Evoland - Test, Action-Adventure, iPhone, iPad, PlayStation4, XboxOne, Switch, Android, PC

Evoland
09.04.2013, Jörg Luibl

Test: Evoland

Wie fing das eigentlich an mit den Videospielen? Grob konturiert in Schwarzweiß und zweiter Dimension! Aber danach ging es stetig vorwärts hinsichtlich Steuerung, Technik und Präsentation. Die Franzosen von Shiro Games widmen ihr Spiel speziell der Evolution des Action-Adventures: Hier könnt ihr jeden Fortschritt in einem Abenteuer à la Legend of Zelda nachvollziehen.

Man muss selbst als Retrofan ungläubig blinzeln, wenn man den Helden Clink (ein Schuft, wer Zipfelmütziges dabei denkt!) durch die ersten Level bewegt: Schwarzweiße Tristesse, keine Soundeffekte, es ruckelt, man geht lediglich per Pfeiltaste nach links oder rechts? Waren die ersten Videospiele wirklich so beschränkt? Oh ja. Aber mit jeder Schatzkiste nähert sich der Pixelkämpfer der interaktiven Moderne.

Schatzkisten in die Moderne

Kaum öffnet man eine Truhe, wird ein kleines Feature wie etwa eine Textanzeige oder ein Inventar mit drei Plätzen freigeschaltet. Schnell gibt es nicht nur ein Schwert und Monster, sondern auch ein sanfteres Scrolling, sogar Musik und ganz wichtig: Speicherpunkte. Denn ein Treffer sorgte in der Antike der Pixelaction natürlich für das gnadenlose Game Over. Und Vorsicht: Zuschlagen oder laufen kann man zunächst nur nach oben oder unten – aber keine Bange, auch die Diagonale ist unterwegs.

Im Zentrum steht die Evolution des Action-Adventures, die man mit dem Helden erspielt: Von Schwarzweiß bis 3D. Das Original "Evoland (ab 17,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) Classic" wurde von Nicolas Cannasse in unter 30 Stunden entwickelt.
Kaum hat man ein paar Monster in monotoner Manier per Return verhauen und weitere Schatzkisten entdeckt, gibt es 16, kurze Zeit später endlich 256 Farben. Der plötzliche Wechsel der Kulisse gehört zu den besten Momenten des Spiels, denn man fühlt sich wie ein staunender Zeitreisender, wenn erste Labyrinthe in dritter Dimension, etwas später dann sogar Texturen auf Wänden auftauchen. Hier erkennt man: Was heute alles als selbstverständlich gilt, musste über viele Jahre langsam wachsen.

Große Schritte mit Aha-Effekt

Auch inhaltlich bemerkt man quasi mit jeder Spielminute einen historischen Fortschritt: Irgendwann gibt es neben dem Echtzeitgekloppe auch Rundenkämpfe à la Final Fantasy, den ersten Nichtspielercharakter und ein Dorf mit Händler, wo der Held symbolisch wächst. In den Dungeons kommen Druckplatten, zerbrechliche Vasen und kleine Rätsel hinzu, man öffnet Truhen mit modernem Kamerazoom und selbst der obligatorische Boss-Schlüssel ist dabei. Schade, dass man da teilweise nur Zelda abbildet, anstatt auch mal andere Action-Adventure zu zitieren. Stattdessen bleibt es bei recht monotoner Klopperei, die zu selten von Rätseln unterbrochen wird.

Das Spieldesign orientiert sich vor allem an The Legend of Zelda.
Interessant ist zwar, dass auch plumpe Designmittel wie die erzwungene Wahl oder die Öffnung einer Tür nach dem Tod des letzten Monsters dargestellt werden, aber Evoland inszeniert das Ganze recht steril ohne dramaturgische Überraschungen. Ich habe angesichts all der virtuellen Vorbilder wesentlich mehr Witz und bessere Anspielungen als „Minen von Noria“ erwartet. Zumal das Spieldesign stellenweise dröge und gestreckt wirkt. Man bleibt zwar neugierig angesichts kommender Fortschritte, aber statt nostalgischer Begeisterung kommt zwischenzeitlich sogar Langeweile auf – selbst beim ersten Bosskampf. Wie man einerseits Retroflair abbilden und gleichzeitig ein tolles, aber clever verfeinertes Spielgefühl alter Schule anbieten kann, hat 3D Dot Game Heroes auf PlayStation 3 demonstriert.

Fazit

Durch die Videospielgeschichte reisen, indem man ein Abenteuer in 2D ohne Soundeffekte beginnt, sich dann langsam 16 Farben und schließlich der HD-Moderne annähert? Eine gute Idee! Und es gibt in den knapp vier Stunden einige tolle Aha-Momente, wenn die Kulisse z.B. plötzlich in die dritte Dimension wechselt. Aber es kommt auch Langeweile auf, wenn man sich durch die Labyrinthe kloppt. Obwohl ich richtig Lust auf Evoland hatte und obwohl die Entwickler viele Fortschritte des Spieldesigns clever integrieren, wollte keine nostalgische Begeisterung entstehen. Dabei liebe ich Retro-Interpretationen wie z.B. das großartige 3D Dot Game Heroes. Aber hier steckt mir zu wenig Witz und Finesse in einem durchaus unterhaltsamen, aber ohne spürbare Spannungskurve vor sich hin plätschernden Abenteuer. Ein historisch interessanter, aber streckenweise monotoner Kurztrip, der sicher pädagogischen Wert für Gelegenheitsspieler und jüngere Zocker hat. Die ältere Generation verpasst bis auf ein paar Schmunzler allerdings nicht viel, hat die Originale im Keller, im Kopf oder der Cloud.

Pro

  • interessante historische Spielidee
  • gute Abbildung der Action-Adventure-Fortschritte
  • einige tolle Aha-Momente beim Grafikwechsel

Kontra

  • recht monotones Spieldesign
  • zu wenig Charme, Witz und Anspielungen
  • kaum inhaltliche Höhepunkte

Wertung

PC

Tolle Idee, historisch interessant, aber spielerisch redundant - da war für Zelda-Zeitreisende mehr drin!