God of War: Ascension - Test, Action-Adventure, PlayStation3

God of War: Ascension
08.03.2013, Michael Krosta

Test: God of War: Ascension

Was war das für ein fulminantes Finale, das Sony seinem Spartaner in God of War III beschert hat! Mit einer grandiosen Inszenierung, fantastischen Schauplätzen sowie der richtige Balance aus bombastischer Action, fordernden Geschicklichkeitseinlagen und kleinen Rätseln hat sich Kratos bei seiner PS3-Premiere eine sagenhafte Wertung von 93 Prozent erkämpft. Für Ascension kehrt er jetzt aus dem Ruhestand zurück, um sich mit den Furien der griechischen Mythologie anzulegen.

Zuletzt war Kratos eigentlich am Ziel seines blutigen Rachefeldzugs: Nicht nur der ehemalige Kriegsgott Ares wurde von dem ruppigen Spartaner mit Gewalt seines Amtes enthoben und von ihm ersetzt. Der vormals Sterbliche legte sich sogar mit dem gesamten Olymp an und schickte auch den Rest der göttlichen Truppe - allen voran Zeus - vorzeitig in die ewigen Jagdgründe. Die Welt liegt in Trümmern, die Titanen sind ebenfalls ausgerottet und auch der letzte Feind ist besiegt. Was bleibt also noch zu tun?

Zurück in die Vergangenheit

Nichts. Obwohl die Entwickler von Sony Santa Monica ihrem Spartaner noch ein Hintertürchen für eine Fortsetzung offen halten, ist seine Geschichte eigentlich zu Ende erzählt. Kein Wunder also, dass für Ascension die Uhr zurückgedreht wird: Die Handlung ist sogar vor den Ereignissen des ersten God of War angesiedelt, schafft mit dem fatalen Bündnis zwischen Ares und Kratos aber eine inhaltliche Brücke. Nachdem er durch eine Täuschung des Kriegsgottes seine eigene Familie abgeschlachtet hat, schwört der wütende General ihm lieber erbarmungslose Rache statt ewiger Treue. Das ruft die Furien auf den Plan, die Eidbrecher wie Kratos durch grausame Folter und trügerische Illusionen zum Umdenken bewegen wollen.

Mit verführerischen Illusionen versuchen die Furien, den Spartaner weich zu kochen.
Im Einstieg wird man Zeuge, wie eine solche Spezialbehandlung aussieht: An Ketten gefesselt muss Kratos ganz schön viel Prügel einstecken. Doch ein paar kleine Reaktionstests später wird klar, dass es die Furien noch bereuen werden, sich mit dieser muskelbepackten Kampfmaschine angelegt zu haben. Fesselte der Einstieg bei God of War III mit den gigantischen Titanen, rasanten Kamerafahrten und dem wahnwitzigen Kampf gegen Poseidon von der ersten Minute an den Bildschirm, lässt es der neue Director Todd Papy gemächlicher angehen als sein Vorgänger Stig Asmussen. Ich würde sogar behaupten, dass der Einstieg für einen Titel aus der Reihe ungewöhnlich lahm und unspektakulär ausfällt: Das verzerrte Geplapper der ersten Furie ist innerhalb kurzer Zeit kaum noch zu ertragen, die neuen fliegenartigen Gegner eher nervig als eine willkommene Abwechslung zu den bekannten Exemplaren wie Minotauren, Legionären, Harpyien, Zyklopen, Medusen oder Chimeren. Fast alles, was schon in den Vorgängern auftaucht, stellt sich Kratos auch hier in den Weg, begleitet von weiteren Neuzugängen, von denen der „Elefantaurus“ das interessanteste Exemplar darstellt. Aber zurück zum Einstieg: Ja, die Auseinandersetzung mit den Auswüchsen des gewaltigen Riesen Aigaion, einer der Hekatoncheiren, hat was, doch ich vermisse das Spektakuläre und die brillante Inszenierung, die mich wie früher aus den Socken hat. Wer sich selbst ein Bild machen will, kann sich die erste halbe Stunde übrigens als Video zu Gemüte führen und vielleicht mein Gefühl der leichten Ernüchterung nachempfinden...

