Tiger Woods PGA Tour 14 - Test, Sport, 360, PlayStation3

Tiger Woods PGA Tour 14
28.03.2013, Benjamin Schmädig

Test: Tiger Woods PGA Tour 14

Brillantes Timing bei EA: Seit zwei Tagen führt der erfolgreichste Golfspieler aller Zeiten wieder die Weltrangliste an und schon erscheint "sein" neues Spiel. Ein besseres Marketing-Drehbuch hätte man kaum schreiben können! Der Tiger ist weder müde noch haben ihm die schwachen Jahre geschadet – in der Realität jedenfalls. Das Spiel ist genau davon leider weit entfernt.

Als ich zum ersten Mal für 4Players an den Tee trat, war die aktuelle Konsolengeneration noch frisch gebackene Next Gen: 2005 schlug der Tiger zum ersten Mal auf Xbox 360 ab – 2013 dürfte es das letzte Mal sein, bevor PS4 und Co. den Ton kommender Fortsetzungen angeben.

Damals...

Und eigentlich hat sich ganz wenig geändert. Noch immer zieht man den linken Analogstick fürs Ausholen nach hinten und drückt ihn zum Schlagen nach vorne. Der rechte gibt an, an welcher Stelle Schläger und Ball aufeinander treffen. Polygonarme Häuser und Bäume skizzieren heute wie damals die Kulisse. Im umfangreichen Charaktereditor erstellt man

Feinschliff, aber wenig Neues: Tiger Woods PGA Tour bleibt seinen Werten treu.
wie gehabt eine Wunschfigur, seit einigen Jahren sogar auf Grundlage echter Fotos.

... und heute

Natürlich: Die Ballphysik wurde ausgefeilter, der Wind wechselt längst dynamisch sowohl Richtung als auch Stärke, die Onlinezusammenkunft ist stärker denn je. Und trotzdem wankt die Serie behäbiger als andere über das Grün – in diesem Jahr noch mehr als in den vergangenen.

Allen voran haben sich Kulissen, Zuschauer sowie Golfprofis kaum entwickelt; so langsam sehen sie richtig alt aus. Die Fairways glänzen jetzt schon seit Ausgabe 09, als bestünden sie aus poliertem Aluminium und auch die Sportler wirken trotz Comic-Anwandlung kaum einen Tag älter. Nein, das ist auch für die Damen kein Kompliment, die zum ersten Mal in der Ladies PGA Tour antreten.

Apropos: Die gewohnt umfangreiche Laufbahn umfasst zum ersten Mal sämtliche Major-Turniere, beginnt aber wie gehabt auf dem Amateurrasen. Auch in der Karriere gibt es keine Überraschungen, keine Ideen. Weder trainiert man mit einem Trainer noch führt man

Pay to Win Faster: Bezahlwillige Spieler steigern ihre Fähigkeiten schneller.
einen Kampf um Sponsorengelder. Gut aber, dass EA die sechs sinnvollen Charakterwerte aus dem Vorjahr beibehält. Sie motivieren dazu, die Fähigkeiten dem eigenen Still anzupassen – was später leider eine untergeordnete Rolle spielt, da man sich kaum spezialisieren muss. Ein weit entwickelter Profi wird nahezu jede Fähigkeit perfekt beherrschen.

Pay to Win Faster

Als störend empfinde ich auch die Möglichkeit, die Menge der Erfahrungspunkte mit im Spiel erhaltenem Geld zu vergrößern. Und natürlich darf ich dieses Spielgeld auch gegen echte Währung in EAs Onlineshop kaufen. Dort gibt es sogar eine Art Sammelkarten, von denen die meisten einen Multiplikator für... richtig: Erfahrungspunkte steigern. Das Prinzip fällt als Fremdkörper auf. Zum Glück drängt es sich weniger in den Vordergrund als zuletzt.

