Cities in Motion 2 - Test, Simulation, PC

Cities in Motion 2
11.04.2013, Mathias Oertel

Test: Cities in Motion 2

Die U-Bahn stoppt, man hetzt zur Anschluss-S-Bahn, nur um mitansehen zu müssen, wie der Fahrer die Türen schließt und den Bahnhof verlässt. Da steht man frustriert und der Groll gegen die öffentlichen Verkehrsmittel wächst. Ihr könnt es besser? Dann beweist es mit Cities in Motion 2 (ab 9,99€ bei kaufen). Doch Vorsicht: Wer schnell die Flinte auf die Schienen schmeißt, hat hier nichts verloren.

Bis man erste Erfolge in Cities in Motion 2 feiert, dauert es eine Zeit, in der stetiges Probieren und einige Fehlschläge dazu gehören. Zwar dürfte die Einstiegshürde für Spieler des ersten Teiles kleiner sein, da man im Wesentlichen das gleiche Ziel verfolgt: Das Anlegen Gewinn bringender Netze im öffentlichen Nahverkehr. Doch da es hier einige gravierende Änderungen gibt, werden selbst Veteranen irgendwann an ihre Grenzen geführt.  Leider hilft an dieser Stelle auch das 18 Abschnitte umfassende Tutorial nicht viel weiter. Man lernt zwar, wie man schnell und effektiv Fahrzeugdepots und Haltestellen platziert, um sie dann miteinander zu einer Route zu verbinden, die gewissenhaft abgefahren wird. Auch das Verlegen von Straßenbahntrassen, die dann ebenfalls mit Haltestellen bestückt eine weitere Linie im Verkehrsverbund darstellen, wird größtenteils gut erklärt. Man erfährt, wie man Fahrpreise und Fahrpläne, ja sogar die Gehälter der Angestellten anpassen kann oder sieht, dass man sogar Tarifzonen ausweisen kann

Aller Anfang ist schwer

Doch das ist nur die mechanische Seite. Die inhaltliche bleibt vom Tutorial nahezu komplett unbehelligt. Wo ist der beste Ort für ein Depot der zentralen Abfahrtstelle jeder Linie? Wo sollte man am besten die Haltestellen platzieren? Ab welcher Streckenlänge sollte man von Bus auf die Variante mit Oberleitung, die Straßenbahn oder gar auf die vollkommen unzureichend erklärte U-Bahn oder das vom Lernabschnitt ignorierte Wassertaxi umstellen? Dies sind alles Fragen, die sich erst nach einigen kostspieligen Fehlversuchen beantworten lassen. Man lernt aus seinen Fehlern und erlebt Trial & Error in Reinkultur.  

Über Statistiken kann man sich nicht beklagen, über Benutzerkomfort hier und da schon.
Doch man sollte sich nicht abschrecken lassen. Denn mit jedem Neuanfang wird man sicherer und lernt die Mechanismen genauer kennen. Man lernt die umfangreichen Statistiken oder Auswertungsbildschirme zu schätzen, die vor nahezu nichts halt machen und in denen man sogar grafisch markiert sehen kann, in welchen Vierteln die Arbeiter vorrangig wohnen und wohin sie zur Arbeit pendeln müssen. Allerdings muss man sich nach wie vor vieles selbst erarbeiten. Und man ist gelegentlich sogar auf Hellseherei angewiesen: Denn einen genauen Aufschluss, wo z.B. Helmut Meiyer her kommt oder hin will, findet man nicht. Zwar lässt sich in den Passagier-Informationen ablesen, wo er herkommt und wo er hinmöchte, doch die Informationen "Villa" und "Kino" geben erst in der nächsten Klickebene das preis, was ich wissen möchte - nämlich die tatsächlichen Orte auf der Karte. Hier war der Vorgänger hilfreicher in seinen Informationen.  

Viel drin

Immerhin lässt sich nach nur wenigen Tagen (in beschleunigter Spielzeit versteht sich) eine erste Tendenz hinsichtlich Verkehrsdichte und entsprechend benötigter Entlastung durch öffentliche Verkehrsmittel ablesen. Was ich mir aber zusätzlich wünschen würde, wäre eine Information bei Touristenbrennpunkten wie Einkaufszentren oder Sportarenen, an welchen Tagen hier mit Veranstaltungen etc. zu rechnen ist, damit ich entsprechend planen und die Fahrpläne anpassen könnte, insofern ich dort eine Haltestelle in der Nähe habe.

Doch auch mit diesen Mankos hat man genug zu tun, sobald man erst einmal (und sei es nur in Ansätzen) verinnerlicht hat, welche Rädchen ineinandergreifen. Vor allem sollte man seine Buslinien nicht zu großräumig anlegen. Jeder gefahrene Kilometer kostet Geld und wenn man nicht aufpasst, kann es schnell zu defizitären Verkehrswegen kommen. Wobei es ohnehin schwierig ist, mit den von Treibstoff angetriebenen Fahrzeigen in ordentliche Gewinnzonen zu kommen.