Lahmer Einstieg

Schlittert Kratos seinem Verderben entgegen?
Dabei ist der Einstieg symptomatisch für einen Großteil des Spielablaufs: Es fehlen die Wow-Momente, bei denen mir in der Vergangenheit immer wieder der Atem stockte - sei es z.B. die erste Begegnung mit der Hydra in God of War, die Flugeinlagen in God of War II oder der epische Kampf gegen Kronos in God of War III. Klar, nach den vielen Höhepunkten der Reihe wird es irgendwann schwer, noch einen draufzusetzen. Was früher für Staunen gesorgt hat, wird heute einfach erwartet; das Außergewöhnliche wird irgendwann zum Gewöhnlichen. Trotzdem beschleicht mich bei Ascension oft das Gefühl, als wollte man es gar nicht versuchen, den dritten Teil zu toppen.

Vor diesem Biest sollte man schon etwas mehr Respekt haben...
Stattdessen scheint man in Santa Monica einfach das Rezeptbuch für God of War aufgeschlagen zu haben, dabei aber vorgezogen, die übliche Zutatenmischung aus Kampf, Rätseln und Geschicklichkeit als Fastfood statt dem üblichen Gourmetgericht zu verarbeiten. Nicht falsch verstehen: Ein Burger von McDonald’s & Co kann richtig gut schmecken, aber trotzdem fehlt ihm irgendwie das Besondere. Genau das trifft auf Ascension zu…

Viel Gewöhnliches, wenig Pompöses

Was waren das früher für beeindruckende Kulissen, in denen man sich mit dem Spartaner fortbewegte: Die brennenden Ruinen von Athen, der finstere Hades, ein Sandsturm in einer Wüste voller betörender Sirenen, das verwirrende Labyrinth von Daedalus, eine Schlacht am Fuße des Olymps, in der man sich sowohl auf als auch innerhalb eines Titanen bewegte. Selbst Sparta stattete man auf der PSP einen Besuch ab. Es gibt so viele Momente und Schauplätze innerhalb der Reihe, die sich ins Gedächtnis eingebrannt haben - eben weil sie etwas ganz Besonderes waren. Und hier? Es gibt kaum Situationen, an die man sich noch in Jahren erinnern und von denen man sprechen wird. Alles wirkt so, als wäre es schon mal da gewesen. Wieder ein Tempel mit einem Orakel. Wieder eine riesige Statue, deren Innenleben man erforschen muss. Wieder eine Stadt, ein Hafen oder ein Kanalsystem inklusive Tauchabschnitten. Wieder eine kleine Fluchtsequenz. Hinzu kommt, dass die Technik manchmal sogar schwächer wirkt als im Vorgänger: Manche Texturen fallen ungewöhnlich matschig aus, das Kantenflimmern tritt in einigen Stellen deutlich stärker in Erscheinung und die Bildrate bewegt sich sowohl in  Zwischensequenzen als auch in Spielszenen zu oft am Limit - und das, obwohl sich hier deutlich weniger Gegner gleichzeitig auf dem Bildschirm tummeln als in God of War III.

Die Furien kennen keine Gnade. Aber Kratos wäre nicht Kratos, wenn er lange in dieser misslichen Lage bleiben würde.
Auch die generell etwas unspektakuläre Inszenierung gibt Anlass zur Kritik: Es ist zwar schön, dass die Kamera ab und zu weit raus zoomt, um die Größe der Szenerie um mich herum einzufangen. Aber muss das unbedingt mitten in einem Kampf sein, bei dem ich dank dieser deplatzierten Aktion weder Kratos noch seine Widersacher in der Distanz erkennen kann? Im Rahmen einer Kletterpassage würde eine solche Inszenierung jedenfalls mehr Sinn ergeben. Was ist da bloß passiert? Hatte man etwa keine Zeit mehr, dem Spiel den nötigen Feinschliff zu verpassen? Das würde auch erklären, warum die Ausleuchtung und Komposition der Kulissen hier nicht mehr so atmosphärisch wirkt wie zuvor. Trotzdem fahren die Entwickler wieder einiges auf und es mangelt nicht an Abwechslung, aber… es rockt einfach nicht mehr so wie früher. Selbst die riesigen mechanischen Schlangen, die sich durch eine Gebirgskette schlängeln und auf deren schuppiger Haut und Innenleben man sich durchkämpft, nimmt man nur noch nickend zur Kenntnis, ohne aber geflashed zu sein.

