The Inner World - Test, Adventure, XboxOne, iPad, Switch, PC, iPhone, PlayStation4

The Inner World
18.07.2013, Jan Wöbbeking

Test: The Inner World

Studio Fizbin startet seine eigene Expedition zum Mittelpunkt der Erde: Ihr Fantasiereich Asposien ist ein kugelrunder Hohlraum, umgeben von unendlichen Erdmassen. Als die Idylle von bedrohlichen Drachengöttern terrorisiert wird, muss wieder einmal ein kleiner Naivling die Welt retten. Kann das junge Team aus Ludwigsburg Daedalic Konkurrenz machen?

Für Robert ist die Innenwelt genau so geheimnisvoll wie für den Spieler. Viel mehr als die Klostermauern hat der vom Windmönch Conroy aufgenommene Protagonist offenbar nie zu Gesicht bekommen. Allzu tragisch nimmt der Naivling die strenge Erziehung aber nicht. Er kennt es eben nicht anders und erforscht die mystischen Welt genau so fasziniert wie ich. Obwohl die gezeichneten Kulissen nicht so detailverliebt aussehen wie in The Whispered World hat Asposien einiges zu bieten, das sofort meine Neugier geweckt hat: enge Altstadtgassen, finstere Sümpfe, schwebende Lichtwesen, mechanische Theater und vieles mehr.

Das Abenteuer der Flötennase

Auch die Geschichte wirft von Beginn an interessante Fragen auf. Wie funktionieren die Windbrunnen, welche die Welt mit Luftströmen versorgen und nach und nach versiegen? Warum steigen immer wieder wütende Drachengötter aus ihnen auf, welche angebliche Sünder bestrafen? Warum hat Robert als einziger Asposer keine gestreifte Nase, sondern eine mit Flötenlöchern? Ist die chronische Missmutigkeit der Diebin Laura nur ein schützender Panzer?

Süß aber angriffslustig: Taube Hack macht ihrem Namen alle Ehre.
In erster Linie stört sie sich daran, dass Robert vom verhassten Windmönch Conroy aufgezogen wurde - und natürlich an den naiven Kommentaren, die er zu jeder Gelegenheit von sich gibt. Er kennt nicht einmal die Bezeichnungen für die landesübliche Währung. In seinem Gespräch mit dem Müllhändler kommt ihm das allerdings zu Gute, denn der interpretiert Roberts Fragen als Aufforderung zum Handeln. Robert wiederholt einfach so lange die ihm unbekannten Begriffe wie „Aspiriri“ oder „Asp“, bis der der entnervte Händler ihm eine Handpuppe und Taubenfutter schenkt.

Gestresste Diebin

Zu Beginn des Abenteuers macht sich Robert auf die Jagd nach der wurstförmigen Taube „Hack“, welche Conroys Amulett gestohlen hat und unheimlich lustig animiert ist. Ähnlich wie die Drachen in Skyrim fliegt sie gerne rückwärts, hackt auf alles und jeden ein und neigt den Kopf ständig zur Seite – was ungeheuer putzig aussieht. Wer sich in Hack verliebt hat, kann sie übrigens nachhhäkeln: In der Retail-Fassung liegt eine Anleitung dazu bei.

Diebische Tauben und ätzende Frösche

Der hochgiftige Schrof ätzt schlimmer als Gigers Aliens - obwohl er eigentlich ein ganz umgänglicher Zeitgenosse ist.

Auf der Jagd nach der diebischen Taube erfährt Robert, dass die asposische Lebensrealität nur bedingt den Lehren seines Meisters entspricht. Also sucht er Diebin Laura und macht sich mit ihrem Erdschlitten auf in den finsteren Sumpf. Dort erhoffen sie sich, das Rätsel um Lauras verschwundenen Vater zu lüften. Auch dort wimmelt es von liebenswert verschrobenen Figuren. Das hochgiftige Froschwesen „Schrof“ z.B. ist ziemlich einsam, weil jeder Gesprächspartner bei der kleinsten Berührung stirbt. Damit er sich nicht durch den Waldboden ätzt, muss er immer auf einem Stein sitzen.

Ähnlich gefährlich ist der verschollene Windmönch, in dessen Falle Robert getappt ist. Er ist zwar annähern taub und blind, verschießt seine Armbrust-Pfeile trotzdem mit tödlicher Genauigkeit. Auch eine freundlich gemeinte Unterhaltung stimmt ihn nicht um. Die Dialoge sind bei weitem nicht so witzig wie die in Daedalics The Whispered World, der dezent eingesetzte Humor passt aber gut zum Spiel.

Nachdem Robert in die Falle tappt, steuert der Spieler Laura.
Da Robert in Schwierigkeiten steckt, übernehme ich die Kontrolle von Laura, welche ihren Mitstreiter befreien muss. Das Rätseldesign gibt sich eher konservativ: Es stecken zwar einige lustigen Ideen in den Inventar- und Umgebungspuzzles, ihre Lösung gestaltet sich aber nicht immer logisch. Cool ist z.B. eine Papierfliegerwurfmaschine der campenden Windforscher. Der Tank des Windmessgeräts wurde mit Honig sabotiert und muss mit dem passenden Treibstoff versorgt werden. Da die Maschine mit Schlamm angetrieben wird, begebe ich mich in den Sumpf, fülle Moorwasser in einen hohlen Globus und kratze mit einem Haken in der aufgerissenen Erde herum. Dort öffnet sich eine „Sand-Ader“, an der ich das feinpulvrige Quarzgestein mit dem Wasser zum Treibstoff vermische.

