Dark - Test, Action-Adventure, 360, PlayStation3, PC
Eric Bane hat ein Problem. Und damit meine ich nicht seinen Namen, der aus dem Generator für Horror-Protagonisten entsprungen scheint. Er wacht mit Amnesie in einem Tanzklub namens Sactuary auf und halluziniert von merkwürdigen Engeln. Doch selbst das sind vergleichsweise kleine Kamellen gegen die Information, die die Besitzerin des Etablissements für ihn parat hat: Er ist ein Vampir - bzw. auf dem Weg, einer zu werden. Zumindest wurde er von einem der Blutsauger "infiziert". Während ihm dies einerseits die Möglichkeit gibt, besondere Fähigkeiten anzuwenden, muss er aufpassen, dass dieses zweifelhafte Vergnügen nicht von kurzer Dauer ist. Denn bis er denjenigen gefunden hat, dem er das Untoten-Dasein verdankt und dessen Blut trinkt, besteht die Gefahr, dass sein Gehirn degeneriert und er zu einem Ghoul wird. Alternativ kann er auch versuchen, sein Vampirdasein durch das Blut eines der Alten permanent zu machen.
Probleme über Probleme
Zugegeben: Die Geschichte wirkt bemüht konstruiert, ist aber eine interessante Abweichung von der üblichen Vampir-Mär. Allerdings wird sie sehr krude und unzusammenhängend inszeniert. Während die sporadischen mit Sprachausgabe unterlegten Comic-Sequenzen noch stimmungsvoll sind, sorgen die normalen Zwischensequenzen trotz konsequentem Cel-Shading-Stil für ein Abflauen der Atmosphäre. Schwache Mimik und eine ebenso schwache Kameraführung sorgten bei mir dafür, dass ich die Dialoge irgendwann nur noch quergelesen und durchgeklickt habe. Zumal sie in der deutschen Version abhängig vom Sprecher qualitativ zahlreiche Facetten zwischen gut und auweia abdecken. Die englische Fassung ist geringfügig besser.
Ein höllisches Paar
Überhaupt muss man beim Einsatz der zahlreichen zum Experimentieren einladenden Fähigkeiten stets aufpassen: Kräfte wie "Verdunkelung" (schlechtere Wahrnehmung durch Gegner) oder "Beherrschung" (Hypnose eines Gegners) sind nur von kurzer Dauer. Offensivere (Tötungs-)Aktionen wie "Schattengriff", "Ausschalten" und natürlich das Aussaugen von Feinden, um seinen Vorrat an für einige Aktionen benötigtes Vitae aufzustocken, rufen schnell andere Wachen auf den Plan. Dementsprechend sollte man sein Vorgehen unter Zuhilfenahme des "Auspex" planen, einer Art Vampirsicht, die sich visuell irgendwo zwischen den entsprechenden Fähigkeiten von Deus Ex und Dishonored einordnet. Gegner werden auch hinter Wänden und sonstigen Hindernissen angezeigt und die Zeit wird verlangsamt, so dass man Laufwege etc. studieren kann.
Auf dem Papier klingt dies alles reizvoll. Bei der Umsetzung jedoch haben sich weitere Probleme eingeschlichen, die vor allem mit der KI zu tun haben, die sich zu wankelmütig präsentiert. Einerseits reagiert sie relativ gut auf Geräusche oder Auffälligkeiten in ihrer Sichtlinie wie Leichen und versucht, verdächtigen Aktionen auf die Spur zu kommen.
Grau ist alle Theorie
Das wiederum kann nervtötend lange dauern. So harrt man durchaus mal mehrere Minuten nichtstuend aus. Das ist einfach langweilig. Hier wäre es sinnvoller gewesen, ein System zu verwenden, bei dem die Abkühlphase der Feindseligkeit bzw. Aufmerksamkeit schneller abläuft, je länger man unentdeckt bleibt. Denn in dieser Form wird der Spielfluss und vor allem der Spannungsaufbau immer wieder empfindlich gestört. Zumal viele Kontrollpunkte unglücklich gesetzt wurden und man leider zu häufig durch Trial&Error-Zwang und entsprechende Fehler wieder an den Anfang des Abschnitts katapultiert wird. Zu oft hatte ich das Gefühl, dass die Entwickler mich zwar nicht "offen" zu bestimmten Aktionen zwingen, sie mich aber durch feindliche Laufwege immer wieder einengen und ich nicht die komplette Freiheit genieße, die diesem Spiel gut tun würde. Richtig Frust kam bei mir auf, als ich in einen Level geworfen wurde und nicht mal Gelegenheit hatte, die Umgebung, Fluchtwege oder die gegnerischen Laufwege auch nur ansatzweise zu analysieren, bevor Alarm ausgelöst und Eric von Kugeln durchsiebt wurde.
Zu allem Überfluss wird die Schleich-Action immer wieder gestreckt. Hat man eine unspektakuläre und meist zusammenhanglose Aufgabe erledigt, wird noch eine angehängt. Und dann noch eine. Und noch eine. Da man hier meist wieder mit den Standardgegnern zu tun hat und durch eigentlich bereits erledigte Areale zurück geschleust wird, bleibt der Eindruck, dass man hier die Spielzeit auf Teufel komm raus verlängern möchte, ohne sich um den Spannungsbogen zu kümmern.
Weitere Probleme
Fazit
Auf dem Papier macht Dark einiges richtig: Die mysteriöse Geschichte um den Neu-Vampir Eric Bane weckt durchaus Neugier und die ohnehin im Schatten lebenden Untoten eignen sich derart gut für ein Schleichspiel, dass ich mich gefragt habe, wieso niemand vorher auf die Idee gekommen ist. Aber wenn man schon wesentliche Elemente bei Spielen wie Deus Ex Human Revolution oder Dishonored abschaut, sollten diese besser funktionieren. Eric kämpft zu schnell mit nervigen Mankos wie mitunter schwach gesetzter Kontrollpunkte, Steuerungs-Problemen oder einem selbst für Schleicher zu behäbigen Spielfluss. Zu häufig wird man in eine passive Rolle gedrängt, aus der man sich am besten mit Warten befreit. Und das, obwohl man genug Möglichkeiten zur Hand hat, um den Gegnern in den überschaubaren Levelstrukturen auszuweichen und ein Schnippchen zu schlagen. Leider bleibt aber viel zu oft das Gefühl, dass die Erfolgschancen immer dann sinken, wenn man vom Entwickler vorgesehenen Pfad abweicht, zumal in diesen Momenten auch große Schwachpunkte in der vorhersehbaren KI zu Tage treten. Trotz stimmiger, wenngleich altbacken wirkenden Comic-Kulisse und prinzipiell solider Mechanik habe ich mich letztlich mehr mit Dark geärgert als unterhalten gefühlt. Für jeden spannenden Moment gibt es zwei, die mit nervigem Trial&Error oder unpassendem KI-Verhalten der aufkeimenden Atmosphäre den Zahn ziehen.
Pro
- interessanter Comicstil
- solide Stealth-Mechanik
- prinzipiell interessante Geschichte
- viele bekannte Elemente...
- Fähigkeiten laden zum Experimentieren ein
Kontra
- wechselhafte, teils unglaubwürdige KI
- kaum Spannung
- unzusammenhängende Inszenierung
- ... die aber mitunter unzusammenhängend verbunden werden
- unglücklich gesetzte Kontrollpunkte
- zu häufig führt nur Trial&Error zum Erfolg