Das schafft Ascension erst im wahrhaft furiosen Finale, das ich an dieser Stelle nicht vorweg nehmen will. Zumindest kann ich versprechen, dass sich die etwa sieben- bis zehnstündige Odyssee mit ihren redundanten Schlitter-Abschnitten, anspruchslosen Kletterpassagen und manchen nervigen Trial & Error-Abschnitten alleine deshalb lohnt, um den packend inszenierten XXL-Endkampf zu erleben. Kurz zuvor gilt es allerdings noch die Prüfung des Archimedes zu meistern - und damit einen der größten Frustmomente, der mir jemals untergekommen ist…

Trotz netter Konzeptbilder fehlt den Kulissen oft das gewisse Etwas.
Ich bin sicher kein Anfänger, was God of War betrifft. Tatsächlich bereiteten mir selbst die wenigen, mitunter ernüchternden Bosskämpfe von Ascension auf der normalen Stufe keine großen Probleme - auch deshalb, weil die neue automatische Speicherfunktion selbst innerhalb dieser Duelle ein Sicherheitsnetz spannt. Alles flutschte, es ging gut voran. Bis…ja bis es die besagte Prüfung zu absolvieren galt: Drei Stockwerke eines künstlich beschränkten Aufzugs, fiese (ich möchte sogar sagen unfaire) Gegnerwellen, kein Auffrischen der Gesundheit möglich und ein Rücksetzpunkt, der einen beim Versagen immer wieder zum Anfang der Prüfung verbannte. Was hat mich diese verdammte Stelle Nerven und Haare gekostet! Was habe ich alles probiert, um da durchzukommen. Blocken, Konter, Angriff, Waffenwechsel…doch trotz maximaler Stärke der verschiedenen Klingen hatte ich dem Kollektiv aus Medusen, Wachen und späteren XL-Gegnern gefühlt nichts entgegen zu setzen. Ohne Witz: Dagegen wirkt sogar die berüchtigte Geschicklichkeitspassage im Hades von God of War wie ein Kinderspaziergang. Nach gefühlt 1000 Anläufen habe ich die Prüfung dann irgendwann doch geschafft - mehr durch Glück als mit spartanischer Kampfkunst. Ich verfluche die Entwickler jedenfalls bis heute, dass sie den Schwierigkeitsgrad plötzlich so maßlos anheben und mir im Gegensatz zu den Vorgängern nicht einmal die Chance lassen, auf Wunsch in eine niedrigere Stufe zu wechseln. Die Gold-Trophäe nach dieser Tortur war da nur ein schwacher Trost und ich bin überzeugt, dass viele Spieler an dieser Stelle notgedrungen das Handtuch werfen und daher nicht mehr das großartige Finale erleben werden. Ich war jedenfalls kurz davor…

Hass auf Archimedes

Ein Orakel gehört zu God of War einfach dazu. Dieses Mal stattet Kratos dem Orakel von Delphi einen Besuch ab...
Das Kampfsystem wurde zwar leicht überarbeitet, doch bleibt das klassische Schnetzel-Feeling mit den „Chaosklingen“ trotzdem erhalten. Die Kombos mit leichten oder schweren Angriffen fühlen sich genauso vertraut an wie das Sammeln von roten Orbs, mit denen man seine Waffen aufwerten und neue Attacken freischalten kann. Mit der Zeit bekommt man auch wieder eine übliche Auswahl an Klingen-Variationen: Mit dem „Feuer des Ares“ betäubt und entzündet man seine Gegner, während man das „Eis Poseidons“ die Abwehr durchbricht und das Atmen unter Wasser ermöglicht. Der „Blitz des Zeus“ setzt die Feinde mit elektrischen Stößen unter Strom, während man mit der „Seele des Hades“ seine Opfer vaporisiert.

