allem Überfluss kann ich zwar etliche Waffen tragen, darf sie aber nur nutzen, wenn ich sie an einen bestimmten Platz im Menü schiebe. Die Einschränkung macht es tatsächlich

Selbst das Hauptmenü kann fehlerhaft sein.
unmöglich, ohne den Sprung ins Menü zwischen Pistole und Taschenlampe zu wechseln. Natürlich hat DayZ den Vorteil, dass die Modifikation auf den Mauern einer umfassenden Bewegungs- und Waffensimulation aufsetzt. Trotzdem muss sich The War Z mit seinem erklärten Vorbild messen.

Nicht einmal einen Sprachchat bietet Hammerpoint an, dabei ist die Kommunikation unter den Spielern das A und O, wenn sie als oder gegen Banditen in den Kampf ziehen. Zumindest unterbindet The War Z den beliebten Serverwechsel, indem es den Ausstieg verzögert und eine Figur nach schnellem Wiedereinstieg an eine entfernte Position teleportiert. Im Gegenzug machen ihm allerdings Angriffe von außen zu schaffen: Entweder verschaffen sich Hacker unfaire Vorteile oder legen gleich ganze Server lahm.

Entmilitarisierte Zonen

Wer Blut vergießt, wird übrigens als Bandit abgestempelt. Nur hat die Titulierung keinen spielerischen Nutzen und bietet den Überlebenden daher auch keinen Anreiz sich zusammentun, anstatt sich im profanen PvP-Gefecht gegenseitig niederzuballern – und wieder kommt die Glaubwürdigkeit der Endzeit viel zu kurz.

Eigentlich überflüssig sind drei Gebiete, in denen Waffengewalt verboten ist. Nutzen der Ruhezonen ist der Austausch von Gegenständen; immerhin darf ich

Dunkler Schatten

DayZ-Schöpfer Dean Hall ärgert sich über die Kontroverse um The War Z: Weil einige Spieler nicht wissen, dass es sich um zwei Spiele handelt, fällt mancher Ärger auf DayZ zurück.dort Gegenstände zwischen meiner globalen Kiste und dem Rucksack der aktiven Figur tauschen. Allerdings muss ich das Spiel dafür verlassen - was die Laufwege in die Zonen zu unangenehmen Umwegen macht.

Fünf Figuren darf ich jederzeit erstellen oder löschen; was deshalb wichtig ist, weil ich einen gestorbenen Charakter erst nach Ablauf einer Stunde wiederbeleben darf. Es ist ein kleiner Trost, dass er dort wiederaufersteht, wo er gestorben ist. Denn nach der Reanimation trägt er noch weniger bei sich als die ursprüngliche Grundausrüstung. Das eine Leben in DayZ, das mit dem Tod endgültig ausgelöscht wird, ist konsequenter und sinnvoller. Hier kann ich immerhin einen Hardcore-Modus wählen, in dem ich gestorbene Charaktere nicht wiederbeleben darf.

DayZ ohne Biss

Nicht einmal die Bedrohung durch die vielen Zombies inszeniert Hammerpoint mit Nachdruck: Jeder Einsteiger hält ja eine Taschenlampe in der Hand, die jedes

Besonders die drögen Nahkämpfe gegen die Zombies erzeugen Langeweile.
Gammelfleisch nach ein paar müden Kopfnüssen auf den Boden drischt. Dabei halte ich selbst zum wiederholten Schlagen nur die Maustaste gedrückt. Das ist nicht nur langweilig, es sieht auch furchtbar öde aus!

Und schließlich raubt Hammerpoint seinem Spiel noch den letzten Hauch Spannung, indem es den Überlebenskampf durch einen Marktplatz aushebelt, auf dem jede Menge Munition, Rüstungen und Heilmittel feilgeboten werden. Gegen harte Währung, versteht sich. Man muss also gar nicht ums Überleben kämpfen – ein Klick umgeht alles, wofür das "Survival-Horror-Onlinespiel" in der offiziellen Beschreibung steht. Natürlich haben erfahrene Spieler ihre Ausrüstung aus den Überresten ihrer Opfer gezogen und verdienen dafür Respekt. Weil man nie sicher sein kann, ob ein Bandit seine starke Waffe einfach gekauft hat, vergeht mir allerdings im Handumdrehen die Lust darauf, noch weiter in dieser Apokalypse des Spieldesigns zu versinken.

Fazit

Ich sprinte fröhlich durch die Endzeit, verkloppe Zombies, sammele Nahrung, Bandagen, Munition sowie Waffen und… nichts. The War Z nutzt zwar dieselben Elemente, die DayZ zu einem packenden Erlebnis machen – baut sie aber so halbherzig zusammen, dass  man den Kopf schütteln muss: Der Überlebenskampf in der von Zombies bevölkerten Welt ist kaum mehr als eine langweilige Konzeptstudie, in der selbst die Gefechte mit anderen Spielern zu müden Räuber-und-Gendarm-Geplänkeln verkommen. Zu allem Überfluss wurde der Marktplatz komplett gegen das Konzept des Spiels gebürstet, denn wo man kritische Gegenstände jederzeit kaufen darf, kann von einer bedrohlichen Apokalypse und einem fairen Kampf keine Rede sein. Programmfehler sowie angezeigte, aber noch nicht vorhandene Spielelemente vervollständigen den schlechten Eindruck. Hände weg von dieser unfertigen Kopie: Das Original – die kostenlose Modifikation DayZ – ist The War Z in jeder Hinsicht überlegen!

Pro

  • Überlebenskampf gegen Menschen, Zombies, Hunger und Durst
  • weitläufige offene Welt
  • Verhindern schneller Serverwechsel...
  • Clans können im Spiel gebildet werden

Kontra

  • einige angezeigte, aber noch nicht funktionierende Spielinhalte
  • Zombies stellen nahezu keine Gefahr dar
  • ... aber Probleme mit Hackern
  • dröges Spielgefühl als (PvP-)Shooter
  • unsinnige Einschränkungen der Steuerung
  • angeschlossener Marktplatz hebelt Überlebenskonzept aus
  • hohe Hardwareanforderungen trotz leidlich hübscher Grafik
  • etliche Darstellungs
  • und andere Fehler, Abstürze
  • kein Sprachchat

Wertung

PC

Schwaches und fehlerhaftes Abziehbild der DayZ-Modifikation, dem Spannung sowie versprochene Inhalte fehlen.