Leviathan: Warships - Test, Taktik & Strategie, PC, iPad, Android, iPhone

Leviathan: Warships
24.05.2013, Eike Cramer

Test: Leviathan: Warships

Schiffe versenken ist an sich eine recht statische Angelegenheit. Rundenweise schießt man auf des Gegners Flotte und versucht Treffer zu landen. Leviathan: Warships verbindet die Grundidee des Klassikers mit dem Spielprinzip der Warcraft-3-Mod „Warships“. Kann das Konzept von Pieces Interactive überzeugen?

Herrlich, wenn ein Plan funktioniert! Donnernd schlagen die Granaten der schweren Geschütze auf dem Deck des Piratenzerstörers ein und vernichten seine nach vorne gerichteten Batterien. Eine Breitseite weitere und das einst stolze Schiff ist ein langsam sinkendes Wrack. Aber abwarten – noch ist die Ausführung der Runde nicht abgeschlossen. Und ist das da nicht eine dieser Overlord-Klassen? Die mit den besonders dicken Kanonen? Die gerade das Feuer auf meine leichten Scouts eröffnen? Verdammt!

Piratenpack!

Leviathan: Warships ist einer dieser Titel, in denen der Tag nicht vor dem Abend gelobt werden sollte. Das Geschehen ist zwar rundenbasiert, beinhaltet aber gleichzeitig Echtzeitelemente. Es werden nämlich nur die folgenden zehn Sekunden geplant: Dabei müssen Routen, Schiffsausrichtung sowie Feuerbefehle für die einzelnen Geschütze zugewiesen werden. Vor allem aber sollte voraus gedacht werden, denn ist die Befehlszuweisung erst mal beendet, gibt es kein Zurück mehr. Stoisch führen die eigenen und feindlichen Schiffe ihre Befehle zeitgleich aus. Diese lassen sich dann nicht mehr ändern, was zehn Sekunden zu Stunden werden lassen kann.

Feuer frei - Schwere Geschütze hinterlassen oft nur Metallschrott.
Habe ich dabei einen falschen Kurs gesetzt oder gibt es Überschneidungen der Feuerlinien von Geschützen, Raketenbatterien oder Railguns mit eigenen Schiffen, wird es problematisch. Im Klartext: Ich schaue dabei zu, wie Schlachtschiffe unter erheblichem Schaden kollidieren oder Kreuzer sich mit ihren Hauptgeschützen gegenseitig unschädlich machen. Dies kann ich aber nicht einer mangelhaften KI zum Vorwurf machen, schließlich werde ich schon im Tutorial darauf hingewiesen, dass Friendly Fire dumm und eine falsche Routenplanung fatal ist. Das System ist berechenbar,  konsequent und geht gut von der Hand – man muss eben nur daran denken, dass Seeminen nicht zwischen Freund und Feind unterscheiden können.

Befehl und Gehorsam

Durch diese Konsequenz werden die ohnehin sehr taktischen Gefechte recht  anspruchsvoll. Ich muss mir genau über die Platzierung meiner bis zu acht Schiffe in der Formation Gedanken machen, feindliche Bewegungen vorhersehen und die Feuerradien meiner Geschütze im Blick haben. Die neun Einsätze umfassende Einzelspielerkampagne hat zudem in einigen Missionen einen ordentlichen Schwierigkeitsgrad, der ordentlich auf die im Mittelpunkt stehenden Mehrspielergefechte vorbereitet, auch wenn der gezielte Einsatz von Spezialwaffen kaum notwendig ist.

In der Werft lassen sich die Schiffe nach Herzenslust modifizieren und spezialisieren.
Vor jedem dieser Einsätze kann ich meine Flottenzusammenstellung ändern und  Bewaffnung sowie Spezialausrüstungen modifizieren. Jedes Schiff kann individuell aus Grunddesign und Waffentypen zusammengesetzt werden. Einzig die maximale Waffenzahl eines Designs sowie die mitführbare Gesamtpunktzahl einer Mission beschränken meine Auswahl. So muss ich mir überlegen: Setze ich eher auf ein oder zwei schwer bewaffnete und unbewegliche Schlachtschiffe oder mehrere leichte Scout-Kreuzer bzw. Kanonenboote, die weniger austeilen können, dafür aber auch viel beweglicher sind?