Überarbeitetes Kampfsystem

Die Rage-Anzeige zum Entfesseln von Superkräften ist ebenfalls wieder mit dabei, funktioniert hier aber etwas anders: Musste man früher einfach eine bestimmte Anzahl an Treffern sammeln, um die Leiste aufzuladen, sind hier erfolgreiche Kombinationen, effektive Konter und Blocken der Schlüssel zum Erfolg, denn mit jedem Gegentreffer büßt man wieder einen Teil seiner Rage-Energie ein. Der Vorteil des Systems liegt darin, dass man gezwungen wird, cleverer zu kämpfen anstatt nur auf stupides Knopfgehämmer zu setzen. Zusätzlich kommt man hier öfter und schneller in den Genuss, seine Wut zu entfesseln, die je nach gewählter Klinge variiert und verschiedenfarbige Orbs als Belohnung in Aussicht stellt. Der Nachteil: Die bekannte und deutlich häufigere Aktivierung mit einem gleichzeitigen Druck auf die beiden Analogsticks bringt mich immer wieder aus dem Rhythmus. Überhaupt sind mir manche Knopfbelegungen schleierhaft, wenn ich z.B. gleichzeitig den rechten (!) Stick und eine Taste für eine Aktion drücken und mir quasi die Finger verknoten soll. Zum Glück sind solche Manöver nicht zwingend nötig…

Kleine Ausritte wie diese sind leider nur selten.
Die brutalen Finishing-Moves, die sich mit aufgeschlitzten Schädeldecken und hervorstechender Gehirnmasse teilweise wieder am Rand des guten Geschmacks bewegen, dürfen ebenfalls nicht fehlen. Allerdings haben sich die Entwickler auch hier eine kleine Variation einfallen lassen: Waren die Hinrichtungen bisher maßgeblich von Reaktionstests mit eingeblendeten Knopfsymbolen geprägt, muss man hier noch einigen letzten Angriffe ohne konkrete Anweisung ausweichen, was für ein kleines Plus an Spannung sorgt. Nervig ist nur, dass das neue Design jener Symbole eher kontraproduktiv ist und sich zu schlecht von der Kulisse absetzt. Dadurch übersieht man oft die Einblendungen und verpasst so seinen Einsatz.

Die mächtigen Magie-Angriffe - ein wesentlicher Bestandteil der Reihe - kommen etwas zu kurz, denn sie werden nicht mehr separat von den Göttern verliehen, sondern sind jetzt Bestandteil der jeweiligen Klingen und werden mit roten Orbs erst sehr spät auf höheren Waffen-Stufen freigeschaltet. Die Leiste, die man wie gewohnt mit blauen Orbs füllt, wird hier außerdem in mehrere Abschnitte unterteilt - je nachdem, wie viele Phönixfedern man in den Kisten findet. Fünf Gorgonenaugen erweitern wie gewohnt die Gesundheit. Da es keinen Bogen mehr gibt, fallen die Minotaurenhörner in diesem Teil unter den Tisch. Als Ersatz darf Kratos aber zeitlich begrenzte Sekundärwaffen wie Hammer, Schwerter oder Speere gegen seine Häscher einsetzen. Auch ein Rammschild gehört zu diesem Repertoire, doch ist die Kollisionsabfrage sehr merkwürdig, wenn man auf die Gegner losgeht und dabei kaum eine Trefferwirkung beobachten kann.

