Hotline Miami - Test, Action-Adventure, PS_Vita, PlayStation3, PC, PlayStation4, Switch

Hotline Miami
05.07.2013, Mathias Oertel

Test: Hotline Miami

Ende letzten Jahres hat Hotline Miami auf dem PC polarisiert. Dem interessanten 16-Bit-Grafikstil, der grob an die ersten GTAs erinnerte, dem treibenden Soundtrack und dem hohen Gewaltanteil stand ein absurder Schwierigkeitsgrad gegenüber. Jetzt ist der Titel auch für PS3 und Vita erhältlich. Bleibt alles beim Alten?

Wieso man als Killer Ende der 80er Jahre durch die Unterwelt Miamis spukt und dutzende böser Buben in einem vollkommen überzogenen Pixelgewaltexzess aus dem Weg räumt, bleibt weitgehend unklar. Doch auch wenn die Motivation für den namenlosen Protagonisten viel Interpretationsspielraum lässt, entfacht die absurde, nur über Bilder, die Gewalt sowie kurze Textfetzen erzählte Geschichte ihren Reiz. Bar jeglicher zeitlicher Ordnung werden Szenen, Themen und Missionen aneinandergereiht. Wenn David Cronenberg und David Lynch zusammen ein düsteres Gangster-Drehbuch mit Miami-Vice-Flair schreiben würden, dürfte das Ergebnis Hotline Miami ziemlich ähnlich sein.

Story-Wirren

Mechanisch hingegen ist man deutlich konventioneller: Man steuert die Hauptfigur aus einer Vogelperspektive durch die eher überschaubar gehaltenen Abschnitte und erledigt die darin patrouillierenden bzw. ihren alltäglichen Angelegenheiten nachgehenden Gegner. Dabei gilt: Man sollte sich die Zeit nehmen und den Schauplatz studieren, um tunlichst Laufwege, Umgebung und herumliegende Waffen in seine Planung aufzunehmen. Denn wer nur blind drauflos stürmt, wird schneller das Zeitliche segnen, als man PS3 (oder Vita)sagen kann. Wobei man ohnehin häufig, sehr häufig den Satz "Du bist tot! Drücke X" lesen wird. Die KI ist zwar nicht sonderlich clever, aber zeigt ab und an unberechenbare Laufwege, auf die man sich jedoch auch einstellen kann. Und jeder Fehler wird gnadenlos bestraft. Daher sollte man trotz aller Hektik besonnen, ja beinahe taktisch vorgehen.

An den grob gepixelten Stil muss man sich erst gewöhnen.
Man kann z.B. Türen mit in seine Angriffsoptionen aufnehmen: Stößt man sie auf, während ein Gegner dahinter steht oder entlang geht, wird er zu Boden geworfen und ist ein leichtes Opfer für sein Ende, das unweigerlich in einer riesigen zinnoberroten Pixellache gipfelt. Dass Hotline Miami wahrlich nicht zimperlich ist, wird durch den groben 16-Bit-Pixellook, der auf der Vita stimmiger wirkt und mir deshalb dort besser gefällt, gleichermaßen relativiert sowie zu einer Kunstform gemacht. Die Welt, in der der namenlose Killer sein Unwesen treibt, ist absurd, verworren und schonungslos. Dutzende Anläufe, um Abschnitte zu schaffen, muss man ebenso in Kauf nehmen wie die mitunter nervtötenden Bosse. Wer ein actionlastiges Gegenstück zu den in letzter Zeit wieder in Mode gekommenen Rogue-likes sucht, wird hier fündig. Allerdings ist die Freude, die einen durchströmt, wenn man (ggf. mit ein wenig Glück) den Abschnitt bewältigt hat, auch ungleich höher als nach einem Assassin’s Creed-Kampf mit Ezio gegen 30 Feinde.

Pixelgewalt und Frustgefahr

Frustresistenz ist aber ein Muss. Auch wenn mit haufenweise herumliegenden sowie freischaltbaren Waffen stets neue Methoden hinzukommen, sich der Gegner effektiv und pixelgewalttätig zu entledigen. Auch wenn man zu Beginn eines Jobs eine Tiermaske auswählt, die einen mit einer Sonderfähigkeit (z.B. dass man von Hunden ignoriert wird) ausstattet. Das Spieltempo ist hoch. Ruhepausen kann man sich nur selten gönnen - selbst wenn man sich einfach nur mal Zeit nehmen möchte, um den das Adrenalin aufheizenden Soundtrack zu genießen. Denn wer zu lange innehält, läuft Gefahr, von den streunenden Wachen entdeckt und kurzerhand über den Haufen geknallt zu werden. Und dann heißt es zurück zum Anfang des Stockwerks. Wo wiederum alles anders sein kann: Die Feinde sind anders bewaffnet, es liegen neue Gegenstände herum. Es gibt keinen Plan, den man abarbeiten kann und schon gar keine Strategie, die man sich zurechtlegen kann. Hotline Miami ist fordernd. Und gnadenlos. In jeder Hinsicht.

Fazit

Die gute Nachricht: Die Umsetzung von PC auf PS3 sowie Vita hält sich schadlos und wurde in keiner Hinsicht aufgeweicht. Die enorme Pixelbrutalität ist ebenso vorhanden wie das immer wieder an der Grenze zum Frust schrammende sowie ab und an darüber hinaus gehende Trial&Error-Spielprinzip. Dank der unberechenbar tumben KI sowie den bei Levelneustart frisch verteilten Gegenstände gibt es zwar nicht "den einen Weg" durch die überschaubaren, aber häufig mit Feinden überhäuften Abschnitte. Doch Hotline Miami verzeiht keine Fehler. Obwohl die Steuerung per Pad bzw. Vita-Kontrollknüppeln samt Touch-Markierung der Gegner wunderbar funktioniert, wird man eher früher als später ins Gras beißen – wieder und wieder und wieder. Und wieder. Doch man kann sich der Sogkraft kaum entziehen, die durch die einerseits explizite, andererseits auch durch den Grafikstil vollkommen absurde Gewalt, die abstruse Geschichten, den treibenden Soundtrack sowie durch die ungewöhnliche, unheimliche Atmosphäre entsteht. Eine gelungene Konvertierung eines in vielerlei Hinsicht unkonventionellen Spiels.

Pro

  • gute Steuerung
  • treibender Soundtrack
  • interessanter Retro-Grafikstil
  • absurdes Design
  • enormer Grad an Pixelgewalt
  • ungewöhnliche Handlung
  • Cross-Konnektivität

Kontra

  • Trial&Error bis zum Frust
  • tumbe KI
  • kurz
  • überharte Bosskämpfe

Wertung

PS_Vita

Die ungewöhnliche, explizite Action wurde mit ihrer abstrusen Story sowie allen anderen Vor- und Nachteilen auf die Sony-Systeme portiert.

PlayStation3

Die ungewöhnliche, explizite Action wurde mit ihrer abstrusen Story sowie allen anderen Vor- und Nachteilen auf die Sony-Systeme portiert.