Nicht immer logisch

Vor einem überwucherten Tor wirken die Rätsel weniger einleuchtend: Um einem Schrof einen anderen Felsbrocken zu beschaffen, versuche ich ihn mit einem Stab als Hebel anzuschieben. Da Robert die Aktion mit seinem Kommentar als Unsinn abtut, suche ich erst eine ganze Weile nach einer anderen Lösung, bis mir endlich die „Stelle unter dem Stein“ auffällt. Erst nachdem ich den Stock dort angesetzt habe, kann ich Laura um Hilfe beim Bewegen bitten.

Das Inventar öffnet sich automatisch, wenn man den Mauszeiger an den unteren Rand bewegt.
In Sackgassen hilft zum Glück die vorbildliche Hinweis-Funktion: Ähnlich wie in Professor Layton lassen sich zu jeder Situation immer eindeutigere Hinweise frei klicken. Hier sind es sogar deutlich mehr Abstufungen; im Gegensatz zum Vorbild muss ich hier aber keine Hinweismünzen oder Ähnliches sammeln.

Fiese Bugs verderben den Spaß

Wenn man einem der fiesen Rätsel-Bugs begegnet, hilft aber auch kein Hinweis weiter: Im mechanischen Theater „Mechater“ z.B. war ich schon lange auf die richtige Lösung gekommen und hatte das Bühnenbild so eingestellt, dass sich eine Falltür hätte öffnen müssen.  Trotzdem regte sich nichts. Nach einem Neustart des Spiels verschwand sogar die Hälfte der Kulisse aus dem Bild und es ging gar nichts mehr. Beim dritten Laden klappte es dann endlich.

So klein und doch gefährlich: Wenn die flauschige Wollmaus durch einen Bug nicht erscheint, landet man in der Sackgasse.
Im Sumpf hatte ich weniger Glück: Gleich zu Beginn des zweiten Kapitels schwebt eigentlich eine Wollmaus durch die Luft, welche mir in die Falle gehen soll. Sie erschien allerdings selbst nach mehreren Neustarts nicht. Da außerdem keine älteren Speicherstände geladen werden können, kam ich nur noch mit einem Spielstand der Entwickler weiter.  Andernfalls hätte ich noch einmal komplett von vorne beginnen müssen – und vielleicht wäre auch dann der Bug wieder aufgetreten. Ebenfalls ärgerlich ist die etwas umständliche Steuerung, bei der man zwischen Aktionen mit vielen kleinen Wartezeiten leben muss.

Game Over!

Immerhin hat die sehr ruhige und sphärisch gehaltene Musik währenddessen meine Nerven ein wenig beruhigt. Auch die deutsche Vertonung wirkt meist professionell. Robert klingt trotz seiner Naivität nicht so übertrieben aufgekratzt wie Jerry in The Night of The Rabbit. Auch die Stimmen von Laura und anderen Figuren wurden passend besetzt – ab und zu wird allerdings ein Satz falsch betont. Im August folgt übrigens eine Umsetzung für iPad und iPhone.

Fazit

Schade, dass The Inner World so stark unter technischen Problemen leidet. Die Welt im Erdinneren und ihre skurrilen Bewohner haben mich sofort fasziniert, doch wenn man durch Bugs in der Sackgasse landet, ist der Spaß vorbei. Dank des durchdachten Hilfesystems erfuhr ich zwar schnell, dass ich nicht Schuld war, doch im Fall der Fälle man kann sich nicht einmal mit älteren Spielständen helfen. Auch die etwas fummelige Steuerung und die häufigen Wartepausen stören den Spielfluss. Man merkt, dass das Team noch in den Kinderschuhen steckt – nächstes Mal sollte Fizbin unbedingt  eine bessere Qualitätssicherung organisieren! Schade, denn Potential ist vorhanden. Wer Glück hat und keine Bugs erlebt, bekommt ein kurzes, aber liebevoll inszeniertes Fantasy-Abenteuer mit lustigen Dialogen und durchwachsenem Rätsel-Design. Ohne die fiesen Fehler hätte das durchaus für eine gute Wertung gereicht, in der aktuellen Form reicht es nur für ein knappes Befriedigend.

Pro

  • ideenreiche mystische Welt im Erdinneren
  • faszinierende Drachen-Götter und Gesetzmäßigkeiten
  • liebenswerte Figuren
  • humorvolle Gespräche
  • trashiger Zeichenstil und alberne Animationen
  • fein abgestuftes Hinweis-System
  • die coolste Taube der Welt

Kontra

  • fiese Rätsel-Bugs können das Weiterspielen verhindern
  • fummelige Steuerung mit nervigen Wartezeiten
  • mitunter etwas verwirrendes Rätsel-Design
  • einige Zeichnungen wirken reichlich detailarm
  • sehr kleine Kapitel mit wenigen Kulissen
  • nur rund sieben Stunden kurz
  • lediglich drei Speicherstände erlaubt

Wertung

PC

Das humorvolle Abenteuer in einer faszinierenden Innenwelt wird durch fiese Rätsel-Bugs und handwerkliche Schwächen ausgebremst.