It’s a kind of Magic

Die Familie und ihr abscheuliches Ende nimmt erneut ihren Platz in der Geschichte ein.
Die größte und vielleicht auch interessanteste Neuerung von God of War sind die speziellen Gegenstände, die in erster Linie bei den Rätseln, aber auch als zusätzliche Waffen im Kampf zu Einsatz kommen. Da wäre zum einen das Uroboros-Amulett, mit dessen Hilfe Kratos ausgewählte Objekte und damit auch die Zeit manipulieren kann. Die Brücke vor ihm ist eingestürzt? Kein Problem: Kurz das Amulett gezückt und schon baut man sie wieder auf, indem man den Analogstick einfach in eine Richtung gedrückt hält. Leider wird genau diese spielerisch völlig anspruchslose Situation zu inflationär genutzt. Es gibt nicht einmal ein Zeitlimit oder eine andere Form der Herausforderung. Wenn das Objekt wieder hergestellt oder abgerissen wurde, dann bleibt es auch dabei. Als ob es noch nicht reichen würde, dass sich bei einem potenziellen Amulett-Einsatz eine bläuliche Aura um Kratos‘ Kopf bildet und die Trümmer ebenfalls schon schimmern, folgt an diesen Stellen noch der Hinweis, wie man das Amulett aktivieren kann - und das nicht nur einmal, sondern jedes Mal. Zum Glück lässt sich diese Art von Babysitter-Hilfe in den Optionen abschalten.

Zeitmanipulationen und Doppelgänger

Überhaupt hat man manchmal das Gefühl, als würde man zu stark an die Hand genommen: Neben den bereits erwähnten Kletter- und Schlitterabschnitten ohne Anspruch, fällt auch das penetrante, grüne Blinken der Objekte negativ auf, an denen man sich einhaken und schwingen kann. Mir hat die etwas dezentere Variante des Vorgängers jedenfalls deutlich besser gefallen als dieses farbliche Feuerwerk an allen Ecken und Enden.  

Na, wer bist du denn?
Das Amulett wird erst dann richtig interessant, wenn es im Zusammenspiel mit den wenigen, aber gut designten Rätseln eingesetzt werden muss, bei denen man manchmal um mehrere Ecken denken muss und die Lösung nicht immer innerhalb weniger Sekunden ersichtlich wird. In dieser Hinsicht übertrifft Ascension tatsächlich seine Vorgänger, bei denen in der Regel nur Schalter- und Kisten-Puzzles geboten wurden. Auch der so genannte Eidstein bringt ein wenig frischen Wind in die eingefahrene Spielmechanik: Mit ihm ist es möglich, dass sich Kratos zeitweise an zwei Orten gleichzeitig aufhalten kann. In der Praxis sieht das so aus, dass der Spartaner z.B. eine Seilwinde für eine weit entfernte Plattform bedient, anschließend seinen Doppelgänger zum Festhalten herbei beordert und danach ohne Zeitdruck zu seinem Ziel marschiert. Zusätzlich lässt er sich auch als Unterstützung im Kampf herbeibeschwören, obwohl er dabei oft tatenlos in der Gegend herumsteht. Auch die Gegner-KI leidet hin und wieder an ähnlichen Aussetzern.      

Gutes Rätseldesign

Hmmm, bisher noch kein Wort zur Story? Das hat gleich zwei Gründe: Zum einen will ich nicht unnötig spoilern, zum anderen ist die Geschichte rund um die Furien weder besonders spannend noch packend oder gar interessant. Ihnen fehlt einfach das Charisma eines Zeus, Hades und wie sie alle heißen. Als Gegenspielerinnen bleiben sie sowohl in der Erzählung als auch in den Bosskämpfen relativ blass. Dabei hätte man gerade aus dem Element der Illusionen so viel mehr machen können, mit denen die Schwestern Kratos eine falsche Realität vorgaukeln wollen. Auch die Erzählstruktur sorgt manchmal für Kopfschmerzen, da mehrmals in der Zeit hin- und hergesprungen wird. Immerhin schafft man einen halbwegs gelungenen Übergang zum ersten Teil der Serie und liefert weitere Beweggründe, warum sich Kratos mit Ares anlegen wird. Die Hintergrundgeschichte war zwar nie eine der großen Stärken der Reihe, doch markiert Ascension auch in dieser Hinsicht eindeutig den Tiefpunkt. Vielleicht wäre man doch besser damit gefahren, Kratos nach der Zerstörung des Olymps auf die nordischen oder indischen Götter zu hetzen und ihm dadurch einen frischeren Start zu ermöglichen, anstatt immer wieder den alten Griechenbrei aufzuwärmen.

