Metro: Last Light - Test, Shooter, 360, PlayStation3, Switch, PlayStation4, PC, Stadia, Wii_U, XboxOne
"Niemand wird überleben..." Als ob die Situation ein Jahr nach den Geschehnissen aus Metro 2033 nicht bedrohlich genug wäre: Die in die vermeintlich sicheren U-Bahn-Schächte zurückgezogenen menschlichen Überlebenden eines Atomkriegs kämpfen immer noch gegen Mutanten und Radioaktivität an der Oberfläche. Doch zu allem Überfluss sorgen politische Splittergruppen wie die postapokalyptischen Nachfolger der sowjetischen Roten Armee oder die abermals nach Rassenreinheit strebenden Nazis des "Reich" dafür, dass die Menschheit zerstritten bleibt.
"Wir werden diesen Krieg nicht überleben..."
Man schlüpft wieder in die Haut des in den U-Bahn-Röhren geborenen Artyom, der nach den Ereignissen des Vorgängers noch mehr in die Rolle des unfreiwilligen Helden gedrängt wird. Nur er und seine telepathische Verbindung mit den mystischen "Schwarzen" scheinen die Menschheit retten zu können. Denn der einzige Überlebende dieser Wesen könnte der Schlüssel zur Rettung sein. Auf den ersten Blick wirkt dies erzählerisch nicht gerade spektakulär. Doch die Elemente, mit denen Metro Last Light (MLL) spielt, werden dank der Mithilfe von Buchautor Dmitri Glukhovsky vor allem gegen Schluss zu einer emotionalen Tour de Force. Ich wurde mitgerissen, schockiert und gerührt, habe Sympathien für die einen Figuren und Hass gegen die anderen aufgebaut.
Dass die Story trotz einer schwachen Anfangsphase, in der zu dick aufgetragen wird und das Gut-Böse-Schema zu plakativ ausgewalzt wird, spätzer zu Hochform aufläuft, ist nicht nur den Themen, sondern auch dem stimmigen Weltdesign, der davon ausgehenden Atmosphäre, dem unter der Oberfläche schlummernden und sich auf die zwei möglichen Enden auswirkenden Moralsystem sowie den gelungenen Tempowechseln zu verdanken. Immer wieder gibt es Ruhephasen, in denen man die Umgebung auf sich wirken lassen oder das Geschehene verdauen kann. Nimmt man sich die Zeit und hört den Leuten zu, die in den unterirdischen Standorten hausen, erfährt man nicht nur packende Einzelschicksale, sondern es ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild dieses von Hoffnungslosigkeit geprägten postapokalyptischen Grauens.
Die Welt lebt
Die hauseigene 4A-Engine zaubert aber nicht nur stimmungsvolle Wetterlandschaften und bedrohliche Häuserschluchten auf den Schirm. Auch die düsteren schmutzigen U-Bahn-Schächte, von Spinnweben bedeckte Höhlen, in denen die Arachniden ekelhaft schön vor mir fliehen oder auf den ersten Blick freundliche Morast-Gebiete sind kein Problem.
Konkurrenz für Crytek, Epic, Dice & Co?
Das Schöne: Auch auf Konsolen bleibt ein sehr rundes, gelungenes Bild. Im Detail sind die Texturen zwar nicht so hoch aufgelöst und die Partikeleffekte oder Rauch nicht ganz so aufwändig, üppig oder hübsch, die PS3 neigt zudem gelegentlich zu Tearing. Doch unter dem Strich zählt das Gesamtbild. Und das muss sich dem PC zwar geschlagen geben, gefällt mir aber z.B. in Bezug auf die Abbildung von Wasser besser. Am Rechenknecht wirkt die Flüssigkeit "zu" realistisch und wirkt dadurch künstlich, während die reduzierten Details auf den Konsolen in diesem Bereich einen homogeneren Eindruck hinterlassen. Der zeigt sich auf allen Systemen übrigens auch auf der akustischen Seite: Sowohl die englischen als auch die deutschen Sprecher machen ihre Sache gut, werden lediglich von der unaufdringlichen, aber intensiven dynamischen Musikuntermalung sowie den wuchtigen Soundeffekten übertrumpft.
