Eador: Masters of the Broken World - Test, Taktik & Strategie, PC
Eador versetzt einen in die Rolle eines Halbgottes, der Gedächtnis und Heimat verloren hat. Man schwirrt planlos durch die Astralebene, löchert seinen treuen Goblindiener Zarr mit allerlei Fragen und versucht eine wortwörtlich in Scherben zerborstene Welt durch das Erschaffen und Dirigieren mutiger Helden wiederzuvereinen. Wie das Unterfangen ausgeht, hängt von Entscheidungen ab, die man während seiner Regentschaft trifft. Dabei gibt es nicht nur den Weg des moralisch Guten oder Bösen, sondern auch diverse Zwischenstufen, was letztendlich in einem von acht möglichen Spielausgängen mündet.
Halbgott ohne Plan
Die Inszenierung der Rahmenhandlung fällt jedoch sehr spartanisch aus. Die Erzählung erfolgt fast ausschließlich über Dialoge - und selbst die wurden nicht einmal vertont. Auch Spieleinstieg und Menüführung wirken nicht sonderlich elegant, was vor allem Genreneulinge abschrecken könnte. Hinter der schroffen Fassade, liegt jedoch ein ungemein motivierender Fantasy-Feldzug in typischer Hexfeld-Manier, bei dem man von Helden geführte Söldnertruppen durch die Lande scheucht, um die Herrschaft über immer größere Landscherben zu übernehmen.
Dazu dringt man Runde um Runde weiter in unter klassischem Fog of War liegende Landstriche vor, sammelt Gold und Rohstoffe, rekrutiert Krieger und Wachen, errichtet Festen und Gebäude, führt Kriege und Verhandlungen. Nebenbei kümmert man sich auch um Entwicklung und Ausrüstung seiner Helden, Erschließung und Bebauung der Provinzen sowie das Wohlbefinden von Soldaten und Zivilbevölkerung. Zudem kann man neue Zauber erforschen, vorteilhafte Rituale durchführen oder lukrative Quests annehmen.
Jeder wie er mag
Generell fällt die Handhabung mit zunehmender Spielpraxis aber immer leichter, da man doch immer mehr Ergebnisse absehen oder zumindest abschätzen kann. Auch der Spielverlauf folgt trotz teils zufällig generierter Scherbenwelten immer wieder denselben Strukturen. Zwar muss man mit teils sehr unterschiedlichen Terraineigenarten und Machtverhältnissen fertig werden, gerade die Aufbauphasen laufen aber doch fast immer gleich ab. Man baut dieselben Gebäude, rekrutiert dieselben Truppen und stürmt möglichst früh los, um seine Gegner nicht zu stark werden zu lassen.
Kampfhandlungen inklusive Belagerungen werden auf immer gleich großen Hexfeldkarten (8x8 Zellen) ausgetragen. Das Terrain gestaltet sich mit Ebenen, Hügeln, Sümpfen, Wäldern, Wüsten, Gebirgen, Seen und mehr jedoch sehr unterschiedlich und hat dabei nicht nur Einfluss auf Wegplanung, Deckung und Fortbewegungsgeschwindigkeit, sondern auch auf Abwehr, Reichweite und Konterstärke. Zudem kommen Einheiten mit gewissen Terrains besser oder schlechter zurecht.
Auf in die Schlacht
Die meisten Söldner sind Infanteristen. Es gibt aber auch berittene oder fliegende Einheiten. Auch das Beschwören von Dämonen oder Erheben von Untoten ist möglich. Der Kreaturenpool ist dabei sehr vielfältig und reicht von Menschen, Zombies, Orks und Elfen über Spinnen, Schnecken, Einhörner und Basilisken bis hin zu Ogern, Trollen, Drachen und Vampiren. Insgesamt gibt es mehr als 70 verschiedene Einheiten. Die Kämpfe können selbst auf den leichtesten Schwierigkeitsstufen recht fordernd sein. Für Anfänger gibt es daher Hinweise zum voraussichtlichen Schlachtausgang - blind vertrauen sollte man diesen aber nicht.