Es war einmal…

Die "Elefantauren" zählen zu den Neuzugängen.
Immerhin leisten die Sprecher sowohl in der englischen als auch der deutschen Fassung gute Arbeit, obwohl ich den Eindruck habe, dass Kratos von einer neuen, aber ähnlichen Stimme gesprochen wird. Netter Gag am Rande: Unter den zahlreichen weiteren Sprachfassungen (siehe Kasten) steht sogar das "griechische Original" zur Auswahl. Was die Jungs im Tonstudio zumindest bei der deutschen Lokalisierung mal wieder nicht richtig hinbekommen haben, ist eine ordentliche Abmischung der Dialoge: Manche Passagen wirken wieder viel zu leise und gehen im Rahmen von Soundeffekten und Musik unter. Ein Problem, an dem nicht nur God of War, sondern viele Videospiele leiden. Wann bekommt man das endlich auf die Reihe? Nichts auszusetzen gibt es an der Musik, die wieder vornehmlich auf pompöse Orchesterklänge sowie percussive Arrangements setzt. Erstmals wurde nicht das übliche Gespann, sondern der Film-Komponist Tyler Bates für den Soundtrack verpflichtet, der sich stilistisch an seine Vorgänger hält und selbstverständlich auch das bekannte God-of-War-Thema aufgreift und verarbeitet.

Ein neuer Sterblicher stellt sich der Herausforderung der Arena-Kämpfe.
Ein Mehrspielermodus für God of War? Als ich diese Ankündigung gehört hatte, zeigte ich den Verantwortlichen für diese Idee zunächst gedanklich den Vogel. Nachdem sich auch das Marketing mit zig veröffentlichten Videos ausschließlich auf den Multiplayer-Aspekt konzentrierte, kam mein energisches Kopfschütteln schon einer Gehirnerschütterung nah. Wie kann man nur so darauf pochen, der Serie einen Mehrspielermodus aufdrücken zu müssen?

Auf in die Arena!

Jetzt ist er da. Und es zeigt sich wieder: Wenn man mit dem Schlimmsten rechnet, ist man entweder darauf vorbereitet oder wird positiv überrascht. In diesem Fall trifft Letzteres zu, auch wenn ich nach meinen ersten MP-Schlachten nicht den Drang verspüre, Freudentänze aufzuführen oder mich nach meinem Test länger mit der Mehrspielerkomponente beschäftigen werde.

Zunächst gilt es, sich im Tutorial mit den grundsätzlichen Regeln und der Steuerung vertraut zu machen, unterscheidet sich das System doch in einigen Punkten von der Mechanik der Kampagne. So ist nach einem Stein-Schere-Papier-Prinzip genau festgelegt, welcher Angriff die Deckung durchschlägt, was mit welcher Aktion geblockt werden kann oder wie man sich eine kurze Verschnaufpause verschaffen kann. Es dauert eine Weile, bis man das ganze System aus Angriff, Verteidigung, Reliquien, Gegenständen und Magie durchschaut hat, doch hat man erstmal den Bogen raus, bieten die Scharmützel in den clever designten Arenen durchaus Spaßpotenzial.

Wähle weise

Die Karten sind klasse designt, wecken Erinnerungen und bieten einige tödliche Überraschungen.
Zunächst gilt es aber, bei einem der zur Wahl stehenden Götter einen Treueschwur zu leisten. Dabei wirkt sich die Entscheidung u.a. auf das Repertoire von Waffen, Magie und ihren Ausbaustufen aus, mit dem man seine Figur (Streiter) ausrüsten kann. Zwar lässt sich die Herkunft des Kriegers bestimmen, doch hinsichtlich des Erscheinungsbildes bietet der Editor praktisch keine weiteren Möglichkeiten - schade. Immerhin lässt sich neben der Bewaffnung auch die Rüstung für die Bereiche Kopf, Brust / Arme sowie Unterteil getrennt anpassen und sogar aufleveln. Neben Erfahrungspunkten, mit denen man kontinuierlich im Rang aufsteigt, gewinnt man auch so genannte Fähigkeitspunkte. Diese investiert man u.a. in Verbesserungen für Waffen, Magie und Rüstung. Dabei wirkt sich die Zusammenstellung der einzelnen Komponenten sowohl positiv als auch negativ auf die Faktoren Gesundheit, Elementarkraft, Elementarresistenz, körperliche Kraft, körperliche Resistenz und die Abklingzeit von Spezialangriffen aus.