Auch wenn es einen Tag-/Nacht-Wechsel gibt, bleibt die ansehnliche Kulisse im Detail zu steril - der Wuselfaktor könnte ausgeprägter sein.
Doch mit dem Anpassen der Fahrpläne, was sogar für unterschiedliche Zeitbereiche wie z.B. Feierabendverkehr oder Nacht möglich ist, kommt man dem Ziel einer profitablen Linie näher. Ebenso mit dem Anpassen der Tarifentgelte bis hin zum Einrichten von Tarifzonen mitsamt entsprechender Vergünstigungen.

Viel dran

Die anderen landgebundenen Verkehrsmittel (Oberleitungsbus, S-Bahn, U-Bahn) sind deutlich ertragreicher, aber auch unflexibler und mitunter problematisch zu verlegen. Während man bei den S-Bahntrassen irgendwann den Dreh raus hat und vergleichsweise einfach eine gut frequentierte Route aufgebaut hat, die Gewinn erwirtschaftet, steht beim U-Bahn-Bau das Motto "Probieren geht über Studieren" im Mittelpunkt. Oder auch "Speichere häufig, dann hast du Hilfe in der Not". Denn bedingt durch die Möglichkeit, auch die Tiefe der U-Bahn-Trasse festzulegen (um z.B. sich überkreuzenden Linien Platz zu geben), muss man entweder im Vorfeld viel planen oder mit Fehlschlägen fertig werden. Erschwert wird das Bauen in diesem Bereich durch den Zwang, ein oberirdisches U-Bahn-Depot bauen zu müssen, das dementsprechend irgendwo am Stadtrand liegen sollte. Doch egal, mit welchem Bereich seiner Verkehrsbetriebe man sich beschäftigt, eine "Undo"-Funktion hätte im Rahmen der Frustbewältigung Wunder gewirkt. Stattdessen muss man bei Fehlern den Bulldozer bemühen, der zusätzlich zum bereits verschwendeten Geld für den eigentlichen Bau weitere Kosten verursacht - oder aber man lädt einen früheren Spielstand.

Das Verlegen von S-Bahn-Trassen oder Bus-Oberleitungen ist etwas hakelig, aber im Vergleich zum Verlegen von U-Bahn-Schienen ein Kinderspiel.
Überhaupt mangelt es an Komfort: Eine automatische Intervall-Speicherung sucht man ebenso vergeblich wie das Scrollen beim Führen des Mauszeigers an den Bildschirmrand. Einmal fertige Routen mit neuen Haltestellen aufzuwerten, ist ebenfalls eine Sysiphus-Arbeit. Anstatt einfach einen zusätzlichen Stopp einfügen zu können, muss man die Linie komplett löschen und neu markieren. Manchmal hat man auch einfach nur mit Bugs zu kämpfen: Es kann z.B. vorkommen, dass Autos nicht die Hauptverkehrsstraßen nutzen, sondern Nebenstraßen blockieren - natürlich ausgerechnet die, in denen meine Busse oder Bahnen unterwegs sind, weil ich Staus auf den Hauptstraßen ausweichen wollte und nicht genügend Kohle in der Kasse hatte, um Straßen mit dezidierten Busstreifen zu bauen.

Fehlender Komfort und Bugs

Noch problematischer sind allerdings die durch Speicherlecks verursachte Abstürze, die plötzlich nicht mehr funktionierende Speicherfunktion oder das Löschen der kompletten Karte beim Einladen eines Cloud-Speicherstands auf einem anderen System. Doch diese Fehler traten nur bei einem und exklusiv auf diesem System mit Windows Vista auf. Bei den anderen drei getesteten Konfigurationen (iMac, Windows 7, Windows XP) gab es keinerlei Absturz-Problematik.

Wer an eines der Vista-Absturz-Probleme geraten ist, die auch mit Version 1.1.5. nicht behoben sind, wird entsprechend schnell die Lust verlieren. Doch wenn es einmal läuft, kommt man nicht mehr so schnell los von Cities in Motion 2. Die Kampagne fesselt lange, die zufällig gestellten Aufgaben sorgen ebenso für Abwechslung wie die sich im Laufe der Zeit verändernden Metropolen. Und bis man sämtliche Karten bis in den letzten Winkel gewinnbringend mit öffentlichen Verkehrsmitteln ausgestattet hat, verbringt man mehr Zeit als einem lieb ist in den umfangreichen Statistiken und ist damit beschäftigt, immer weiter die Effektivitäts-Schrauben zu justieren.

Motivationswunder

Nicht ganz so bunt wie SimCity, aber das "Stadtgefühl" wird auf den großen Karten besser dargestellt.
Und selbst dann findet man auch abseits des "Sandkasten"-Modus immer noch genug Möglichkeiten, sich zu beschäftigen. Denn es wird nicht nur ein Mehrspieler-Modus mitgeliefert, der sowohl kooperatives als auch kompetitives Spiel ermöglicht, gegenwärtig aber noch nicht optimal funktioniert und häufig mit Verbindungsproblemen kämpft. Als Bonus gibt es noch einen mächtigen Editor, mit dem man die wahrlich nicht kleinen Karten (Hallo, SimCity!) nach seinen Wünschen modifizieren kann. Man kann Gebirgszüge anlegen, Seen und Flüsse integrieren, Wälder platzieren usw. Und natürlich kann man Straßen verlegen und die wachsende Metropole mit Häusern bestücken. Hinsichtlich der Gebäude etc. könnte die Auswahl zwar üppiger sein, doch wie die bereits vorgefertigten Karten zeigen, fällt dieses Defizit bei entsprechender Bestückung kaum auf.  

