Capsized - Test, Arcade-Action, 360, PC, PlayStation3
Auf dem PC ist der Indie-Plattformer Capsized vollkommen an mir vorüber gegangen. Dementsprechend überrascht war ich angesichts des erzählerischen Hintergrunds. Übersetzt man den englischen Begriff "Capsized", kommt man schnell zum nautischen "Kentern". Doch das bringe ich nur eingeschränkt mit dem in schicken, aber spartanischen Comic-Bildern erzählten Absturz eines Raumschiffes auf einem unwirtlichen Planeten in Verbindung. Ich denke bei "Kentern" eher an Robinson Crusoe & Co. Und damit liegt man wiederum gar nicht so weit von dem Jump&Shoot weg, das man hier vor sich hat - zumindest beim Artdesign. Man bewegt sich durch handgezeichnete 2D-Dschungelwelten und wird von allerlei fantasievoll designter Flora, Fauna sowie humanoiden Feinden angegriffen.
Ungewöhnlicher Name
Dabei wurden die Animationsphasen bewusst klein gehalten. Der Grafikstil wirkt, als ob die Designer die Werke von Max Ernst, Caspar David Friedrich und Claude Monet in einen Mixer steckten und gut verrührten. So entsteht ein grober, aber sehr harmonischer Gesamteindruck - in den sich auch die Musik einreiht. Mit mal trancigen, mal sphärischen, dann auch mal an Blade Runner erinnernden Klängen wird zusätzlich Atmosphäre aufgebaut. Man hat Spaß, sich durch die organischen, nichtlinearen Levels zu bewegen, kann sich nie sicher sein, ob diese oder jene Bewegung auf dem Bildschirm feindlichen Ursprungs ist und findet immer wieder neue Elemente oder Gegner.
Fordernde Hüpf-Ballerei
Denn Gravitation und Physik spielen ebenfalls eine Rolle auf dem ungastlichen Planeten. Zum einen beeinflussen sie das Springen, das mit seinen luftigen Hüpfern ein anderes Spielgefühl hervorruft als die vergleichsweise "geerdet" wirkenden Marios oder 2D-Vertreter wie Castlevania. Wobei mit seinem Fokus auf mitunter etwas hektische Action hier eher der Eindruck eines "offenen" Metal Slug entsteht.
Zum anderen bieten diese Elemente Nährboden für rudimentäre Rätselkost: Schalter können über den Greifhaken manipuliert werden, versteckte Höhlen lassen sich nur betreten, wenn man vorher Hindernisse aus dem Weg geräumt oder das Jetpack mit seinem eingeschränkten Treibstoffvorrat nutzt.
Es gibt allerdings einige Kleinigkeiten, die Capsized zu schaffen machen. Das Schalten durch die zur Verfügung stehenden Waffen z.B. ist über eine Taste bzw. das Digipad lange nicht so komfortabel wie am PC. Vor allem, wenn man auf einer Knarre landet, für die man keine Munition mehr hat, kann das Zurückschalten zu einer zeitaufwändigen Qual werden - auch wenn man einstellen darf, dass bei Munitionsende auf eine neue Waffe geschaltet wird. Und wenn man eines in den hektischen Gefechten nicht hat, dann ist es Zeit. Zumal das Zielen über den rechten Stick sehr empfindlich reagiert und keinerlei Toleranz für Fehler bietet. Während die Controller-Belegung prinzipiell in Ordnung geht, hat man bei der Umsetzung der Maus-Kontrollen auf das Pad übersehen, dass die Maus beim Zielen feinfühliger zu steuern ist.
Kleinere Probleme
Ebenfalls für Frustmomente sorgen die Angriffe außerhalb des sichtbaren Bereichs: Fliegende oder verschanzte Feinde beschießen einen, während man noch mit den im Sichtfeld liegenden Gegnern beschäftigt ist. Da man keinen genauen Anhaltspunkt hat, wo sich die "unsichtbaren" Kontrahenten befinden, verballert man wieder unnötig Geschosse oder verliert enorm viel Lebensenergie. Eventuell hätte man mit Markierungen oder einem "Vorschauscrollen" arbeiten können, um die Fairness wieder herzustellen. Zudem hätte ich mir eine dynamische Übersichtskarte gewünscht, um meinen Fortschritt in den großräumigen Abschnitten verfolgen zu können, in denen man sich auch mal verlaufen kann.
Fazit
Abschnitte erforschen, hüpfen, kämpfen: Auch wenn sich dies nach Castlevania oder Metroid anhört und Capsized die eine oder andere Inspiration von diesen Klassikern zieht, schafft es der Oldschool-Plattformer, sich seine Eigenständigkeit zu erkämpfen. Großen Anteil daran hat das sympathische Artdesign mit seinem künstlerischen Ansatz. Obwohl der Planet, auf dem man bruchgelandet ist, nur so von Gefahren und knallharten Auseinandersetzungen strotzt. Bis auf die zu sensible Schussausrichtung reagiert die Steuerung gut, die Kollisionsabfrage hinterlässt ebenfalls einen sauberen Eindruck. Die Action, die eher an ein Metal Slug mit offenen Levelstrukturen als an die klassische Vampirjagd Konamis erinnert, ist zwar mitunter hektisch und gelegentlich unfair. Sie weiß aber immer wieder durch Tempowechsel zu überzeugen und wird von einem unheimlich chilligen Soundtrack unterlegt, der in krassem Gegensatz zu der gelegentlichen Hektik auf dem Schirm steht. Capsized ist nicht so poliert wie z.B. Rayman Origins und schon gar nicht so durchgeknallt wie ein Hell Yeah. Doch der Charme, den das Team von Koolhaus Games hier entfacht, kann viele Mankos ausgleichen.
Pro
- eingängiger Action-Plattformer alter Schule
- charmantes "handgezeichnetes" Artdesign
- akkurate Kollisionsabfrage
- nichtlineare Levelstrukturen
- Physik-Puzzles
- diverse Arcade-Modi abseits der Kampagne freischaltbar
- ein paar neue Abschnitte im Vergleich zur PC-Version
- chillige Musikuntermalung
Kontra
- mitunter hektische Schuss-Kontrolle
- gelegentlich unübersichtlich
- keine Kartenfunktion
- Physik hin und wieder unrealistisch