Evoland - Test, Action-Adventure, iPhone, iPad, PlayStation4, XboxOne, Switch, Android, PC
Man muss selbst als Retrofan ungläubig blinzeln, wenn man den Helden Clink (ein Schuft, wer Zipfelmütziges dabei denkt!) durch die ersten Level bewegt: Schwarzweiße Tristesse, keine Soundeffekte, es ruckelt, man geht lediglich per Pfeiltaste nach links oder rechts? Waren die ersten Videospiele wirklich so beschränkt? Oh ja. Aber mit jeder Schatzkiste nähert sich der Pixelkämpfer der interaktiven Moderne.
Schatzkisten in die Moderne
Kaum öffnet man eine Truhe, wird ein kleines Feature wie etwa eine Textanzeige oder ein Inventar mit drei Plätzen freigeschaltet. Schnell gibt es nicht nur ein Schwert und Monster, sondern auch ein sanfteres Scrolling, sogar Musik und ganz wichtig: Speicherpunkte. Denn ein Treffer sorgte in der Antike der Pixelaction natürlich für das gnadenlose Game Over. Und Vorsicht: Zuschlagen oder laufen kann man zunächst nur nach oben oder unten – aber keine Bange, auch die Diagonale ist unterwegs.
Große Schritte mit Aha-Effekt
Auch inhaltlich bemerkt man quasi mit jeder Spielminute einen historischen Fortschritt: Irgendwann gibt es neben dem Echtzeitgekloppe auch Rundenkämpfe à la Final Fantasy, den ersten Nichtspielercharakter und ein Dorf mit Händler, wo der Held symbolisch wächst. In den Dungeons kommen Druckplatten, zerbrechliche Vasen und kleine Rätsel hinzu, man öffnet Truhen mit modernem Kamerazoom und selbst der obligatorische Boss-Schlüssel ist dabei. Schade, dass man da teilweise nur Zelda abbildet, anstatt auch mal andere Action-Adventure zu zitieren. Stattdessen bleibt es bei recht monotoner Klopperei, die zu selten von Rätseln unterbrochen wird.
Fazit
Durch die Videospielgeschichte reisen, indem man ein Abenteuer in 2D ohne Soundeffekte beginnt, sich dann langsam 16 Farben und schließlich der HD-Moderne annähert? Eine gute Idee! Und es gibt in den knapp vier Stunden einige tolle Aha-Momente, wenn die Kulisse z.B. plötzlich in die dritte Dimension wechselt. Aber es kommt auch Langeweile auf, wenn man sich durch die Labyrinthe kloppt. Obwohl ich richtig Lust auf Evoland hatte und obwohl die Entwickler viele Fortschritte des Spieldesigns clever integrieren, wollte keine nostalgische Begeisterung entstehen. Dabei liebe ich Retro-Interpretationen wie z.B. das großartige 3D Dot Game Heroes. Aber hier steckt mir zu wenig Witz und Finesse in einem durchaus unterhaltsamen, aber ohne spürbare Spannungskurve vor sich hin plätschernden Abenteuer. Ein historisch interessanter, aber streckenweise monotoner Kurztrip, der sicher pädagogischen Wert für Gelegenheitsspieler und jüngere Zocker hat. Die ältere Generation verpasst bis auf ein paar Schmunzler allerdings nicht viel, hat die Originale im Keller, im Kopf oder der Cloud.
Pro
- interessante historische Spielidee
- gute Abbildung der Action-Adventure-Fortschritte
- einige tolle Aha-Momente beim Grafikwechsel
Kontra
- recht monotones Spieldesign
- zu wenig Charme, Witz und Anspielungen
- kaum inhaltliche Höhepunkte