Vector - Test, Plattformer, iPhone, Android, iPad

Vector
15.02.2013, Jan Wöbbeking

Test: Vector

Nach dem Erfolg von Canabalt und Doodle Jump wurde iTunes regelrecht von kleinen Arcade-Plattformern überschwemmt. Ein vielversprechendes Exemplar hat es jetzt auch auf Google Play geschafft: Vector inzeniert eine Flucht über die Dächer. Herrscht ähnliche Suchtgefahr wie bei Rayman Jungle Run?

Die Beschreibung auf Google Play verspricht das erste Parcours-inspirierte Spiel für unterwegs. Das Schatten-Design ist zwar hübsch, aber weniger originell: Stilistisch bedient sich Entwickler Nekki ohne Scham bei Canabalt, Mirror’s Edge und Deadlight. Als schwarze Silhouette sprintet man über die hell erleuchteten Dächer der futuristischen Stadt, immer verfolgt vom gesichtslosen Wachmann und seinem knisternden Taser. Eine echte Story gibt es nicht, aber immerhin ein stylisches Intro, in dem der Protagonist aus der Monotonie seines Arbeits- und Überwachungsalltags ausbricht.

Canabalts Dead Mirror

Die Steuerung ist simpel, die Jagd trotzdem knifflig: Nur wenn man im richtigen Moment über den Schirm wischt, stößt sich das Männchen mit einer elegant fließenden Bewegung über das Hindernis und verliert nur wenig Geschwindigkeit. Ein Strich nach oben und er springt über Abgründe, Fässer und durch zersplitternde Fenster. Bei großer Fallhöhe rollt er sich zusätzlich ab, was sich geschickt nutzen lässt, um sich unter Gerüsten hindurch zu mogeln. Oder er rutscht einfach darunter her, indem man nach unten streicht. Ein Wisch nach rechts gibt auf langen Geraden einen Extraschub. Es entsteht die typische Nur-noch-ein-einziges-mal-Sucht: Nach und nach prägt man sich fiese Vorsprünge ein und optimiert die Zeit um wichtige Sekundenbruchteile.

Kommt der Verfolger näher, spürt man seinen knisternden Taser förmlich im Nacken.




Kauf dich frei!

Leider greifen die Entwickler trotz der einfachen Steuerung auf Gesten zurück. Das Tippen auf drei emulierte Knöpfe wäre in kniffligen Momenten deutlich präziser gewesen. In den meisten Fällen klappt das Timing aber auch mit den Fingerstrichen. Schade außerdem, dass die zahlreichen Tricks praktisch automatisch ausgelöst werden - durch einen einfachen Sprung im richtigen Moment. Dann startet der namenlose Sprinter elegant animierte Dreher, Rückwärts-Überschläge und andere Kunststückchen. Ärgerlich ist auch der penetrante Einfluss des Zahlungsmodells auf fast alle Elemente des Spieldesigns. Der gesichtslose Arbeiter besitzt immerhin die Chance, aus seinem orwellschen Überwachungsstaat auszubrechen. Als Spieler wird man dagegen fast überall mit der „schönen neuen Welt“ der In-App-Purchases konfrontiert. Dass in der kostenlosen Version gelegentlich ein Werbebild aufploppt, ist verständlich. Dass ab und zu der Kauf der Deluxe-Version (inklusive Bonus-Levels) vorgeschlagen wird, auch.

Doch selbst nachdem man sie für 74 Cent (Android) bzw. 89 Cent (iOS) erworben hat, muss man eine ganze Weile ackern, bevor man viele der Verrenkungen freigeschaltet hat. Das Meistern eines Parcours mit allen drei Sternen funktioniert jedoch nur mit diesen Tricks - freischalten lässt sich das nächste Level zum Glück auch ohne sie. Auch hilfreiche Gadgets können mit gesammelten oder gekauften Münzen erworben werden, dazu gehört eine Zeitlupe und eine Schockwelle, welche den Verfolger kurzzeitig abwehrt. Warum nicht ein etwas höherer Grundpreis und weniger Pay-to-win? Die iOS-Version gleicht der Android-Fassung übrigens. Apple-Nutzer haben allerdings den Vorteil, sich per Gamecenter in einer weltweiten Bestenliste verewigen zu können.

Fazit

Mit Rayman kann der namenlose Sprinter nicht mithalten, trotzdem steckt in Vector ein gelungener Arcade-Plattformer. Je länger ich mich in die Parcours hineingefuchst habe, desto mehr haben sie mich gefesselt. Sobald es an die richtig knackigen Hindernisse ging, funkte aber manchmal die zu etwas zu unpräzise Gesten-Steuerung dazwischen. Statt der zahlreichen In-App-Käufe hätten die Entwickler die Parcours-Tricks besser einbinden sollen. Selbst in der Deluxe-Version kommt man deutlich schneller voran, wenn man mehr Geld investiert. Andererseits profitiert die futuristische Flucht über die Dächer von ihrem stimmigen Design und dem treibenden Elektro-Soundtrack. Für ein paar knifflige Runden zwischendurch eignet sich das Spiel also prima, die Finesse von Ubisofts Genre-König erreicht es aber lange nicht.

Pro

  • clever gestaltete, knifflige Parcours
  • simpel aber süchtigmachend
  • stilsicheres Schatten-Design
  • spannungsgeladener Elektro-Soundtrack

Kontra

  • simples Trick-System
  • Steuerung könnte etwas präziser sein
  • zahlreiche In-App-Käufe stören das Spieldesign
  • keine weltweiten Bestenlisten (Android)

Wertung

Android

Der Android-Fassung fehlen die weltweiten Bestenlisten.

iPad

Knifflige Jagd über die Dächer im gelungenen Schatten-Stil mit etwas ungenauer Steuerung.