An Spielmodi finden sich Varianten von (Team-)Deathmatch, Capture the Flag und Trial of the Gods, ein kooperativer Modus, bei dem man als Duo immer stärker werdende Gegnerwellen in einer Arena überleben muss. Das Team-Deathmatch weist dagegen gewisse Parallelen zu Battlefield auf: Die Aufgabe der jeweils vier Spieler pro Team besteht darin, so viele Punkte wie möglich für die Spartaner oder Trojaner einzunehmen und zu verteidigen, um mit dem Wohlwollen der Götter (anders ausgedrückt: Punkten) belohnt zu werden. Das Öffnen von Kisten und das Töten von Feinden lässt das Punktekonto ebenfalls rasant steigen.

Es regiert das Chaos

Leider endet das Gemetzel oft in einem heillosen Chaos, bei dem die Übersicht mitunter völlig verloren geht. Ich habe meinen Streiter bei all dem bunten Geblinke, den vielen Gesundheits- und Magieleisten der anderen Spieler sowie dem ständigen Gewusel jedenfalls sehr oft aus den Augen verloren, sobald mehr als zwei Figuren in das Geplänkel involviert waren. Positiv ist aber der Netzcode zu bewerten: Im Rahmen unserer Testläufe kam es weder zu Abbrüchen noch zu Lags.

Ein Thor für Arme?
Ein besonderes Lob haben sich die Entwickler für das Design der Arenen verdient, die z.T. an Schauplätze aus diversen Teilen der Reihe angelehnt sind. So lassen sich z.B. Fallen wie tödliche Stacheln oder Feuer-Grills rund um die Stützpunkte aktivieren oder Portale nutzen, mit denen man in einer Sekunde an eine andere Stelle der recht großen Arenen springen kann. An einem Schauplatz kann man sogar die Kontrolle über einen riesigen Medusa-Kopf übernehmen und seine Feinde versteinern. Eine andere Karte bietet dagegen einen Flammenwerfer, der alles grillt, was sich im näheren Umfeld befindet. Zudem findet man immer wieder kleinen „Lichtbrunnen“, an denen man einen Teil seiner Gesundheit und Magie-Energie erneuern kann. Es wird jedenfalls deutlich, dass man sich viel Gedanken beim Aufbau der Karten gemacht hat, die sich meist sogar über mehrere Ebenen erstrecken.

Cleveres Kartendesign

Mit etwas Glück greift der Gigant im Hintergrund ein und erwischt einen Widersacher.
Wer keine acht Teilnehmer zusammenbekommt, darf den zentralen Modus „Team Favor of the Gods“ auch etwas intimer in einer kleineren 2v2-Gruppe angehen. Da in diesem Fall die normalen Karten zu groß ausfallen würden, verlagert man in diesem Fall das Geschehen in die kleinen Arenen, in denen auch das kooperative „Trial of the Gods“ ausgetragen wird. Eine gute Entscheidung, auch wenn hier mehr der direkte Kampf im Fokus steht, da das Einnehmen von Stützpunkten in dieser Variante wegfällt.

2v2 oder 4v4?

Schade ist, dass man quasi keinen Einfluss darauf hat, auf welcher Karte gespielt wird und wie die Konditionen für den Sieg aussehen sollen. Zwar darf man Freunde in eine Lobby einladen, doch werden die restlichen Spieler automatisch per Matchmaking ergänzt. Ein Abstimmungssystem existiert genauso wenig wie individuelle Regelanpassungen. Warum darf ich keine private Lobby anlegen, in der ich selbst entscheiden kann, bei welchem Punktelimit die Runde beendet wird und auf welcher Karte ich mit meinen Freunden spielen will? Dass die Option für LAN-Sessions via System Link mal wieder völlig ignoriert wird, stößt mir ebenfalls sauer auf, obwohl dieses Unding langsam zur Normalität wird - immerhin will man ja auch mit dem nötigen Online-Pass zusätzliches Geld verdienen.