 Der Kriegsschiffbaukasten

Für den Mehrspielermodus können so ganze Flottendesigns gespeichert werden, die spezialisierte Schiffe wie Artillerieträger oder Nahkampfkreuzer beinhalten können. Sonderwaffen wie Schildgeneratoren, Rauchwerfer oder Ablenkungs-Dummys erweitern die taktischen Möglichkeiten und ermöglichen spannende Mehrspieler-Sitzungen – sofern man Mitspieler findet. Es gibt zwar einige kooperative und kompetitive Modi, zum Testzeitpunkt sind die Server aber sehr schlecht besucht. 

Gerade die Wasserdarstellung entspricht nicht heutigen Standards.
So bleibt zunächst nur die bereits angesprochene Kampagne, die allerdings nur wenig bieten kann. Zwar sind die Missionen an sich anspruchsvoll und halbwegs abwechslungsreich, es mangelt aber an Inszenierung und Story. Es wird eine merkwürdige Geschichte rund um die Leviathan-Technik, Piraten und Abtrünnige erzählt, deren Textwüsten-Präsentation eher zum Wegklicken als zum Verweilen einlädt. Es gibt keine markanten Charaktere, meine Schiffe können nicht im Level aufsteigen und es ist völlig egal ob ich mit allen oder nur einem Schiff das Ende der Mission erreiche. Ich kann mir auch vor zusammenhängenden Einsätzen wieder eine volle (und völlig neue) Flotte zusammenstellen, was die Motivation und Herausforderung schmälert. Die Einsätze wirken dadurch ziemlich lieblos aneinandergereiht; Zudem hat man spätestens nach vier Stunden das Ende gesehen. 

Bonjour Tristesse!

Auch die spartanische Kulisse lässt keine echte Hohe-See-Atmosphäre aufkommen. Die Schiffe im Comic-Look sind zwar ganz nett gestaltet, aber die Wasserdarstellung – der Hauptbestandteil eines Spiels mit Schiffen – ist unterdurchschnittlich. Es gibt keine Wellen, Tiefeneffekte oder überhaupt Bewegungen. Dadurch wirken die Kähne oft wie aufgeklebt, was zwar dem taktischen Spielsystem nichts von seinem Reiz nimmt, mir als Spieler aber wenig Immersion ermöglicht.

Fazit

Leviathan: Warships verbindet geschickt Echtzeitelemente mit Rundentaktik und fordert meine strategische Planung. Flottenzusammensetzung, und Schiffsspezialisierung sind entscheidend für den Erfolg im Kampf. Leider ist die Einzelspieler-Kampagne viel zu kurz und schwach inszeniert. Der Fokus liegt klar auf dem Mehrspielerpart, der mich mit kooperativen Herausforderungen und spannenden Gefechten mit bis zu acht Flotten gut unterhält. Leider war zum Testzeitpunkt auf allen Regionsservern wenig los, was sich aber hoffentlich noch ändert. Vor allem für eine schnelle Runde zwischendurch eignet sich Leviathan: Warships vortrefflich, was auch die Veröffentlichung auf iOS-Geräten und das Ermöglichen von Cross-Plattform-Gefechten unterstreicht. Dennoch wäre spielerisch und in der Kulisse an vielen Stellen deutlich mehr drin gewesen: Die Integration eines Stufensystems in die Kampagne oder etwas bessere Wassereffekte würden das Spiel erheblich aufwerten. So bleibt nur ein voll befriedigender Eindruck. Achso und: So entspannt wie im Jazz-Trailer mit Barry White ist das Spiel nie! Versprochen!

Pro

  • interessantes Rundensystem
  • taktisch anspruchsvolle Seegefechte
  • gute Modifizierung der Schiffe
  • gute Cross-Plattform Mehrspielergefechte

Kontra

  • schwache Einzelspielerkampagne
  • durchwachsene Kulisse
  • Schiffe können nicht in der Stufe aufsteigen
  • insgesamt etwas zu geringer Umfang

Wertung

PC

Kurzweilige Seeschlachten mit taktischem Anspruch, die an Schwächen im Detail und der durchwachsenen Kulisse kranken.