Übrigens sollte man sich hüten, Cities in Motion 2 als Alternative zu SimCity zu spielen. Der Fokus ist ein vollkommen anderer und man hat im Vergleich nahezu keine Möglichkeit, in die Stadtentwicklung einzugreifen. Auch die Kulisse weist große Unterschiede auf. Während EAs Stadtsimulator deutlich bunter daher kommt und im Detail einen wesentlich größeren Wuselfaktor bietet, punktet Cities in Motion durch die Größe der Städte, die dafür im Detail mitunter etwas zu steril scheinen. Auch der dynamische und gut gelungene Tag-/Nachtwechsel können diesen Eindruck nicht wesentlich abschwächen - auf dynamisches Wetter wird verzichtet. Mit einer Mindestanforderung eines 2 GHz-Dualcore-Prozessors, 3GB RAM sowie einer Grafikkarte mit 512 MB (z.B. GeForce 8800 oder ATI Radeon HD 3850) gibt man sich sogar recht sparsam, wobei man in diesem Fall allerdings einige der grafischen Skalierungsoptionen  nutzen sollte, wenn man ein weitgehend flüssiges Spielerlebnis möchte. Dass der angesprochene Wuselfaktor im Vergleich zu SimCity zu Ungunsten von CiM 2 ausfällt, ist verschmerzbar. Schade ist allerdings, dass man in diesem Bereich im Endeffekt nicht viel weiter als der Vorgänger ist.

Kein SimCity

Fazit

Der Tiefgang von Cities in Motion 2 ist enorm, erfordert aber eine gewisse Frustresistenz und Durchhaltevermögen. Selbst Kenner des Vorgängers werden angesichts veränderter Strukturen etc. eine gewisse Zeit zur Umgewöhnung benötigen. Das Tutorial ist für eine Wirtschaft-Simulation höchst oberflächlich, zeigt nur in Ansätzen die Wechselwirkung der verschiedenen Elemente und ist im Falle des U-Bahnbaus sogar nutzlos. Doch hat man sich erst einmal in den öffentlichen Nahverkehr verbissen, aus den Anfangs-Schlappen gelernt, sich durch das frickelige Verlegen von Schienen gekämpft und die ersten gewinnbringenden Streckennetze aufgebaut, kommt der Motivationsmotor auf Touren. Hier kann man an den Fahrpreisen drehen, dort die Strecken optimieren und die sich im Laufe der Zeit verändernde Stadt sorgt zusammen mit zufälligen Aufgaben stets für neue Herausforderung. Die ansehnliche, aber im Detail sterile Kulisse lässt zwar den Wuselfaktors eines SimCity vermissen, doch die großen Karten und der potente Editor machen dies wieder wett. Dass ein Mehrspieler-Modus integriert wurde, der sowohl kooperatives als auch kompetitives Ausbaldowern von Verbindungen ermöglicht, ist lobenswert. Doch ich kämpfe auf Dauer lieber mit mir selbst sowie den Anforderungen der Metropole - zumal das Online-Matchmaking noch nicht optimiert scheint. Zusätzlich fehlen derzeit noch einige Komfortfunktionen wie ein "Undo"-Knopf und die Absturzproblematik unter bestimmten Konfigurationen ist sehr ärgerlich. Doch seit dem guten alten Transport Tycoon oder dem ersten Verkehrsgigant habe ich nicht mehr so viel Zeit in öffentliche Verkehrsmittel und die dahinter liegenden Planungen investiert. Mit mehr Feinschliff wäre sogar ein Aufstieg in die nächste Wertungszone möglich gewesen.

Pro

  • Tiefgang
  • große Karten/Städte
  • potenter Editor zur Kartenerstellung
  • Fokus auf Transportmittel und nicht auf Stadterstellung
  • Statistiken ohne Ende
  • online kooperativ und kompetitiv spielbar
  • logische Zusammenhänge
  • Tarifzonen einstellbar
  • Fahrpläne lassen sich modifizieren
  • Metropolen verändern sich im Laufe der Zeit
  • zufällige Ereignisse/Aufgaben

Kontra

  • eingeschränkter Wuselfaktor
  • steile Lernkurve
  • oberflächliches Tutorial
  • zahlreiche Komfortfunktionen fehlen (u.a. "Undo"€œ)
  • Absturz-/Spielstandprobleme unter bestimmten Konfigurationen
  • frickeliger U-Bahn-Bau
  • nervige Musik
  • einige kleine Unstimmigkeiten und Bugs

Wertung

PC

Trotz fehlendem Komfort und wenig Wuselfaktor: Solide Wirtschafts-Simulation mit Schwerpunkt "Öffentlicher Nahverkehr"!