Fazit

Bleibt God of War weiter ein Kandidat für den Spiele-Olymp oder gehört Ascension in die Tiefen des Hades verbannt? Weder noch: Der jüngste Ableger setzt trotz gelungener Neuerungen wie dem Amulett überwiegend auf Bewährtes und liefert einmal mehr eine unterhaltsame Mischung aus Schnetzel-Action, kleinen Rätseln sowie Geschicklichkeitseinlagen. Es macht immer noch verdammt viel Spaß, die versammelte Mannschaft der griechischen Mythologie windelweich zu kloppen, sich an den teils wahnwitzigen Hinrichtungen und Aktionen zu ergötzen oder die Rätsel zu lösen. Trotzdem: Man hat das Gefühl, das alles schon mal gesehen zu haben. Ascension fehlt neben einer interessanten Geschichte vor allem der Wow-Faktor, der erst beim furiosen Finale aufkommt. Zwar herrscht kaum Mangel an Abwechslung und das Kampfsystem ist gut, doch mit vergleichsweise unspektakulären Kulissen, technischen Schwächen und manchen Designschnitzern wird man als Fan zwischendurch ernüchtert. Die neue Mehrspielerkomponente bleibt trotz interessanter Ansätze für mich nur ein Zusatz, auf den ich in Zukunft gerne verzichten kann.  

Pro

  • viel klassische God-of-War-Action...
  • überarbeitetes Kampfsystem...
  • coole Amulett- und Eidstein-Funktionen (diverse Angriffe, Doppelgänger etc.)
  • wenige, aber gut designte Rätsel
  • imposantes Finale...
  • abwechslungsreiche Schauplätze
  • pompöse Musikbegleitung
  • (meist) faire Checkpunkte
  • ordentlicher Umfang (ca. 7-10 Stunden)...
  • überwiegend gute Steuerung
  • aufrüstbare Waffen & Fähigkeiten
  • viele Making-Of-Videos
  • insgesamt ordentliche Lokalisierung (dt./engl.)
  • spaßige Mehrspielergefechte...
  • zahlreiche Upgrades im Online-Modus
  • sauberer Netzcode ohne Lags

Kontra

  • ...die mittlerweile unter Abnutzungserscheinungen leidet
  • ...das nicht nur Vorteile mit sich bringt (Rage-Angriffe, unglückliche Belegung)
  • Amulett-Einsatz für Aufbauen / Abriss wirkt oft aufgesetzt
  • anspruchslose Klettereinlagen
  • ...aber zwischendurch kaum Höhepunkte / fehlende Wow-Momente
  • extrem frustrierende Prüfung des Archimedes (Kapitel 28)
  • einige redundante Abschnitte & Gegner (z.B. öde Schlitter-Sequenzen)
  • instabile Bildrate / Ruckeln
  • ...aber insgesamt kürzer als die Vorgänger
  • vereinzelt starke Lautstärkeschwankungen in Dialogen
  • lahmer Einstieg
  • Kulisse und Inszenierung deutlich schwächer als im Vorgänger
  • Übersicht nicht immer optimal (Kamera, zu starkes Rauszoomen bei Kämpfen)
  • ...aber oft viel zu chaotisch und unübersichtlich
  • mitunter seltsame Kollisionsabfrage (z.B. bei Ramm-Attacken mit Schild)
  • Geschichte rund um die Furien eher uninteressant
  • Schwierigkeitsgrad lässt sich nicht mehr nachträglich anpassen
  • vereinzelt nervige Trial & Error-Sequenzen
  • nur automatisches Matchmaking
  • kein Systemlink / LAN

Wertung

PlayStation3

Ascension schafft es nicht mehr, die brachiale Faszination zu entfachen, die man mit God of War verbindet. Trotzdem legt Kratos noch eine gute Ehrenrunde hin.