Nicht jedermanns Sache dürfte hingegen der regelmäßige Heldenverlust nach erfolgreicher Scherbeneroberung sein. Da motzt man seine Helden stundenlang vom Niemand bis zum Kriegsgott auf, verteilt Fertigkeitspunkte, wählt Spezialisierungen, investiert in immer bessere Zauber und Ausrüstung und dann heißt es plötzlich sang- und klanglos Abschied nehmen und alles geht wieder von vorn los. So motivierend die Rollenspiele während dieser Gastspiele auch sind, so schwer fällt jeder Abschied.
Wie gewonnen, so zerronnen
Je größer das eigene Reich, um so größer auch die Korruption, was wiederum die Einnahmen der Staatskasse schmälert. Der in Kristallen berechnete Energiebedarf von Einrichtungen, Truppen und Kriegshandlungen muss ebenfalls gedeckt sein. Auch Zauber müssen ausgewählt, erforscht und zugeteilt werden, bevor man sie einsetzen kann. Über 80 verschiedenen Spruchformeln warten darauf vom Stapel gelassen zu werden. Magie kann dabei von allen vier verfügbaren Heldenklassen gewirkt werden, wobei der Hexer hier natürlich das größte Potential entfaltet, während der Späher eher als Aufklärer und Schütze brilliert, der Krieger auf Panzerung und Nahkampf setzt und der Befehlshaber die größten Armeen dirigiert.
Später lassen sich die Klassen weiter spezialisieren, um besondere Talente und Fertigkeiten in den Mittelpunkt zu rücken. Im Truppenverband spielen auch Moral und Gesinnungen eine Rolle. Auch Waffenwechsel sind möglich, Munitionskapazitäten begrenzt. Die Ausrüstung der Helden nimmt sogar Schaden und muss regelmäßig repariert werden. Diplomatie spielt hingegen eher eine untergeordnete Rolle und dient in erster Linie dazu Bündnisse einzugehen oder Handel zu treiben.
Individuelle Maßarbeit
Allein die Kampagne hält einen Dutzende von Stunden bei der Stange. Es lassen sich aber auch separate Kriege auf individuell anpassbaren Scherbenwelten mit bis zu 16 Kriegsparteien austragen. Auch mit anderen Spielern aus Fleisch und Blut kann man sich online oder lokal (Hotseat-Modus) messen. Schade nur, dass es nicht auch einen asynchronen Online-Modus gibt, um gemütliche Fernduelle auszutragen, denn manche Schlachten können sich ganz schön in die Länge ziehen.
Fazit
Eador bietet gelungene Rundentaktik für Fans von Spielen wie Heroes of Might & Magic, King's Bounty & Co. Die Präsentation mag zwar unspektakulär, der Spielverlauf wiederholungsanfällig, die stets nur vorübergehende Charakterbindung gewöhnungsbedürftig sein. Dafür gibt es aber eine große Vielfalt an verbesserbaren Einheiten und Gebäuden, optionale Questeinsätze sowie eine sehr umfangreiche dynamische Kampagne. Frei konfigurierbare KI-Geplänkel sind natürlich ebenfalls möglich, während man sich online oder via lokalem Hotseat-Modus auch mit Kontrahenten aus Fleisch und Blut messen kann. Langeweile sollte so schnell jedenfalls keine aufkommen, sobald man sich erst einmal zurechtgefunden und mit kleineren Tücken und Ungereimtheiten umzugehen gelernt hat - besonders einstiegsfreundlich ist Eador nämlich nicht, aufhören fällt anschließend aber umso schwerer.
Pro
- variabler Spielverlauf
- motivierende Rundentaktik
- individuelle Land- & Charakterentwicklung
- lokale & netzgebundene Mehrspielerpartien
Kontra
- relativ zäher Einstieg
- unspektakuläre Inszenierung
- immer nur temporäre Helden