Bewegungskünstler dürfen auch mit Move und Kinect abschlagen. Die Kinectsteuerung ist allerdings viel zu ungenau, um den Sport ansprechend zu simulieren. Eine genaue Schlägerhaltung kann es ohnehin nicht erkennen und es fehlt Feedback, welches u.a. dabei hilft, Fehler zu identifizieren.

Links-rechts oder rechts-links?

Neben den Erfahrungswerten spielt der sportliche Stil in diesem Jahr eine große Rolle, weil

Move & Kinect: Wie in echt?

Move erkennt Schlägerhaltung und -führung deutlich genauer als Kinect. Allerdings verzichtet das Spiel beim Gebrauch des leuchtenden Controllers auf das notwendige Nachahmen unterschiedlicher Spielertypen und der Punkt, an dem Schläger und Ball aufeinander treffen, lässt sich ausschließlich vertikal verstellen - im tiefen Rough oder im Sand mitunter ein Unding.jeder Golfer (auch der selbst erstellte) dazu neigt, entweder hohe, mittlere oder niedrige Bälle zu schlagen, die entweder eine Links- oder eine Rechtskurve beschreiben. Der Witz daran: Man muss die entsprechende Schlagtechnik nachahmen, wenn der Ball das gewünschte Ziel erreichen soll, man zieht beim Schlagen also entweder von links unten nach rechts oben oder umgekehrt. Das gilt jedenfalls für höhere Schwierigkeitsgrade, mit denen das Spiel im Vergleich zum Vorjahr übrigens wieder angenehm schwierig wird. Natürlich darf ein Profi, der bevorzugt Linkskurven nutzt, auch nach rechts schlagen, die Präzision eines solchen Schlags lässt allerdings zu wünschen übrig.

Nicht zuletzt wählt man, ob der Profi sehr viel weiter, aber ungenauer oder ob er präziser, dafür weniger weit schlägt. All diese Einstellungen darf man zudem jederzeit ändern – ein unsinniger Kompromiss an die Zugänglichkeit. Alles in allem gefällt mir die Abbildung unterschiedlicher Schlagtechniken, die ich noch dazu nachahmen muss, richtig gut. Ein wenig mehr Abwechslung in den grundlegenden Fähigkeiten der Profis und EA könnte damit einen wichtigen Baustein für die Zukunft gesetzt haben.

Einen Rückschritt macht EA leider in der Schlagvorbereitung und bei der Schlagtechnik, denn die maximale Weite des nächsten Schlags lege ich durch Einstellen der

Der Schwung über den linken Analogstick funktioniert besser denn je - auch wenn das Spiel Kompromisse in Sachen Glaubwürdigkeit eingeht.
Zielmarkierung fest. Ich "darf" also jedesmal voll durchziehen, anstatt mit Gefühl für die richtige Weite zu hantieren. Gerade beim Putten fehlt mir die nie perfektionierte, aber wesentlich glaubwürdigere Technik der Vorjahre.

"Zitterpartie!" "Kinderspiel!"

Kleiner Ausgleich: In der Voreinstellung zeigt mir das Spiel nur die Flugweite des Balls an. Ich muss also selbst abschätzen, wie er nach dem ersten Aufsetzen weiter rollen wird. Manche Angaben gehen allerdings auf keine Kuhhaut – z.B. dann, wenn ein hoher Ball bergauf und mit spürbarem Gegenwind deutlich weiter fliegt als angezeigt. Abgesehen davon vergreifen sich die Kommentatoren häufig im Ton, wenn sie eine absolut nüchterne Situation zum spannenden "Ob's ein Birdie wird?"-Showdown erheben oder sich gegenseitig widersprechen ("Ganz schwieriger Putt!" "Den versenkt er locker.").