Klassischer Shooter
Denn diese zwei Hilfsmittel habe ich bei den rudimentär eingeflochtenen Schleich-Elementen sehr zu schätzen gelernt. Wie im Vorgänger kann man Lichtquellen zum Versiegen bringen. Aber nicht nur durch den Einsatz von Gewalt, sondern auch, indem man z.B. einer Funzel das Gas abdreht oder eine Glühbirne aus der Fassung schraubt - das ist subtiler und vor allem leiser. Effektiv ist auch das Ausschalten von Sicherungen, so dass gleich ein ganzer Trakt dunkel wird. Schafft man es, sich unbemerkt heranzuschleichen (geduckt macht man weniger Lärm), kann man den Feind um die Ecke bringen oder ausknocken.
Wenn die KI mitspielt, entwickeln sich auch tatsächlich unterhaltsame Projektil-Schlachten oder spannende Katz- und Maus-Spielchen in der nur von Taschenlampen erhellten Dunkelheit. Leider ist dies aber nur selten der Fall. Denn das Gros der Feinde verhält sich, als ob sie doch zu häufig ohne schützende Gasmaske die Oberfläche besucht haben – wobei die passabel reagierende "Wach-KI" eine Ausnahme darstellt und auf Entdeckung Artjoms entsprechend aggressive Schritte einleitet. Doch ab diesem Moment beginnt das Elend. Denn nicht nur, dass die zahlenmäßig meist überlegenen Gegner kein Interesse zu haben scheinen wie beim Baller-Klassiker F.E.A.R. (aus dem 4A auch den einen oder anderen inszenatorischen Kniff entleiht) zusammen zu arbeiten und mich in die Enge zu treiben. Sie lassen sich auch häufig wie Hühner auf der Stange einer nach dem anderen aus dem Weg räumen. Oder sie rennen verzweifelt von einer Deckung zur nächsten, dann wieder zurück undsoweiter, bis ich sie von ihrer Dummheit erlöse.
Unklassische KI
Fazit
Hinsichtlich Storytelling und Atmosphäre spielt Metro Last Light ganz vorne mit. Mit einfachen, aber effektiven Mitteln hat mich die Endzeit-Action vor allem nach dem etwas dick auftragenden ersten Drittel emotional am Schlawittchen gepackt - auch wenn die sexuellen Bezüge überbetont und von einer peinlichen "Boob-Physik" unterstützt werden, gegen die die vorstechenden Merkmale der Dead Or Alive-Damen absolut real wirken. Dennoch konnte ich nicht nur dank der zahlreichen ruhigen Momente, die sich die Erzählung gönnt, in die Welt eintauchen und musste einige Male angesichts der Kompromisslosigkeit schwer schlucken. Das haben in dieser Intensität bei mir nur wenige Spiele ausgelöst - nicht einmal BioShock Infinite gelang es, diese Saiten bei mir anzuschlagen. Großen Anteil daran hat die Kulisse: Auf einem potenten Rechner (und mit verschmerzbaren Einschränkungen auf Konsolen) zieht die hauseigene Engine alle Effekt- und Beleuchtungs-Register, sorgt so für beeindruckende Bilder und muss sich eigentlich nur hinsichtlich Mimik den Platzhirschen von Crytek, Epic oder id geschlagen geben. Doch sobald es in den eigentlichen Kern geht, die Action, gibt es starke Probleme: Angeführt von einer unterirdischen KI werden die Gefechte sowohl gegen menschliche als auch gegen monströse Gegner schnell zur lästigen Routine. So wird ein Titel, der eigentlich das Zeug hätte, die Action-Schwergewichte gehörig unter Druck zu setzen, vollkommen unnötig degradiert.
Pro
- stimmungsvolle Kulisse mit nur leichten Abstrichen auf Konsole
- gelungene Licht- und Partikeleffekte (vor allem PC)
- gut funktionierende Schleich-Elemente
- solide Shooter-Mechanik
- spannende Endzeit-Story
- Welt wird u.a. über NPC-Gespräche glaubhaft aufgebaut...
- effektvolle wuchtige Akustik
- nimmt sich auch die Zeit für ruhige Momente
- passable Entdeckungs-KI
- umfangreiches Waffenarsenal inkl. Aufrüstung
- übersichtliche Benutzerführung
- trotz Schlauchlevels einiges zu entdecken
- Leveldesign unterstützt spannende Katz- und Maus-Spiele
Kontra
- bei Monstern nur wenig Trefferfeedback
- nur wenig sowie inkonsequente Interaktion mit Umgebung
- sehr schwache Kampf-KI
- Mimik mitunter starr
- wenig Gegner-Variation
- ... lässt aber die letzte Konsequenz vermissen
- Währung und Munition zu üppig ausgeschüttet
- Geschichte trägt vor allem im ersten Drittel mitunter zu dick auf
- peinliche weibliche "Boob-Physik"