Wie passend, dass das Markenzeichen der diesjährigen Ausgabe eine Reise in die Vergangenheit ist – wie übrigens schon anno 2005. Wie üblich bezieht sich der thematische Schwerpunkt aber lediglich auf eine Reihe Herausforderungen, in denen man große Momente des Golfsports nachspielt. Unterschiedliche Farbfilter, Golfschläger aus der

Stilvolle Menüs, Farbfilter, denkwürdige Momente sowie Schläger aus der "Steinzeit": An der Oberfläche wirkt die Zeitreise sehr authentisch.
"Steinzeit" sowie eine entsprechende Physik machen das Damals zum Heute und es gibt zahlreiche Aufgaben in verschiedenen „Epochen“. Mehr als eine kurze Ablenkung von der Karriere sind die oft kurzen Herausforderungen allerdings nicht, zumal atmosphärische Kleinigkeiten wie Originalkommentare, Interviews mit den Stars oder andere Bonbons fehlen.

Zeitkurzreise...

Schade, dass EA nicht das tolle GamerNet mit seinen von anderen Spielern erstellten Herausforderungen zurückbringt. Dennoch hat es das Onlinespiel in sich. Immerhin dürfen in Turnieren jetzt 24 Spieler gleichzeitig an den Tee (man sieht lediglich die Flugbahnen der anderen Bälle), während Golfclubs, die erneut in den gegenseitigen Wettbewerb treten können, bis zu 100 Mitglieder aufnehmen. Die dürfen dann sogar jederzeit miteinander chatten. So schweißt der Tiger seine Fans im Spiel zusammen. Weltbewegend ist das natürlich nicht.

... und Onlinemoderne

Fazit

Wenn die leise, mitunter fast esoterische Musik den diesjährigen Tiger Woods durchs Menü begleitet, schwingt der Abschied sogar noch deutlicher mit als im eigentlichen Spiel. Und das scheint eindeutig zu sagen: "Bis hierhin und nicht weiter!" Denn obwohl die Schlagtechnik weiter verfeinert, das Onlinespiel ausgebaut wird, findet keine echte Entwicklung statt – inhaltlich kaum und grafisch schon gar nicht. Die Herausforderungen in der Haut berühmter Golf-Asse sind ja kaum mehr als Pausenfüller. Trotzdem gefällt mir die wohl letzte große Tiger Woods PGA Tour der aktuellen Konsolengeneration, weil Karriere und Simulation diesmal schnörkellos und rund wirken: Auch wenn am Ende der Laufbahn ein in allen Belangen fast perfekter Profi steht, ist die Entwicklung der Fähigkeiten motivierend und das Nachahmen verschiedener Sportlertypen ebenso glaubwürdig wie spielerisch fordernd. Weil die im letzten Jahr vorgestellte, realitätsnahe Schlagtechnik schließlich besser funktioniert und fordernder ist, verabschiedet sich der Tiger daher trotz des ärgerlichen Stillstands mit einem versöhnlichen Ausstand von dieser Generation.

Pro

  • umfassende Simulation der Schlagbewegung
  • Nachahmen verschiedener Spielertypen
  • überzeugende Ballphysik
  • dynamischer Wind
  • sehr flexibler Schwierigkeitsgrad
  • überschaubare, motierende Charakterentwicklung
  • umfangreiche Onlineanbindung mit Turnieren und Clubs
  • zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten
  • umfangreicher Charaktereditor
  • ruhiger, stimmungsvoller Soundtrack

Kontra

  • über weite Strecken unverändertes Spiel
  • Schlagstärke wird schon vor dem Schlag festgelegt
  • manche Ballberechnungen stimmen offensichtlich nicht
  • Kommentatoren beschreiben Situation oft nicht genau
  • kurzweiliger, aber auch kurzlebiger Legendenmods
  • grafisch kaum verändert
  • außerhalb von Partyspaß unbrauchbare Kinect-Einbindung
  • halbherzige Move-Steuerung

Wertung

360

Im Kern dasselbe Spiel wie auf PS3 - die Kinectsteuerung ist dem Moveschlag allerdings deutlich unterlegen.

PlayStation3

Tiger Woods hat es mit viel Kraft wieder zum Weltranglistenersten geschafft - bei "seiner" Simulation herrscht allerdings über weite Strecken Stillstand.